BT-Drucksache 17/9325

Die Bedeutung der Bekämpfung des Rassismus für die Bundesregierung

Vom 17. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9325
17. Wahlperiode 17. 04. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Annette Groth, Ulla Jelpke,
Sahra Wagenknecht, Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Die Bedeutung der Bekämpfung des Rassismus für die Bundesregierung

Das Forum Menschenrechte, ein Zusammenschluss von 50 Nichtregierungs-
organisationen, veröffentlichte anlässlich des weltweiten Tags der Menschen-
rechte am 10. Dezember 2011 eine Halbzeitbilanz zur Menschenrechtspolitik
der Bundesregierung. Darin wurde die Kritik des Forums am Nationalen
Aktionsplan gegen Rassismus der Bundesregierung erneuert, die es bereits bei
dessen Vorlage erhoben hatte (www.forum-menschenrechte.de/cms/upload/
PDF/ab_02_2011/FMR-Halbzeitbilanz-BReg-2011.pdf, S. 10). Der „Nationale
Aktionsplan der Bundesrepublik Deutschland zur Bekämpfung von Rassismus,
Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und darauf bezogene Intoleranz“
(NAPgR) war das Resultat der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland,
die die unterzeichnenden Staaten 2001 im Aktionsprogramm der UN-Weltkon-
ferenz gegen Rassismus in Durban eingegangen sind. Erst 2008 kam die Bun-
desregierung dieser Verpflichtung nach und legte einen NAPgR vor. Zwar wur-
den bei der Erarbeitung auch Vorstellungen von Nichtregierungsorganisationen
eingeholt, aber nur unzureichend bis gar nicht berücksichtigt. Der von der Bun-
desregierung beschlossene NAPgR wird weder inhaltlich noch formal den An-
forderungen der Weltkonferenz gerecht. Die Nichtregierungsorganisationen
kritisierten wie auch die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, dass die aktuelle
Situation in der Bundesrepublik Deutschland nicht analysiert und rassistische
Einstellungen in der Gesellschaft nicht evaluiert werden. Anstatt zukünftige
Handlungsansätze im Kampf gegen Rassismus zu formulieren, erscheint der
vermeintliche Aktionsplan eher wie ein Bericht über die von der Bundesregie-
rung ohnehin bereits eingeleiteten Maßnahmen gegen den sogenannten Rechts-
extremismus. Problematisch ist insbesondere, dass die Bundesregierung in dem
Aktionsplan die Förderung der Integration als maßgebliches Mittel zur Be-
kämpfung von rassistischen Vorurteilen ansieht. Die Bundesregierung verkennt
dabei, dass rassistische Vorurteilsstrukturen in der Gesellschaft unabhängig von
der realen Erfahrung mit Migrantinnen und Migranten vorhanden sind (so auch
die Kritik von etwa 100 Nichtregierungsorganisationen der Antirassismus- und
Migrationsarbeit im Positionspapier „Handlungsfelder für einen Politischen Ak-
tionsplan gegen Rassismus“ vom Juni 2010, S. 4; z. B.: http://fachinformationen.
diakonie-wissen.de/node/2966). Anstatt die von Rassismus betroffenen Men-
schen dahingehend zu stärken, ihnen gleiche Rechte und Chancen zu gewähren,
werden sie weiter ausgegrenzt und diskriminiert sowie durch Studien bzw. de-
ren verkürzte und mit rechtspopulistischer Intention geführte Interpretation
stigmatisiert. Zuletzt bei der vom Bundesministerium des Innern (BMI) in Auf-
trag gegebenen Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“, die am
1. März 2012 öffentlich vorgestellt wurde.

