BT-Drucksache 17/8747

Beschränkungen der Reisefreiheit für Roma aus Serbien, Montenegro und Mazedonien infolge des EU-Visumregimes

Vom 27. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8747
17. Wahlperiode 27. 02. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Jan van Aken, Sevim Dag˘delen,
Annette Groth, Petra Pau, Frank Tempel, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und
der Fraktion DIE LINKE.

Beschränkungen der Reisefreiheit für Roma aus Serbien, Montenegro und
Mazedonien infolge des EU-Visumregimes

Am 13. Dezember 2011 stimmten die EU-Innenminister dem Vorschlag der Eu-
ropäischen Kommission zu, eine (zeitlich befristete) Aufhebung der Visa-Frei-
heit für Angehörige von Drittstaaten vorzusehen, wenn es zu einer deutlichen
Zunahme der Zahl sogenannter illegaler Einwanderinnen und Einwanderer bzw.
Flüchtlinge aus einem bestimmten Staat kommt. Der Rat hatte die Kommission
zum Handeln aufgefordert, nachdem es zu einer starken Zunahme der Zahl
Asylsuchender aus Serbien und Mazedonien nach Aufhebung der Visumpflicht
für Kurzaufenthalte für den sogenannten Schengen-Raum gekommen war. Der
Anstieg erfolgte allerdings erst mehr als sechs Monate nach Wegfall der Visum-
pflicht und die Asylantragszahlen aus Serbien und Mazedonien gingen im Jahr
2011 auch wieder deutlich zurück – bevor sie im Herbst 2011 in Bezug auf Ser-
bien wieder erneut anstiegen. Asylsuchende aus Serbien sind nahezu ausschließ-
lich Roma (vgl. Bundestagsdrucksache 17/8224, Antwort der Bundesregierung
auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE., Frage 5), was sich unter
anderem erklären lässt mit deren ausgegrenzter gesellschaftlicher Situation, die
geprägt ist von Armut, Gewalt, Diskriminierungen und der Räumung von
Roma-Siedlungen bzw. der Vertreibung von Roma an die Peripherie der Städte
und in den Süden.

Seit mehr als einem Jahr sind die westlichen Balkanstaaten, denen Visa-Erleich-
terungen nur im Gegenzug zum Abschluss von Rückübernahmeabkommen ein-
geräumt worden waren, einem wachsenden Druck von Seiten der Europäischen
Kommission und einzelner europäischer Mitgliedstaaten ausgesetzt. Unter Be-
zugnahme auf den „deutlichen Anstieg der Asylanträge“ fordert die Europäische
Kommission die Staaten in ihrer Erweiterungsstrategie explizit auf, alle notwen-
digen Maßnahmen zu treffen, damit das visafreie Regime reibungslos funktio-
niert (Enlargement Strategy and Main Challenges 2011–2012, COM(2011) 666
final, S. 21). In Mazedonien sind Maßnahmen ergriffen worden, um einen an-
geblichen Missbrauch der Reisefreiheit mit Passentzug ahnden zu können, in
Serbien sind ähnliche Gesetze in Vorbereitung, auch Bosnien-Herzegowina

erwägt, ähnliche Maßnahmen zu ergreifen (www.roma-service.at/dromablog/
?p=17157). Wie aus aktuellen Berichten der Europäischen Kommission hervor-
geht, haben Serbien, Albanien, Mazedonien und Montenegro im vergangenen
Jahr vielen ihrer Bürgerinnen und Bürgern die Ausreise verweigert (vgl. Ar-
beitspapier der Europäischen Kommission SEC(2011) 695, S. 10, 13). Dazu
kommt die Zahl der Menschen, denen an der EU-Außengrenze die Einreise ver-
weigert wurde.

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Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Thomas Hammarberg, warnte
in einer Mitteilung, dass das Stellen eines Asylantrages und das Verlassen des
eigenen Staates Menschenrechte sind, die nicht unterminiert werden dürften.
Der Anstieg der Asylzahlen sei nicht das Problem, sondern lediglich ein Symp-
tom. Es zeige, dass es Europa nicht gelungen sei, den Zirkel aus Anti-Ziganis-
mus, Diskriminierung und Marginalisierung der Roma zu durchbrechen. Die
von der EU verlangten Maßnahmen leisteten zudem rassistischer Diskriminie-
rung Vorschub, denn bei der Ausreise würden nach einem selektiven profiling
vor allem Minderheiten, insbesondere Roma, kontrolliert (http://commissioner.
cws.coe.int/tiki-view_blog_post.php?postId=193).

