BT-Drucksache 17/8914

zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Volker Beck (Köln), Uwe Kekeritz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/8354 - Transparenz im Rohstoffsektor - EU-Vorschläge umfassend umsetzen

Vom 7. März 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8914
17. Wahlperiode 07. 03. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Ute Koczy, Volker Beck (Köln), Uwe Kekeritz,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/8354 –

Transparenz im Rohstoffsektor – EU-Vorschläge umfassend umsetzen

A. Problem

Drei Viertel der armen Bevölkerung weltweit lebt in Ländern, die über enorme
Rohstoffvorkommen verfügen. Diesen Ländern gelingt es nicht, ihren Rohstoff-
reichtum als Potenzial für eine nachhaltige Entwicklung zum Wohle der eigenen
Bevölkerung zu nutzen. Es gibt zwar in vielen rohstoffreichen Entwicklungslän-
dern Gesetze, die die Erfüllung rechtlicher und steuerrechtlicher Verpflichtun-
gen der Unternehmen sowie eine Beteiligung der Bevölkerung an den Einnah-
men aus der Rohstoffförderung vorschreiben, sie werden aber sehr häufig nicht
eingehalten.

Mit ein Grund hierfür ist die fehlende Transparenz sowie die Korruption im
Rohstoffsektor. Was fehlt, ist die Offenlegung der Zahlungen der im Rohstoff-
sektor tätigen Unternehmen an die Regierungen derjenigen Länder, in denen sie
Rohstoffe fördern. Nur eine umfassende Veröffentlichung der Zahlungen auf
Länder- und Projektebene ermöglicht es Parlamentariern und Parlamentarierin-
nen, der Zivilgesellschaft sowie der Bevölkerung rohstoffreicher Länder, von
ihren Regierungen Rechenschaft zu fordern, ihr Agieren zu kontrollieren, Unre-
gelmäßigkeiten aufzudecken und im Ergebnis eine angemessene Beteiligung an
den Einnahmen einzufordern.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
C. Alternativen

Annahme des Antrags.

D. Kosten

Kosten wurden nicht erörtert.

Drucksache 17/8914 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/8354 abzulehnen.

Berlin, den 8. Februar 2012

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dagmar G. Wöhrl
Vorsitzende

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Harald Leibrecht
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Ute Koczy
Berichterstatterin

wären, wäre, im Verbund mit dem Dodd-Frank-Act, ein auf-
forderndes Signal an die G20-Mitglieder, mit entsprechen-

Die Fraktion der CDU/CSU teilt die Auffassung der An-
tragsteller, die Bundesregierung solle die Vorschläge der
den Gesetzgebungen nachzuziehen. Drei Viertel der armen
Bevölkerung weltweit lebt in Ländern, die über enorme Roh-
stoffvorkommen verfügen. Diesen Ländern gelingt es nicht,
ihren Rohstoffreichtum als Potenzial für eine nachhaltige

EU-Kommission unterstützen. Man bewerte die Kommis-
sionsvorschläge als zielführend und sei ganz zuversichtlich,
dass die Offenlegung einen entwicklungspolitischen Nutzen
habe. Der bestehe aber weniger darin, wie von den Antrag-
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8914

Bericht der Abgeordneten Jürgen Klimke, Dr. Sascha Raabe, Harald Leibrecht,
Niema Movassat und Ute Koczy

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/8354 in seiner 152. Sitzung am 19. Januar 2012 zur
Federführung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den
Auswärtigen Ausschuss, den Rechtsausschuss, den Finanz-
ausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und Technologie,
den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
und den Ausschuss für die Angelegenheiten der Europä-
ischen Union überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit dem Antrag wird die Bundesregierung aufgefordert, die
von der EU-Kommission am 25. Oktober 2011 vorgelegten
Vorschläge zur Überarbeitung der Transparenz- und Buch-
haltungsrichtlinien im Rohstoff- und Forstsektor aktiv und
vollumfänglich zu unterstützen und ihre Umsetzung sowohl
auf EU-Ebene als auch auf nationaler Ebene zügig in die
Wege zu leiten.

Mit der Umsetzung dieser Vorschläge würde man über die in
Artikel 1504 verankerten Regelungen im Dodd-Frank-Act,
die der EU als Leitlinien für ihren Richtlinienentwurf
gedient haben, hinausgehen und auch große nicht börsen-
notierte Unternehmen in die Offenlegungspflicht aufnehmen
sowie auch all die Unternehmen mit einbeziehen, die nicht
nur im Öl-, Gas- und Mineraliensektor, sondern auch im
Forstsektor aktiv sind.