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Dem NAPgR der Bundesregierung liegt ein unzureichendes Verständnis von
Rassismus zu Grunde. Dies bemängelte auch der Sonderberichterstatter der
Vereinten Nationen zu Rassismus, Githu Muigai, der bei seinem Besuch im Juni
2009 in Deutschland etliche Defizite bei Politik und Gesellschaft im Kampf
gegen den Rassismus konstatierte. In seinem Bericht verwies er darauf, dass
Rassismus in Deutschland immer noch mit „Rechtsextremismus“ gleichgesetzt
und damit nicht ausreichend wahrgenommen werde. Auch die Europäische
Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI), ein 1994 vom Europarat
gegründetes Gremium, zeigte sich darüber beunruhigt, dass infolge der zurzeit
in Deutschland vorherrschenden engen Auffassung von Rassismus rassistisch
motivierte Straftaten vermutlich nicht immer als solche untersucht und verfolgt
werden, es sei denn, die Täter oder Täterinnen seien deutlich erkennbar Mit-
glieder neonazistischer Gruppen oder Sympathisierende solcher Gruppen
(www.coe.int/t/dghl/monitoring/ecri/country-by-country/germany/DEU-CbC-IV-
2009-019-DEU.pdf). Und selbst dann werden die Ermittlungen wie zur Mord-
serie des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU) einseitig in Richtung
Migrantinnen und Migranten geführt, da die Polizei „Einwanderer nur als Tat-
verdächtige“ kennt (www.taz.de/!88223/). „Polizisten, die dem türkischen
Opfer mehr misstrauen als den Tätern; Behörden, die von ‚Döner-Morden‘
reden und die Spuren nach rechts ignorieren; Politiker, die (wie vor ein paar Jah-
ren Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel) von ‚Flüchtlingsbekämpfung‘ reden
[…] jenseits aller schönen Worte von Integration und friedlichem Zusammen-
leben [liefern] dem rechten Rand das Material für seine verlogene Legiti-
mation“, meint deshalb Stefan Hebel, politischer Autor der „Frankfurter Rund-
schau“ (www.fr-online.de/meinung/leitartikel-zum-rechtsextremismus-rassismus-
ist-ein-gift-aus-der-mitte,1472602,11889660.html).

Rassismus ist keine gesellschaftliche Randerscheinung, sondern ein Problem
der gesamten Gesellschaft. Der bloße Verweis der Bundesregierung im NAPgR,
dass sich die „Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Anti-
semitismus nicht in der Bekämpfung des Rechtsextremismus“ erschöpfe (www.
bmi.bund.de/cae/servlet/contentblob/150674/publicationFile/18318/Nationaler_
Aktionsplan_gegen_Rassismus.pdf, S. 4), erscheint angesichts der (unterlasse-
nen) Maßnahmen lediglich als Floskel. Im Zusammenhang mit dem 5. Integra-
tionsgipfel forderten deshalb Organisationen wie der Interkulturelle Rat in
Deutschland e. V., der Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf
e. V. und der Förderverein PRO ASYL e. V. die Bundesregierung auf, endlich
das Thema Rassismus sowie die Ausgrenzung und Diskriminierung auf der
Tagesordnung an erste Stelle zu setzen (www.proasyl.de/de/presse/detail/news/
zum_integrationsgipfel_im_kanzleramt/).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Kritik, wie sie
vom Interkulturellen Rat in Deutschland, dem Verband binationaler Fa-
milien und Partnerschaften und PRO ASYL in der gemeinsamen Presse-
erklärung vom 30. Januar 2012 erhoben wird, dass auf Integrationsgipfeln
stets die vermeintlichen Defizite von Migranten thematisiert, aber „[z]ent-
rale Integrationshemmnisse wie der in bürgerlichen Schichten weit verbrei-
tete Rassismus sowie die Ausgrenzung und Diskriminierung von Flücht-
lingen und Migranten per Gesetz […] kaum angesprochen“ werden, und wie
begründet die Bundesregierung ihre Auffassung?

2. Inwieweit hat die Bundesregierung entsprechend ihrer Forderung im NAPgR
nach einer stetigen „Aufklärung über die Fakten“ (S. 37) öffentlichkeitswirk-
sam richtiggestellt, dass nicht etwa 40 Prozent, 23 Prozent oder 15 Prozent
– wie verschiedentlich allen empirischen Erkenntnissen zum Trotz öffentlich-
keitswirksam behauptet wurde (www.tagesspiegel.de/politik/deutschland/

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9325

deutschkurse-regierung-sieht-willen-zur-integration/1624158.html) – der zur
Integrationskursteilnahme Verpflichteten als „Integrationsverweigerer“ an-
gesehen werden können, weil die Gründe, weshalb diese Personen einen
Kurs (noch) nicht begonnen haben, nicht erfasst werden und häufig nicht als
vorwerfbare „Verweigerungshaltung“ zu interpretieren sind (beispielhaft:
Krankheit, Umzug, Arbeitsaufnahme, Kinderbetreuung usw.)?

