BT-Drucksache 17/9853

zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Silvia Schmidt (Eisleben), Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD -17/5913- Barrierefreier Tourismus für alle

Vom 31. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9853
17. Wahlperiode 31. 05. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Tourismus (20. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Gabriele Hiller-Ohm, Silvia Schmidt (Eisleben),
Elvira Drobinski-Weiß, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/5913 –

Barrierefreier Tourismus für alle

A. Problem

Mit ihrem Antrag setzt sich die Fraktion der SPD für einen vom Bund koordi-
nierten Masterplan für barrierefreien Tourismus ein. Zusammen mit den Län-
dern und den kommunalen Spitzenverbänden sollten konkrete Umsetzungs-
schritte festgelegt werden. Ferner schlägt die Fraktion vor, für den barrierefreien
Umbau von gastronomischen und touristischen Einrichtungen ein Zuschusspro-
gramm der KfW Bankengruppe aufzulegen. Die Bundesregierung müsse auch
dafür sorgen, dass die Deutsche Bahn AG Bahnhöfe generell barrierefrei aus-
baut. Barrierefreiheit müsse zudem verpflichtend in die akademische Ausbil-
dung der tourismusrelevanten Studiengänge sowie der Hotelfachschulweiterbil-
dungen aufgenommen werden.

Zur Begründung heißt es in dem Antrag, barrierefreies Reisen bilde einen wich-
tigen Bestandteil der gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinde-
rungen. Mit der im März 2009 ratifizierten UN-Konvention über die Rechte von
Menschen mit Behinderungen verpflichte sich Deutschland, geeignete Maßnah-
men für Barrierefreiheit zu ergreifen. Diese müssten für Menschen mit Gehbe-
hinderungen ebenso wie mit Seh- und Hörbehinderungen und anderen Ein-
schränkungen bei der Reiseplanung, auf dem Reiseweg, bei der Unterkunft und
den touristischen Angeboten durchgängig durchgesetzt werden.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN.
C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/9853 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/5913 abzulehnen.

Berlin, den 9. Mai 2012

Der Ausschuss für Tourismus

Klaus Brähmig
Vorsitzender

Christian Hirte
Berichterstatter

Gabriele Hiller-Ohm
Berichterstatterin

Jens Ackermann
Berichterstatter

Dr. Ilja Seifert
Berichterstatter

Markus Tressel
Berichterstatter

Alle (NatKo) einen wesentlichen Anteil leisten. Die NatKo

III. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im

federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Tourismus hat den Antrag auf Druck-
sache 17/5913 in seiner 57. Sitzung am 9. Mai 2012 beraten

sei zu einem bundesweiten Kompetenzzentrum für barriere-
freien Tourismus auszubauen und vom Bund finanziell so
auszustatten, dass sie diese Aufgaben leisten könne.

Um einen besseren Zugang zu Gebäuden sicherzustellen, sei
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9853

Bericht der Abgeordneten Christian Hirte, Gabriele Hiller-Ohm, Jens Ackermann,
Dr. Ilja Seifert und Markus Tressel

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 17/
5913 in seiner 114. Sitzung am 9. Juni 2011 zur federführen-
den Beratung an den Ausschuss für Tourismus und zur Mit-
beratung an den Haushaltsausschuss, den Ausschuss für
Wirtschaft und Technologie, den Ausschuss für Arbeit und
Soziales, den Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick-
lung, den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung und den Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 89. Sitzung am 9. Mai
2012 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat in sei-
ner 68. Sitzung am 9. Mai 2012 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag
abzulehnen.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat in seiner
103. Sitzung am 9. Mai 2012 mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion DIE LINKE. empfohlen, den Antrag
abzulehnen.

Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
hat in seiner 49. Sitzung am 21. September 2011 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung hat in seiner 73. Sitzung am 9. Mai 2012
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP ge-
gen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 65. Sitzung am 9. Mai 2012 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
empfohlen, den Antrag abzulehnen.

