BT-Drucksache 17/9308

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/4844 - Mitgliedschaft in der International Organisation of Social Tourism

Vom 13. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9308
17. Wahlperiode 13. 04. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Tourismus (20. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Ilja Seifert, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert
Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/4844 –

Mitgliedschaft in der International Organisation of Social Tourism

A. Problem

Die Antragsteller fordern die Bundesregierung auf, dass Deutschland Mitglied
in der „International Organisation of Social Tourism“ (OITS) wird. In dem
Antrag heißt es zur Begründung, die Mitgliedschaft eröffne die Möglichkeit der
direkten Einflussnahme auf die Fortentwicklung des Sozialtourismus auf euro-
päischer Ebene und das Kennenlernen guter Praxisbeispiele. Den Angaben zu-
folge gehören der 1963 gegründeten Organisation 140 Mitglieder an, darunter
die Staaten Griechenland, Italien, Polen, Belgien, Frankreich, Schweiz, Türkei,
Portugal, Spanien und Mexiko.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

4 000 Euro (jährlicher Mitgliedsbeitrag).

Drucksache 17/9308 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/4844 abzulehnen.

Berlin, den 14. Dezember 2011

Der Ausschuss für Tourismus

Klaus Brähmig
Vorsitzender

Marlene Mortler
Berichterstatterin

Gabriele Hiller-Ohm
Berichterstatterin

Dr. Ilja Seifert
Berichterstatter

Jens Ackermann
Berichterstatter

Markus Tressel
Berichterstatter

Vielzahl attraktiver und preisgünstiger Quartiere. Dazu ge-
höre auch der Urlaub auf dem Bauernhof. Untersuchungen

Menschen mit Behinderungen oder Angehörige von zu pfle-
genden Menschen brauchten den Urlaub für ihre Erholung,
auf EU-Ebene im Bereich des Sozialtourismus hätten zudem
gezeigt, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen solcher
Projekte nicht eindeutig belegt werden könnten. Demgegen-
über bestehe unter den europäischen Mitgliedstaaten die Ge-

Gesundheit und Bildung. Und wer glaube, dass es hier um
Almosen gehe und nicht um Menschenrechte, solle sich Ar-
tikel 24, „Recht auf Erholung und Freizeit“ der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte von 1948 und die UN-Behin-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9308

Bericht der Abgeordneten Marlene Mortler, Gabriele Hiller-Ohm, Dr. Ilja Seifert,
Jens Ackermann und Markus Tressel

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat in seiner 93. Sitzung am 24. Fe-
bruar 2011 den Antrag auf Drucksache 17/4844 zur feder-
führenden Beratung an den Ausschuss für Tourismus und zur
Mitberatung an den Haushaltsausschuss und den Ausschuss
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen.

II. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Haushaltsausschuss hat in seiner 66. Sitzung am
19. Oktober 2011 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimm-
enthaltung der Fraktion der SPD empfohlen, den Antrag ab-
zulehnen.

Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
hat in seiner 54. Sitzung am 14. Dezember 2011 mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
empfohlen, den Antrag abzulehnen.

III. Beratungsverlauf und Abstimmungsergebnis
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Tourismus hat den Antrag auf Druck-
sache 17/4844 in seiner 45. Sitzung am 14. Dezember 2011
beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE.
und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD empfohlen, den Antrag abzulehnen.

Die Fraktion der CDU/CSU führte aus, dass sie zu den tou-
rismuspolitischen Leitlinien der Bundesregierung stehe, wo-
nach auch Menschen mit gesundheitlichen, sozialen oder
finanziellen Einschränkungen reisen können sollten. Eine
Mitgliedschaft Deutschlands in der bisher vergleichsweise
wenig in Erscheinung getretenen Internationalen Organisa-
tion für Sozialtourismus werde jedoch abgelehnt. Sie sei
auch nicht zielführend. Schon jetzt engagiere sich die
Bundesregierung stark im so genannten Sozialtourismus. So
würden etwa Familienferienstätten, Jugend-, Bildungs- und
Begegnungsstätten, Jugendherbergen sowie die internatio-
nale Jugendarbeit gefördert. Hinzu kämen Hilfen auf Lan-
des- und Kommunalebene für Familien mit geringem Ein-
kommen. Neben den aus öffentlichen Mitteln und von
gemeinnützigen Organisationen unterstützten Angeboten,
gebe es für die genannten Zielgruppen in Deutschland eine

Die Fraktion der SPD stellte heraus, das Thema Sozial-
tourismus sei wichtig. Die SPD setze sich seit langem dafür
ein, dass alle Menschen am Tourismus teilhaben könnten.
Dieses Ziel sei während der Beteiligung an der Bundesregie-
rung auch in den Tourismuspolitischen Leitlinien der Bun-
desregierung im Jahr 2009 beschlossen worden. Darin sei
festgelegt worden: Alle Menschen mit gesundheitlichen, so-
zialen und finanziellen Einschränkungen sollen reisen kön-
nen. Klar sei, dass es dazu vielfältiger und vor allem nationa-
ler Anstrengungen bedürfe, zum Beispiel bei der Förderung
der Jugend- und Familienerholung oder der Durchsetzung
von Barrierefreiheit.

