BT-Drucksache 17/9439

a) zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 17/9167 - Umsetzung von Basel III: Finanzmärkte stabilisieren - Realwirtschaft stärken - Kommunalfinanzierung sichern b) zu dem Antrag der Fraktion der SPD - Drucksache 17/6294 - Besonderheiten der nationalen Finanzmärkte bei Umsetzung von Basel III berücksichtigen

Vom 25. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9439
17. Wahlperiode 25. 04. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/9167 –

Umsetzung von Basel III: Finanzmärkte stabilisieren – Realwirtschaft stärken –
Kommunalfinanzierung sichern

b) zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/6294 –

Besonderheiten der nationalen Finanzmärkte bei Umsetzung von Basel III
berücksichtigen

A. Problem

Zu Buchstabe a

Mit einem Richtlinienvorschlag (Ratsdok. 13285/11) und einem Verordnungs-
vorschlag (Ratsdok. 13284/11) hat die Europäische Kommission ein Gesetzes-
paket vorgelegt, mit dem die Vorschläge des Baseler Ausschusses für Banken-
aufsicht zur Reform der Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen für Kredit-
institute – Basel III – in europäisches Recht umgesetzt werden sollen.

Die Europäische Kommission wendet die neuen Eigenkapital- und Liquiditäts-
anforderungen auf alle Kreditinstitute an. Die Europäische Kommission hat bei
der von ihr verfolgten Umsetzung von Basel III allerdings nach Ansicht der
antragstellenden Fraktion die besonders in Deutschland innerhalb der Banken-
landschaft bestehenden Unterschiede zu wenig beachtet. Die neuen Eigen-
kapital- und Liquiditätsanforderungen sollten aber mit Rücksicht auf Größe und
Geschäftsmodell der Kreditinstitute differenziert angewandt werden.
Bei der Reform der Eigenkapitalregulierung müssen nach Ansicht der antrag-
stellenden Fraktion die Auswirkungen auf die Realwirtschaft beachtet werden.
Vor allem müssten bei der Regulierung der Sparkassen und Genossenschafts-
banken die Auswirkungen auf die Kreditvergabe für den Mittelstand und auf die
Funktionsfähigkeit der Kommunalfinanzierung berücksichtigt werden.

Die im Rahmen der europäischen Umsetzung von Basel III vorgesehenen Risi-
kogewichte für Mittelstandskredite, die neuen Eigenkapitalanforderungen für

Drucksache 17/9439 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Finanzverbünde und die Einführung einer risikounabhängigen Verschuldungs-
obergrenze – der sogenannten Leverage-Ratio – seien vor diesem Hintergrund
in ihrer bislang geplanten Form problematisch.

Außerdem berücksichtigen nach Ansicht der antragstellenden Fraktion die zur
Überprüfung der neuen Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen vorgese-
henen operativen und prozessualen Aufsichtsstandards die unterschiedliche
Situation großer und kleiner Kreditinstitute nur unzureichend. Die Standards der
Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) dürften deshalb nicht unmittelbar
für regional tätige Kreditinstitute gelten, damit es nicht zu einem unvertretbaren
bürokratischen Aufwand komme.

Zu Buchstabe b

Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht hat am 16. Dezember 2010 sein
neues Regelwerk, „Basel III“ genannt, veröffentlicht und im Laufe des Jahres
2011 ergänzt um Mindestanforderungen zur Verlustabsorption und die Finalisie-
rung der Eigenkapitalanforderungen. Die G20-Staats- und Regierungschefs ha-
ben beim Seoul-Gipfel im November 2010 das Basel-III-Rahmenwerk gebilligt
und sich zu seiner konsistenten Umsetzung verpflichtet.

Innerhalb der Europäischen Union sind die Baseler Vorschriften zur Banken-
regulierung bisher mit Hilfen von Richtlinien umgesetzt worden, die dem natio-
nalen Gesetzgeber Spielraum zur Anpassung des Regelwerkes an die Gegeben-
heiten des jeweiligen nationalen Bankensektors gelassen haben.

Mit dem im Juli 2011 vorgelegten, so genannten CRD IV-Paket strebt die
EU- Kommission bei der Umsetzung von Basel III nunmehr erstmals an,
wesentliche Teile der Regulierung in Form einer Verordnung vorzunehmen,
die im von ihr geregelten Bereich keinen Spielraum für die Berücksichtigung
der Besonderheiten nationaler Bankensektoren mehr lassen würde. Es könnte
in Deutschland deshalb die Gefahr bestehen, dass die auf international tätige
und kapitalmarktorientierte Bankkonzerne ausgerichteten Vorgaben die Kredit-
vergabefähigkeit von Sparkassen und Genossenschaftsbanken über Gebühr
einschränken und so zu einer Verringerung und Verteuerung der Kreditversor-
gung für den Mittelstand führen. Für eine effektive Finanzmarktregulierung
sollten gleichwertige, aber keine uniformen europäischen Vorgaben für alle
Mitgliedstaaten angestrebt werden.

