BT-Drucksache 17/8934

Besuch des Afrikabeauftragten des Auswärtigen Amts in Namibia und Aufklärung über problematische Gruppierungen im südlichen Afrika

Vom 7. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8934
17. Wahlperiode 07. 03. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Niema Movassat, Wolfgang Gehrcke, Sevim Dag˘delen, Annette
Groth, Heike Hänsel, Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Alexander Ulrich,
Katrin Werner und der Fraktion DIE LINKE.

Besuch des Afrikabeauftragten des Auswärtigen Amts in Namibia und
Aufklärung über problematische Gruppierungen im südlichen Afrika

Die Übergabe von 20 Totenschädeln Ende September 2011 an eine namibische
Delegation endete durch das Verhalten der Bundesregierung in einem Eklat. Der
Schaden für die deutsch-namibischen Beziehungen wurde durch Äußerungen
des deutschen Botschafters in Namibia Egon Kochanke erhöht, indem er die
Schuld für den Eklat der namibischen Delegation anlastete: „Despite the nega-
tive impression the huge Namibian delegation made in Berlin due to their hidden
agenda, I do hope that the (…) speech by President Hifikepunye Pohamba will
set the coordinates for both governments“. (The Namibian, 17. November 2011:
www.namibian.com.na/index.php?id=28&tx_ttnews[tt_news]=90164&no_cache
=1). Am 30. November 2011 verteidigte der Staatsminister im Auswärtigen Amt
Dr. Werner Hoyer diese Aussage in der Fragestunde des Deutschen Bundestages
und beschuldigte darüber hinaus „Organisationen in Deutschland“, die nami-
bische Delegation „geradezu aufgestachelt“ zu haben (vgl. Deutscher Bundes-
tag, Plenarprotokoll 17/145).

Ein Gespräch zwischen Namibias Präsident Hifikepunye Pohamba und Bot-
schafter Egon Kochanke im Dezember 2011 endete aufgrund des, Berichten zu-
folge, undiplomatischen Auftretens des Botschafters abrupt. Die deutsch-nami-
bischen Beziehungen waren damit an ihrem Tiefpunkt angelangt (Windhoek
Observer, „German Ambassador peeves Pohamba, 27. Januar 2012“).

Der Afrikabeauftragte des Auswärtigen Amts, Walter Lindner, reiste deshalb
zwischen dem 1. Februar und 3. Februar 2012 nach Namibia. Er entschuldigte
sich für das Verhalten der Bundesregierung bei der Übergabe der Schädel Ende
September 2011. Eine Entschuldigung im Namen der Bundesregierung für den
von Fachhistorikern so analysierten deutschen Völkermord (www.lebenshaus-
alb.de/magazin/002310.html) schloss er hingegen weiterhin aus (The Namibian,
„Official Apology still lacking“, 3. Februar 2012, www.namibian.com.na/news/
full-story/archive/2012/february/article/official-apology-still-lacking/).

In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Umstände der

Rückführung von Gebeinen von Opfern deutscher Kolonialverbrechen nach
Namibia und die Entschuldigungs- und Versöhnungsfrage“ der Fraktion DIE
LINKE. (Bundestagsdrucksache 17/8057) teilte die Bundesregierung die Auf-
fassung nicht, dass sie über den durch sie herbeigeführten diplomatischen Eklat
sowie durch das Ausbleiben einer offiziellen Entschuldigung, Meinungen
besonders bei weißen deutschstämmigen Namibiern befördert, die den von der
namibischen Seite betriebenen Aufwand für die Rückführung der 20 Totenschä-

