BT-Drucksache 17/8702

Geheimhaltung von Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz über Klaus Barbie

Vom 15. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8702
17. Wahlperiode 15. 02. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Jens Petermann, Dr. Petra Sitte,
Frank Tempel, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.

Geheimhaltung von Akten des Bundesamtes für Verfassungsschutz
über Klaus Barbie

In der „tageszeitung“ (taz) vom 31. Januar 2012 schreibt der Historiker Peter
Hammerschmidt von den Schwierigkeiten, die ihm das Bundesamt für Verfas-
sungsschutz (BfV) bei seiner Arbeit zur Nachkriegskarriere des als „Schlächter
von Lyon“ bekannten Gestapo-Chefs von Lyon, Klaus Barbie macht. Trotz mehr-
facher Anfrage weigert sich das BfV, die von Peter Hammerschmidt erbetene
Akteneinsicht zu gewähren. Dies verwundert vor allem vor dem Hintergrund der
vom BfV verkündeten Absicht, die eigene Geschichte und insbesondere die NS-
Belastungen früherer Mitarbeiter transparent aufarbeiten zu wollen. Hierfür
wurde im November 2011 eigens eine Historikerkommission eingesetzt.

Laut Peter Hammerschmidt, durch dessen Recherchen, u. a. in Aktenbeständen
des Bundesnachrichtendienstes, im Januar 2011 bekannt wurde, dass Klaus
Barbie, nicht nur zwischen 1947 und 1951 Agent des CIC, des Nachrichten-
dienstes des US-Heeres, war, sondern auch zwischen Mai und Dezember 1966
für den BND arbeitete, sei der ehemalige SS-Hauptsturmführer Klaus Barbie
unter dem Namen Klaus Altmann bis in die achtziger Jahre wiederholt in der
Bundesrepublik Deutschland tätig gewesen. Bei diesen Reisen in die Bundes-
republik Deutschland habe er neofaschistische Strukturen aufgebaut und Waf-
fengeschäfte abgewickelt. Dabei sei, so Peter Hammerschmidt, Klaus Barbie/
Klaus Altmann „vom Verfassungsschutz direkt oder indirekt unterstützt wor-
den“. Aus Sicht der Fragesteller sollte es im Interesse der Bundesregierung
liegen, diesen Verdacht schnellstens zu klären. Umso verwunderlicher ist es,
dass dem Wissenschaftler Peter Hammerschmidt mit unklaren Begründungen
der Zugang zu den Akten verwehrt wird.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Mit welcher Begründung wird dem Wissenschaftler Peter Hammerschmidt
der Zugang zu den Akten betreffend Klaus Barbie/Klaus Altmann im BfV
verweigert?

2. Um welche Sicherheitsgründe handelt es sich bei der vom BfV abgegebenen

Begründung, die Gesamtakte zu Klaus Barbie könne „in absehbarer Zeit aus
Sicherheitsgründen“ nicht offengelegt werden?

Geht es dabei um Beziehungen zu anderen Ländern?

Befürchtet die Bundesregierung eine Beeinträchtigung ihrer Arbeitsweise,
wenn sie Einzelheiten der „Akte Barbie“ freigibt?

Drucksache 17/8702 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
3. Wie viele laufende Aktenmeter zur Person Klaus Barbie/Klaus Altmann
befinden sich beim BfV, und wie viele davon werden bis heute unter Ver-
schluss gehalten bzw. sind der Wissenschaft nicht zugänglich?

4. Wie viele Anfragen und Anträge auf Akteneinsicht gab es zu den besagten
Akten des BfV zu Klaus Barbie/Klaus Altmann bisher?

5. Werden die in Rede stehenden Akten der vom BfV eingesetzten Historiker-
kommission zur Verfügung gestellt?

a) Wenn ja, wie begründet sich dann die Ablehnung gegenüber anderen
Wissenschaftlern, und wie vereinbart sich eine solche Praxis nach An-
sicht der Bundesregierung mit der Freiheit der Wissenschaft?

b) Wenn nein, wie vereinbart sich eine solche Praxis mit dem selbst formu-
lierten Anspruch, der transparenten und wissenschaftlich seriösen Auf-
arbeitung der eigenen Geschichte, wie sie vom BfV formuliert wurde?

6. Hatte das BfV zu irgendeinem Zeitpunkt Beziehungen zu Klaus Barbie/
Klaus Altmann?

a) Wenn ja, welche waren dies genau, zu welchem Zeitpunkt und aus wel-
chem Grund wurden sie unterhalten, und wer trug dafür die politische
Verantwortung?

b) Wenn nein, wieso kann die Bundesregierung ausschließen, dass es sei-
tens des BfV jemals zur direkten oder indirekten Unterstützung von Tä-
tigkeiten von Klaus Barbie/Klaus Altmann gekommen ist?

7. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Kontakte von Klaus
Barbie/Klaus Altmann zu neofaschistischen Organisationen und Personen
in der Bundesrepublik Deutschland?

8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die von Klaus Barbie/
Klaus Altmann getätigten Waffengeschäfte?

a) Mit welchen Ländern wurden diese Geschäfte abgewickelt?

b) Gab es Waffengeschäfte Barbies oder seines Umfeldes, in dem ausge-
musterte Bundeswehrbestände eine Rolle spielten?

c) Sind Waffen, mit denen Klaus Barbie oder sein Umfeld handelten, in die
Bundesrepublik Deutschland gelangt, und wenn ja, wann war dies und
um welche Waffen handelte es sich dabei?

d) Spielten solche Waffen bei neonazistischen Anschlägen in der Bundes-
republik Deutschland oder in anderen Ländern eine Rolle, und wenn ja,
wann und wo war dies der Fall?

9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine Unterstützung von
Klaus Barbie während seiner Inhaftierung und seines Prozesses zwischen
1983 und 1991 in Frankreich durch deutsche und ausländische Nationalso-
zialisten?

10. Bei wie vielen anderen Akten des BfV aus der Frühphase des Geheim-
dienstes, die für die Historikerkommission Relevanz besitzen, bestehen
ebenfalls Geheimhaltungsvorbehalte aus Sicherheitsgründen?

Berlin, den 15. Februar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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