BT-Drucksache 17/8970

zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Thilo Hoppe, Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/8587 - Juristische Aufarbeitung der Gewalt und politischer Neuanfang für den Jemen

Vom 9. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8970
17. Wahlperiode 09. 03. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Thilo Hoppe, Volker Beck
(Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/8587 –

Juristische Aufarbeitung der Gewalt und politischer Neuanfang für den Jemen

A. Problem

Die antragstellende Fraktion weist darauf hin, dass seit dem Februar 2011 im
Jemen politische Demonstrationen gegen die Regierung stattfinden. Das Re-
gime des mittlerweile zurückgetretenen Präsidenten Ali Abdullah Saleh antwor-
tete auf diese politischen Demonstrationen mit großer Härte. Alleine seit Beginn
des Jahres 2012 sind nach Angaben der jemenitischen Opposition über 1 500
Menschen getötet worden, darunter auch Frauen und Kinder. Auch nach der
Unterzeichnung eines durch den Golfkooperationsrat (GCC) ausgehandelten
Abkommens gehen die politischen Unruhen weiter, in dessen Verlauf Zivilisten
sterben. Aufgrund dieser schweren Menschenrechtsverletzungen durch die
Regierung Ali Abdullah Salehs wird Straffreiheit für den Präsidenten abgelehnt,
stattdessen soll er laut Auffassung der antragstellenden Fraktion vor dem Inter-
nationalen Strafgerichtshof angeklagt werden. Neben den politischen Unruhen
verschlechtert sich auch die humanitäre Lage im Jemen zusehends. 42 Prozent
der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze, die Arbeitslosigkeit stieg auf
über 50 Prozent. Die Versorgung mit Lebensmitteln und mehr noch mit Wasser
ist in weiten Teilen des Landes nicht mehr garantiert. Das OCHA (United
Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) warnt vor dem Zu-
sammenbruch des Versorgungssystems und einer aufkommenden Gesundheits-
krise.

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, Ali Abdullah Saleh sowie weite-
ren Mitgliedern seiner Familie und anderen Unterstützern der Familie Saleh
klarzumachen, dass sie dauerhaft abtreten müssen. Die Bundesregierung wird
aufgefordert, sich im UN-Sicherheitsrat verstärkt für gezielte Sanktionen wie
das Einfrieren von Konten sowie für Reisebeschränkungen gegen Ali Abdullah

Saleh und seine Unterstützer einzusetzen. Des Weiteren wird die Bundesregie-
rung aufgefordert, das sofortige Einfrieren von in Deutschland bestehenden
Konten von Ali Abdullah Saleh und seinen politischen Verbündeten durchzuset-
zen und darüber hinaus verstärkt auch in der EU darauf hinzuwirken, die weite-
ren in der EU liegenden Gelder des Regimes schnellstmöglich einzufrieren und
Reisebeschränkungen auszusprechen. Die Bundesregierung wird darüber hinaus
aufgefordert, eine Nachforschung einzuleiten, um Ali Abdullah Salehs Gelder,

Drucksache 17/8970 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

die nicht auf seinen Namen geführt werden, einzufrieren und eine Untersuchung
der Vermögenswerte von Ali Abdullah Salehs Vertrautem Shaher Abdelhak ein-
zuleiten. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich gemeinsam mit der EU
im UN-Sicherheitsrat für einen Beschluss einzusetzen, dass sich Ali Abdullah
Saleh und andere Verantwortliche des Regimes vor dem Internationalen Straf-
gerichtshof verantworten müssen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich
für die Umstrukturierung der jemenitischen Sicherheitskräfte und der Armee
einzusetzen, um die Armee und die Sicherheitskräfte zu rechtsstaatlich agieren-
den Trägern des Staates zu machen. Darüber hinaus wird die Bundesregierung
aufgefordert, als derzeit vorsitzendes Land in der UN-Arbeitsgruppe „Kinder
und bewaffnete Konflikte“ Nachforschungen in Bezug auf den Einsatz von
Minderjährigen (Kindersoldaten) in der jemenitischen Armee und bewaffneten
Oppositionsgruppen einzuleiten. Die Bundesregierung wird aufgefordert,
gegenüber Saudi-Arabien darauf hinzuwirken, die Demokratiebewegung des
Jemen nicht weiter zu behindern. Abschließend wird die Bundesregierung auf-
gefordert, hinsichtlich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus im
Jemen innerhalb der UN die Einhaltung der Menschenrechte und des Völker-
rechts einzufordern und sich insbesondere gegen extralegale Tötungen durch
einzelne Mitglieder der internationalen Staatengemeinschaft einzusetzen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8970

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/8587 abzulehnen.