Ob die Mitgliedschaft in der relativ unbekannten Organisation
OITS zielführend sei, um Tourismus für benachteiligte Men-
schen zu fördern, sei fraglich. Das Thema Sozialtourismus
sei bereits auf EU-Ebene u. a. mit der Initiative CALYPSO
präsent. Dass die Bundesregierung Mitglied der OITS wer-
den solle, sei auch vor dem Hintergrund fragwürdig, dass
kaum andere staatliche Stellen beteiligt seien. Die OITS sei
in erster Linie eine Nichtregierungsorganisation, in der vor
allem Tourismusorganisationen und Tourismusanbieter bzw.
regionale Netzwerke, z. B. von Jugendunterkünften, mit-
wirkten. Neben dem bereits zugehörigen BundesForum Kin-
der- und Jugendreisen könnten sich weitere Akteure des
Deutschlandtourismus in der OITS engagieren, zum Beispiel
die Nationale Koordinierungsstelle Tourismus für Alle,
NatKo, um das Thema Barrierefreiheit weiter voranzubrin-
gen. Der Bund sollte die NatKo dabei unterstützen.

Die Fraktion der FDP machte darauf aufmerksam, dass
sich sowohl Bund als auch Länder und Regionen der Teilha-
be aller am Tourismus große Aufmerksamkeit widmeten.
Dafür bedürfe es keiner Mitgliedschaft der Bundesregierung
in einer internationalen Organisation, die im Übrigen den
Steuerzahler Geld kosten würde. Dies mache auch deshalb
wenig Sinn, weil die Kompetenz für die Entwicklung des
Tourismus – auch unter dem Aspekt der Teilhabe aller – in
unserem föderalen System eindeutig bei den Ländern liege.

Die Organisation, um die es in dem Antrag gehe, sei affiliier-
tes Mitglied der Welttourismusorganisation, UNWTO, und
arbeite eng mit dem Sekretariat und den Mitgliedstaaten der
UNWTO – also auch mit Deutschland – zusammen. Insofern
habe die Bundesregierung als Mitglied der UNWTO Kennt-
nis von den Aktivitäten der OITS. Auch unter diesem Aspekt
sei eine Mitgliedschaft der Bundesregierung in dieser Orga-
nisation nicht erforderlich.

Die Fraktion DIE LINKE. betonte, gerade auch geringver-
dienende Familien mit Kindern, Seniorinnen und Senioren,
fahr eines Subventionswettlaufs zu Lasten sich selbst tragen-
der Angebotsstrukturen.

dertenrechtskonvention, Artikel 30 „Teilhabe am kulturellen
Leben sowie an Erholung, Freizeit und Sport“, ansehen.

Jens Ackermann
Berichterstatter

Markus Tressel
Berichterstatter
Drucksache 17/9308 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Es müsse mehr getan werden, um Reisen für alle zu ermög-
lichen. Eine hervorragende Möglichkeit hierzu und gleich-
zeitig auch die Chance von anderen zu lernen, biete die Mit-
gliedschaft der Bundesrepublik Deutschland in der 1963
gegründeten International Organisation of Social Tourism,
OITS. Der Organisation gehörten weltweit 140 staatliche
und nichtstaatliche Mitglieder aus dem Bereich des Touris-
mus an, darunter Belgien, Frankreich, Griechenland, Italien,
Mexiko, Polen, Portugal, Schweiz, Spanien, Türkei. Diese
Staaten machten gute Erfahrungen mit ihrem Engagement
im Sozialtourismus. Der „Reiseweltmeister Deutschland“
fehle. Lediglich das BundesForum Kinder- und Jugendreisen
e. V., BuFo, sei von deutscher Seite Mitglied in der OITS.
Dies sei angesichts der Bedeutung des Themas nicht ausrei-
chend. Eine Mitgliedschaft in der OITS eröffne der Bundes-
republik die Möglichkeit der direkten Einflussnahme auf die
Fortentwicklung des Sozialtourismus auf internationaler und
europäischer Ebene, das Kennenlernen guter Praxisbeispiele
sowie deren Nutzung auf nationaler Ebene.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hob hervor,
dass sich der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss
positiv zum Sozialtourismus in Europa geäußert habe. Unter
anderem habe der Ausschuss festgestellt, dass das Programm
sozial und wirtschaftlich eindeutig rentabel sei, denn einer-
seits hätten dadurch viele ältere Menschen erstmals in Ur-

laub fahren können, andererseits wären die für das Pro-
gramm investierten Mittel wieder eingenommen worden.
Eine Mitgliedschaft bei OITS sei aber auch im Hinblick auf
Kinder- und Jugendreisen sinnvoll. Gerade für diese Ziel-
gruppe sei es gesellschaftspolitisch von Interesse, Möglich-
keiten des Reisens zu schaffen, denn insbesondere bei jun-
gen Menschen seien die positiven Effekte des Reisens wie
Bildung und Völkerverständigung von außerordentlicher
Bedeutung.

Zwar gebe es in Deutschland eine im internationalen Ver-
gleich hohe Urlaubsreiseintensität bei Jugendlichen zwi-
schen 14 und 17 Jahren, doch Kinder und Jugendliche aus
einkommensschwachen Familien nahmen deutlich weniger
am Tourismus teil. Öffentlich geförderte Kinder- und Ju-
gendreisen seien dabei sowohl im Kontext von Kinder- und
Jugenderholung als auch bezogen auf die internationale Ju-
gendarbeit seit den 90er-Jahren rückläufig. Insgesamt sei zu
sagen, dass Sozialtourismus ein Thema sei, mit dem man
sich auch in Deutschland befassen solle. Ob die Bundesre-
gierung dies mit Leben füllen könne, sei aber aus Sicht der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu bezweifeln. An-
gesichts der finanziell überschaubaren Mitgliedsbeiträge in
Höhe von ca. 4 000 Euro pro Jahr sei die Mitgliedschaft bei
OITS aber ein positives Zeichen, das eventuell zu weiteren
Impulsen führen könne.

Berlin, den 14. Dezember 2011

Marlene Mortler
Berichterstatterin

Gabriele Hiller-Ohm
Berichterstatterin

Dr. Ilja Seifert
Berichterstatter

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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