BT-Drucksache 17/9842

zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus-Peter Flosbach, Dr. Michael Meister, Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Dr. Daniel Volk, Holger Krestel, Dr. Birgit Reinemund, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP - Drucksache 17/8882 - Rohstoffderivatemärkte gezielt regulieren

Vom 25. Mai 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9842
17. Wahlperiode 25. 05. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus-Peter Flosbach, Dr. Michael Meister,
Peter Altmaier, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. Daniel Volk, Holger Krestel, Dr. Birgit Reinemund,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 17/8882 –

Rohstoffderivatemärkte gezielt regulieren

A. Problem

An den Rohstoffterminmärkten ist ein zunehmendes Engagement von Finanz-
investoren zu beobachten. Dieses birgt die Gefahr, dass sich dadurch – unabhän-
gig von fundamentalen Marktfaktoren – Preisschwankungen auf den Rohstoff-
kassamärkten verstärken.

B. Lösung

Mit dem Antrag wird angestrebt, die Bundesregierung aufzufordern, sich inter-
national im Rahmen der G20 und auf Ebene der Europäischen Union dafür ein-
zusetzen, das die Rohstoffterminmärkte einer effizienteren Regulierung unter-
worfen werden und die Transparenz der Märkte verbessert wird.

Annahme des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.

C. Alternativen

Der Antrag diskutiert keine alternativen Vorschläge.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Der Antrag beziffert keine haushaltspolitischen Auswirkungen.

E. Erfüllungsaufwand

Der Antrag benennt keinen Erfüllungsaufwand.

F. Weitere Kosten

Der Antrag beziffert keine weitere Kosten.

Drucksache 17/9842 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/8882 anzunehmen.

Berlin, den 23. Mai 2012

Der Finanzausschuss

Dr. Birgit Reinemund
Vorsitzende

Ralph Brinkhaus
Berichterstatter

Dr. Carsten Sieling
Berichterstatter

Björn Sänger
Berichterstatter

men der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stim- größten Lebensmittelexporteure der Welt.

men der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD die
Annahme.

Ferner werde kritisiert, der Antrag würde sich zu wenig mit
dem Bereich der Agrarrohstoffe befassen. Dies sei vor dem
Hintergrund der Ausführungen in der Begründung zum An-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9842

Bericht der Abgeordneten Ralph Brinkhaus, Dr. Carsten Sieling und Björn Sänger

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache 17/
8882 in seiner 165. Sitzung am 8. März 2012 dem Finanzaus-
schuss zur federführenden Beratung sowie dem Auswärtigen
Ausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und Technologie,
dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz sowie dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Der Antrag strebt die Feststellung an, dass – ungeachtet
langfristiger Preisschwankungen aufgrund von Fundamen-
talfaktoren – erhebliche Preisschwankungen an den welt-
weiten Rohstoffmärkten zu verzeichnen seien. Zudem sei ein
zunehmendes Engagement von Finanzinvestoren auf den
Rohstoffterminmärkten zu verzeichnen. Obwohl Rohstoff-
termingeschäfte grundsätzlich als Instrument zur Absiche-
rung von Preisrisiken für realwirtschaftliche Tätigkeiten zu
begrüßen seien, könne nicht mehr ausgeschlossen werden,
dass es einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Speku-
lationen auf den Rohstoffterminmärkten und den derzeit zu
beobachtenden immensen Preisschwankungen auf den Roh-
stoffmärkten gibt.

Darauf aufbauend strebt der Antrag die Aufforderung an die
Bundesregierung an,

– sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, dass die
von den G20 beschlossenen Maßnahmen zur Eindäm-
mung von nicht durch Fundamentaldaten begründeten
Preisvolatilitäten im Rohstoffbereich und zur Stärkung
der Regulierung und Transparenz der OTC-Derivate-
märkte weltweit konsequent umgesetzt werden;

– sich für eine den genannten Problemen begegnende
Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzin-
strumente (MiFID Review) einzusetzen;

– sich im Rahmen der Überarbeitung der Marktmiss-
brauchsrichtlinie dafür einzusetzen, dass Rohstoffderi-
vate von den Regelungen gegen Marktmissbrauch erfasst
werden und

– sich auf internationaler Ebene dafür einzusetzen, die
Transparenz in Bezug auf Investitionen institutioneller
Anleger in Finanzmarktgeschäften mit physisch hinter-
legten Rohstoffen und in physischen Marktsegmenten zu
erhöhen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 61. Sit-
zung am 23. Mai 2012 beraten und empfiehlt mit den Stim-

empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD die Annahme.

Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver-
braucherschutz hat den Antrag in seiner 72. Sitzung am
23. Mai 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN die Annahme.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 62. Sitzung am
23. Mai 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD die Annahme.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im
federführenden Ausschuss

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 89. Sitzung am
23. Mai 2012 erstmalig und abschließend beraten.

Der Finanzausschuss empfiehlt mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der SPD die Annahme.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP be-
grüßten, dass in der Grundanalyse, Rohstoffderivatemärkte
gezielt zu regulieren, fraktionsübergreifend Einigkeit be-
stehe. Mit dem dazu von den Koalitionsfraktionen vorgeleg-
ten Antrag werde angestrebt, der Bundesregierung eine
Positionierung für die Beratungen auf EU-Ebene zur Über-
arbeitung der Markets in Financial Instruments Directive
(MiFID) mit auf den Weg zu geben.

Die in der öffentlichen Debatte von der Fraktion der SPD auf-
gestellte Forderung, die Regulierung der Rohstoffderivate-
märkte mit der Einführung der Finanztransaktionssteuer zu
verknüpfen, müsse jedoch nachdrücklich zurückgewiesen
werden. Außerdem gehe die Kritik der Fraktion der SPD, die
Bemühungen zur Regulierung der Rohstoffderivatemärkte
käme viel zu spät, fehl. Lägen bei den Oppositionsfraktionen
konkrete Vorschläge vor, wären diese herzlichst willkommen.

Darüber hinaus sei kritisiert worden, die Koalitionsfraktio-
nen nähmen Rücksicht auf die Realwirtschaft. Hierbei müsse
beachtet werden, dass das Termingeschäft aus der Realwirt-
schaft entstanden und für diese notwendig sei, um realwirt-
schaftliche Prozesse gegen Risiken absichern zu können.
Dies sei für den Industrie- und Agrarstandort Deutschland,
an dem auch Agrarprodukte in hohem Maße weiterverarbei-
tet würden, dringend notwendig. Deutschland sei einer der
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag in seiner 69. Sitzung am 23. Mai 2012 beraten und

trag unter der Überschrift „Strengere Regulierungsmaßnah-
men für Agrarderivate“ (Seite 4 unten) nicht haltbar. Zwar

Drucksache 17/9842 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

würden keine fertigen Regulierungskonzepte vorliegen. Alle
Erfahrung mit Finanzmarktregulierung habe aber gezeigt,
dass Schnellschüsse wenig hilfreich und nur sorgfältig abge-
wogene Maßnahmen, die über Auswirkungsstudien verifi-
ziert wurden, zielführend seien. Dies komme in dem Antrag
deutlich zum Ausdruck.

Der Antrag benenne die dem Thema innewohnende Dramatik
klar und mache deutlich, dass die Koalitionsfraktionen bereit
seien, weitreichende Regulierungsschritte mitzutragen. Den-
noch müsse akzeptiert werden, dass das nur auf europäischer
Ebene zielführend sei. Somit bliebe im Moment nur, die Ver-
handlungsposition der Bundesregierung dahingehend zu be-
einflussen und zu stärken, die im G20-Rahmen vereinbarten
Maßnahmen auf europäischer Ebene voranzutreiben und zu
verbessern. Dies gelte insbesondere auch für die Frage der
Positionslimits.

Die Fraktion der SPD nahm den Antrag der Koalitionsfrak-
tionen mit Interesse zur Kenntnis, da wesentliche Punkte, die
dringend geregelt werden müssten, aufgegriffen würden. Al-
lerdings bleibe der Antrag zu weit hinter der aktuellen Pro-
blemlage und dem aufgrund der Exzesse insbesondere im
Bereich der Nahrungsmittelspekulation entstandenen Hand-
lungsdruck zurück, als dass die Forderungen ausreichend
wären, um diese Spekulation wirkungsvoll einzudämmen.
Aus Sicht der Fraktion der SPD könne und müsse Deutsch-
land auch und insbesondere vor dem Hintergrund der aktuel-
len Debatte auf Ebene der Europäischen Union eine aktivere
Rolle einnehmen und auf weitergehende Regulierungsmaß-
nahmen drängen. Auch wenn die richtigen Themen ange-
sprochen würden, sei der Antrag zu zurückhaltend.