B. Lösung

Zu Buchstabe a

Der Antrag der Fraktion der SPD sieht vor, dass der Bundestag beschließen
wolle

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass die unter A. genannten Probleme bei
der geplanten europäischen Umsetzung von Basel III in der im Antrag beschrie-
benen Form vorliegen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich in den Ver-
handlungen über das Gesetzespaket zur Umsetzung von Basel III dafür einzuset-
zen, dass den aufgezeigten Problemen Rechnung getragen werde, indem die
sechs im Antrag formulierten Verhandlungsziele verfolgt werden.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/9167 mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die

Stimmen der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9439

Zu Buchstabe b

Der Antrag der Fraktion der SPD sieht vor, dass der Bundestag beschließen
wolle

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass die unter A. genannten Probleme bei
der geplanten europäischen Umsetzung von Basel III in der im Antrag beschrie-
benen Form vorliegen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, sich in den Ver-
handlungen über das Gesetzespaket zur Umsetzung von Basel III dafür einzuset-
zen, dass die Umsetzung der Basel-III-Vorschriften durch eine Richtlinie erfolgt
und für eine Berücksichtigung der Besonderheiten des deutschen Finanzmarktes
einzutreten sowie dem Deutschen Bundestag frühzeitig und regelmäßig über
den Stand der Beratungen auf europäischer Ebene zu berichten.

Ablehnung des Antrags auf Drucksache 17/6294 mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion der
SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

C. Alternativen

Keine.

D. Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand

Die Anträge machen keine Angaben über entstehende Haushaltsausgaben.

E. Erfüllungsaufwand

Die Anträge machen keine Angaben über entstehenden Erfüllungsaufwand.

F. Weitere Kosten

Die Anträge machen keine Angaben über weitere Kosten.

Drucksache 17/9439 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

a) den Antrag auf Drucksache 17/9167 abzulehnen;

b) den Antrag auf Drucksache 17/6294 abzulehnen.

Berlin, den 25. April 2012

Der Finanzausschuss

Dr. Birgit Reinemund
Vorsitzende

Ralph Brinkhaus
Berichterstatter

Manfred Zöllmer
Berichterstatter

Die im Rahmen der europäischen Umsetzung von Basel III Eine Umsetzung der Basel-III-Vorschriften ohne Rücksicht

vorgesehenen Risikogewichte für Mittelstandskredite, die
neuen Eigenkapitalanforderungen für Finanzverbünde und
die Einführung einer risikounabhängigen Verschuldungsober-

auf die nationalen Unterschiede der Bankensektoren wäre
gerade für den deutschen Bankenmarkt mit seinem hohen
Anteil kleiner und regionaler Institute nicht angemessen. Es
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/9439

Bericht der Abgeordneten Ralph Brinkhaus und Manfred Zöllmer

I. Überweisung

Zu Buchstabe a

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktion der
SPD auf Drucksache 17/9167 in seiner 173. Sitzung am
30. März 2012 beraten und dem Finanzausschuss zur feder-
führenden Beratung sowie dem Haushaltsausschuss, dem
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie und dem Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.

Zu Buchstabe b

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktion der
SPD auf Drucksache 17/6294 in seiner 117. Sitzung am
30. Juni 2011 beraten und dem Finanzausschuss zur feder-
führenden Beratung sowie dem Haushaltsausschuss, dem
Ausschuss für Wirtschaft und Technologie und dem Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlagen

Zu Buchstabe a

Der Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/9167
sieht vor, dass der Bundestag beschließen wolle:

1. Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass die Probleme bei
der geplanten europäischen Umsetzung von Basel III in der
im Antrag beschriebenen Form vorliegen.

Mit einem Richtlinienvorschlag (Ratsdok. 13285/11) und
einem Verordnungsvorschlag (Ratsdok. 13284/11) hat die
Europäische Kommission ein Gesetzespaket vorgelegt, mit
dem die Vorschläge des Baseler Ausschusses für Banken-
aufsicht zur Reform der Eigenkapital- und Liquiditätsanfor-
derungen für Kreditinstitute – Basel III – in europäisches
Recht umgesetzt werden sollen.

Die Europäische Kommission wendet die neuen Eigenkapi-
tal- und Liquiditätsanforderungen auf alle Kreditinstitute an.
Die Europäische Kommission hat bei der von ihr verfolgten
Umsetzung von Basel III allerdings nach Ansicht der antrag-
stellenden Fraktion die besonders in Deutschland innerhalb
der Bankenlandschaft bestehenden Unterschiede zu wenig
beachtet. Die neuen Eigenkapital- und Liquiditätsanforde-
rungen sollten aber mit Rücksicht auf Größe und Geschäfts-
modell der Kreditinstitute differenziert angewandt werden.

Bei der Reform der Eigenkapitalregulierung müssen nach
Ansicht der antragstellenden Fraktion die Auswirkungen auf
die Realwirtschaft beachtet werden. Vor allem müssten bei
der Regulierung der Sparkassen und Genossenschaftsbanken
die Auswirkungen auf die Kreditvergabe für den Mittelstand
und auf die Funktionsfähigkeit der Kommunalfinanzierung
berücksichtigt werden.

Außerdem berücksichtigen nach Ansicht der antragstellen-
den Fraktion die zur Überprüfung der neuen Eigenkapital-
und Liquiditätsanforderungen vorgesehenen operativen und
prozessualen Aufsichtsstandards die unterschiedliche Situa-
tion großer und kleiner Kreditinstitute nur unzureichend. Die
Standards der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA)
dürften deshalb nicht unmittelbar für regional tätige Kredit-
institute gelten, damit es nicht zu einem unvertretbaren büro-
kratischen Aufwand komme.

