BT-Drucksache 17/9245

Urheberrechtliche Situation, Open Data und offene Lizenzen bei Dokumenten und Inhalten der Bundesregierung

Vom 2. April 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/9245
17. Wahlperiode 02. 04. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Halina Wawzyniak, Jan Korte, Nicole Gohlke,
Dr. Rosemarie Hein, Dr. Lukrezia Jochimsen, Kathrin Senger-Schäfer, Frank Tempel
und der Fraktion DIE LINKE.

Urheberrechtliche Situation, Open Data und offene Lizenzen bei Dokumenten
und Inhalten der Bundesregierung

Der Bund tritt als Ersteller von Inhalten in Erscheinung, die als Werke im urhe-
berrechtlichen Sinne zu betrachten sind. § 5 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG)
regelt, dass eine bestimmte Art amtlicher Dokumente, wie Gesetze, Verordnun-
gen und Erlasse, gemeinfrei gestellt ist. Diese Vorschrift erfährt in der Regel eine
enge Auslegung, so dass viele Texte und sonstige Materialien aus Parlament,
Behörden und Bundesministerien in der Regel einem Urheberrechtsschutz
unterliegen. Dies betrifft alle nichtamtlichen Texte und Materialien – etwa aus
der Öffentlichkeitsarbeit, wissenschaftlicher Politikberatung und Ressortfor-
schung oder erstelltes Bildmaterial. Für eigentliche gemeinfreie Datenbanken
kann ein Urheberschutzrecht unter bestimmten Bedingungen entstehen.

So sind etwa Bundesgesetze in amtlicher Form über den Bundesanzeiger für
Privatpersonen kostenlos einsehbar, eine professionelle Nutzung, etwa für
Anwendungen im digitalen Bereich, ist nicht möglich. Ab April 2012 ist der
Bundesanzeiger nur noch online erhältlich. Die Bundesesell-
schaft mbH wurde 2006 vollständig privatisiert und befindet sich in Trägerschaft
der Dumont Schauberg Verlagsgruppe. Eine ähnliche rechtliche Lage ergibt sich
bei Angeboten der juris GmbH, etwa der Webseite Gesetze-im-Internet.de.
Dieses Unternehmen befindet sich allerdings noch knapp mehrheitlich im
Bundesbesitz.

Die exklusiven Verträge werden von europäischer Seite immer wieder als nicht
rechtskonform kritisiert. Die Gemeinfreiheit von amtlichen Datenbanken hin-
gegen ist jedoch mit dem EU-Gemeinschaftsrecht vereinbar.

Die Bundesregierung will bis 2013 ein Konzept für eine moderne E-Goverment-
Strategie erarbeiten. Bisher ist unklar, inwieweit die Öffnung der Daten-
bestände, politisch relevanter Dokumente und Inhalte des Bundes damit ver-
knüpft.

Offene Lizenzen, wie etwa bestimmte Creative-Commons-Lizenzen, bieten die
Möglichkeit, die freie Nutzung von Inhalten unter Wahrung der Urheberrechte

zu ermöglichen und die Bedingungen für eine solche Nutzung festzulegen. Ge-
rade für Inhalte, deren Erstellung aus öffentlichen Mitteln finanziert worden ist,
bietet sich eine Veröffentlichung unter solchen Lizenzen, z. B. unter Creative
Commons cc-by oder cc-by-sa, an. Auch eine Veröffentlichung unter der Lizenz
cc0 sollte geprüft werden.

Drucksache 17/9245 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Existiert eine ressortübergreifende Leitlinie zum Umgang mit Inhalten, die
in Bundesministerien, nachgelagerten Behörden und Einrichtungen der
Ressortforschung erstellt wurden?

Wenn ja, wo ist diese einsehbar?

2. In welcher Form ist der Umgang mit Nutzungsrechten an Inhalten von
Beamten und Angestellten in Bundesministerien, Behörden und Ressort-
forschungseinrichtungen geregelt, die wissenschaftliche und kreative In-
halte während ihrer Arbeitszeit erarbeiten?

