BT-Drucksache 17/8677

Internationale Polizeizusammenarbeit zur Kontrolle politischer Gruppen am Beispiel Umwelt- und Tierrechtsaktivismus

Vom 13. Februar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8677
17. Wahlperiode 13. 02. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Ulla Jelpke, Jan Korte, Niema Movassat,
Jens Petermann und der Fraktion DIE LINKE.

Internationale Polizeizusammenarbeit zur Kontrolle politischer Gruppen am
Beispiel Umwelt- und Tierrechtsaktivismus

EU-Polizeibehörden erweitern ihr Mandat zur Verfolgung von „schwerer orga-
nisierter Kriminalität“ und „Terrorismus“ und spähen linke politische Bewegun-
gen aus. Die Entwicklungen lassen sich insbesondere anhand der polizeilichen
Kontrolle von Umwelt- und Tierrechtsaktivismus zeigen.

Mindestens seit dem Jahr 2002 finden sich in Dokumenten des Europäischen
Polizeiamtes Europol Hinweise auf eine Beobachtung von Tierrechtsaktivistin-
nen und -aktivisten: Der später unter dem Namen TE-SAT publizierte „Trend-
Report“ für das Jahr 2002 berichtet etwa über in Belgien verhängte Haftstrafen
von 30 Monaten bis zu fünf Jahren. Im Europol-Jahresbericht von 2003 wird er-
klärt, dass keine Straftaten durch die Mitgliedstaaten gemeldet worden seien.
Trotzdem wertete Europol weiterhin „öffentlich zugängliche Quellen“ aus und
listet unter anderem „Aktionen und Angriffe“ gegen Bekleidungsgeschäfte in
Schweden und Norwegen auf. Im Jahr 2005 berichtete eine niederländische
Delegation den EU-Innenministern/Innenministerinnen über ein nicht näher be-
zeichnetes Projekt gegen die „Bedrohung“ durch „Tierrechtsextremismus“. Am
6. April 2009 erklärten die Niederlande auf der EU-Ratssitzung, der grenzüber-
schreitende Charakter des Tierrechtsaktivismus mache einen erweiterten Infor-
mationsaustausch über Europol erforderlich. Europol kann nur tätig werden,
wenn ein oder mehr Mitgliedstaaten von einer Straftat betroffen sind.

Die Aufmerksamkeit auf Tierrechtsaktivismus änderte sich im Jahr 2008 auf-
fällig. Der TE-SAT-Report enthält die neue Kategorie „single issue terrorism“,
unter der auch „Tierrechtsextremismus“ und „Umweltextremismus“ erfasst
wird. Im gleichen Jahr hatte Europol auf einem Treffen der „Task Force der
europäischen Polizeichefs“ (EPCTF) zu „Tierrechtsextremismus“ referiert
(www.register.consilium.europa.eu/pdf/en/07/st14/st14173.en07.pdf). Womög-
lich wurde auch die Repressionswelle gegen Aktivisten/Aktivistinnen der Kam-
pagne „Stop Huntingdon Animal Cruelty“ (SHAC) im Jahr 2007 innerhalb der
EPCTF thematisiert wurde. Auf der besagten Konferenz im Oktober desselben
Jahres hatte Europol „Erkenntnisse“ über „illegale Aktivitäten“ präsentiert,
woraufhin der EPCTF-Vorsitz bei Europol eine „Bedrohungsanalyse“ in Auf-
trag gab. Ein britischer Vertreter hatte einen vorausschauenden Charakter von

Polizeimaßnahmen herausgestellt und gewarnt, dass Tierrechtsaktivismus ge-
eignet sei, sich auf andere Mitgliedstaaten auszuweiten und „ernsthafte finan-
zielle und wirtschaftliche“ Folgen mit sich bringe. Auf dem nächsten Treffen der
EPCTF präsentierte sich Europol als Problemlöser und empfahl, Datensamm-
lungen zu erweitern, die Zuständigkeit hierzu festzulegen, Bedrohungsanalysen
zukünftig regelmäßig anzufertigen und zu diesem Zweck weitere „Produkte“
von Europol zu nutzen. Tatsächlich wird die Bedrohungsanalyse seitdem vier-

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teljährlich aktualisiert und fungiert als Entscheidungshilfe für nationale Strate-
gien im Umgang mit „Tierrechtsextremismus“.

Personen- und Sachdaten zu Tierrechtsaktivismus werden in der Analysedatei
„Dolphin“ („nicht-islamistischer Extremismus“) gespeichert.