2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
sich in den Verhandlungen über das Gesetzespaket zur Um-
setzung von Basel III dafür einzusetzen, dass

– die neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregelungen nach
Geschäftsmodell und Größe der Kreditinstitute differen-
ziert angewandt werden;

– die Risikogewichte von Mittelstandskrediten an ihr tat-
sächliches Risiko angepasst werden;

– bei den Kapitalabzügen für Finanzbeteiligungen die be-
sonderen Bedingungen der Finanzverbünde der Sparkas-
sen und Genossenschaftsbanken berücksichtigt werden;

– bei der Ausgestaltung der risikounabhängigen Verschul-
dungsobergrenze auf das margenarme Hypotheken- und
Kommunalkreditgeschäft Rücksicht genommen wird;

– die von der EBA erarbeiteten Aufsichtsstandards und
Meldepflichten keine unmittelbare Wirkung für regional
tätige Kreditinstitute erhalten, sondern durch die natio-
nale Aufsicht angemessen angewandt werden;

– es eine angemessene Arbeitsteilung zwischen europäi-
scher und nationaler Bankenaufsicht gibt.

Zu Buchstabe b

Der Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/6294
sieht vor, dass der Bundestag beschließen wolle:

1. Der Deutsche Bundestag stellt fest, dass die Probleme bei
der geplanten europäischen Umsetzung von Basel III in der
im Antrag beschriebenen Form vorliegen.

Eine Umsetzung von Basel III durch eine Verordnung wäre
mit großen Nachteilen verbunden. Eine Verordnung stellt
unionsweit unmittelbar geltendes Recht dar. Einer gesonder-
ten nationalen Umsetzung bedarf es nicht. Dem Deutschen
Bundestag würden somit seine Mitwirkungsmöglichkeiten
genommen und nationale Besonderheiten könnten grund-
sätzlich nicht berücksichtigt werden. Dagegen stellt eine
Richtlinie die Beteiligung der nationalen Parlamente sicher
und eröffnet so Spielräume bei der Ausfüllung und Konkre-
tisierung der europäischen Vorgaben durch die Mitgliedstaa-
ten. Die Wahl des Rechtsinstrumentes ist dabei eine wichtige
Weichenstellung, da sie die Beteiligungsmöglichkeiten nicht
nur hinsichtlich der aktuellen Reform, sondern auch der
künftigen Regulierungsvorhaben bestimmt.
grenze – der sogenannten Leverage-Ratio – seien vor diesem
Hintergrund in ihrer bislang geplanten Form problematisch.

bestünde die Gefahr, dass die auf international tätige und
kapitalmarktorientierte Bankkonzerne ausgerichteten Vorga-

Drucksache 17/9439 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ben die Kreditvergabefähigkeit von Sparkassen und Genos-
senschaftsbanken über Gebühr einschränken und so zu einer
Verringerung und Verteuerung der Kreditversorgung für den
Mittelstand führen. Eine effektive Finanzmarktregulierung
setzt gleichwertige aber keine uniformen europäischen Vor-
gaben für alle Mitgliedstaaten voraus.

2. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

– sich gegenüber der Europäischen Kommission und den
Mitgliedstaaten für eine Umsetzung der Basel-III-Vor-
schriften durch eine Richtlinie einzusetzen,

– bei den Beratungen über die Richtlinie für eine Berück-
sichtigung der Besonderheiten des deutschen Finanz-
marktes einzutreten, insbesondere bezüglich der langfris-
tigen Finanzierungsorientierung, der bankbasierten Un-
ternehmensfinanzierung und der dezentralen Banken-
struktur,

– dem Deutschen Bundestag frühzeitig und regelmäßig
über den Stand der Beratungen auf europäischer Ebene
zu berichten.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Zu Buchstabe a

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag in seiner 87. Sit-
zung am 25. April 2012 beraten und empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
gegen die Stimmen der Fraktion der SPD Ablehnung.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag in seiner 67. Sitzung am 25. April 2012 beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktion der
SPD Ablehnung.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag in seiner 64. Sitzung am 25. April
2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. gegen die Stim-
men der Fraktion der SPD Ablehnung.

Zu Buchstabe b

Der Haushaltsausschuss hat den Antrag in seiner 87. Sit-
zung am 25. April 2012 beraten und empfiehlt mit den Stim-
men der Fraktionen CDU/CSU und FDP bei Stimmenthal-
tung der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der SPD Ableh-
nung.

Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat den
Antrag in seiner 67. Sitzung am 25. April 2012 beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU und
FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion der SPD Ablehnung.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag in seiner 64. Sitzung am 25. April
2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Zu Buchstabe a

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 85. Sitzung
am 25. April 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der SPD bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Antrag auf
Drucksache 17/9167 abzulehnen.

Zu Buchstabe b

Der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 85. Sitzung
am 25. April 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktion der SPD bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den Antrag
auf Drucksache 17/6294 abzulehnen.

Beratungsverlauf

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP beton-
ten, dass man die Umsetzung von Basel III in europäisches
Recht neben den Restrukturierungsmechanismen und der
Regulierung des OTC-Derivatemarktes als den zentralen Be-
standteil einer neuen europäischen Bankenordnung ansehe.
Eine schnelle Umsetzung sei wichtig.