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del für übertrieben und die Geschichte über die intendierte und weitgehend
erfolgte Vernichtung der Herero, Nama und Damara für „aufgebauscht und
fabriziert“ halten. Doch scheinen sich zunehmend Leser und zum Teil auch
Redakteure der deutschsprachigen namibischen „Allgemeinen Zeitung“
(www.az.com.na/) beim Thema der deutschen Kolonialvergangenheit in
Deutsch-Südwestafrika bestärkt zu fühlen geschichtsrevisionistische Argumen-
tationen zu führen. Hier nur ein paar Beispiele exemplarisch:
www.az.com.na/leserbriefe/die-geschichte-der-vlker-kennen.137768.php;
www.az.com.na/leserbriefe/zeugnis-des-schuldkultes.141192.php;
www.az.com.na/leserbriefe/in-der-kloake-buddeln.141413.php;
www.az.com.na/kommentar/worte-zum-klischee-erstarrt.141787.php;
www.az.com.na/kultur/der-hererokrieg-von-deutsch-sdwest-wieder-im-
brennpunkt.141597.php. Dies wurde jüngst auch durch den respektierten nami-
bischen Bischof Dr. Zephania Kameeta problematisiert (vgl. www.az.com.na/
polizei-und-gericht/ber-geschichtsdebatte-besorgt.144046.php und
www.newera.com.na/articles/43306/Church-worried-about-Allgemeine-content).
Regelmäßig wird in dieser Zeitung positiv Bezug genommen auf die zwei
exponiertesten Leugner des Völkermords: Dr. Claus Nordbruch und Heiner
Schneider-Waterberg. Dr. Claus Nordbruch ist schon seit Jahren in rechtsextre-
men Kreisen in Deutschland bestens bekannt, hat sich als Farmer in Südafrika
niedergelassen und unterstützt dort das rassistische „Hilfskomitee Südliches
Afrika“, welches den deutschen Vernichtungsfeldzug im ehemaligen Deutsch-
Südwestafrika offensiv leugnet. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berich-
tete am 26. November 2011 im Zusammenhang mit der rechtsextremistischen
Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) ausgiebig über Ver-
bindungen zwischen dieser rassistischen Vereinigung und den deutschen Neo-
nazis.

Dr. Claus Nordbruch und Heiner Schneider-Waterberg wird ein gewichtiger Ein-
fluss auch auf Fachleute des Auswärtigen Amts und weitere Kreise der Bundes-
regierung nachgesagt. Schon zu den Gedenkfeiern 2004 aus Anlass des 100. Jah-
resgedenktags der Niederschlagung des Herero-Aufstands berichtete „DIE
ZEIT“: „Die Fachleute des Auswärtigen Amtes, die den ohnehin harmlosen Be-
schluss vollends glatt gebügelt haben, entblödeten sich nicht, Argumente des
rechtsextremen Geschichtsforschers Claus Nordbruch zu übernehmen – der
spricht von der ‚Völkermordlüge‘ wie seinerzeit die Altnazis von der
‚Kolonialschuldlüge‘“ (Bartholomäus Grill, DIE ZEIT vom 5. August 2004:
„Aufräumen, aufhängen, niederknallen!“, www.zeit.de/2004/33/Herero-Kurz-
fassung/). Wie „german-foreign-policy.com“ jüngst online berichtete (vgl. Arti-
kel vom 7. Februar 2012: „Fremdbestimmt im eigenen Land“,
www.german- foreign-policy.com/de/fulltext/58260?PHPSESSID=22nhtv46dbl
kpefirgpjumkmo1), wird die 1881 gegründete „Deutschtums“-Organisation
„Verein für Deutsche Kulturbeziehungen im Ausland e. V. (VDA)“, die auch
Kontakte in rechtsextreme Kreise pflegt, vom Parlamentarischen Staatssekretär
beim Bundesminister der Finanzen Hartmut Koschyk geleitet. Es wird dort be-
richtet, dass unter ihm der Baden-Württembergische Landesverband des VDA
von Hartmut Fröschle geführt wird. Dieser ist zugleich Vorsitzender der Vereini-
gung „Hilfskomitee Südliches Afrika e. V.“, die 1976 von einem NPD-Mitglied
gegründet wurde, das Apartheid-Regime in Südafrika offen unterstützte und der
unter anderem auch Dr. Claus Nordbruch angehört. Die Überschneidungen des
VDA mit der extremen Rechten in Deutschland sind vielfältig (vgl. „Fremdbe-
stimmt im eigenen Land“, www.german-foreign- policy.com/de/fulltext/58260?
PHPSESSID=22nhtv46dblkpefirgpjumkmo1 und „Die Augen Rechts – Neo-
nazis im Ausland“, http://endstation-rechts.de/index. php?option=com_k2&view
=item&id=6893:die-augen-rechts&Itemid=840).

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8934

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Inwieweit ist der Bundesregierung bekannt, dass ein Gespräch zwischen dem
Präsidenten der Republik Namibia, Hifikepunye Pohamba, und dem Bot-
schafter der Bundesrepublik Deutschland in Namibia, Egon Kochanke, im
Dezember 2011 aufgrund des unsensiblen Verhaltens des Botschafters abrupt
beendet wurde und die deutsch-namibischen Beziehungen in diesem Zusam-
menhang an einem Tiefpunkt angelangt seien (vgl. Windhoek Observer,
„German Ambassador peeves Pohamba“, 27. Januar 2012)?