Auch die Roma-Organisation „Chachipe“ kritisierte die EU-Politik. Solange
keine konkreteren Fortschritte bei der Verbesserung der Lebensbedingungen der
Roma erzielt würden, führe der Druck der EU auf die südosteuropäischen Staa-
ten zu noch mehr Diskriminierung (http://romarights.wordpress.com/2011/10/
27/visaangelegenheiten-die-europaische-union-setzt-ihre-glaubwurdigkeit-als-
verfechterin-der-menschenrechte-aufs-spiel-pr/).

Der Förderverein PRO ASYL e. V. warnte ebenfalls davor, dass die Politik der
EU dafür sorge, dass Roma einmal mehr als Sündenböcke herhalten müssten, da
ihnen jetzt schon vorgeworfen werde, dass sie schuld daran seien, wenn die EU
die Visa-Freiheit wieder entziehen sollte (www.proasyl.de/de/news/detail/news/
wie_die_eu_beitrittskandidaten_zur_menschenrechtsverletzung_draengt/).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Zahlen oder sonstigen Erkenntnisse sind der Bundesregierung zu Fäl-
len bekannt, in denen serbische Behörden nach Einführung der Visa-Freiheit
eigene Bürgerinnen und Bürger an einer Ausreise in den Schengen-Raum ge-
hindert haben?

2. Welche exekutiven und legislativen Maßnahmen sind der Bundesregierung
bekannt, die in Serbien eine Grundlage bilden oder in Zukunft bilden sollen

a) für die Unterbindung einer Ausreise von Personen, bei denen die serbi-
schen Behörden davon ausgehen, dass sie die Visum-Freiheit „missbrau-
chen“ wollen, etwa indem sie einen Asylantrag stellen,

b) für die Verhängung von Sanktionen gegen Personen, die nach einem
„Missbrauch“ der Visumfreiheit im Schengen-Raum wieder nach Serbien
zurückkehren bzw. abgeschoben werden, und welche Sanktionen sind im
Einzelnen geplant?

3. Welche Position hat die Bundesregierung zu diesen Maßnahmen in formellen
und informellen Gesprächen mit der Kommission, mit den Innenministern
der EU-Staaten und gegenüber Serbien eingenommen?

4. Welche Vereinbarungen oder Absprachen bestehen bilateral zwischen
Deutschland und Serbien, die die Abschiebung von in Deutschland abgelehn-
ten serbischen Asylsuchenden erleichtern und die Einreise weiterer poten-
tieller („unberechtigter“) Asylsuchender verhindern sollen?

Sind weitere solcher Vereinbarungen in Planung, und wenn ja, welche, und
wie ist jeweils der Stand?

5. Hatte die Streichung der Rückkehrhilfen für abgelehnte Asylsuchende aus
Serbien, die von Landesregierungen bzw. der Bundesregierung als wesent-
liches Motiv für die Einreise und Asylantragstellung angesehen wurden,
einen signifikanten und anhaltenden Effekt auf die Zahl der Asylanträge?

Wenn nicht, wie erklärt sich die Bundesregierung das Ausbleiben dieses

Effekts?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8747

6. Welche sonstigen Motive für eine Asylsuche von Roma oder auch ethni-
schen Albanern aus Serbien sieht die Bundesregierung, unabhängig davon,
ob diese nach der deutschen Rechtsprechung und Asylpraxis als „asylrele-
vant“ angesehen werden oder nicht?

7. Wie lauten die Antworten zu den Fragen 1 bis 5 in Bezug auf die Länder
Montenegro, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und Albanien?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die genannten Maßnahmen zur Ein-
schränkung der Reisefreiheit in den Ländern des westlichen Balkans vor
dem Hintergrund des Artikels 13 Absatz 2 der Allgemeinen Erklärung der
Menschenrechte, nach dem jeder das Recht hat, jedes Land, einschließlich
seines eigenen, zu verlassen (vgl. auch Artikel 2 Absatz 2 des 4. Zusatzpro-
tokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention), und dies vor dem
Hintergrund der deutschen Geschichte (Gettoisierung, Vertreibung und Er-
mordung der Roma) und der hohen Wertschätzung, die die Reisefreiheit in
der deutschen Bevölkerung genießt?

