BT-Drucksache 17/9430

Stand des Projekts "Deutsche Digitale Bibliothek"

Vom 24. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9430
17. Wahlperiode 24. 04. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Jan Korte, Dr. Rosemarie Hein, Ulla Jelpke,
Dr. Lukrezia Jochimsen, Kathrin Senger-Schäfer, Frank Tempel, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Stand des Projekts „Deutsche Digitale Bibliothek“

Die „Deutsche Digitale Bibliothek“ (DDB) soll als zentrales Portal Zugang zu
digitalisierten Kulturgütern aus 30 000 Bibliotheken, Museen und Archiven bie-
ten. Die technische Infrastruktur wurde aus Mitteln des Konjunkturpaketes II
aufgebaut. Nach den ursprünglichen Planungen sollte der Regelbetrieb 2012
starten. Bisher ist jedoch weder ein Pilotprojekt noch die endgültige Version des
Portals öffentlich zugänglich. Die jährlichen Zuweisungen von 2,6 Mio. Euro
durch Bund und Länder sind bisher nur bis 2015 gesichert. Die Mittel umfassen
lediglich den Betrieb der technischen Infrastruktur des Dachportals. Die eigent-
liche Digitalisierung soll von Bibliotheken, Museen und Archiven gegebenen-
falls in Kooperation mit privaten Partnern wie Google Inc. getragen werden.

Die Angebote der DDB sollen perspektivisch auch in das europäische Dach-
portal Europeana eingespeist werden. Bisher stammt ein Großteil des deutschen
Anteils am Europeana-Angebot aus der Kooperation der Bayerischen Staats-
bibliothek mit Google Inc.

Der Deutsche Bundestag hatte die Bundesregierung im Januar 2012 aufgefor-
dert, ihre Aktivitäten zur Digitalisierung des Kulturerbes zu intensivieren. Ent-
sprechende Anträge in den Haushaltsverhandlungen wurden jedoch mehrheit-
lich abgelehnt. Zudem forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung
auf, eine Regelung zum Umgang mit verwaisten Werken im Rahmen einer
Novellierung des Urheberrechts vorzuschlagen. Bis heute liegt ein solcher Vor-
schlag nicht vor.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Institution betreibt derzeit auf welcher rechtlichen Grundlage, und zu
welchen Kosten die technische Plattform der DDB?

2. Welche Personen, Einrichtungen und Personengruppen haben derzeit Lese-
zugriff auf diese Plattform?

3. Welche weiteren Instanzen der DDB-Software über „deutsche-digitale-biblio-
thek.de“ bzw. „beta.deutsche-digitale-bibliothek.de“ und „ddbtest.de“ hinaus

gibt es derzeit mit welchen eingestellten Inhalten, und welchem Zugangs-
bevollmächtigtenkreis?

4. Welche kulturellen Einrichtungen haben derzeit welche und wie viele Inhalte
(bitte aufschlüsseln) in die verschiedenen Instanzen der DDB eingestellt?

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5. Plant die Bundesregierung die Erarbeitung einer Digitalisierungsstrategie
mit den Ländern, um die Inhalte der DDB ausgewogen entwickeln zu kön-
nen?

Wenn ja, mit welcher Ausrichtung?

Wenn nein, warum nicht?

6. Wie bewertet die Bundesregierung die in der öffentlichen Anhörung des
Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages am 25. Ja-
nuar 2012 geäußerte Erwartung, dass ein Masterplan insbesondere zur Di-
gitalisierung der Bestände des 19. und 20. Jahrhunderts und zur Erarbeitung
gemeinsamer Standards für Anwendungen und Langzeitarchivierung sinn-
voll sei?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die in der öffentlichen Anhörung des
Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages am 25. Ja-
nuar 2012 von mehreren Sachverständigen geäußerte Erwartung, dass eine
operative Steuerungsinstanz für einen Erfolg des Projekts dringend notwen-
dig sei?

