BT-Drucksache 17/8807

zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dagdelen, Andrej Hunko, Dr. Diether Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. - Drucksache 17/5387 - Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU wirksam kontrollieren

Vom 29. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8807
17. Wahlperiode 29. 02. 2012

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Sevim Dag˘delen, Andrej Hunko, Dr. Diether
Dehm, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE.
– Drucksache 17/5387 –

Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Gemeinsame Sicherheits-
und Verteidigungspolitik der EU wirksam kontrollieren

A. Problem

Die Antrag stellende Fraktion weist darauf hin, dass die Bedeutung der Gemein-
samen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sowie der Gemeinsamen Sicher-
heits- und Verteidigungspolitik (GSVP) mit dem Vertrag von Lissabon signifi-
kant zugenommen habe. Die Anzahl der Missionen im Rahmen der GASP und
der GSVP sei in den letzten Jahren stetig gewachsen, die im EU-Haushalt vor-
gesehenen Ausgaben für eine global agierende EU sollten 2013 auf jährlich über
8 Mrd. Euro ansteigen. Im Vertrag von Lissabon würden den nationalstaatlichen
Parlamenten und dem Europäischen Parlament jedoch explizit parlamentarische
Kontrollrechte im Hinblick auf die GASP und GSVP verweigert. Dieses Demo-
kratiedefizit im Vertragswerk müsse beseitigt werden.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Rat der Europäischen Union
für die Einberufung eines Konvents und einer Regierungskonferenz zur Ände-
rung der europäischen Verträge mit dem Ziel einer Entmilitarisierung sowie
einer parlamentarischen Kontrolle der GASP und der GSVP einzusetzen. Die
Bundesregierung wird weiter aufgefordert, übergangsweise eine Kontrolle im
Wege regelmäßiger gemeinsamer Beratungen von Vertretern der zuständigen
Ausschüsse der europäischen und der nationalstaatlichen Ebene zu verstetigen.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, im Zeitraum bis zu der erstrebten Ver-
tragsänderung der Gründung einer interparlamentarischen Versammlung zur
Kontrolle der GASP und der GSVP (IVK) nur dann zuzustimmen, wenn da-
durch eine wirksame und umfassende parlamentarische Kontrolle möglich
wird. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, ihre Zustimmung zur
Gründung der IVK davon abhängig zu machen, dass die IVK über wirkliche

Kontrollrechte im Hinblick auf die GASP und die GSVP wie ein Ablehnungs-
bzw. Zustimmungsrecht zu allen Maßnahmen und Missionen der GASP, das
Recht zur Verhängung von Zwangsmaßnahmen, ein Frage- und Informations-
recht sowie ein Besuchsrecht von in der GASP und der GSVP involvierten
Standorten verfügt. Die Bundesregierung wird weiterhin aufgefordert ihre Zu-
stimmung daran zu knüpfen, dass die IVK die Funktionen der Parlamenta-
rischen Versammlung der Westeuropäischen Union (WEU) übernimmt und

Drucksache 17/8807 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

dass sie den gesamten Europäischen Auswärtigen Dienst kontrollieren und
Stellungsnahmen vom Europäischen Auswärtigen Dienst (EAD), EU-Kommis-
sion und Rat erbitten sowie verbindliche Stellungnahmen verabschieden kann.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, der Gründung der IVK nur unter den
weiteren Bedingungen zuzustimmen, dass der belgische Parlamentssitz in
Brüssel als Tagungsort der IVK und für das Sekretariat der IVK dient, die IVK
der politischen Zusammensetzung des Europäischen Parlaments und der natio-
nalen Parlamente entspricht, die IVK vier Mal im Jahr zusammentrifft, über ein
ständiges Sekretariat sowie über Ausschüsse verfügt und die zu bildenden
Fraktionen in der IVK über Sach- und Personalmittel materiell abgesichert
sind. Die Bundesregierung wird schließlich aufgefordert, als Voraussetzung für
eine Zustimmung zur Gründung der IVK zu machen, dass nationale Parlamente
von Staaten Beobachterstatus erhalten, die in Maßnahmen der GASP und der
GSVP involviert sind und dass die Kompetenzen der IVK den nationalen Parla-
mentsvorbehalt zur Entsendung der Bundeswehr nicht infrage stellen.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD,
FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion
DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8807

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/5387 abzulehnen.