2. Mit welchen – insbesondere auch mit dem Auswärtigen Amt zuvor abge-
stimmten – Themen und Vorschlägen ist Botschafter Egon Kochanke im
Dezember 2011 in das Gespräch mit dem Präsidenten der Republik Namibia
Hifikepunye Pohamba gegangen?

a) Welche Äußerungen von Botschafter Egon Kochanke veranlassten Präsi-
dent Hifikepunye Pohamba dazu, dem Botschafter die Tür zu weisen?

b) Welche Haltung nimmt die Bundesregierung zu diesem Vorgang ein?

c) Bei wem sieht die Bundesregierung die Verantwortung für den Vorgang?

3. Inwieweit steht einer offiziellen Entschuldigung der Bundesregierung für den
deutschen Vernichtungskrieg und die Kolonialverbrechen in der ehemaligen
Kolonie Deutsch-Südwestafrika die Befürchtung entgegen, dass die namibi-
sche Regierung und/oder die Opfergruppen der Herero, Nama und Damara
hieraus Entschädigungsforderungen gegenüber der Bundesrepublik Deutsch-
land, deren Institutionen und deutschen Unternehmen ableiten könnten?

4. Inwieweit teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Entschuldigung
seitens der Bundesregierung eine notwendige Voraussetzung für einen dauer-
haften Versöhnungsprozess mit den Nachfahren deutscher und anderer wei-
ßer Siedler innerhalb Namibias ist, da das Thema eng mit der bis heute ins-
besondere durch die weißen Siedler verursachten ungelösten Landfrage in
Namibia zusammenhängt, wegen der die Nachfahren des deutschen Völker-
mords zum Großteil bis heute in bitterer Armut leben müssen, weil ihnen vor
allem in der deutschen Kolonialzeit ihr Land und Vieh geraubt und weißen
Siedlern übergeben wurde?

5. Wie genau war das Besuchsprogramm des Afrikabeauftragten im Auswärti-
gen Amt, Walter Lindner, in Namibia Anfang Februar 2012 aufgebaut (bitte
auflisten)?

a) Wer waren sämtliche Gesprächspartner (auch die formal nicht im offiziel-
len Besuchsprogramm vorgesehenen)?

b) Wo fanden die jeweiligen Treffen und Gespräche statt?

6. Sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Äußerungen ihres Afrikabeauf-
tragten im Auswärtigen Amt, Walter Lindner, gegenüber der namibischen
Presse zutreffend, dass der Versöhnungsdialog zwischen der deutschen und
namibischen Regierung sowie erstmals auch mit den betroffenen Bevölke-
rungsgruppen nun konsequenter und regelmäßiger als bisher, aufgenommen
werden soll (vgl. www.namibian.com.na/index.php?id=28&tx_ttnews[tt_news]
=93099&no_cache=1 und www.az.com.na/politik/ausblick-unter-vorbehalt.
142369.php), und wenn ja,

a) inwiefern soll sich der künftige Dialog in Substanz, Inhalt und Ausgestal-
tung von dem bisherigen Dialog um Versöhnung zwischen Deutschland
und Namibia sowie zwischen den von deutschen Gräueltaten betroffenen
Herero, Nama und Damara im heutigen Namibia und den Nachfahren
deutscher Siedler unterscheiden,

Drucksache 17/8934 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

b) gibt es seitens der Bundesregierung bereits einen zeitlichen und inhalt-
lichen Fahrplan für einen umfassenden, zielgerichteten und strukturierten
Dialog über alle mit der Versöhnungsfrage zusammenhängenden Themen,
und wenn nein, soll es einen solchen geben,

c) wie soll der Dialog über alle mit der Versöhnungsfrage zusammenhängen-
den Themen genau ausgestaltet werden, in welchen Abständen sollen
Konsultationen stattfinden, welcher Personenkreis genau soll daran teil-
nehmen und welcher explizit nicht, und welche Themen sollen dort be-
sprochen werden und welche sollen definitiv ausgeklammert werden?

7. Wie verhält sich die Bundesregierung zu der gegenüber dem Afrikabeauf-
tragten im Auswärtigen Amt geäußerten Kritik des Premierministers der
Republik Namibia, Nahas Angula, an der Abwicklung der Versöhnungsini-
tiative über die Kanäle der KfW Bankengruppe, wonach weder die namibi-
sche Regierung, geschweige denn die von Völkermord und kolonialen Ent-
eignungen betroffenen Herero, Nama und Damara die Gelder der
Sonderinitiative in vollem Umfang selbst verwalten und darüber verfügen
können und der Großteil der Gelder an teure deutsche Berater ginge (The Na-
mibian vom 6. Februar 2012: www.namibian.com.na/index.php?id=28&tx_
ttnews[tt_ news]= 93099&no_cache=1)?