Im April 2008 hatte Europol eine Konferenz zu „Tierrechtsextremismus“ in Den
Haag organisiert (www.register.consilium.europa.eu/pdf/en/08/st09/st09334.en
08.pdf). Laut der österreichischen Chefinspektorin der Sonderkommission,
Bettina Bogner, sei es dort um Anschläge gegen Pharmabetriebe durch die Ani-
mal Rights Militia (ARM) gegangen (www.tierschutzprozess.at/tierschutzpro-
zess-14-tag). Der englische Polizist John Madigan erklärte, er sei auf sieben oder
acht solcher Konferenzen in Den Haag gewesen, die alle von Tierrechtsaktivis-
mus handelten und „strategische Fragen“ berieten (www.tierschutzprozess.at/
tierschutzprozess-15-tag und www.tierschutzprozess.at/tierschutzprozess-16-tag).
Dort habe er auch Bettina Bogner getroffen.

In seiner Antwort auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Silvana Koch-
Mehrin erklärt der Europäische Rat Anfang 2010, dass ihm mit Europol, Euro-
just, der Task Force der Polizeichefs und dem Gemeinsamen Lagezentrum der
Europäischen Union (SitCen) Einrichtungen zur Verfügung stehen, „die die
Erhebung und den Austausch von Informationen über grenzüberschreitende
Kriminalität erleichtern und damit zur Koordinierung der Reaktion auf diese Be-
drohung unter grenzübergreifenden Gesichtspunkten beitragen“ (www.europarl.
europa.eu/sides/getAllAnswers.do?reference=P-2009-4662&language=DE).
Die belgische Ratspräsidentschaft hatte 2010 angeregt, „Tierrechtsextremis-
mus“ und Rechtsextremismus in die Europol-Analysedatei „Check the Web“
aufzunehmen. Jüngst enttarnten Polizeispitzel in linken Bewegungen, wie auch
der Einsatz der österreichischen Agentin „Danielle Durand“ belegen, eine fort-
schreitende Verwendung verdeckter Ermittler/Ermittlerinnen auch in internatio-
nalen linken Zusammenhängen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Polizeibehörden des Bundes befassen sich mit dem Phänomen des
Tierrechts- bzw. Umweltaktivismus, und welche Abteilungen, Referate oder
Arbeitsgruppen existieren hierzu?

2. Mit welchen „Strafverfolgungsbehörden anderer Mitgliedstaaten der Euro-
päischen Union“ arbeiten Polizeibehörden des Bundes konkret zum Thema
Tierrechts- bzw. Umweltaktivismus zusammen, wie es die Bundesregierung
in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache 17/7018 andeutet?

3. Welche Stellen des Bundeskriminalamtes beteiligen sich hierzu „im Rahmen
seiner gesetzlichen Aufgaben und nach Maßgabe seiner gesetzlichen Befug-
nisse am bilateralen Informationsaustausch“ (Bundestagsdrucksache 17/7018)?

4. An welche Stellen bei Europol werden, wie in der Antwort auf Bundestags-
drucksache 17/7018 beschrieben, „relevante Informationen“ übermittelt?

5. Seit wann beschäftigt sich Europol nach Kenntnis der Bundesregierung mit
der Beobachtung von Tierrechtsgruppen?

a) Wer hatte die dortige Beschäftigung mit Tierrechtsaktivismus angeregt?

b) Seit wann sind welche Bundesbehörden an einem entsprechenden Infor-
mationsaustausch mit Europol beteiligt?

c) Inwiefern und in welcher Form haben deutsche Behörden Europol in den
letzten fünf Jahren mit Sachstandsinformationen zu Tierrechtsaktivismus
beliefert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8677

d) Inwiefern und in welcher Form haben deutsche Behörden von Europol in
den letzten fünf Jahren Sachstandsinformationen zu Tierrechtsaktivis-
mus erhalten?

e) An welchen „Arbeitsbesprechungen“ (Bundestagsdrucksache 17/7018)
nimmt das Bundeskriminalamt „regelmäßig“ teil?

f) Welche Themen standen 2010 und 2011 auf der Agenda dieser „Arbeits-
besprechungen“?

g) Wann waren welche Bundesbehörden erstmals an operativen Maßnah-
men zum Thema Tierrechtsaktivismus bei Europol beteiligt?

6. Seit wann erfasst Europol militanten Tierrechtsaktivismus im jährlichen
TE- SAT-Report (TE-SAT: Europäischer Terrorismus- und Trend-Report)
als „single issue terrorism“?

a) Welche Überlegungen lagen der neuen Einstufung zugrunde?

b) Entspricht diese Einschätzung der Haltung der Bundesregierung?

c) In welchen Mitgliedstaaten erfüllen Aktionen von Tierrechtsgruppen
nach Kenntnis der Bundesregierung den Tatbestand des „Terrorismus“?