Berlin, den 29. Februar 2012

Der Auswärtige Ausschuss

Ruprecht Polenz
Vorsitzender

Roderich Kiesewetter
Berichterstatter

Dietmar Nietan
Berichterstatter

Dr. Rainer Stinner
Berichterstatter

Sevim Dag˘delen
Berichterstatterin

Dr. Frithjof Schmidt
Berichterstatter

Roderich Kiesewetter Dietmar Nietan Dr. Rainer Stinner

Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter

Sevim Dag˘delen Dr. Frithjof Schmidt
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/5387 in seiner 120. Sitzung am 7. Juli 2011 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem Aus-
wärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Verteidigungs-
ausschuss und den Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antrag stellende Fraktion weist darauf hin, dass die
Bedeutung der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik
(GASP) sowie der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidi-
gungspolitik (GSVP) mit dem Vertrag von Lissabon signifi-
kant zugenommen habe. Die Anzahl der Missionen im Rah-
men der GASP und der GSVP sei in den letzten Jahren ste-
tig gewachsen, die im EU-Haushalt vorgesehenen Ausgaben
für eine global agierende EU sollten 2013 auf jährlich über
8 Mrd. Euro ansteigen. Im Vertrag von Lissabon würden
den nationalstaatlichen Parlamenten und dem Europäischen
Parlament jedoch explizit parlamentarische Kontrollrechte
im Hinblick auf die GASP und GSVP verweigert. Dieses
Demokratiedefizit im Vertragswerk müsse beseitigt werden.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich im Rat der
Europäischen Union für die Einberufung eines Konvents
und einer Regierungskonferenz zur Änderung der Euro-
päischen Verträge mit dem Ziel einer Entmilitarisierung
sowie einer parlamentarischen Kontrolle der GASP und der
GSVP einzusetzen. Die Bundesregierung wird weiter aufge-
fordert, übergangsweise eine Kontrolle im Wege regelmäßi-
ger gemeinsamer Beratungen von Vertretern der zuständi-
gen Ausschüsse der europäischen und der nationalstaat-
lichen Ebene zu verstetigen. Die Bundesregierung wird
aufgefordert, im Zeitraum bis zu der erstrebten Vertrags-
änderung der Gründung einer interparlamentarischen Ver-
sammlung zur Kontrolle der GASP und der GSVP (IVK)
nur dann zuzustimmen, wenn dadurch eine wirksame und
umfassende parlamentarische Kontrolle möglich wird. Die
Bundesregierung wird daher aufgefordert, ihre Zustimmung
zur Gründung der IVK davon abhängig zu machen, dass die
IVK über wirkliche Kontrollrechte im Hinblick auf die
GASP und die GSVP wie ein Ablehnungs- bzw. Zustim-
mungsrecht zu allen Maßnahmen und Missionen der GASP,
das Recht zur Verhängung von Zwangsmaßnahmen, ein
Frage- und Informationsrecht sowie ein Besuchsrecht von in
der GASP und der GSVP involvierten Standorten verfügt.

der Parlamentarischen Versammlung der WEU übernimmt
und dass sie den gesamten Europäischen Auswärtigen
Dienst kontrollieren und Stellungsnahmen vom EAD, EU-
Kommission und Rat erbitten sowie verbindliche Stellung-
nahmen verabschieden kann. Die Bundesregierung wird
aufgefordert, der Gründung der IVK nur unter den weiteren
Bedingungen zuzustimmen, dass der belgische Parlaments-
sitz in Brüssel als Tagungsort der IVK und für das Sekreta-
riat der IVK dient, die IVK der politischen Zusammenset-
zung des Europäischen Parlaments und der nationalen Par-
lamente entspricht, die IVK vier Mal im Jahr zusammen-
trifft, über ein ständiges Sekretariat sowie über Ausschüsse
verfügt und die zu bildenden Fraktionen in der IVK über
Sach- und Personalmittel materiell abgesichert sind. Die
Bundesregierung wird schließlich aufgefordert, als Voraus-
setzung für eine Zustimmung zur Gründung der IVK zu
machen, dass nationale Parlamente von Staaten Beobachter-
status erhalten, die in Maßnahmen der GASP und der GSVP
involviert sind und dass die Kompetenzen der IVK den
nationalen Parlamentsvorbehalt zur Entsendung der Bun-
deswehr nicht in Frage stellen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag auf Druck-
sache 17/5387 in seiner 102. Sitzung am 19. Oktober 2011
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gegen die Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat den Antrag auf Drucksache 17/5387 in seiner
59. Sitzung am 29. Februar 2012 beraten und empfiehlt mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Frak-
tion DIE LINKE. die Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/5387 in seiner 55. Sitzung am 29. Februar 2012 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU,
SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die
Stimmen der Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung.

Berlin, den 29. Februar 2012
Drucksache 17/8807 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Roderich Kiesewetter, Dietmar Nietan, Dr. Rainer
Stinner, Sevim Dag˘delen und Dr. Frithjof Schmidt

I. Überweisung Die Bundesregierung wird weiterhin aufgefordert ihre Zu-
stimmung daran zu knüpfen, dass die IVK die Funktionen
Berichterstatterin Berichterstatter
t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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