und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN empfohlen, den Antrag
abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU hob hervor, dass die Herstel-
lung der Barrierefreiheit im Tourismus schon seit vielen Jah-
ren als ständige Aufgabe in der Politik der Bundesregierung
verankert sei und durch geeignete Projekte unterstützt
werde. Dies sei eine Aufgabe, die die Bundesregierung nicht
allein erfüllen könne; vor allem die Länder, Regionen und
Kommunen seien hier gefragt, ebenso die Leistungsträger
auf allen Stufen der Servicekette. Zum Antrag selbst sei zu
sagen, dass dieser nicht grundsätzlich falsch sei, aber die
Vielzahl der aufgestellten Forderungen sei so nicht realisier-
bar. Es sei z. B. nicht möglich, in nächster Zeit bei Großver-
anstaltungen, z. B. Messen und Kongressen, über die ge-
samte Servicekette Barrierefreiheit herzustellen. Auch die
Forderung, die Länder durch eine Änderung ihrer jeweiligen
Landesbauordnung auf Barrierefreiheit zu verpflichten,
könne vor Ort zu Schwierigkeiten und Reibungen bei der
Umsetzung führen. Wichtig sei es, in den Kommunen Auf-
merksamkeit und Bewusstsein für das Thema zu schaffen
und nicht alles von Berlin aus vorzuschreiben. Sinnvoller sei
es, angesichts der konkreten Situation vor Ort mit leistbarem
Einsatz konkrete Verbesserungen zu erreichen.

Das Gleiche gelte bei den Bahnhöfen. Auch hier hätte die
Bundesregierung mit dem Konjunkturprogramm schon erste
Schritte angestoßen; die Umsetzung des Programms nehme
jedoch einige Jahre in Anspruch. Die Herstellung der Bar-
rierefreiheit sei insgesamt mit sehr viel Geld verbunden, was
eine realistische Einschätzung der Ressourcen notwendig
und das richtige Augenmaß bei der Umsetzung erforderlich
mache. Daher sei der Antrag insgesamt abzulehnen.

Die Fraktion der SPD wies einleitend darauf hin, dass der
Ausschuss sich im Februar dieses Jahres in einer öffent-
lichen Anhörung mit dem Thema „Barrierefreier Tourismus“
befasst habe (vergleiche Kurzprotokoll der 48. Sitzung vom
8. Februar 2012). Dabei sei sehr deutlich geworden, dass es
in Deutschland bei der Schaffung von barrierefreiem Touris-
mus ein Umsetzungsproblem gebe. Alle Sachverständigen
seien sich einig gewesen, dass auf allen politischen Ebenen,
dem Bund, den Ländern, den Landkreisen und den Kommu-
nen, mehr politische Unterstützung notwendig sei, um das
Ziel des barrierefreien Reisens zu erreichen. Wie oftmals im
Tourismus zeige sich auch hier das Problem, dass es ver-
schiedene Verantwortlichkeiten gebe und es an einer Ge-
samtkonzeption fehle. Daher sei es notwendig, einen vom
Bund koordinierten Masterplan für den Tourismus in Zusam-
menarbeit mit den Ländern und den kommunalen Spitzen-
verbänden aufzustellen. An der Erarbeitung des Masterplans
könne die Nationale Koordinierungsstelle Tourismus für
und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE.

es auch wichtig, dass Barrierefreiheit zu einem Vergabekri-
terium für Fördermittel des Bundes werde. Auf diese Weise

Koalition sei, die Rahmenbedingungen für Menschen mit
und ohne Behinderungen positiv zu gestalten. Voraussetzung
hierfür sei unter anderem die Barrierefreiheit in allen Berei-
chen. In der öffentlichen Anhörung sei darauf hingewiesen
worden, dass alle gesellschaftlichen Kräfte an der Umset-
zung der Barrierefreiheit mitarbeiten müssten. Dies sei eine
Aufgabe, die die Politik nicht allein schultern könne. Daher
könne die Bundesregierung auch nicht alleiniger Adressat
der zahlreichen Forderungen der Antragsteller sein, unab-
hängig davon, dass barrierefreier Tourismus ein Ziel der
Koalition und der Bundesregierung sei. Die Bundesregie-
rung könne vielfach nur Anstöße geben, umsetzen müssten
die Maßnahmen dann die Akteure in den Ländern, Städten,
Regionen und Gemeinden. Ungeachtet dessen habe die Bun-
desregierung in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte
im barrierefreien Tourismus gefördert. Aktuell fördere das
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie ein Pro-
jekt zur „Entwicklung und Vermarktung barrierefreier Ange-
bote und Dienstleistungen im Sinne eines Tourismus für alle
in Deutschland“ mit fast 0,5 Mio. Euro. Letztlich gehe es
nicht darum, wie mit dem Antrag beabsichtigt, mit staat-
lichen Sanktionen und Zwang Barrierefreiheit zu erreichen,