8. Plant die Bundesregierung ein eigenes finanzielles Engagement bei der
Digitalisierung des Kulturerbes über die bisherige Förderung durch die
Deutsche Forschungsgemeinschaft e. V. (DFG) hinaus?

9. Welche Personen und Personengruppen sollen wann Zugriff auf den „DDB-
Piloten“ oder eine „teil-öffentliche Beta“ erhalten?

10. Welche Anforderungen werden an diese Personen gestellt, was Qualifika-
tion, Zugehörigkeit zu bestimmten Einrichtungen oder die Bereitschaft zur
Unterzeichnung von Vertraulichkeitserklärungen angeht?

11. Was sind die Gründe dafür, dass der teilöffentliche und der Vollbetrieb der
DDB nicht bereits wie angekündigt erfolgt sind?

12. Welche Stufen der schrittweisen Öffnung der DDB zum öffentlich zugäng-
lichen Vollbetrieb sind derzeit auf welcher Grundlage geplant?

13. Welche der ursprünglich geplanten und vom Fraunhofer-Institut für Intelli-
gente Analyse- und Informationssysteme entwickelten Funktionen wird die
DDB-Plattform zum Start bieten?

14. Wann und unter welchen Lizenzbedingungen wird die für die DDB entwi-
ckelte Cortex-Software veröffentlicht?

15. Wurden im Rahmen des Projekts Freihandaufträge vergeben?

Wenn ja, an wen, und unter welchen nutzungsrechtlichen Bedingungen?

16. Ist eine Evaluierung der Software und des gesamten Projekts erfolgt?

Wenn ja, durch wen, zu welchen Kosten, und mit welchen Ergebnissen?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung eventuelle Evaluierungsergebnisse und
die auf dem Expertenworkshop am 12. Dezember 2011 gegebenen Hin-
weise und Vorschläge?

18. Welche konkreten Ergebnisse des „THESEUS“-Forschungsprogramms
werden wann in die Arbeit der DDB integriert?

19. Welche Unternehmen und Forschungseinrichtungen sind oder waren an der
Einbindung von Ergebnissen des „THESEUS“-Programms in die DDB-
Plattform beteiligt?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9430

20. Welcher Erarbeitungsstand des DDB-Kooperationsvertrages („Vertrag über
das Einbinden von Digitalisaten aus Kultur und Wissenschaft in die Deut-
sche Digitale Bibliothek (DDB) sowie die Inanspruchnahme von Dienstleis-
tungen der DDB“) ist der aktuell gültige?

21. Ist die neueste Fassung des DDB-Kooperationsvertrages veröffentlicht?

Wenn ja, wo?

Wenn nein, warum nicht?

22. Welche Einrichtungen haben diese Fassung des DDB-Kooperationsvertra-
ges unterzeichnet?

23. Welche Einrichtungen haben eine ältere oder von diesem Vertrag abwei-
chende Kooperationsvereinbarung unterzeichnet?

24. Welche weiteren Vereinbarungen, Verträge, Abmachungen und sonstige
Festlegungen gibt es, die einzelne Kultureinrichtungen, Firmen und andere
öffentlichen Einrichtungen mit der DDB, dem Kompetenznetzwerk DDB
oder dem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM), Bernd
Neumann, getroffen haben?

25. Welche Mittel erhielt und erhält das Kompetenznetzwerk DDB aus welchen
Quellen?

26. Wie beurteilt die Bundesregierung die Inkompatibilität des DDB-Koopera-
tionsvertrags mit dem Europeana Data Exchange Agreement, insbesondere
hinsichtlich der Nachnutzbarkeit von Metadaten durch Dritte auf der Grund-
lage der Lizenz CC0?

27. Mit welchen Einrichtungen, Firmen und Personen bestehen derzeit vertrag-
liche Vereinbarungen mit der DDB zur Einräumung von Rechten nach § 3
Absatz 1 Nummer 1b der Kooperationsvereinbarung zur gewerblichen Nut-
zung der Digitalisate und bereitgestellten Derivate?