Zudem kritisierte die Fraktion der SPD, dass Ankündigun-
gen einzelner Marktakteure, sich aus einem bestimmten
Marktsegment zurückzuziehen, bereits als Beweis für die
Funktionsfähigkeit der sozialen Marktwirtschaft angeführt
würden. Das sei keineswegs hinreichend, insbesondere da
klar sei, dass gerade in diesem Marktsegment nicht nur die
Institute, sondern vor allem auch der Schattenbankensektor
über Hedgefonds und viele andere Bereiche aktiv seien.
Vielmehr zeige die Erfahrung, dass Marktwirtschaft nur
funktioniere, wenn sie ein ordentliches Regelwerk habe, das
dafür sorge, dass es keine Entgleisungen gebe. Das Regel-
werk dürfe die Marktakteure nicht beschränken oder Ent-
wicklungsmöglichkeiten unterbinden, müsse aber Grenzen
schaffen, innerhalb derer gehandelt werden darf, um morali-
sche Standards und ökonomische Rationalitäten zu wahren.
So ein Regelwerk zu schaffen, sei Aufgabe der Politik. Hier
stelle die Finanztransaktionssteuer, wie von der Fraktion der
SPD angemahnt und von der Fraktion der CDU/CSU in un-
sachgemäßer Weise als einziger Punkt der Kritik herausge-
griffen, ein Element dar, das seine Wirkung nicht nur auf den
Rohstoffderivatemärkten, sondern auf allen Finanzmärkten
entfalten würde, indem das expansive Finanzwesen an sich
zurückgeführt werden würde. Bei der Regulierung der Roh-
stoffderivatemärkte gehe es aber darum, sehr viel konkreter
anzusetzen. Und sowohl bei dem Antrag als auch in der De-
batte werde deutlich, dass zwar die gesellschaftliche Diskus-
sion bei den Koalitionsfraktionen angekommen sei, man sich
aber noch nicht zu mehr durchringen könne, als einzelne As-
pekte zu prüfen und sich für bestimmte Entwicklungen ein-

gabe zu. Insbesondere müsse klar benannt werden, an wel-
chen Stellen die MiFID und andere europäische Regeln wei-
ter vorangebracht werden müssten. Ein Beispiel stelle die
Frage des Ausbaus der Positionslimits dar. Hier müsse man
Ex-ante-Limits anstreben. Wenn die Koalitionsfraktionen
dem zustimmen würden, müsse es im Antrag als Forderung
an die Bundesregierung konkret niedergelegt werden. Dies
im Feststellungsteil und in der Begründung zu erwähnen,
reiche nicht aus.

Die Fraktion DIE LINKE. lehnte den Antrag ab, da er bei
Weitem nicht weit genug reiche. Es werde begrüßt, dass nun,
nachdem Kirchenkreise und andere gesellschaftliche Grup-
pen Handlungsbedarf deutlich machen würden, auch die
Koalitionsfraktionen dieses Thema aufgreifen würden. Die
formulierten Forderungen würden aber keinen wirklichen
Fortschritt darstellen, sondern vielmehr nicht einmal das,
was bereits im Zusammenhang mit der MiFID-Überarbei-
tung und dem Erlass der Markets in Financial Instruments
Regulation (MiFIR) auf europäischer Ebene diskutiert wird,
vollständig ausschöpfen, geschweige denn es weiter voran-
treiben, damit Spekulation mit Rohstoffderivaten wirkungs-
voll unterbunden werden kann. Dazu müssten sehr viel ent-
schiedenere Schritte weiter vorangetrieben werden. Andern-
falls werde man keine substantielle Veränderung schaffen.
Dazu gehöre auch, dass man sich entschieden dafür einset-
zen müsse, dass bestimmte institutionelle Investoren wie In-
dexfonds, Pensionsfonds und Hedgefonds aus diesem Markt
ausgeschlossen würden, denn das seien die Schattenbanken,
die in diesem Bereich Gewinne realisieren. Sicherlich wür-
den einzelne EU-Mitgliedstaaten so wenig Regulierung wie
möglich präferieren. Aber gerade im Bereich der Rohstoff-
derivate könne man der Öffentlichkeit sehr gut deutlich ma-
chen, welche Verwerfungen die Finanzmärkte hervorrufen
könnten. Dem könne man nicht mit Eingrenzung, sondern le-
diglich mit einem klaren Verbot begegnen.