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, Mobi-
lität sei der wesentliche Aspekt des Reisens. Daher nütze
eine barrierefreie Infrastruktur nicht nur den Betroffenen,
sondern allen Bürgerinnen und Bürgern. 10 Prozent der Be-
völkerung brauche zwingend eine barrierefrei zugängliche
Umwelt, für 30 bis 40 Prozent sei dies notwendig und für
100 Prozent komfortabel. Dies sei eine gute Richtschnur,
wenn es um die touristischen Entwicklungspotenziale
Deutschlands gehe, denn bedingt durch den demographi-
schen Wandel gewinne das Thema Barrierefreiheit eine im-
mer größere Bedeutung. Laut einer Studie der Forschungs-
gemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. (FUR) könne es bis zu
5 Mrd. Euro mehr Einnahmen für die Tourismusbranche
durch mögliche Effekte einer besseren Barrierefreiheit ge-
ben. Das entspreche zusätzlichen 90 000 Arbeitsplätzen.
Abgesehen von kleinen Schwächen, z. B. dass ein Zuschuss-
programm der KfW Bankengruppe nie sektorenspezifisch,
das heißt exklusiv für touristische Betriebe, sein könne, sei
der Antrag äußerst umfassend und zielführend. Aufgabe der
Politik sei es, Rahmenbedingungen zu schaffen, um der Tou-
rismusindustrie den notwendigen Umbau hin zur Barriere-
freiheit möglichst schnell zu ermöglichen.

Berlin, den 9. Mai 2012

Christian Hirte
Berichterstatter

Gabriele Hiller-Ohm
Berichterstatterin

Jens Ackermann
Berichterstatter

Dr. Ilja Seifert
Berichterstatter

Markus Tressel
Berichterstatter
Drucksache 17/9853 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

könnte bei öffentlichen Bauten oder auch privaten Bauten,
die der Bund fördere, die Barrierefreiheit vorangebracht
werden. Die Sachverständigen hätten aber auch darauf hin-
gewiesen, dass die Tourismuswirtschaft in der Pflicht sei,
mehr barrierefreie Angebote zu schaffen. Das Interesse der
Tourismuswirtschaft sei hier insgesamt noch viel zu gering.
Gerade kleineren Familienbetrieben fehle oft das Geld, um
die notwendigen Umbauten zu verwirklichen. Die Fraktion
der SPD forderte daher ein Zuschussprogramm der KfW
Bankengruppe, um notwendige Investitionen in Beherber-
gungsbetrieben und Gaststätten anzuschieben. Sinnvoll sei
auch eine unabhängige Überprüfung, ob die als barrierefrei
ausgezeichneten Häuser dies auch tatsächlich seien. Die
Selbsteinschätzung der Betriebe habe sich als nicht ausrei-
chend herausgestellt. Letztendlich sei es wichtig, dass die
gesamte Servicekette, also zum Beispiel auch das Reisen mit
der Bahn, barrierefrei sei.

Die Fraktion der FDP erinnerte daran, dass es das Ziel der

sondern die Eigenverantwortung der Menschen, auch der
Tourismuswirtschaft, zu stärken.

Die Fraktion DIE LINKE. stellte heraus, dass das Thema
Barrierefreiheit eines der Leitthemen der Regierungspolitik
für die nächsten Jahre sein sollte. Bedauerlicherweise
nehme die Bundesregierung die UN-Menschenrechtskon-
vention nicht sonderlich ernst, obwohl diese die Politik ei-
gentlich verpflichte, geeignete Maßnahmen zu treffen, um
allen Menschen eine Teilhabe an Erholung und Tourismus
zu ermöglichen. Insofern sei der vorliegende Antrag zu un-
terstützen, auch wenn er an der einen oder anderen Stelle
noch verbesserungsbedürftig sei. So fehle z. B. ein Hinweis
auf die Fernlinien- und Reisebusse sowie Taxen und
Schiffe. Letztlich reiche es nicht, auf die Bewusstseinsbil-
dung der einzelnen zu setzen, sondern es sei wichtig, dass
der Gesetzgeber alles dazu beitrage, um möglichst schnell
Barrierefreiheit umzusetzen.

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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