7. Wo werden bei Europol Personen- und Sachdaten zu „Tierrechtsextremis-
mus“ oder „Umweltextremismus“ gespeichert?

a) Inwiefern ist beabsichtigt, die Europol-Dateien „Dolphin“ und „Hydra“
(„islamistischer Terrorismus“) zusammenzulegen?

b) Welchen Stand hat das Ersuchen der US-Behörden nach Zugriff auf
„Hydra“, und welche Position nimmt die Bundesregierung hierzu ein?

c) Inwieweit wirkt sich die Fusion der Analysedateien von Europol auf die
zukünftige Speicherung von „Tierrechtsextremismus“ oder „Umwelt-
extremismus“ aus, und wo werden entsprechende Einträge dann abge-
legt?

d) Welche Informationen hat die Bundesregierung über den Vorschlag der
belgischen Ratspräsidentschaft, „Tierrechtsextremismus“ in die Euro-
pol-Analysedatei „Check the Web“ aufzunehmen?

8. Seit wann beschäftigt sich die EU-Agentur Eurojust mit der Beobachtung
bzw. Strafverfolgung von Tierrechtsgruppen?

a) Mit welchen Stellen bei Eurojust arbeiten welche deutschen Stellen hier-
für zusammen?

b) Worin besteht diese Zusammenarbeit im Einzelnen?

c) Welche Vertreter welcher Behörden stellen den „deutschen Tisch“ bei
Eurojust?

9. Welche Tagesordnung hatte das „taktische Treffen“ im Rahmen von Eurojust,
dessen Inhalt die Bundesregierung in der Bundestagsdrucksache 17/7018
mit einem „Erfahrungsaustausch zu den Deliktsgruppen des Violent Single
Issue Extremism (VSIE)“ angegeben hat?

a) Aus welchem Grund hat ein Vertreter des Generalbundesanwalts an dem
Treffen teilgenommen, und worin bestand dessen Beitrag?

b) Worin bestand der Beitrag des „deutschen Tisches bei Eurojust“?

c) Welche weiteren „Deliktsgruppen“ wurden behandelt, und worum ging
es dabei konkret?

10. Inwieweit sind der Ständige Ausschuss für die operative Zusammenarbeit

im Bereich der inneren Sicherheit (COSI) oder das SitCen in die Aufklärung

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oder Verfolgung von „Tierrechtsextremismus“ oder „Umweltextremismus“
eingebunden, wie es der Europäische Rat den Abgeordneten Silvana
Koch-Mehrin und Struan Stevenson auf deren Anfragen jeweils berichtete
(„Erhebung und den Austausch von Informationen über grenzüberschrei-
tende Kriminalität erleichtern und damit zur Koordinierung der Reaktion auf
diese Bedrohung unter grenzübergreifenden Gesichtspunkten beitragen“)?

a) Inwieweit ist auch die Europäische Agentur für operative Zusammen-
arbeit an den Außengrenzen (FRONTEX) in die Bekämpfung von „Tier-
rechtsextremismus“ eingebunden?

b) Wie kommt der „Joint Report by Europol, Eurojust and FRONTEX on
the State of Internal Security in the EU“ zu der Einschätzung, „activity
linked to extreme Left Wing, extreme Right Wing and Animal Rights
extremism“ sei ein „persistent threat“?

11. Worum ging es bei dem von niederländischen Polizeien im Jahr 2005 ge-
genüber mehreren Delegationen sowie Europol vorgestellten Projekt gegen
die „Bedrohung“ durch „Tierrechtsextremismus“?

a) Welche Anstrengungen haben die Niederlande auf der Ratssitzung am
6. April 2009 unternommen, um Europol stärker mit der Verfolgung von
Tierrechtsaktivismus zu beauftragen?

b) Inwieweit haben deutsche Stellen bereits zu „Tierrechtsextremismus“
mit der niederländischen „Counter Terrorism Unit“ (CTU) zusammen-
gearbeitet?

c) Welche deutschen Behörden haben im November 2010 an der nieder-
ländischen „Conference on animal rights extremism“ teilgenommen, und
worin bestand ihr Beitrag?

d) Welche weiteren „representatives of national administrations, including
the police, as well as experts from the academia, industry and other
sectors“ (www.register.consilium.europa.eu/pdf/en/10/st16/st16214.en
10.pdf) haben daran teilgenommen?