Zudem sei begrüßenswert, dass sich unter anderem die Deut-
sche Bank AG durch gesellschaftlichen Druck von ihrem
Engagement auf den Rohstoffderivatemärkten zurückziehe,
aber das große Problem der Regulierungsanstrengungen der
letzten Jahre sei, dass zwar der Bankenbereich an der einen
oder anderen Stelle reguliert werde, aber dasselbe Engage-
ment dann in den Bereich der Schattenbanken verlagert
werde. Dort blieben das Engagement sowie die dahinter ste-
henden Akteure dann aber im Dunkeln, sodass kein politi-
scher Druck ausgeübt werden könne. Daher sei das, was der
Antrag fordere, deutlich „zu kurz gesprungen“. Außerdem
stelle sich aufgrund der Andersartigkeit von Rohstoffmärk-
ten die Frage, ob es nicht notwendig sei, bei der europäi-
schen Marktaufsicht eine spezielle Abteilung einzurichten,
die sich nur mit der Verhinderung von Spekulation auf den
Rohstoffmärkten befasst.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN verwies auf
ein bis weit in die Koalitionsfraktionen hineinreichendes Be-
dürfnis, Rohstoffderivatemärkte weitaus deutlicher zu regu-
lieren als dies in dem Antrag gefordert werde. Gerade im
Agrarbereich würden viele die Spekulation, die Investition
und die verstärkte Finanzialisierung des Agrarsektors kri-
tisch beurteilen. Zudem entstehe der Eindruck, dass auch die
gesellschaftliche Diskussion weiter sei als der vorliegende
zusetzen. Dem Deutschen Bundestag und insbesondere den
Koalitionsfraktionen käme hier eine weiterreichende Auf-

Antrag: Unter anderem kündigten die Deutsche Bank AG im
privatwirtschaftlichen Bereich und die DekaBank im öffent-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9842

lich-rechtlichen Bereich aufgrund von gesellschaftlichem ten Überarbeitung der Richtlinie über Märkte für Finanzin-

Druck an, sich aus Teilen des Agrarmarktes zurückzuziehen.
Die Allianz AG kündige ebenfalls an, ihr Engagement in die-
sem Bereich zu überprüfen. Der Antrag der Koalitionsfrak-
tionen bilde aber in Bezug auf Agrarrohstoffe den Diskus-
sionsstand von vor vier Jahren ab. Heute sei aber deutlich,
dass es notwendig sei, den Agrarrohstoffmarkt wieder sehr
viel stärker von den anderen Finanzmärkten zu trennen, da es
nicht sinnvoll sei, Kapitalflüsse in einen Markt zu lenken, in
dem sie mehr Schaden als Nutzen anrichten würden. Dies
könne zwar als sehr moralische Argumentation kritisiert
werden. Sie sei aber für eine soziale Marktwirtschaft uner-
lässlich. Ferner bleibe der Antrag hinter dem, was bereits
international vereinbart sei, deutlich zurück. Ex-ante-Posi-
tionslimits seien bereits auf dem G20-Gipfel beschlossen
worden. Der Antrag fordere aber lediglich, „für Agrarderi-
vate zusätzliche und strengere Regulierungsmaßnahmen zu
prüfen“. Das sei nicht überzeugend.

Die Bundesregierung begrüßte den Antrag als wichtige Un-
terstützung der deutschen Position bei den laufenden Ver-
handlungen zur Überarbeitung der MiFID (MiFID II).
Deutschland trete dort sehr entschieden für die Prüfung stren-
gerer Regulierungsmaßnahmen, beispielsweise für Ex-ante-
Positionslimits wie in den USA speziell für Agrarderivate
ein. Die Unterstützung dieser Position werde begrüßt. Da-
rüber hinaus komme dem Informationsaustausch zwischen
den Finanzmarktbehörden und anderen europäischen Behör-
den, die für die Agrarrohstoffmärkte zuständig sind, große
Bedeutung zu. Außerdem hätten – neben den Verhandlungen
zu MiFID II auf europäischer Ebene – die G20-Agrarminister
am 22. Juni 2011 einen „Action Plan on Food Price Volatility
and Agriculture“ verabschiedet, der darauf abziele, die welt-
weite Agrarproduktion nachhaltig zu steigern, die Ernäh-
rungsgrundlagen einer wachsenden Weltbevölkerung zu si-
chern und die Marktinformation und Transparenz zu verbes-
sern. In diesem Rahmen sei die Gründung des sinnvoller-
weise bei der Food and Agriculture Organization (FAO)
angesiedelten „Agricultural Market Information System
(AMIS)“ erfolgt, das dazu beitragen solle, Marktinformation
und Transparenz zu verbessern und zugleich sicherzustellen,
dass auch die Finanzmarktakteure über fundamentale Ent-
wicklungen auf den Märkten für Agrarrohstoffe besser infor-
miert werden. Zudem sei das „Rapid Response Forum“ mit
dem Ziel geschaffen worden, auf Basis der von AMIS gesam-
melten Daten Schlüsse zu ziehen und gegebenenfalls ein kon-
zertiertes politisches Handeln auf G20-Ebene vorzubereiten.
Neben den Bemühungen auf EU-Ebene halte die Bundes-
regierung auch diese G20-Initiativen für sehr wichtig. Sie
würden von der Bundesregierung aktiv unterstützt.