Die Antragsteller fordern die Bundesregierung darüber hi-
naus auf, sich dafür einzusetzen, dass die vorgesehenen Aus-
nahmeregelungen, wonach Rohstoffunternehmen ihre Zah-
lungen nicht offenlegen müssen, wenn eine solche Offenle-
gung in dem Land verboten ist, in dem sie ihre Zahlungen
leisten, aus dem Kommissionsvorschlag entfernt werden.

Ferner soll sie sich dafür einsetzen, dass die Offenlegung von
weiteren länderbezogenen Referenzdaten verankert und der
Geltungsbereich auch auf diejenigen Unternehmen ausge-
dehnt wird, die außerhalb des Rohstoffsektors agieren.

Mit den von der EU vorgeschlagenen Regelungen würden
die wegweisenden Initiativen freiwilliger Maßnahmen wie
der Extractive Industries Transparancy Initiative (EITI) und
ihrem zivilgesellschaftlichen Konterpart Publish What You
Pay (PWYP) in Richtung eines globalen Transparenzstan-
dards im Rohstoffsektor weiterentwickelt.

Eine anzustrebende umfassende EU-Regulierung, wovon
schätzungsweise mindestens 200 börsennotierte und 400
große nicht börsennotierte Unternehmen in Europa betroffen

dern Gesetze, die die Erfüllung rechtlicher und steuerrechtli-
cher Verpflichtungen der Unternehmen sowie eine Beteili-
gung der Bevölkerung an den Einnahmen aus der Rohstoff-
förderung vorschreiben, sie werden aber sehr häufig nicht
eingehalten.

III. Stellungnahme der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag in seiner 54. Sit-
zung, der Rechtsausschuss hat den Antrag in seiner 73. Sit-
zung, der Finanzausschuss hat den Antrag in seiner 76. Sit-
zung, der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat
den Antrag in seiner 60. Sitzung, der Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe hat den Antrag in seiner
54. Sitzung und der Ausschuss für die Angelegenheiten
der Europäischen Union hat den Antrag in seiner 57. Sit-
zung am 8. Februar 2012 beraten.

Die Ausschüsse empfehlen mit den Stimmen der Fraktionen
der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthal-
tung der Fraktion DIE LINKE. den Antrag abzulehnen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 53. Sitzung am 8. Fe-
bruar 2012 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Antrag ab-
zulehnen.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stellt klar, mit
dem Antrag fordere man verbindliche Maßnahmen für eine
gerechtere und nachhaltigere Rohstoffpolitik. Die Erfahrung
habe gezeigt, dass freiwillige Initiativen im Rohstoffsektor
nicht ausreichten. Insofern müsse der Richtlinienentwurf der
EU-Kommission zur Verpflichtung der Offenlegung im Roh-
stoffsektor unterstützt und umfassend umgesetzt werden.
Leider sei es aber so, dass die Bundesregierung in Brüssel
eher bremsend auftreten würde und sich Deutschland im Un-
terschied zu anderen EU-Mitgliedstaaten wie Frankreich und
Großbritannien für diesen Entwurf nicht stark mache. Dies
sei äußerst bedauerlich. Besonders bezeichnend für die Roh-
stoffpolitik der Bundesregierung sei, dass im Kontext der
Beratungen der EU-Vorschläge für Rohstofftransparenz nur
der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI) kon-
sultiert worden sei. Man dränge darauf, dass auch die Zivil-
gesellschaft gehört werde.
Entwicklung zum Wohle der eigenen Bevölkerung zu nut-
zen. Es gibt zwar in vielen rohstoffreichen Entwicklungslän-

stellern hervorgehoben, dass die Europäer das Recht erhiel-
ten zu erfahren, ob europäische Unternehmen weltweit fair

an den „Dodd-Frank-Act“ unterstützt habe. Die EU solle
dem amerikanischen Beispiel folgen und auf jeden Fall auch
eine projektbezogene Offenlegung vorsehen. Komme es nur
zu einer allgemeinen Länderstatistik, werde sich diese Richt-
linie als ein „stumpfes Schwert“ erweisen. Für die Betroffe-
nen, für die Zivilgesellschaft mache nur eine projektbezo-
gene Transparenz Sinn. Die Kritik der Fraktion BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN an der alleinigen Einbeziehung des BDI
in die Beratungen der Bundesregierung teile man. Man
werde dem vorliegenden Antrag zustimmen, hätte sich aber
gewünscht, wenn auch die von der EU angedachten Mit-
teilungsschwellen in Bezug auf die Offenlegung der Trans-
aktionen herausgenommen würden, so dass ohne Ausnahme
eine Offenlegung verpflichtend sei.