3. Welchen Umfang an Rechten sichert sich die Bundesregierung an Werken,
die von Dritten, etwa Auftragnehmern, gestaltet werden und nicht dem § 5
UrhG unterliegen?

4. Existiert ein Rechtemanagement für die Nutzungsrechte von Inhalten
(Texten, Videos, Bildern, Datenbanken bzw. Rohdaten), die von Dritten im
Auftrage des Bundes erstellt werden?

5. In welcher Höhe verausgabten die Bundesregierung und nachgeordnete
Behörden Mittel für die Verhandlung, den Erwerb und die Verwaltung von
Nutzungsrechten an solchen Inhalten?

6. In welchem Umfang nutzt die Bundesregierung bereits heute Daten und
Inhalte von Dritten, die unter offenen Lizenzen veröffentlicht wurden?

7. Welche der Inhalte, an denen der Bund umfassende Nutzungsrechte hält,
sind bereits jetzt unter freien Lizenzen, wie etwa Creative Commons, zur
kommerziellen und nichtkommerziellen Nachnutzung für die Allgemein-
heit freigegeben?

Welche Gründe sprechen dagegen, es konsequent bei allen Inhalten zu tun?

8. Empfiehlt die Bundesregierung den Bundesministerien und nachgelagerten
Behörden eine Veröffentlichung von Inhalten unter Nutzung offener Lizen-
zen nach Open Definition?

Wenn nein, warum nicht?

9. Plant die Bundesregierung im Rahmen der Strategie zum E-Government
eine Verpflichtung zur Nutzung von freien Lizenzen durch Bundesministe-
rien und nachgeordnete Behörden?

Wenn nein, warum nicht?

10. Existieren grundsätzliche rechtliche Hindernisse, die eine Veröffentlichung
von Daten und Inhalten und offenen Lizenzen nach Open Definition verhin-
dern?

11. Aus welchem Grund wird im Entwurf des E-Government-Gesetzes, wie ihn
das Bundesministerium des Innern vorgelegt hat, die Frage der Lizenzie-
rung in eine Verordnung ausgelagert?

Existiert ein Entwurf für die Verordnung?

12. Ist für die Geodateninfrastruktur (GDI-DE) und geoportal.de zukünftig eine
Veröffentlichung unter offenen Lizenzen, auch von Daten in maschinenles-
baren Formaten und Rohdaten, vorgesehen?

Wenn ja, werden auch Inhalte der Länder über diese Plattform verfügbar
gemacht?

13. Strebt die Bundesregierung eine Veröffentlichung der amtlichen Doku-
mente im Bundesanzeiger unter offenen Lizenzen bzw. eines Verzichts auf

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/9245

Leistungsschutzrechte unter Ermöglichung einer kommerziellen Nutzung
etwa durch Entwickler von Apps und Anwendungen an?

Wenn nein, warum nicht?

14. Plant die Bundesregierung eine Erweiterung des Unternehmensregisters,
welches bislang ebenfalls exklusiv durch die Bundese-
sellschaft mbH von den Amtsgerichten gesammelt und verwaltet wird, um
die Möglichkeit zum Abruf von Rohdaten anzubieten?

Welche Lizenzierung ist für die Daten geplant?

15. Strebt die Bundesregierung eine Veröffentlichung des Bundeshaushaltes
und einzelner Kassendaten nach dem Vorbild der britischen und amerikani-
schen Regierung in maschinenlesbarer und offen lizenzierter Form an?

16. Strebt die Bundesregierung eine Veröffentlichung von maschinenlesbaren
Daten unter offenen Lizenzen zu Ausschreibungs- und Vergabeverfahren
auf Bundesebene an?

17. Wann wird die ausgeschriebene Studie zu OpenGovernment veröffentlicht?

18. Wann wird der Prototyp für eine OpenGovernment-Plattform online gehen?

19. Inwieweit strebt die Bundesregierung eine Veröffentlichung von Werken
unter offenen Lizenzen an, die aus Steuermitteln für die Deutsche Welle
produziert wurden?

Berlin, den 2. April 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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