Änderungsantrag der Fraktion der SPD

Die Fraktion der SPD begrüßte die Offenheit der Koalitions-
fraktionen für die Forderung, Ex-ante-Positionslimits ein-
zuführen und beantragte die Änderung des Antrags unter
Abschnitt II Nummer 2. Dem Buchstaben b, mit dem ange-
strebt wird, die Bundesregierung aufzufordern, „sich im
Rahmen der von der Europäischen Kommission eingeleite-

strumente (MiFID Review) dafür einzusetzen, […] ange-
messene Eingriffsinstrumente, wie z. B. die Möglichkeit zur
Verhängung von Positionslimits, einzuführen“, solle der Satz
„Dabei soll sich die Bundesregierung insbesondere für die
Einführung von Ex-ante-Positionslimits mindestens nach
US-amerikanischem Vorbild einsetzen.“ angefügt werden.

Die Koalitionsfraktionen verwahrten sich gegen den Vor-
wurf, der Antrag bleibe gegenüber bereits im G20-Rahmen
Vereinbartem zurück, da auf starre Ex-ante-Positionslimits
verzichtet werde. Dies sei nicht zutreffend. Vielmehr wolle
man, wie in der Begründung zu dem Antrag ausgeführt,
untersuchen lassen, ob es nicht aufgrund der mitunter sehr
unterschiedlich ausgestalteten Märkte viel sinnvoller sei,
flexible Regelungen zu ermöglichen, um wirklich wirkungs-
volle Limits setzen zu können.

Außerdem diskutiere der Antrag die Probleme an den Roh-
stoffderivatemärkten sinnvollerweise nicht in allen Details.
Das wäre aufgrund des europäischen Abstimmungsprozes-
ses nicht zielführend. Vielmehr habe man sich auf ein soge-
nanntes Framing der Thematik begrenzt.

Den Änderungsantrag der Fraktion der SPD lehnte der Aus-
schuss mit der Stimmenmehrheit der Koalitionsfraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab.

Anforderung eines Berichts von der Bundesregierung

Auf Anregung der Fraktion der CDU/CSU forderten die Be-
richterstatter die Bundesregierung auf, im Herbst 2012 über
die weitere Entwicklung der Debatte in der Europäischen
Union zur Regulierung der Agrarrohstoffmärkte einschließ-
lich des Handels mit Agrarderivaten zu berichten, um dem
Finanzausschuss die Möglichkeit zu geben, das Thema wei-
ter zu verfolgen.

Anregung für die Durchführung einer öffentlichen Anhö-
rung

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN regte zudem an,
sich im Ausschuss noch einmal intensiver mit dem Thema
Finanzialisierung der Agrarrohstoffmärkte zu befassen. Es
finde hierzu eine intensive gesellschaftliche Diskussion statt.
Diese müsse aufgegriffen werden. Dabei müsse aber berück-
sichtigt werden, dass Absicherungsgeschäfte auch und ins-
besondere am Rohstoffmarkt, natürlich auch am Markt für
Agrarrohstoffe, sinnvoll und wichtig seien. Ohne diese
würde der Markt nicht funktionieren. Kritisch sei jedoch,
dass sich der Anteil derer, die ausschließlich finanzielle Inte-
ressen auf diese Märkte führt, deutlich verändert habe. Hie-
rauf müsse reagiert werden. Zwar gäbe es keine wichtigen
Rohstoffbörsen in Deutschland. Da aber in zunehmendem
Maße deutsche Akteure auf der Suche nach Kapitalanlage-
möglichkeiten auf diesen Märkten aktiv seien, könne in
Deutschland regulatorisch beim Investor angesetzt werden.
Dies solle im Ausschuss beispielsweise mit der Deutschen
Bank AG, der DekaBank und der Allianz AG, die sich auf-
grund des öffentlichen Drucks damit befassen müssen, dis-
kutiert werden.

Berlin, den 23. Mai 2012
Ralph Brinkhaus
Berichterstatter

Dr. Carsten Sieling
Berichterstatter

Björn Sänger
Berichterstatter

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