Gemeinsame europäische Regeln seien bei der Umsetzung
von Basel III auch ein Wert an sich. Man habe gesehen, dass
Abweichungsmöglichkeiten von anderen Ländern so ausge-
nutzt werden könnten, wie es nicht im deutschen Interesse
liege. Gegebenenfalls sei Deutschland dann in der finanziel-
len Verantwortung, solche Fehlentwicklungen zu reparieren.
Gemeinsame europäische Regeln seien aber keine allein deut-
schen Regeln und würden deshalb niemals zu 100 Prozent die
nationalen Besonderheiten des deutschen Bankensektors be-
rücksichtigen können. Man müsse immer zwischen der Pass-
genauigkeit für die deutsche Bankenlandschaft und der
Durchsetzung gemeinsamer europäischer Regeln abwägen.

Im Antrag auf Drucksache 17/6294 fordere die SPD-Frak-
tion eine Umsetzung von Basel III in Europa mit Hilfe einer
Richtlinie. Man wolle darauf hinweisen, dass wesentliche
Punkte im europäischen Regulierungspaket tatsächlich über
eine Richtlinie umgesetzt würden: die aufsichtsrechtlichen
Regelungen. Die quantitativen Bestimmungen würden dage-
gen in der Tat durch eine Verordnung normiert. Dies sei auf
europäischer Ebene nicht diskutierbar. Hierzu sei eine end-
gültige Entscheidung gefallen, die auch quer durch die Frak-
tionen im Europäischen Parlament befürwortet werde. Ins-
besondere vor dem Hintergrund, dass Großbritannien versu-
che, das gesamte Verhandlungspaket erneut zu öffnen und
die für Deutschland zentrale Prinzipienorientierung der De-
finition des Eigenkapitals in Frage zu stellen, sollte an der
Verordnung nicht gerüttelt werden. Die vorgesehene Prinzi-
pienorientierung der Definition des Eigenkapitals sei für die
Koalitionsfraktionen von zentraler Bedeutung. Man wolle
ein starkes Signal an die Bundesregierung senden, dass die-
ses Prinzip eine conditio sine qua non sei und man mit erheb-
lichem Widerstand aus der Koalition rechnen müsse, wenn
hieran gerüttelt werden sollte.
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion der SPD Ablehnung.

Die zweite Forderung des Antrags auf Drucksache 17/6294,
dass die Spezifika des deutschen Finanzmarktes von der

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/9439

Bundesregierung bei den Verhandlungen zur Richtlinie und
zur Verordnung bei der Umsetzung von Basel III auf europä-
ischer Ebene (CRD IV) eingebracht werden sollten, sei mit
viel Einsatz erfüllt worden. Auch bei der Frage der Risikoge-
wichtung der Mittelstandskredite habe die Bundesregierung
gekämpft. Es bleibe abzuwarten, zu welchen Ergebnissen
dies letztlich führen werde.

Die dritte Forderung des Antrags auf Drucksache 17/6294
einer regelmäßigen Information des Deutschen Bundestags
über die Verhandlungen auf europäischer Ebene sei ebenfalls
erfüllt worden.

Die erste Forderung des Antrags auf Drucksache 17/9167,
dass die neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln nach
Größe und Geschäftsmodell der Kreditinstitute differenziert
angewendet werden sollten, sei eine grundsätzliche Frage.
Man müsse überlegen, ob man ein gespaltenes Aufsichts-
recht wolle, das Großbanken anders reguliere als mittelstän-
dische Banken. Die Koalitionsfraktionen würden eine solche
Teilung kritisch sehen. Bestimmte Banken würden in
Deutschland bei einem solchen Ansatz unter eine Art „Auf-
sicht light“, bzw. „CRD IV light“ fallen. Dies müsste man
dann aber auch analog etwa in Griechenland oder in Spanien
akzeptieren. Das sei kaum denkbar, wenn man berücksich-
tige, in welchen Bereichen des Bankenmarktes in einigen
Ländern Südeuropas die Stabilitätsprobleme zu finden seien.
Die Koalitionsfraktionen könnten daher der im Antrag ge-
stellten Forderung nicht zustimmen.

Bei der Frage der Risikogewichtung der Mittelstandskredite
müsse man zu ihrer Beurteilung die empirischen Ergebnisse
zu Rate ziehen. Wenn die Zahlen zeigen würden, dass es an-
gezeigt sei, die Gewichte zu ändern, sollte dies auch getan
werden.

Beim dritten Punkt des Antrags auf Drucksache 17/9167 zur
Frage der Berücksichtigung der Besonderheiten des deut-
schen Sparkassensystems bei der Eigenkapitalunterlegung
bei Beteiligungsverbünden sei klar, dass die neuen Regelun-
gen zu einem Anpassungsbedarf bei den Sparkassen führen
würden. Dazu müssten angemessene Übergangsfristen ge-
schaffen werden. Allerdings könne eine Doppelbelegung
von Eigenkapital in keinem Fall akzeptiert werden. Deshalb
teile man die Argumentation der SPD-Fraktion in diesem
Punkt nicht vollständig.

