BT-Drucksache 17/9459

Auslandsreisen von Mitgliedern des Bundeskabinetts unter Begleitung von Rüstungslobbyisten

Vom 26. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9459
17. Wahlperiode 26. 04. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan van Aken, Wolfgang Gehrcke, Christine Buchholz,
Sevim Dag˘delen, Annette Groth, Andrej Hunko, Harald Koch, Stefan Liebich,
Niema Movassat, Paul Schäfer (Köln), Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Auslandsreisen von Mitgliedern des Bundeskabinetts unter Begleitung von
Rüstungslobbyisten

Der Verkauf von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern ist kein rein wirt-
schaftliches Geschäft, sondern meist auch ein politisches. Insbesondere bei grö-
ßeren und/oder technologisch sensibleren Exportvorhaben ist die Unterstützung
der Bundesregierung bei der Vorbereitung und Durchführung von essentieller
Bedeutung. Dies kann unter anderem den frühzeitigen Bescheid einer Voran-
frage zur Genehmigung eines Rüstungsexports, die politische Einflussnahme
auf die Regierung des potentiellen Käuferlandes und die Bereitschaft, Soldaten
des Empfängerlandes durch die Bundeswehr am jeweiligen Rüstungsgut auszu-
bilden, umfassen. Zur Unterstützung des Rüstungsexports zählt aber auch die
Möglichkeit für Vertreter der Rüstungsindustrie, Kabinettsmitglieder, vor allem
den Bundeskanzler/die Bundeskanzlerin sowie die Bundesminister und Bun-
desministerinnen der Ressorts Außen, Verteidigung und Wirtschaft, auf deren
Auslandsreisen zu begleiten.

Rüstungsgeschäfte, wie beispielsweise der diskutierte Export von Kampfpan-
zern nach Saudi-Arabien oder der Export von U-Booten nach Israel, haben eine
weitreichende außen- und sicherheitspolitische Bedeutung. Der Export von
Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern kann zwischenstaatliche Konflikte
verschärfen und/oder auslösen, sich verheerend auf die Menschenrechtslage im
Empfängerland auswirken und impliziert darüber hinaus in manchen Fällen
eine generelle Weichenstellung in der bundesdeutschen Außen- und Sicher-
heitspolitik. Aufgrund der außerordentlichen Bedeutung solcher Exportent-
scheidungen hinsichtlich der Frage nach Krieg und Frieden und der generellen
Ausrichtung deutscher Außen- und Sicherheitspolitik, ist Transparenz gegen-
über dem Deutschen Bundestag wie der deutschen Öffentlichkeit zwingend er-
forderlich.

Dies muss auch die Begleitung der Bundeskanzlerin/des Bundeskanzlers und
sonstigen Mitglieder des Kabinetts auf Auslandsreisen umfassen. Eine Einstu-
fung der Delegationslisten als Verschlusssache (siehe Antwort auf die Kleine
Anfrage „Dienstreisen von Kabinettsmitgliedern und begleitende Delegationen“,

Bundestagsdrucksache 17/1318) ist vor dem Hintergrund, dass die Bundesregie-
rung die bei den Reisen zustande gekommenen Unterschriften unter Verträge
oder Absichtserklärungen zwischen dem Gastland und deutschen Wirtschafts-
vertretern regelmäßig zur öffentlichkeitswirksamen Darstellung des Erfolgs der
jeweiligen Reise nutzt, aber auch hinsichtlich der außen- und sicherheitspoli-
tischen Bedeutung, die die Teilnahme von Wirtschaftsvertretern haben kann,
selektiv, intransparent und gefährlich.

Drucksache 17/9459 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Vor dem Hintergrund der politischen Bedeutung von Rüstungsexporten und der
bislang selektiven Informierung der deutschen Öffentlichkeit ist eine Offenle-
gung der Teilnehmerlisten folgerichtig und notwendig.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Auslandsreisen hat Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel in der
17. Wahlperiode unternommen?

2. Auf welcher dieser Reisen wurde sie dabei von Vertretern welcher Rüs-
tungsunternehmen (Unternehmen, die Kriegswaffen oder sonstige Rüs-
tungsgüter herstellen) begleitet?