8. Inwieweit sieht die Bundesregierung die Aussage ihres Afrikabeauftragten
im Auswärtigen Amt, Walter Lindner, der Einsatz der teuren deutschen Be-
rater der Entwicklungszusammenarbeit zur Sicherstellung der Qualität der
Abwicklung der Gelder der „Sonderinitiative“ wären wichtig (The Namibian
vom 6. Februar 2012: www.namibian.com.na/index.php?id=28&tx_ttnews[tt
_news]=93099& no_cache=1), als missverständlich bzw. missdeutbar, weil
sie suggeriert, dass die namibische Seite nicht selbst sachgerecht und solide
mit dem Geld umzugehen wüsste, und fürchtet sie dadurch nicht, dass hier-
durch kolonialrassistische Vorurteile und Argumentationsstrukturen einer
vermeintlichen Unzuverlässigkeit, Rückständigkeit bzw. technischen Unbe-
darftheit reproduziert werden?

a) Inwiefern wurde im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und ins-
besondere der „Sonderinitiative“ versucht, Berater aus Namibia für die
Aufgaben zu gewinnen, gab es insbesondere Stellenausschreibungen, und
zu welchem Ergebnis haben diese geführt?

b) Wie viele Beraterstellen sind derzeit für die Abwicklung der Gelder der
„Sonderinitiative“ besetzt?

c) Hat die Bundesregierung darüber nachgedacht, die Gelder in Form von für
den Einsatz in den „betroffenen Gebieten“ zweckgebundenen Budgethil-
fen an Namibia auszuzahlen, um damit die Entscheidungshoheit über die
Mittelverwendung weitgehendst der namibischen Seite zu übertragen?

d) Wenn nein, warum nicht?

e) Wenn ja, warum wurde die Abwicklung über Budgethilfe verworfen?

9. Liegen der Bundesregierung geheimdienstliche Erkenntnisse über Dr. Claus
Nordbruch vor, der von der „National-Zeitung“ 2001 den „Freiheitspreis“ er-
hielt, in der „Deutschen Stimme“, in „Nation & Europa“ sowie unregelmäßig
in der „JUNGEN FREIHEIT“ schreibt und dem Neonazi-Fanzine „Blood &
Honour“ ein Interview gab sowie des Öfteren bei Neonaziveranstaltungen
auftritt?

Wenn ja, welche, und wie stuft die Bundesregierung die Aktivitäten von
Dr. Claus Nordbruch ein?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8934

10. Liegen der Bundesregierung offene (beispielsweise über die Botschaften)
oder auch geheimdienstliche Erkenntnisse über die rassistische und ge-
schichtsrevisionistische Vereinigung „Hilfskomitee Südliches Afrika e. V.“
vor?

Wenn ja, welche, und wie stuft die Bundesregierung die Aktivitäten dieser
Vereinigung ein?

11. Ist der Bundesregierung über offene oder auch geheimdienstliche Quellen
bekannt, dass Dr. Claus Nordbruch als glühender Verfechter des Apartheid-
regimes intensive Verbindungen zur rassistischen Vereinigung „Hilfskomitee
Südliches Afrika e. V.“ hat und neben dem Holocaust auch den durch die
Mehrheit der Fachwissenschaft festgestellten deutschen Völkermord im
ehemaligen Deutsch-Südwestafrika offen leugnet?

12. Ist der Bundesregierung bekannt, dass Dr. Claus Nordbruch den Nazi und
V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes Tino Brandt, der im Zusam-
menhang mit der neonazistischen Terrorgruppe NSU eine Rolle spielt, nach
dessen Enttarnung in Südafrika empfangen hatte oder liegen der Bundes-
regierung hierüber geheimdienstliche Erkenntnisse vor (vgl. http://nordbruch.
org/speeches-essays-publications/spiel-mit-dem-feuer)?

Wenn ja, welche?

13. Gibt es oder gab es in der Vergangenheit seitens Vertreterinnen und Vertre-
tern der Bundesregierung und insbesondere des Auswärtigen Amts Kon-
takte zu Dr. Claus Nordbruch?

Wenn ja, wie sahen diese aus, und worüber wurde gesprochen?

14. Ist der Bundesregierung bekannt, dass der Vorsitzende des Vereins „Hilfs-
komitee Südliches Afrika e. V.“, Hartmut Fröschle, seit Januar 2011 zu-
gleich stellvertretender Vorsitzender im Verwaltungsrat des VDA ist, dessen
Bundesvorsitzender seit 1994 Hartmut Koschyk, Parlamentarischer Staats-
sekretär beim Bundesminister der Finanzen, ist?