Die vierte Forderung des Antrags auf Drucksache 17/9167,
dass bei der risikounabhängigen Verschuldungsobergrenze
auf das Hypotheken- und Kommunalkreditgeschäft geson-
dert Rücksicht zu nehmen sei, müsse man zurückweisen. Es
sei nicht von der Hand zu weisen, dass Kommunalkredite
mit Risiko behaftet seien. Falls dies in Deutschland momen-
tan nicht der Fall sei, müsse beim Setzen gesamteuropäischer
Regeln auch die Situation in einigen südeuropäischen Län-
dern berücksichtigt werden. Die Regulierung müsse dem
Ziel der Schaffung von Finanzmarktstabilität folgen. Außer-
dem müsse das Regelwerk auch bei noch nicht vorhersehba-
ren zukünftigen Entwicklungen anwendbar sein, selbst wenn
Kommunalkredite und Hypothekardarlehen in Deutschland
derzeit noch relativ wenig risikobehaftet seien. Die Regulie-
rung müsse die nächsten Jahrzehnte gelten können, in denen
sich vieles ändern könne. Man könne dies am Beispiel euro-
päischer Staatanleihen sehen, deren Risikogewichtung von

der europäischen Staatsschuldenkrise nun zu Recht kritisiert.
Die Lösung für die Finanzierung der Kommunen liege nicht
in einer künstlichen Reduzierung der Eigenkapitalunter-
legung bei den Finanzinstituten, sondern in einer Lösung der
Verschuldungsfrage. Der im Antrag verfolgte Ansatz sei
falsch. Die Banken würden sich deswegen nicht aus dem
Kommunalfinanzierungsgeschäft zurück ziehen. Die Koali-
tionsfraktionen widersprachen der Behauptung der SPD, die
Koalitionsfraktionen hätten gefordert, dass Kommunalfinan-
zierung nicht billig sein dürfe.

Man könne zwar die Ursachen der letzten Finanzkrise gut
bestimmen, es gelte aber Regeln zur Vermeidung zukünf-
tiger Krisen zu finden, von denen man heute nicht wissen
könne, wo ihre Ursachen liegen würden. Deshalb seien die
Koalitionsfraktionen dafür, dass gleiche Dinge bei der Ban-
kenregulierung auch gleich behandelt würden. Die vorlie-
gende Regulierung sei deshalb richtig, wenn man das Ziel
verfolge, das Bankensystem zukunftssicher aufzustellen.

In den Punkten fünf und sechs des Antrags auf Drucksache
17/9167 sei die Fraktion der CDU/CSU mit der Fraktion der
SPD einig. Bei den Aufsichtsstandards und Meldepflichten
der European Banking Authority (EBA) sowie bei der Ar-
beitsteilung zwischen europäischer und nationaler Banken-
aufsicht müsse eine Proportionalität der Aufsicht geschaffen
werden. Es sei wichtig, dass sich der Deutsche Bundestag
hier gemeinsam positioniere. Man sei dankbar, dass die
SPD-Fraktion dem Antrag der Koalitionsfraktionen zur Fi-
nanzaufsicht zugestimmt habe („Europäische Finanzaufsicht
stärken und effizient ausgestalten“, Drucksache 17/9151).
Der Deutsche Bundestag sollte hierbei als weiteren Punkt
das Demokratiedefizit bei der europäischen Finanzmarktau-
sicht ernsthaft thematisieren. Es werde über delegierte
Rechtsakte, bei denen es keine parlamentarischen Kontroll-
möglichkeiten gebe, sogenannte Level 2 bzw. Level 3 Maß-
nahmen, von den europäischen Aufsichtsbehörden politi-
scher Einfluss ausgeübt. Bei der Einrichtung des europä-
ischen Finanzaufsichtssystems im Jahr 2010 sei eine solche
Praxis, wie sie sich heute darstellt, nicht vorgesehen gewe-
sen. Eine entsprechende Evaluation sei notwendig.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Koalitionsfrak-
tionen die beiden Anträge der SPD-Fraktion ablehnen wür-
den, weil es zwar in einigen Punkten Konsens gebe, andere
Punkte sich aber bereits erledigt hätten und in weiteren Punk-
ten eine unterschiedliche Auffassung bestehe. Man wolle
damit aber keine Brücken beim Dialog über dieses Thema
abbrechen, weil das Thema der Umsetzung von Basel III auf
europäischer Ebene (CRD IV) die Banken gerade in der
Fläche stark bewege. Wenn es hierbei zu Fehlern komme,
bestünde die Gefahr, dass die Kreditversorgung insbesondere
im ländlichen Raum und beim Mittelstand gefährdet würde.
Man müsse solche Fehler vermeiden und deshalb seien eine
intensive Beschäftigung mit der Thematik und damit auch
die vorliegenden Anträge der SPD-Fraktion grundsätzlich
berechtigt.

