BT-Drucksache 17/8937

Aussteigerprogramme für Neofaschisten

Vom 8. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8937
17. Wahlperiode 08. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Heidrun Dittrich, Dr. Lukrezia Jochimsen, Petra
Pau, Jens Petermann, Raju Sharma, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Jörn Wunderlich
und der Fraktion DIE LINKE.

Aussteigerprogramme für Neofaschisten

Das Bundesamt und einige Landesämter für Verfassungsschutz sowie mehrere
vom Bund geförderte Vereinigungen bieten Aussteigerprogramme für Angehö-
rige der rechtsextremistischen Szene an. Den Neofaschisten wird nach Prüfung
ihrer Ausstiegsbereitschaft Hilfe bei der Wohnungssuche, den Behördenkontak-
ten, der beruflichen/schulischen Qualifizierung usw. angeboten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Gehen die Fragesteller recht in der Annahme, dass sich die Angabe der Bun-
desregierung in ihrer Antwort zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 17/2886,
es sei in weniger als zehn Fällen der Anrufer nicht zu einem erwünschten
Erfolg gekommen, sich auf ein Neuntel der Anrufer insgesamt bezieht, es
also mithin zu rund 113 erfolgreichen Ausstiegen in den Jahren 2001 bis zum
Zeitpunkt der Beantwortung der Kleinen Anfrage im September 2010 ge-
kommen ist, und wenn nicht, wie viele erfolgreiche Ausstiege konnten dann
in diesem Zeitraum verzeichnet werden?

Falls die Bundesregierung keine exakten Zahlen nennen kann, warum nicht?

2. Wie viele (ehemalige) Rechtsextremisten nutzten in den Jahren 2010 und 2011
(bitte jeweils getrennt beantworten) das vom Bundesamt für Verfassungs-
schutz (BfV) eingerichtete Aussteigerprogramm?

a) Inwiefern führt das BfV eine Statistik über die Anrufer, und nach welchen
Kriterien werden dort die Anrufe verzeichnet?

b) Wie viele Anrufe verzeichnete die Aussteigerhotline insgesamt, und wie
lassen sich diese nach solchen Kriterien unterteilen?
Wie viele Ausstiegswillige, und wie viele Angehörige/Freunde waren
unter den Anrufern?

c) Nach wie vielen ersten Kontaktgesprächen kam es zu weiteren, ausführ-
licheren Telefonaten mit BfV-Mitarbeitern?
d) Wie viele Anrufer wurden als potentiell ausstiegswillig angesehen?

e) In wie vielen Fällen gelang ein Ausstieg aus der rechtsextremen Szene?

f) In wie vielen Fällen misslang ein solcher Ausstieg, und auf welche Gründe
ist dies im Wesentlichen zurückzuführen?

Drucksache 17/8937 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Hat die Bundesregierung die Feststellung gemacht, dass einige der Ausstei-
ger später wieder in die rechtsextreme Szene zurückkehrten?

a) Wie schätzt die Bundesregierung das Problem solcher „Rückfälle“ bzw.
von angeblichen Aussteigern, die einen Ausstiegswillen nur vortäuschen,
um ggf. das Vorgehen des BfV auszukundschaften oder finanzielle Vor-
teile zu erlangen, ein?

b) Welche Zahlen liegen ihr hierfür vor?

4. Wie viele der Anrufer in den Jahren 2001 bis 2010 waren zum Zeitpunkt ihrer
ersten Kontaktaufnahme mit dem BfV im Gefängnis, und wie viele von die-
sen sind erfolgreich ausgestiegen?

Wie gestalten sich diese Zahlen jeweils für die Jahre 2010 und 2011?

5. Welche Finanzmittel wurden seit 2001 zur Durchführung des Aussteigerpro-
gramms aufgewendet (bitte jeweils pro Jahr angeben)?

a) Wie viele Mittel wurden zur Unterstützung bei der Wohnungssuche aufge-
wandt, und wie viele Aussteiger haben eine solche Unterstützung in An-
spruch genommen?

b) Wie viele Mittel wurden zur Unterstützung bei schulischer oder beruf-
licher Weiterqualifizierung aufgewandt, und wie viele Aussteiger haben
eine solche Unterstützung in Anspruch genommen?

c) Wie viele Mittel wurden zur Unterstützung bei Drogentherapien aufge-
wandt, und wie viele Aussteiger haben eine solche Unterstützung in An-
spruch genommen?

d) Wie viele Mittel wurden zur Bewältigung von Schuldenproblemen aufge-
wandt, und wie viele Aussteiger haben eine solche Unterstützung in An-
spruch genommen?

6. Welche über die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 auf Bundestags-
drucksache 17/2886 hinausgehenden Angaben zum Projektverlauf im Sinne
der damaligen Fragestellung liegen der Bundesregierung inzwischen zum
Ausstiegsprogramm von EXIT-Deutschland vor?

7. Wie viele (ehemalige) Rechtsextremisten nutzten in den Jahren 2010 und
2011 (bitte jeweils getrennt angeben) das Aussteigerprogramm von EXIT-
Deutschland?

a) Liegt der Bundesregierung eine statistische Auswertung von EXIT-
Deutschland über die eingegangenen Anrufe bzw. Ausstiegswillige vor,
und wenn ja, nach welchen Kriterien ist diese unterteilt?

b) Wie viele Anrufer verzeichnete die Aussteigerhotline insgesamt, und wie
lassen sich diese nach den auf die vorige Frage 7a genannten Kriterien un-
terteilen?

c) Nach wie vielen ersten Kontaktgesprächen kam es zu weiteren ausführ-
licheren Telefonaten?

d) In wie vielen Fällen gelang ein Ausstieg aus der rechten Szene?

e) In wie vielen Fällen misslang ein Ausstieg, und auf welche Gründe wird
dies maßgeblich zurückgeführt?

f) Wie viele der Ausstiegswilligen waren zum Zeitpunkt der ersten Kontakt-
aufnahme im Gefängnis, und wie viele von diesen sind erfolgreich ausge-
stiegen?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die sonstigen Aussteiger-

programme für Rechtsextremisten (bitte möglichst Zahlen und Angaben nach
dem Muster von Frage 7 übermitteln)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8937

9. Liegt mittlerweile die Evaluation der bisherigen Arbeiten des Aussteiger-
programms von EXIT-Deutschland vor (bitte ggf. beilegen bzw. URL nen-
nen), und wenn nicht,

a) durch wen wird diese Evaluierung vorgenommen,

b) bis wann soll das Ergebnis vorliegen?

10. Welche Erkenntnisse oder Einschätzungen hat die Bundesregierung über
die jeweiligen „Rückfallquoten“ dieser Programme?

11. Mit welchen Bundesmitteln wird EXIT-Deutschland seit 2001 gefördert
(bitte pro Jahr angeben), und inwiefern ist die Förderung (in welcher Höhe)
auch für die Zukunft sichergestellt?

12. Inwiefern beabsichtigt die Bundesregierung Änderungen in Konzeption,
finanzieller Ausstattung, Trägerschaft und Durchführung des BfV-Ausstei-
gerprogramms bzw. der Förderung privater Aussteigerprogramme (bitte be-
gründen)?

Berlin, den 8. März 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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