Die Fraktion der FDP begrüßt die Vorschläge der EU-
Kommission als einen Schritt in die richtige Richtung. Da-
durch werde mehr Transparenz im Rohstoffsektor hergestellt.

tierte Unternehmen. Auch in diesen Bereichen müsse
Transparenz hergestellt werden. Man selbst stehe zu Mo-
dellen wie beispielsweise in Bolivien, wo der gesamte
Rohstoffsektor stärker staatlich reguliert werde. Nur so
könne man die Mittel auch besser einsetzen. Die Privilegie-
rung des BDI und Nichteinbeziehung der Zivilgesellschaft
durch die Bundesregierung könne man nicht akzeptieren.
Bei der Abstimmung zu dem vorliegenden Antrag werde
man sich enthalten. Zum einen deshalb, weil die Antrag-
steller hinsichtlich der gültigen nationalen gesetzlichen
Regelungen dem Aspekt der nationalen Souveränität nicht
hinreichend Rechnung getragen hätten. Zum anderen ver-
misse man in der Fokussierung auf die Aspekte Intranspa-
renz und Korruption als Ursachen für eine fehlende Nut-
zung des Rohstoffreichtums für die eigene Entwicklung die
notwendigen Hinweise auf andere Ursachen, wie beispiels-
weise Handelsinvestitionsschutzabkommen und die globa-
len Wirtschaftsbeziehungen.

Berlin, den 8. Februar 2012

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Dr. Sascha Raabe
Berichterstatter

Harald Leibrecht
Berichterstatter

Niema Movassat
Berichterstatter

Ute Koczy
Berichterstatterin
Drucksache 17/8914 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

agierten, sondern darin, dass sich die Menschen vor Ort infor-
mieren und auf diesem Wege gegen Korruption und schlechte
Regierungsführung vorgehen könnten. Auch die Forderung
der Antragsteller nach globalen Transparenzregeln trage man
mit; EU-weit geltende Regelungen seien nur die zweitbeste
Lösung. Man lehne den Antrag aber ab, weil die Antragsteller
zu viel Verantwortung auf die Unternehmen abwälzen woll-
ten. Es fehle das klare Bekenntnis, dass die Verbesserung der
Situation der Menschen in den rohstoffreichen Ländern vor
allem eine Aufgabe der dortigen Regierungen sei. Auch der
Vorwurf, die Unternehmen seien für das Nichtgelingen der
besseren Nutzung der Rohstoffe verantwortlich, gehe fehl.
Investitionen in Bildung und soziale Sicherung sei Aufgabe
der Regierungen und nicht der Unternehmen. Hierbei könne
die Entwicklungspolitik helfen. Schließlich lehne man den
Antrag auch deshalb ab, weil eine umfassende Offenlegung
von anderen Unternehmensdaten gefordert werde. Dies-
bezüglich sei man gut beraten, erst einmal die Wirkung der
Kommissionsvorschläge abzuwarten.

Die Fraktion der SPD erinnert daran, dass man von Anfang

Bezüglich der geplanten Ausnahmeregelung habe man auch
die Sorge, dass sich das eine oder andere Unternehmen hinter
solchen Regelungen verstecken könne. Zudem wolle man
auch eine gewisse Fairness zwischen den Ländern sicherstel-
len. Man wisse, dass es in einigen Ländern marktbeherr-
schende Unternehmen gebe, die sich aufgrund der mangeln-
den strafrechtlichen Verfolgung im Lande einer Kontrolle
entziehen würden. Man unterstütze auch den Vorschlag der
Bundesregierung, über den Bereich der Primärwälder hinaus-
zugehen und andere Waldtypen mit zu erfassen. Das gehe
über die vorliegenden EU-Vorschläge hinaus. Bezüglich bei-
der Punkte sei der vorliegende Antrag zu loben. Der Antrag
schieße aber über das Ziel hinaus, wenn er generell auch an-
dere Produkte einbeziehen wolle. Zudem müsse man darauf
achten, dass keine überbordende Bürokratie geschaffen
würde. Darum werde man den Antrag ablehnen.

Die Fraktion DIE LINKE. unterstützt die Intention des
EU-Richtlinienentwurfs, über die Vorgaben des „Dodd-
Frank-Acts“ hinauszugehen, insbesondere dass auch die
Forstwirtschaft erfasst werde und große, nicht börsenorien-

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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