3. Inwieweit verträgt es sich mit dem Anspruch der Bundesregierung im
NAPgR, über Fakten aufzuklären, wenn sie mehrfach darauf verweist, dass
bereits aus der hohen Zahl der Verpflichteten, die einen Integrationskurs
nicht beginnen, auf eine „Integrationskursverweigerung in nennenswertem
Umfang“ geschlossen werden könne (siehe Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage auf Bundestagsdrucksache 17/4798, zu Frage 9a),
andererseits aber zugegeben wird, dass aus einer Nichtteilnahme nicht auf
eine Integrationskursverweigerung geschlossen werden kann (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 16/14157, S. 5), und wie begründet die Bundesregierung
ihre Auffassung?

4. Inwieweit sieht die Bundesregierung in der von Stefan Hebel, politischer
Autor der „Frankfurter Rundschau“, in seinem Leitartikel geäußerten Auffas-
sung (siehe Vorbemerkung) eine zutreffende Beschreibung der Vorgänge um
die Nazimorde des NSU, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregie-
rung beispielsweise bezüglich ihrer Integrations- und Flüchtlingspolitik, die
von Rassistinnen und Rassisten sowie Nazis als Legitimation ihrer Hetze
genutzt werden (bitte ausführen)?

5. Inwieweit ist die Bundesregierung der Auffassung, dass sie der im beschlos-
senen 10-Punkte-Papier des Bundesbeirats für Integration enthaltenen Forde-
rung zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und rechtsextre-
mer Gewalt bei der Veröffentlichung der vom BMI in Auftrag gegebenen
Studie „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“ gerecht geworden
ist, die lautet: „Politik und Medien können mit ihrem Verhalten dazu bei-
tragen, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit insgesamt steigen oder
sinken. Jedem einzelnen Politiker und jedem einzelnen Journalisten muss
diese besondere Verantwortung täglich bewusst sein“?

6. Inwieweit sind der Bundesregierung die Rassismusvorwürfe des hessischen
Landesausländerbeirats (agah) gegen die Anfang Februar 2012 ARD-weit
ausgestrahlte Sendung „Frankfurt Helau“ des Hessischen Rundfunks (hr)
bekannt, und inwieweit hält die Bundesregierung die Kritik an einer weite-
ren Ausstrahlung des Auftritts der Zahnärztin Patricia Lowin als „Ayse von
Döner TV“, bei dem sie unter anderem das rassistische Klischee von den
„kriminellen Ausländern“ bedient, dahingehend berechtigt, dazu beizu-
tragen, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit insgesamt steigen oder
sinken (www.fr-online.de/fastnacht-in-rhein-main/verdacht-auf-rassismus-
hr-will---frankfurt-helau--erneut-ausstrahlen,11603612,11606226.html)?

7. Inwieweit sieht die Bundesregierung in dem Umstand, dass für Theaterinsze-
nierungen in Deutschland vermeintlich keine schwarzen Schauspieler, nicht
einmal für tatsächliche Rollen von Schwarzen, wie z. B. Othello, zur Ver-
fügung ständen, eine Folge der jahrzehntelangen Ausgrenzung und Diskrimi-
nierung von schwarzen Theaterschaffenden, insbesondere in dem Zusam-
menhang, dass stattdessen auf das sogenannte Blackface zurückgegriffen
wird?

8. Inwieweit sieht die Bundesregierung im sogenannten Blackface eine rassis-
tische Diskriminierung Schwarzer durch schwarz geschminkte weiße Schau-
spieler/-innen, die eine kolonialhistorische Vergangenheit nicht nur in den
USA, sondern auch in Deutschland, insbesondere auch in Karnevalsgrup-
pen, verkörpert?

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9. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass wenn weiße Schauspieler/
-innen eine/einen Schwarze/Schwarzen darstellen können, schwarze
Schauspieler/-innen auch vermeintlich von Weißen zu spielende Rollen
übernehmen können, womit das Argument, es gäbe kaum Rollen für
schwarze Schauspieler/-innen, und dass deshalb auch keine bzw. nur
wenige in Ensembles vertreten sind, ad absurdum geführt wird?

10. Wie kann nach Auffassung der Bundesregierung „die Förderung der Inte-
gration ein maßgebliches Mittel zur Bekämpfung solcher Vorurteile“ sein
(NAPgR, S. 37), wenn „rassistisch, ausländerfeindlich oder rechtsextremis-
tisch motivierte Vorurteile und Stereotype“ gerade nicht an realen Gege-
benheiten anknüpfen, sondern Projektionen sind, wie es im NAPgR richtig
heißt (ebd.)?

11. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Aufnahme
von Maßnahmen zur Integrationsförderung in einen Nationalen Aktions-
plan gegen Rassismus ein falsches Signal aussendet, weil damit letztlich
doch suggeriert wird, dass tatsächliche oder unterstellte Defizite von Mig-
rantinnen und Migranten eine der Ursachen von Rassismus und rassisti-
scher Diskriminierung sind, und wie begründet die Bundesregierung ihre
Auffassung?

12. Inwieweit trifft es zu, dass Vertreter/-innen des Deutschen Gewerkschafts-
bundes (DGB), des Zentralrats der Juden in Deutschland, des Diakonischen
Werks der Evangelischen Kirche in Deutschland e. V. und des „Netzes ge-
gen Rassismus, für gleiche Rechte“ im Vorfeld versucht haben, den Passus
in dem Beschluss mit dem Titel „Bekämpfung von Rassismus, Fremden-
feindlichkeit und rechtsextremer Gewalt“ des Beirats der Beauftragten der
Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration zu ändern, in
dem es heißt, Roma existierten am Rande der Gesellschaften und ihre stei-
gende Zuwanderung bzw. ihre Integration sei eine Herausforderung (Pres-
semitteilung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma vom 19. März 2012,
http://zentralrat. sintiundroma.de/)?

Wie und mit welchen Argumenten wurde auf die vorgebrachte Kritik re-
agiert?

13. Wie begegnet die Bundesregierung der Kritik von Annelie Buntenbach
(DGB-Vorstand, Brief vom 6. März 2012 an die Beiratsmitglieder, laut
Pressemitteilung des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma vom 19. März
2012), es würde der Eindruck vermittelt, „als sei mangelnde Integration
Basis für rassistische und rechtsextreme Einstellungen“, was „dem Ge-
samtanliegen der Bekämpfung des Rassismus schade, und wie ist auf das
Schreiben von Annelie Buntenbach reagiert worden?

14. Wie begegnet die Bundesregierung der Kritik des Zentralrats Deutscher
Sinti und Roma, solche „falschen Pauschalzuschreibungen“ wie in dem
genannten Beschluss seien „kontraproduktiv“ und ein „missverständliches
Signal“ sowie „nicht sachgerecht“, weil damit der „Gefahr Vorschub ge-
leistet“ werde, „dass Sinti und Roma die Schuld als vermeintliche Ursache
von Rassismus selbst zugeschrieben werde“ (Pressemitteilung des Zentral-
rats Deutscher Sinti und Roma vom 19. März 2012)?

15. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den verfehlten
Ermittlungen im Falle der NSU-Mordserie und der Tatsache, dass die Poli-
zeibehörden den rassistischen Gehalt dieser Mordserie nicht erkannten
bzw. sogar Opfer zu vermeintlichen Tätern gemacht wurden, entsprechend
verbreiteter Vorurteile (Ermittlungen in Richtung „Organisierte Kriminali-
tät“, Drogendelikte usw.)?

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16. Wie steht die Bundesregierung zu den Vorwürfen der Ombudsfrau für die
Hinterbliebenen der Nazi-Mordopfer, Barbara John, die Polizei sei auf ihre
Arbeit in einer Einwanderungsgesellschaft immer noch nicht vorbereitet
und erlebe Migrantinnen und Migranten vor allem als Tatverdächtige (taz,
8. Februar 2012), und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung
beispielsweise für die Bundespolizei hieraus?

17. Inwieweit teilt die Bundesregierung den Vorschlag von Barbara John,
gerade auch vor dem Hintergrund der Morde des NSU und des polizei-
lichen Vorgehens gegenüber den Familien der Opfer eine unabhängige
Kommission als Clearing- und Beschwerdestelle für Klagen über polizei-
liches Fehlverhalten nach dem Vorbild Irlands einzurichten, und wird sie
die Einrichtung solcher Kommissionen, etwa im Rahmen der Innenminis-
terkonferenz, anregen, wie bereits 2009 von der Fraktion DIE LINKE. auf
Bundestagsdrucksache 16/12683 gefordert (bitte begründen)?