15. Hat die Bundesregierung direkte oder auch geheimdienstliche Kenntnis
darüber, dass der von unabhängigen Historikern verbriefte deutsche Völker-
mord an den Herero, Nama und Damara nach 1904 unter General von
Trotha von Hartmut Fröschle in einem Beitrag für die „FAZ“ als „ein nor-
maler Kolonialkrieg, kein Genozid“ eingestuft wird (vgl. German Foreign
Policy) und Hartmut Fröschle als stellvertretender Vorsitzender im Verwal-
tungsrat des VDA und Vorsitzender des Vereins „Hilfskomitees Südliches
Afrika e. V.“ Kontakte zu Dr. Claus Nordbruch pflegt?

16. Hat die Bundesregierung Kenntnis (beispielsweise über ihre Botschaften
oder auch ihre Geheimdienste) darüber, dass Dr. Claus Nordbruch vom Ver-
ein „Hilfskomitee Südliches Afrika e. V.“ für seine Position mit dem „Süd-
westreiter“ ausgezeichnet wurde, dem denkmalhaften Symbol der alten
Kolonialmacht Deutschland im heutigen Namibia?

17. Sind der Bundesregierung aus offenen oder geheimdienstlichen Quellen
Kontakte des VDA zu als rechtsextremistisch eingestuften Personen, Verei-
nen und Organisationen bekannt?

Wenn ja, bitte auflisten, welche Kontakte bestehen?

18. Haben sich deutsche Regierungsvertreter und/oder Botschaftsangehörige in
den vergangenen Jahren auf der Gästefarm „Hamakari“ in Namibia, die von
Wilhelm Diekmann geleitet wird, aufgehalten oder dort übernachtet, wie
uns von lokalen Anwohnern berichtet wurde, die die Farm und Wilhelm
Diekmann kennen?
Falls ja, wer, und in welcher Funktion?

Drucksache 17/8934 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Was waren Ziel und Inhalt der Gespräche mit Wilhelm Diekmann, der den
von unabhängigen Historikern verbrieften deutschen Völkermord an den
Herero, Nama und Damara leugnet bzw. verharmlost und das geschichts-
revisionistische Weltbild von Heiner Schneider-Waterberg und Dr. Claus
Nordbruch reproduziert und verbreitet (vgl. www.egotrip.de/reisen/10/
1010_hamakari.html)?

19. Welches Ziel verfolgte die Bundesregierung mit dem Besuch von Shark
Island im Jahr 2006 oder 2007 durch den ehemaligen deutschen Botschafter
Arne Freiherr von Kittlitz und Ottendorf gemeinsam mit Heiner Schneider-
Waterberg – dem Ort, an dem deutsche „Schutztruppen“ Konzentrationsla-
ger für die menschenunwürdige Internierung von Gefangenen des Kriegs
gegen Herero, Nama, Damara und San errichteten –, welches waren die
Inhalte der Gespräche von Arne Freiherr von Kittlitz und Ottendorf mit
Heiner Schneider-Waterberg während ihrer gemeinsamen Inspektion, und
welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus dem genannten
Besuch gezogen?

20. Sieht die Bundesregierung das deutsche Konzentrationslager auf Shark
Island als Teil der von Fachhistorikern festgestellten genozidalen Phase
bzw. der deutschen Massaker des Vernichtungsfeldzugs der deutschen
„Schutztruppe“ gegen Herero, Nama, Damara und San oder sind diese nach
Erkenntnis der Bundesregierung unabhängig und getrennt von den Schlach-
ten am Waterberg gegen die Herero und den dort von der deutschen
„Schutztruppe“ verübten Massakern zu sehen?

21. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über ihre Botschaften oder geheim-
dienstlicher Art über Beziehungen zwischen den zwei bekannteren Völker-
mordleugnern Dr. Claus Nordbruch und Heiner Schneider-Waterberg

Wenn ja, welche?

22. Hat die Bundesregierung Kenntnis der Inhalte des kürzlich in der „Namibi-
schen Allgemeinen Zeitung“ besprochenen zweiteiligen Buchs „Der Wahr-
heit eine Gasse – Zur Geschichte des Hererokriegs in Deutsch-Südwest-
afrika 1904–1907“ von Heiner Schneider-Waterberg (vgl. www.az.com.na/
kultur/der-hererokrieg-von-deutsch-sdwest-wieder-im-brennpunkt.141597.
php), und wenn ja, macht sich die Bundesregierung die dort vertretenen
Thesen zu eigen, dass es keine systematisch betriebene Vernichtung der He-
rero, Nama, Damara und San durch die deutsche „Schutztruppe“ gegeben
und dass die Herero vielmehr „freiwillig“ in die Wüste gegangen seien und
dort verdursteten?

Berlin, den 7. März 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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