Die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP betonten
außerdem, die Bankenregulierung durch den Baseler Aus-
schuss werde von Deutschland seit Jahren auf europäischer
Ebene begleitet. Man müsse feststellen, dass sich dieser
Prozess gegenwärtig auf der Zielgerade befinde. Gleich-
Null in der Vergangenheit Anreize zur Investition in diese
Anlageklassen gegeben habe. Dafür werde man angesichts

zeitig versuchten andere Länder wie Großbritannien, die Er-
gebnisse noch einmal grundsätzlich in Frage zu stellen. Die

Drucksache 17/9439 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

wesentlichen Punkte der deutschen Position, z. B. bei den Ge-
nossenschaftsanteilen und den Stillen Einlagen sowie deren
Berücksichtigung als hartes Kernkapital, seien erfolgreich
verhandelt worden. Bei der Aufsicht habe man das Propor-
tionalitätsprinzip durchgesetzt. Außerdem sei die Leverage
Ratio bislang lediglich eine Beobachtungskennziffer.

Bei der Umsetzung von Basel III habe es bisher weniger Par-
teiinteressen als vielmehr nationale Interessen gegeben, ge-
rade was die deutschen Genossenschaftsbanken und Spar-
kassen oder die Risikogewichte beim Mittelstandskredit an-
gehe. In wesentlichen Punkten sei man mit der im Antrag der
Fraktion der SPD vertretenen Position einig. Man wolle
daran erinnern, dass man mehrfach mit Vertretern der SPD-
Fraktion zusammengesessen habe und auch einen Antrag zur
Thematik gemeinsam erarbeitet und beschlossen habe.
Allerdings habe es in einigen entscheidenden Punkten eben
auch unterschiedliche Positionen gegeben, bei denen es kei-
nen Sinn machen würde, diese in einem gemeinsamen
Antrag auszuklammern. Es sei nicht zutreffend, dass man
nicht von Anfang an versucht habe, zu einem gemeinsamen
Ergebnis zu kommen.

Die Fraktion der SPD erläuterte, ihr ursprüngliches Anlie-
gen sei gewesen, dass den nationalen Besonderheiten des je-
weiligen Finanzsystems Rechnung getragen werden könne.
Deshalb sollte eine europäische Umsetzung der Basel-III-
Regularien nicht durch eine Verordnung sondern durch eine
Richtlinie erfolgen. Dies bedeute keine Abkehr von einem
„level playing field“ oder von dem Grundsatz „same risks,
same rules“, denn man müsse feststellen, dass das deutsche
Bankensystem mit den Genossenschaftsbanken und Spar-
kassen anders strukturiert sei als der Bankensektor in vielen
anderen europäischen Ländern. Diese Banken hätten in der
Finanzkrise stabilisierend gewirkt. Da die Koalitionsfraktio-
nen dieser Position der SPD-Fraktion nicht gefolgt seien,
müsse nun wenigstens auf europäischer Ebene sichergestellt
werden, dass die Besonderheiten des deutschen Systems
adäquat im europäischen Regelwerk abgebildet würden.

Die Fraktion der SPD beklagte, dass die Koalitionsfraktionen
bei der Umsetzung von Basel III nicht auf die SPD-Fraktion
zugegangen seien, um eine gemeinsame Position zu ent-
wickeln. Dabei deckten sich die Positionen weitgehend. Die
SPD-Fraktion fordere kein geteiltes Aufsichtsrecht. Man for-
dere eine angemessene Arbeitsteilung zwischen nationaler
und europäischer Bankenaufsicht. Dem entsprechenden An-
trag der Koalitionsfraktionen habe man zugestimmt („Euro-
päische Finanzaufsicht stärken und effizient ausgestalten“,
Drucksache 17/9151). Man bedaure, dass die Koalitionsfrak-
tionen den Anträgen der SPD-Fraktion nicht zustimmen
könnten und appelliere an die Koalitionsfraktionen, bei wich-
tigen Fragen wie dieser den Konsens mit der SPD-Fraktion zu
suchen. Dies würde die deutsche Position insgesamt stärken.

Die Frage der Kommunalfinanzierung habe insbesondere für
die großen Städte in Nordrhein-Westfalen eine sehr hohe Be-
deutung. Die Konditionen der Kredite seien entscheidend für
den Erfolg der eingeleiteten Entschuldungsprozesse. Die
Fraktion der SPD widerspreche der Aussage, dass Kommu-
nalfinanzierung nicht billig sein dürfe. Es gehe um die von
Basel III implizierte Verschuldungsobergrenze, also um eine
Berücksichtigung der Besonderheiten der Kommunalfinan-
zierung bei der Leverage Ratio. Ansonsten werde durch die

eine Lösung zu finden. Man sehe keine grundsätzlichen Dif-
ferenzen zur Position der Bundesregierung.

Die Fraktion der SPD wies ferner darauf hin, dass es nicht
um die Frage der Höhe der Verschuldung von Kommunen
gehe, sondern darum, ob es zukünftig überhaupt ein Kom-
munalkreditgeschäft geben werde. Dies sei unabhängig von
der Bonität der jeweiligen Kommune zu sehen. Die bei der
Umsetzung von Basel III vorgesehenen Regeln würden dazu
führen, dass sich in der Tendenz Banken aus dem Geschäft
der Kommunalfinanzierung zurückziehen würden, weil es
das margenschwächste Geschäft sei. Bei einem begrenzten
Kreditrahmen würden die Banken solche Geschäfte mit hö-
heren Margen auf Kosten der Kreditvergabe an Kommunen
einschränken. Deshalb plädiere man für Regelungen, die
auch zukünftig ein Kommunalkreditgeschäft möglich ma-
chen würden. Die Regierungskoalition müsse die Verant-
wortung dafür übernehmen, wenn es zukünftig Schwierig-
keiten bei der Finanzierung der Kommunen geben werde.
Sie müssten dies den Kommunen und Kommunalpolitikern
gegenüber vertreten.