9. Wie bewertet die Bundesregierung diese Maßnahmen zur Einschränkung
der Reisefreiheit vor dem Hintergrund des Artikels 14 Absatz 1 der All-
gemeinen Erklärung der Menschenrechte, nach dem jeder das Recht hat, in
anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen?

10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Durchführung von Kon-
trollen bei der Ausreise aus den genannten Staaten in den Schengen-Raum,
und nach welchen Kriterien wird dabei kontrolliert?

11. Welche besonderen Grenzkontroll- oder sonstigen Maßnahmen (z. B. Ent-
sendung von Beamtinnen und Beamten, Schulungsmaßnahmen in den
betroffenen Ländern und grenzüberschreitende Zusammenarbeit, Datenaus-
tausch usw.) hat die Bundesrepublik Deutschland in diesem Zusammenhang
ergriffen, und wie soll nach Ansicht der Bundesregierung eine „missbräuch-
liche“ Inanspruchnahme der Visumfreiheit in der Grenzkontrollpraxis er-
kannt werden können?

12. Inwieweit kann die Bundesregierung Berichte in serbischen Medien (z. B.
Slobodna Evropa, 15. Dezember 2011) bestätigen, wonach die Bundesrepu-
blik Deutschland und der deutsche Botschafter in Belgrad Gespräche mit
serbischen Behörden darüber geführt haben, wie eine Ausreise von Per-
sonen aus Serbien (denen eine „missbräuchliche“ Inanspruchnahme der
Visumfreiheit unterstellt wird) verhindert werden könne (bitte den genauen
Inhalt, die Gesprächspartner, den Verlauf und die Ergebnisse dieser Gesprä-
che mitteilen), welche politischen oder polizeilichen Vereinbarungen im
Bereich der Migration bzw. Einreisekontrolle bestehen derzeit mit Serbien,
und welche weiteren Gespräche oder Vereinbarungen zur politischen und
polizeilichen Zusammenarbeit sind in diesem Zusammenhang in Planung?

13. Welche sonstigen politischen und polizeilichen Vereinbarungen im Bereich
der Migration („Migrationssteuerung“) bzw. Einreisekontrolle mit anderen
Balkanstaaten bestehen oder sind geplant (bitte einzeln auflisten), und wel-
che Rolle und welche Aufgaben übernimmt die Europäische Agentur für die
operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen FRONTEX in diesem Zu-
sammenhang (bitte einzeln auflisten)?

14. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorwurf des Menschenrechtskom-
missars des Europarates, Thomas Hammarberg, die Auswahl bei den Aus-
reisekontrollen basierten auf einem „profiling“, mit dem wiederum neue
Diskriminierungen gegen die Roma-Minderheit verbunden seien?

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15. Haben die EU-Staaten und die Europäische Kommission in der Debatte um
deutlich erhöhte Asylantragszahlen aus Serbien, Montenegro und Maze-
donien lediglich mögliche Sanktionen diskutiert, die auf die teil- oder zeit-
weise Aussetzung der Visumfreiheit hinauslaufen, oder wurden dabei auch
die Ursachen des „Visummissbrauchs“ und die anhaltende Diskriminierung
und Marginalisierung der Roma in den betreffenden Staaten in den Blick
genommen, und inwieweit wurde ein Zusammenhang hergestellt zu Ini-
tiativen der EU zur Verbesserung der Lebenssituation der Roma (bitte aus-
führen)?

16. Welche Position hat die Bundesregierung in den Verhandlungen im Rat um
eine (temporäre) Suspendierung der Visa-Freiheit jeweils eingenommen
(ursprünglich, dann insbesondere in den Ratstagungen im Juni und im De-
zember 2011, aber auch aktuell)?

17. Welche EU-Mitgliedstaaten haben gegenüber der Europäischen Kommis-
sion welche Maßnahmen im Zusammenhang eines angeblichen Missbrauchs
der Visumfreiheit gefordert, und welche Position hat dabei die Bundesregie-
rung jeweils eingenommen?

18. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen um einen Mechanismus zur
(zeitweisen) Aussetzung der Visumfreiheit oder sonstige Maßnahmen in
diesem Zusammenhang, welche umstrittenen Punkte gibt es noch zwischen
den Institutionen der EU, und wie sind die weiteren Planungen künftiger
Verhandlungen?

19. Welche anderen Maßnahmen zur Verhinderung eines angeblichen Visum-
missbrauchs bezüglich der genannten oder anderer Länder, denen Visum-
freiheit gewährt wurde, gibt es oder werden derzeit auf nationaler oder auf
EU-Ebene diskutiert?

20. Hat die Bundesregierung zur Kenntnis genommen, dass in Kanada der An-
teil der positiven Entscheidungen über einen Flüchtlingsstatus bei Asylsu-
chenden aus den südosteuropäischen Balkanländern weitaus höher liegt als
in den EU-Staaten?

Was führt aus Sicht der kanadischen Behörden zu einer Anerkennung des
Schutzbedarfs in vielen Fällen, während die Bundesregierung und die
Europäische Kommission davon ausgehen, dass Asylanträge von Personen
aus diesen Ländern in der Regel unbegründet sind?

21. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache,
dass mehr als die Hälfte der Asylsuchenden aus dem Balkan minderjährig
ist bzw. nach Kommissionsangaben 71 Prozent der Betroffenen unter 25
Jahre alt sind?

22. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung zu den mehr als 600 Roma-
Siedlungen in Serbien, von denen die Mehrzahl nicht ausreichend an öffent-
liche Infrastrukturen (Strom, Wasser usw.) angebunden sind, und inwieweit
war diese Situation Thema bei der Debatte auf EU-Ebene über die Ver-
hinderung sogenannter missbräuchlicher Ausreisen/Asylantragstellungen
von Roma aus Serbien?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8747

23. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Zugang der Roma
zu Arbeitsmarkt, Schule und Gesundheitsversorgung in den betroffenen
Staaten?

Sind nach Ansicht der Bundesregierung in den letzten Jahren im Rahmen
der EU-Nachbarschaftspolitik bzw. des Annäherungsprozesses an die EU
signifikante Fortschritte in der sozialen Inklusion von Roma erreicht wor-
den?

24. Hat die Bundesregierung eigene Projekte initiiert, um die Lebensbedingun-
gen von Roma-Angehörigen in den betreffenden Staaten zu verbessern,
plant sie solche Projekte, und wenn ja, wie sind (sollen) diese Projekte aus-
gestattet (werden), und wer sind die Projektpartner bzw. Zuwendungsemp-
fängerinnen/Zuwendungsempfänger?

25. Bestanden oder bestehen neben der Zahlung von finanziellen Rückkehrhil-
fen weitere Rückkehrprogramme bezüglich der genannten Staaten, die von
Bund, Ländern oder Kommunen gefördert werden, und wenn ja, welche
sind dies im Einzelnen (bitte mit Mittelausstattung angeben), und wie wer-
den sie im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit und unter Berücksichtigung der
persönlichen Lebenssituation der Betroffenen bewertet bzw. evaluiert?

26. Kann die Bundesregierung den Eindruck bestätigen, wonach ein wesent-
licher Anteil der Personen aus den betroffenen Staaten, die heute in der
Bundesrepublik Deutschland oder in anderen EU-Ländern Asyl beantragen,
bereits vorher in der Bundesrepublik Deutschland bzw. in einem anderen
Land der EU gelebt haben, und welche Erkenntnisse liegen hierzu vor?

Wie bewertet sie angesichts dieses Umstands die Nachhaltigkeit von Rück-
kehrprogrammen bzw. die Sinnhaftigkeit der Abschiebung von Personen,
die über einen längeren Zeitraum in Deutschland bzw. in der EU gelebt
haben und hier sozialisiert worden sind?

27. Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, dass die Mitglieder der Roma-
Minderheiten in ihren Herkunftsstaaten zu Sündenböcken für eventuelle
Einschränkungen der Visa-Freiheit gemacht werden könnten, der Anti-
Ziganismus also durch die Politik der EU indirekt weiter gestärkt wird, und
welche Maßnahmen sollen dieser möglichen erneuten Zunahme von Anti-
Ziganismus gegebenenfalls entgegenwirken?

28. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Erkenntnissen des UN-
Flüchtlingskommissariats („Asylum Levels and Trends in Industrialized
Countries. First half 2011“, S. 9), der unter Bezugnahme auf Zahlen aus
Ländern, die den Herkunftsort von Flüchtlingen erfassen, feststellt, dass bis
zu vier Fünftel der Asylsuchenden aus Serbien in den EU-Staaten ursprüng-
lich aus dem Kosovo stammen, und wie bewertet sie diesen Umstand?

29. Was weiß die Bundesregierung über die Entwicklung der Situation der
Roma im bzw. aus dem Kosovo, die 1999 im Rahmen eines „regional
containment“ (regionale Eindämmung) von Flüchtlingsbewegungen in der
Region belassen wurden?

Inwieweit konnte damit eine dauerhafte Lösung für die betroffenen Vertrie-
benen und Flüchtlinge gefunden werden, und wie bewertet die Bundes-
regierung diese Strategie im Nachhinein?

a) Inwieweit wurde für die Sicherheit und Unterbringung der im Kosovo
verbliebenen Roma im und nach dem Krieg der NATO gegen die Bun-
desrepublik Jugoslawien gesorgt?
Was weiß die Bundesregierung über das Schicksal dieser Binnenvertrie-
benen, z. B. der ca. 200 Roma und Ashkali, die in einem Armeeschuppen

in Leposavic untergebracht worden waren, heute?

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b) Inwieweit fühlt sich die Bundesregierung in besonderer Weise für diese
Menschen verantwortlich, auch vor dem Hintergrund, dass sich die Si-
cherheitslage und Lebenssituation der Roma im Kosovo insbesondere
infolge des NATO-Krieges dramatisch verschlechterte?

30. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zum Anteil von Menschen an
den Asylsuchenden aus Serbien, Montenegro und Mazedonien, die ur-
sprünglich im Zuge des Kosovokrieges 1999 nach Deutschland geflohen
waren und in den letzten Jahren in die Region zurückgekehrt sind bzw. ab-
geschoben wurden?

Welche allgemeinen Erkenntnisse gibt es hierzu aus den Asylanhörungen
der genannten Asylsuchenden aus Serbien, Mazedonien und Montenegro?

31. Inwieweit werden Angaben über Asylsuchende, deren Asylantrag (als
„missbräuchlich“) abgelehnt wurde, an die Herkunftsstaaten weitergege-
ben, wenn es sich um Asylsuchende aus Serbien, Montenegro oder Maze-
donien handelt?

Hat einer der genannten Staaten sich mit einem entsprechenden Anliegen an
die Bundesregierung gewandt, und was war die Reaktion?

32. Hält es die Bundesregierung für rechtlich zulässig und mit den Zwecken
und Zielen internationaler Übereinkommen zum Menschenrechtsschutz für
vereinbar, Menschen in einen Staat abzuschieben, in denen ihnen der Ent-
zug des Passes (und damit die Möglichkeit, das eigene Land verlassen zu
können) oder andere Sanktionen drohen, die mit (angeblichen) Rechtsver-
stößen oder angeblich unberechtigten Asylgesuchen in einem anderen Staat
begründet werden?

Welche Sanktionen sieht das deutsche Recht gegen Deutsche vor, denen
von einem anderen Staat eine Täuschung im Zusammenhang mit ihrer Ein-
reise vorgeworfen wird?

33. Wie viele Personen aus den Ländern Serbien, Mazedonien, Montenegro,
Bosnien-Herzegowina und Albanien stellten seit Anfang 2009 einen Asyl-
antrag in der Bundesrepublik Deutschland (bitte jeweils nach Herkunftslän-
dern und Monaten differenzieren und jeweils den Anteil von Roma-Ange-
hörigen und Personen mit Geburtsort bzw. vorherigem Aufenthalt in
Deutschland angeben)?

34. Welche Angaben kann die Bundesregierung dazu machen, wie viele dieser
asylsuchenden Personen bereits wieder abgeschoben wurden oder „freiwil-
lig“ ausgereist sind und wie lange die Asylverfahren in Bezug auf die ein-
zelnen Herkunftsstaaten im Durchschnitt dauern?

Berlin, den 27. Februar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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