Berlin, den 7. März 2012

Der Auswärtige Ausschuss

Ruprecht Polenz
Vorsitzender

Joachim Hörster
Berichterstatter

Günter Gloser
Berichterstatter

Dr. Rainer Stinner
Berichterstatter

Jan van Aken
Berichterstatter

Kerstin Müller (Köln)
Berichterstatterin

Berlin, den 7. März 2012

Joachim Hörster Günter Gloser Dr. Rainer Stinner Jan van Aken Kerstin Müller (Köln)
I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/8587 in seiner 162. Sitzung am 1. März 2012 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Aus-
wärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe und dem Ausschuss
für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über-
wiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die antragstellende Fraktion weist darauf hin, dass seit dem
Februar 2011 im Jemen politische Demonstrationen gegen
die Regierung stattfinden. Das Regime des mittlerweile zu-
rückgetretenen Präsidenten Ali Abdullah Saleh antwortete
auf diese politischen Demonstrationen mit großer Härte. Al-
leine seit Beginn des Jahres 2012 sind nach Angaben der
jemenitischen Opposition über 1 500 Menschen getötet wor-
den, darunter auch Frauen und Kinder. Auch nach der Unter-
zeichnung eines durch den Golfkooperationsrat (GCC) aus-
gehandelten Abkommens gehen die politischen Unruhen
weiter, in dessen Verlauf Zivilisten sterben. Aufgrund dieser
schweren Menschenrechtsverletzungen durch die Regierung
Ali Abdullah Salehs wird Straffreiheit für den Präsidenten
abgelehnt, stattdessen soll er laut Auffassung der antragstel-
lenden Fraktion vor dem Internationalen Strafgerichtshof
angeklagt werden. Neben den politischen Unruhen ver-
schlechtert sich auch die humanitäre Lage im Jemen zuse-
hends. 42 Prozent der Bevölkerung lebt unterhalb der Ar-
mutsgrenze, die Arbeitslosigkeit stieg auf über 50 Prozent.
Die Versorgung mit Lebensmitteln und mehr noch mit Was-
ser ist in weiten Teilen des Landes nicht mehr garantiert. Das
OCHA (United Nations Office for the Coordination of
Humanitarian Affairs) warnt vor dem Zusammenbruch des
Versorgungssystems und einer aufkommenden Gesundheits-
krise.

Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, Ali Abdullah
Saleh sowie weiteren Mitgliedern seiner Familie und ande-
ren Unterstützern der Familie Saleh klarzumachen, dass sie
dauerhaft abtreten müssen. Die Bundesregierung wird auf-
gefordert, sich im UN-Sicherheitsrat verstärkt für gezielte
Sanktionen wie das Einfrieren von Konten sowie für Reise-
beschränkungen gegen Ali Abdullah Saleh und seine Unter-
stützer einzusetzen. Des Weiteren wird die Bundesregierung
aufgefordert, das sofortige Einfrieren von in Deutschland
bestehenden Konten von Ali Abdullah Saleh und seinen
politischen Verbündeten durchzusetzen und darüber hinaus
verstärkt auch in der EU darauf hinzuwirken, die weiteren in
der EU liegenden Gelder des Regimes schnellstmöglich ein-
zufrieren und Reisebeschränkungen auszusprechen. Die
Bundesregierung wird darüber hinaus aufgefordert, eine

Nachforschung einzuleiten, um Ali Abdullah Salehs Gelder,
die nicht auf seinen Namen geführt werden, einzufrieren und
eine Untersuchung der Vermögenswerte von Ali Abdullah
Salehs Vertrautem Shaher Abdelhak einzuleiten. Die Bun-
desregierung wird aufgefordert, sich gemeinsam mit der EU
im UN-Sicherheitsrat für einen Beschluss einzusetzen, dass
sich Ali Abdullah Saleh und andere Verantwortliche des Re-
gimes vor dem Internationalen Strafgerichtshof verantworten
müssen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich für die
Umstrukturierung der jemenitischen Sicherheitskräfte und
der Armee einzusetzen, um die Armee und die Sicherheits-
kräfte zu rechtsstaatlich agierenden Trägern des Staates zu
machen. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefor-
dert, als derzeit vorsitzendes Land in der UN- Arbeitsgruppe
„Kinder und bewaffnete Konflikte“ Nachforschungen in Be-
zug auf den Einsatz von Minderjährigen (Kindersoldaten) in
der jemenitischen Armee und bewaffneten Oppositionsgrup-
pen einzuleiten. Die Bundesregierung wird aufgefordert,
gegenüber Saudi-Arabien darauf hinzuwirken, die Demokra-
tiebewegung des Jemen nicht weiter zu behindern. Abschlie-
ßend wird die Bundesregierung aufgefordert, hinsichtlich der
Bekämpfung des internationalen Terrorismus im Jemen in-
nerhalb der UN die Einhaltung der Menschenrechte und des
Völkerrechts einzufordern und sich insbesondere gegen ex-
tralegale Tötungen durch einzelne Mitglieder der internatio-
nalen Staatengemeinschaft einzusetzen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
hat den Antrag auf Drucksache 17/8587 in seiner 56. Sitzung
am 7. März 2012 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung.

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag auf Drucksache 17/8587 in sei-
ner 56. Sitzung am 7. März 2012 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen
die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
die Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/8587 in seiner 56. Sitzung am 7. März beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. die Ablehnung.
Drucksache 17/8970 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Joachim Hörster, Günter Gloser, Dr. Rainer Stinner,
Jan van Aken und Kerstin Müller (Köln)
Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatterin
t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.