Die Fraktion DIE LINKE. wies auf ihre Differenzen zur
Position der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei der
Frage der Bedeutung der Eigenkapitalvorschriften für die
Kommunalfinanzierung hin. Die geplanten Regulierungen
würden den Kommunalkredit schlichtweg verteuern. Man
erinnere, dass die Fraktion DIE LINKE. die Prüfung einer
Subsidiaritätsrüge bei der Behandlung des Kommissions-
vorschlags angeregt habe. Es zeige sich nun, wie kompliziert
die Materie sei. Die Fraktion DIE LINKE. problematisierte
außerdem die Umsetzbarkeit des von der Bundesregierung
vorgestellten Zeitplans für eine Umsetzung von Basel III auf
europäischer Ebene.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betonte, dass
sie viele Elemente der Anträge der Fraktion der SPD unter-
stütze. Allerdings gebe es den Unterschied, dass die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an einigen entscheidenden
Punkten eine Nachschärfung der Bankenregulierung für not-
wendig halte, wo sie eine entsprechende klare Position der
Fraktion der SPD vermisse. Diesen Unterschied werde man
auch im Abstimmungsverhalten zu den beiden Anträgen
deutlich machen. Bei der Frage der Mittelstandskredite sollte
man den empirischen Erkenntnissen folgen. Das Problem
der Kommunalfinanzierung sei nicht primär eine Frage der
Bankenregulierung, sondern betreffe die Überschuldungs-
situation einiger Kommunen.

Die Bundesregierung erläuterte, dass einige Mitgliedstaa-
ten und insbesondere das Vereinigte Königreich ein Interesse
daran hätten, ihre eigenen Anliegen bei der europäischen
Umsetzung von Basel III umzusetzen, selbst wenn dies eine
zeitliche Verzögerung für den Gesamtprozess mit sich brin-
gen würde. Eigentlich solle das Paket zur Umsetzung von
Basel III zum 1. Januar 2013 in Kraft treten. Die Bundes-
regierung glaube, dieses Ziel sei nur erreichbar, wenn die
europäischen Gesetzgebungsverfahren materiell bis zum
Sommer 2012 abgeschlossen würden. Die Chancen dafür bei
einer gleichzeitigen Berücksichtigung der deutschen Anlie-
gen seien unter der derzeitigen dänischen Ratspräsident-
schaft besser zu beurteilen, als bei einer Verzögerung in das
zweite Halbjahr ab dem 1. Juli 2012. Deshalb sollte die
Umsetzung von Basel III dieses margenarme Geschäft an
den Rand gedrängt. Man bitte die Bundesregierung, hierfür

allgemeine Ausrichtung des Rates idealerweise in der Sit-
zung am 2. Mai bzw. spätestens beim nächsten ordentlichen

Drucksache 17/9439 – 9 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

ECOFIN-Termin am 15. Mai beschlossen werden. Sollte
dies nicht gelingen, wäre der Zeitplan der Basel III-Umset-
zung insgesamt in Gefahr. Die Bundesregierung versuche,
die deutsche Position in geeigneter Form in die Verhandlun-
gen einzubringen. Im Rat liege ein Kompromissvorschlag
der dänischen Präsidentschaft vor, der fast alle deutschen
Anliegen, die sinnvollerweise im Rat eingebracht werden
sollten, berücksichtige. Nach Einschätzung der dänischen
Präsidentschaft sei eine qualifizierte Mehrheit für den Kom-
promissvorschlag im Rat möglich. Wenn diese Position
halte, sei der skizzierte Zeitplan realistisch. Auch im Europä-
ischen Parlament gebe es die Einschätzung, dass in diesem
Fall eine materielle Klärung bis zum Juli 2012 möglich sei.
Falls eine Sperr-Minderheit den Kompromiss im Rat zu Fall
bringe, sei allerdings mit einer Verzögerung zu rechnen.

Man werde in den Sitzungen am 2. und 15. Mai 2012 sehen,
ob der Kompromiss an entscheidenden Stellen wieder in
Frage gestellt werde. Dabei sei der kritischste Punkt die Defi-
nition des harten Kernkapitals, wo das Vereinigte Königreich
und andere Staaten die Position vertreten würden, es sollte
nur eingezahltes Aktienkapital gelten. Genossenschaftsan-
teile und Stille Einlagen würden demnach nicht zum harten
Kernkapital zählen können. Die Bunderegierung habe sich
für den im Kompromissvorschlag enthaltenen Grundsatz
„substance over form“ eingesetzt, nach dem es auf den an-
hand der bekannten 14 Kriterien definierten Inhalt und nicht
auf die äußere Form des harten Kernkapitals ankomme. Das
Vereinigte Königreich versuche auf allen Ebenen, eine Revi-
sion dieses für die Bundesregierung elementaren Punktes zu
erreichen.