28. Welche Einnahmen sind mit der gewerblichen Nutzung von Objekten der
DDB bereits erzielt worden, bzw. welche Einnahmen erwartet die Bundes-
regierung für die Zukunft?

29. Welche Einrichtungen haben bisher gegenüber der DDB von der in § 3
Absatz 1 letzter Abschnitt des Kooperationsvertrages fixierten Möglichkeit
Gebrauch gemacht, die gewerbliche Nutzung von Digitalisaten und Deriva-
ten zu untersagen oder von Einzelfallzustimmung abhängig zu machen?

30. Von welchen Marktpreisen für die Nutzung nach § 3 Absatz 1 des Koopera-
tionsvertrages geht die Bundesregierung derzeit für übliche Nutzungsfälle
aus, gibt es dazu Preistabellen oder sonstige schriftlich fixierte Erwartun-
gen?

31. Wie gestaltet sich die „enge Zusammenarbeit“ von DDB und Europeana
entsprechend § 4 Absatz 4 Nummer 2 des Kooperationsvertrages in tech-
nisch-administrativen Angelegenheiten?

32. Welche Onlineanbieter nach § 4 Absatz 4 Nummer 3 der Kooperationsver-
einbarung sind bereits Kooperationen mit der DDB eingegangen oder ver-
handeln über solche Kooperationen?

33. Wie ist der Stand des Rahmenvertrags über die Digitalisierung von Kultur-
gut und wissenschaftlicher Information durch Dritte nach Konzessions-
recht?

34. Welche nach § 4 Absatz 4 Nummer 8 der Kooperationsvereinbarung er-
wähnten Mäzene, Sponsoren und privaten Spender für die DDB wurden be-

reits gewonnen?

Drucksache 17/9430 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
35. Welcher Aufwand zur Einwerbung privater Spender und Sponsoren wurde
bisher betrieben, und welche Ausgaben und Einnahmen bei privaten Spon-
sorings erwartet die Bundesregierung für die Zukunft?

36. Existiert eine Strategie zur Priorisierung und Abstimmung der Digitalisie-
rungstätigkeit von öffentlichen Einrichtungen mit privaten Kooperations-
partnern?

37. Welches konkrete Ergebnis hat die ÖPP Deutschland AG für die Gewin-
nung von Kooperationspartnern für die DDB beigetragen?

38. Wie hoch waren die Kosten der DDB für den Auftrag an die ÖPP Deutsch-
land AG?

39. Ähnelt die in der Anlage „Hinweise der DDB zur Einhaltung des (Urhe-
ber-)Rechts“ erläuterte Lizenzierung von vergriffenen Werken in Bezug auf
die Höhe der Vergütungen derjenigen, die die Verwertungsgesellschaften,
die Deutsche Literaturkonferenz e. V., der Deutsche Kulturrat e. V. und an-
dere mit dem Deutschen Bibliotheksverband e. V. für die Nutzung verwais-
ter Werke vereinbart haben?

40. Wann legt die Bundesregierung einen Entwurf für eine Reform des Urheber-
rechts vor, der eine Lösung für das Problem der so genannten verwaisten
Werke schafft?

41. Welche Position hat die Bundesregierung zum Richtlinienentwurf des Euro-
päischen Parlaments und des Rates über bestimmte zulässige Formen der
Nutzung verwaister Werke KOM (2011) 289 endg., insbesondere zu den
Punkten Vergütungspflicht bei Nutzung durch Bildungs- und Kultureinrich-
tungen sowie die Möglichkeit einer Schrankenregelung, eingenommen?

42. Unterstützt die Bundesregierung die Europäische Kommission in ihrem
Bestreben, eine schnelle und unbürokratische digitale Zugänglichmachung
verwaister Werke zu ermöglichen?

Berlin, den 24. April 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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