3. Welche Funktion (Stellenbezeichnung) hatten diese Vertreter innerhalb
ihres Unternehmens?

4. Welche Auslandsreisen hat der Bundesminister des Auswärtigen Dr. Guido
Westerwelle seit Amtsantritt unternommen?

5. Auf welcher dieser Reisen wurde er dabei von Vertretern welcher Rüs-
tungsunternehmen begleitet?

6. Welche Funktion hatten diese Vertreter innerhalb ihres Unternehmens?

7. Welche Auslandreisen haben der ehemalige Bundesminister für Wirtschaft
und Technologie Rainer Brüderle, und der jetzige Bundesminister Dr. Philipp
Rösler unternommen?

8. Auf welcher dieser Reisen wurden sie dabei von Vertretern welcher Rüs-
tungsunternehmen begleitet?

9. Welche Funktion hatten diese Vertreter innerhalb ihres Unternehmens?

10. Welche Auslandsreisen haben der ehemalige Bundesminister der Vertei-
digung Karl-Theodor zu Guttenberg, und der jetzige Bundesminister
Dr. Thomas de Maizière unternommen?

11. Auf welcher dieser Reisen wurden sie dabei von Vertretern welcher Rüs-
tungsunternehmen begleitet?

12. Welche Funktion hatten diese Vertreter innerhalb ihres Unternehmens?

13. Haben während dieser Reisen (Frage 2, 5, 8 und 11) Treffen von Vertretern
der deutschen Rüstungsindustrie mit Offiziellen des Gastlandes stattgefun-
den, bei denen die Bundeskanzlerin oder die Bundesminister der jeweiligen
Ressorts zugegen waren (bitte jeweils unter Angabe der beteiligten Unter-
nehmensvertreter)?

14. Hat die jeweilige deutsche Botschaft im Gastland für diese Treffen (Frage 13)
Räumlichkeiten der Botschaft oder andere dauerhaft durch sie angemietete
Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt oder Räumlichkeiten zu diesem
Zweck angemietet (bitte unter Angabe der etwaigen entstandenen Kosten)?

15. Haben während dieser Reisen (Frage 2, 5, 8 und 11) Treffen der Vertreter
der deutschen Rüstungsindustrie mit Offiziellen des Gastlandes stattgefun-
den, bei denen die Bundeskanzlerin oder die Bundesminister der jeweiligen
Ressorts nicht zugegen waren (bitte jeweils unter Angabe der beteiligten
Unternehmensvertreter)?

16. Hat die jeweilige deutsche Botschaft im Gastland für diese Treffen (Frage 15)
Räumlichkeiten der Botschaft oder andere dauerhaft durch sie angemietete
Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt oder Räumlichkeiten zu diesem
Zweck angemietet (bitte unter Angabe der etwaigen entstandenen Kosten)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9459

17. Haben während dieser Reisen (Frage 2, 5, 8 und 11) Treffen der Vertreter
der deutschen Rüstungsindustrie mit Offiziellen des Gastlandes stattgefun-
den, bei denen kein offizieller Vertreter der Bundesrepublik Deutschland
zugegen war, an deren Organisation aber die deutsche Botschaft im Gast-
land oder eines der Bundesministerien beteiligt war (bitte jeweils unter An-
gabe der beteiligten Unternehmensvertreter)?

18. Hat die jeweilige deutsche Botschaft für diese Treffen (Frage 17) Räum-
lichkeiten der Botschaft oder andere dauerhaft durch sie angemietete
Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt oder Räumlichkeiten zu diesem
Zweck angemietet (bitte unter Angabe der etwaigen entstandenen Kosten)?

19. Wurden Vereinbarungen (Verträge, Absichtserklärungen etc.) während der
Reisen der Bundeskanzlerin und der Bundesminister des Auswärtigen, für
Wirtschaft und Technologie und der Verteidigung zwischen Unternehmen
der deutschen Rüstungsindustrie und dem Gastland bzw. Unternehmen des
Gastlandes unterschrieben (bitte unter Angabe der jeweiligen Reise, des
Namens des deutschen Rüstungsunternehmens und des jeweiligen Partners)?

20. Welche deutsche Botschaften haben anlässlich von Messen/Ausstellungen
(Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestags-
drucksache 17/1826) deutschen Rüstungsunternehmen Räumlichkeiten zur
Verfügung gestellt (bitte unter Angabe des Datums, der Messe/Ausstellung,
der Rüstungsunternehmen und unter Spezifizierung der Räumlichkeit)?

a) Welche Kosten sind der jeweiligen Botschaft dabei entstanden?

b) Wer hat die Kosten zu welchem Anteil abschließend übernommen?

Berlin, den 26. April 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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