Ein zweiter wichtiger Punkt, bei dem es Diskussionen mit
dem britischen Partner gebe, sei die Definition der Liqui-
ditätsvorschriften. Man müsse verstehen, dass die Banken-
sektoren in Großbritannien und Deutschland sehr unter-
schiedlich strukturiert seien. Vor diesem Hintergrund und den
Erfahrungen der Finanzkrise seien die teilweise abweichen-
den Positionen des Vereinigten Königreichs verständlich. Die
von britischer Seite angestrebte Form der Festschreibung der
Liquiditätsvorschriften trage den Besonderheiten des deut-
schen Bankensystems allerdings keine Rechnung.

Ein dritter Diskussionspunkt betreffe die Möglichkeit tem-
porärer zusätzlicher regulativer Anforderungen in den ein-
zelnen Mitgliedstaaten, zum Beispiel im Bereich der Eigen-
kapitalvorgaben oder der Liquiditätsanforderungen. Die
Bundesregierung sei prinzipiell dafür offen, für das Funktio-
nieren grenzüberschreitender Geschäfte sei aber ein Min-
destmaß eines „single rule book“ notwendig. Es werde mo-
mentan darüber diskutiert, für welche Kategorien temporäre
Verschärfungen auf nationaler Ebene möglich sein sollten,
ohne dass dadurch eine zu große Unübersichtlichkeit ent-
stehe. Es liege dazu ein Kompromissvorschlag der dänischen
Präsidentschaft vor, der die Kategorien definiere, in denen
temporäre Zuschläge möglich sein sollten. Es gebe dabei
zwei Streitpunkte: Zum einen, ob das gesamte Instrumenta-
rium für alle Mitgliedstaaten für nationale Verschärfungen
offen sein sollte. Dies könne nach Einschätzung der Bundes-

anstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu Problemen bei
der grenzüberschreitenden Beaufsichtigung führen. Deshalb
solle die Möglichkeit von temporären nationalen Verschär-
fungen entsprechend begrenzt werden und dennoch die
wichtigsten Risikokategorien umfassen. Die zweite Frage
sei auch hierbei die Notwendigkeit und Art eines europä-
ischen Konsultationsmechanismus. Die Bundesregierung
vertrete die Position, dass eine Konsultation verpflichtend
sein sollte, wenn eine entsprechende nationale Maßnahme
signifikante Auswirkungen auf den Bankenmarkt eines
anderen Mitgliedstaates haben würde. In solchen Fragen
müsste letztlich eine europäische Institution die Entschei-
dung treffen, ob die geplante Maßnahme durchgeführt wer-
den könne. Sonst sei das Funktionieren des Binnenmarkts in
diesem Bereich gefährdet.

Die Bundesregierung sei für permanente zusätzliche Kapi-
talanforderungen auf nationaler Ebene offen. Ein Beispiel
seien die Zuschläge bei den Eigenkapitalanforderungen für
global systemrelevante Banken von bis zu 2,5 Prozent, die
auf G20-Ebene beschlossen worden seien. Über eine ent-
sprechende Möglichkeit für national systemrelevante In-
stitute werde in Europa derzeit verhandelt. Es sei ein Wert
von bis zu drei Prozent für einen systemischen Puffer im
Gespräch. Derzeit werde geprüft, ob die vorgesehenen drei
Prozent ausreichen würden. Dabei stelle sich außerdem die
Frage, wie hoch die Grenze sein solle, bis zu der solche
Zuschläge ohne europäischen Konsultationsprozess national
eingeführt werden könnten. Dies stelle primär ein Problem
für einige osteuropäische und die baltischen Staaten dar,
deren Bankensystem stark von österreichischen bzw. skan-
dinavischen Banken bestimmt werde. Von dieser Thematik
sei die Möglichkeit temporärer Verschärfungen der Regulie-
rungsanforderungen zu unterscheiden.

Bei der Frage der Risikogewichtung von Mittelstandskredi-
ten sei Deutschland in seiner Forderung nach einer Absen-
kung der Gewichte isoliert. Lediglich Italien teile die deut-
sche Position. Die EBA sei gebeten worden, hierzu eine
Analyse vorzulegen, die in die endgültige Beschlussfassung
noch mit einbezogen werden solle. Die Bundesregierung
strebe an, dieses Thema mit Hilfe der dann vorliegenden em-
pirischen Daten und der Position des Europäischen Par-
laments im Trilog zu adressieren.

Bei den Verbundbeteiligungen sei zu berücksichtigen, dass
die Genossenschaften mit den bestehenden Formulierungen
auskommen würden, so dass sich etwaige Sonderpetiten nur
auf den öffentlichen Bankensektor beziehen würden, was in
den Verhandlungen auf europäischer Ebene besondere Auf-
merksamkeit hervorrufe. Es sei mit der dänischen Präsident-
schaft eine Lösung besprochen worden, die sicher stellen
würde, dass das materielle Prinzip, dass auch in Verbünden
Eigenkapital nicht doppelt belegt werden könne, adressiere,
ohne die Sparkassen zu zwingen, deshalb prinzipielle Struk-
turänderungen vorzunehmen. Die Reaktion der dänischen
Präsidentschaft auf den Vorschlag des Bundesministeriums
der Finanzen signalisiere Aufgeschlossenheit, der Vorschlag
selbst sei aber noch nicht endgültig im Text verankert.

Berlin, den 25. April 2012
Ralph Brinkhaus
Berichterstatter

Manfred Zöllmer
Berichterstatter

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