18. Ist der Bundesregierung bekannt, dass die auflagenstarke Zeitung „Hürriyet“
über eine Kampagne der Dönerhersteller in Hamburg anlässlich der Inter-
nationalen Wochen gegen Rassismus 2012 berichtet, wonach der Verein
Qualitäts-Döner GmbH Hamburg e. V. 100 000 Dönertüten mit dem Auf-
druck „Kommt nicht in die Döner-Tüte!“ und „Nein zu Rassismus!“ an Im-
bisse der Stadt habe verteilen wollen, die Tüten jedoch in Polen hätten ge-
druckt werden müssen, da die Druckereien in Hamburg diesen Auftrag aus
Angst vor Nazis abgelehnt hätten (www.hurriyet.de/haberler/gundem/
1152937/donerli-mesaj#)?

Hält es die Bundesregierung nicht für ein Armutszeugnis, dass inzwischen
ein Klima in Deutschland herrscht, in dem Unternehmen aufgrund befürch-
teter Anschläge von Nazis keine Aufträge annehmen, die konkrete inhalt-
liche Positionierungen gegen Rassismus und Nazismus beinhalten?

19. Welche konkreten neuen Maßnahmen und Initiativen hat die Bundesregie-
rung im Zuge des 2008 verabschiedeten Nationalen Aktionsplans gegen
Rassismus ergriffen (bitte einzeln auflisten)?

20. Welche konkreten Maßnahmen und Initiativen hat die Bundesregierung im
Sinne einer „konsequente[n] Politik der Einbindung und Teilhabe auf allen
gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Ebenen“ (NAgR, S. 115;
Ausblick) nach der Verabschiedung des NAgR im Jahr 2008 ergriffen (bitte
einzeln auflisten)?

21. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass der Begriff „Rasse“ wissen-
schaftlich widerlegt sowie historisch und ideologisch extrem belastet ist, so
dass bereits andere Staaten sowohl grundsätzlich als auch bei der Um-
setzung der Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG in nationales Recht auf
den Begriff „Rasse“ verzichtet haben, und wird die Bundesregierung der
Empfehlung des Deutschen Instituts für Menschenrechte e. V. folgen, den
Begriff „Rasse“ aus Rechtstexten zu tilgen (www.institut-fuer-menschen-
rechte.de/fileadmin/user_upload/Publikationen/Policy_Paper/policy_paper_
16_ein_grundgesetz_ohne_rasse.pdf)?

22. Inwieweit sieht die Bundesregierung in einer Karikatur, in der ein Schwar-
zer, der von einem Polizisten niedergedrückt wird, schreit: „Was heiß’ hie’
Ve’dunklungsgefah’ …?!“ einen Ausdruck von Polizistenjargon oder eher
eine rassistische Diskriminierung?

23. Inwieweit ist der Bundesregierung die Kritik beispielsweise der Kampagne
„Zusammen handeln! – gegen rassistische Hetze und soziale Ausgrenzung“
bekannt, wonach die Internetplattform der Bundeskanzlerin unter der Über-
schrift „Menschlich und erfolgreich. Dialog über Deutschlands Zukunft“ von
„Ewiggestrigen von NPD und Rassist_innen sowie aus deren ideologischem

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Umfeld“ gezielt instrumentalisiert werde, weil die Internetplattform offen-
kundig nicht manipulationssicher sei und so die Möglichkeit bestünde, mehr-
mals Stimmen abgeben zu können (http://zusammenhandeln.blogsport.eu/
2012/03/14/pressemitteilung-missbrauch-des-webblogs-„zukunftsdialog“-
der-bundeskanzlerin-ausschliessen/)?

24. Inwieweit teilt die Bundesregierung den Vorwurf der Kampagne „Zusam-
men handeln!- gegen rassistische Hetze und soziale Ausgrenzung”, dass
die Macher der Seite zum „Zukunftsdialog“ trotz technischer Möglichkei-
ten wenig Wert auf eine möglichst manipulationssichere Internetabstim-
mung legten?

Wenn ja, warum?

Wenn nein, welche Maßnahmen sind ergriffen worden, um die Seite mani-
pulationssicher zu machen?

25. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass der aus dem saarlän-
dischen Völklingen stammende Landesvorsitzende der NPD Saarland so-
wie Bundespressesprecher und Leiter des Auslandsreferates, Frank Franz,
Wahlkampf mit dem Vorschlag „Direktwahl des Bundespräsidenten“
betreibt und die NPD gezielt unter dem Slogan „Frank Franz ins Kanzler-
amt! Jetzt abstimmen!“ zur Abstimmung auf die Webseite der Bundeskanz-
lerin „Zukunftsdialog“ verlinkt hat (www.npd.de/)?

Berlin, den 17. April 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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