12. Welche Konferenzen oder sonstige höherrangige Treffen hat Europol zu
„Tierrechtsextremismus“ seit dem Jahr 2005 veranstaltet, die gemäß dem
englischen Polizist John Madigan häufig stattfinden und „strategische Fra-
gen“ beraten (www.linksunten.indymedia.org/de/node/53986)?

13. Worin bestand das Ergebnis der Konferenz zur Kontrolle von Tierrechtsak-
tivismus, die am 18. Juli 2011 von Europol veranstaltet wurde („Europol
Joint forces against violent animal rights extremists“) und laut Antwort der
Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 17/7018) auch vom Bundeskrimi-
nalamt besucht wurde?

a) Zu welchem Referat gehört der Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes,
der an der Konferenz teilnahm, und worin bestand sein Beitrag?

b) Zu welchen Behörden gehören die dorthin entsandten Polizisten aus
Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien,
Irland, Italien, Luxemburg, Norwegen, Polen, Spanien, Schweden, der
Schweiz und den USA ausweislich der Teilnehmerliste?

c) Wie viele Vertreter welcher Referate von Europol und Eurojust nahmen
an der Konferenz teil, und worin bestand jeweils ihr Beitrag?

d) Welche Firmen entsandten „35 Vertreter nichtstaatlicher Organisatoren“,
wie es die Bundesregierung in ihrer Antwort auf Bundestagsdrucksache
17/7018 andeutet?
e) Worin bestand der Beitrag der „35 Vertreter nichtstaatlicher Organisa-
toren“?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8677

f) Worin bestand der Sinn der Einladung von „Vertreter[n] von durch Straf-
taten militanter Tierschützer betroffenen Pharmaunternehmen sowie
deren Interessenverbände auf europäischer Ebene“ zu einer Konferenz
internationaler Polizeien?

g) Welche weiteren Verabredungen wurden mit den „Vertreter[n] von durch
Straftaten militanter Tierschützer betroffenen Pharmaunternehmen so-
wie deren Interessenverbände auf europäischer Ebene“ getroffen?

h) Worin besteht die auf der Konferenz mit der Tierverarbeitungsindustrie
verabredete „gemeinsame Strategie“, deren Erarbeitung von Europol als
Konferenzziel herausstellt („Developing a common strategy with the
corporate security community to further cooperation between EU institu-
tions and the relevant parts of the private sector“)?

i) Welche weiteren Konferenzen, Treffen oder Arbeitsgruppen sind mit der
Tierverarbeitungsindustrie projektiert?

j) Welche Firmen welcher Industriezweige haben an den sieben Sitzungen
der „International Working Group on Undercover Activities“ teilgenom-
men, die den internationalen Austausch verdeckter Ermittler erleichtern
soll?

14. Welche Gemeinsamen Ermittlungsgruppen (GEG) wurden in den letzten
fünf Jahren zum Thema Tierrechtsaktivismus aufgestellt?

a) Welche Länder bzw. sonstigen Stellen waren daran beteiligt?

b) Innerhalb welchen Zeitraums operierten die GEG, und welche Ressourcen
welcher Stellen hatten sie zur Verfügung?

15. Inwiefern befasste sich die „Task Force der europäischen Polizeichefs“
(EPCTF) mit „Tierrechtsextremismus“ oder „Umweltextremismus“?

a) Inwiefern hat der COSI diese Arbeit nach Auflösung der EPCTF weiter-
geführt?

b) An welchen Treffen der EPCTF oder dem COSI hat Europol zum Thema
„Tierrechtsextremismus“ und „Umweltextremismus“ teilgenommen?

c) Welche Themen wurden dort erörtert?

d) Welche operativen Maßnahmen wurden dort geplant, wie es der Euro-
päische Rat etwa für die Gründung der EPCTF vorschlug?

e) Welche Verabredungen gingen aus den Treffen zwischen der EPCTF
bzw. dem COSI und Europol zur Verfolgung von „Tierrechtsextremis-
mus“ oder „Umweltextremismus“ hervor?

16. Inwieweit berücksichtigen die im Jahr 2010 begonnenen EU-Initiativen ge-
gen „Radikalisierung“ die Phänomene „Tierrechtsextremismus“ oder „Um-
weltextremismus“?

a) Welche „andere[n] Radikalisierungstendenzen […] beispielsweise bei
Tierschutz-Extremisten sowie im links- und rechtsextremen Umfeld“ hat
der Rat „erörtert“, wie es die Europäische Kommission dem Abgeordne-
ten Martin Ehrenhauser mitteilt?

b) Wo haben diese „Erörterungen“ stattgefunden, und wer nahm daran teil?

17. In welchen „anderen EU-Mitgliedstaaten“ gibt es nach Kenntnis der Bundes-
regierung „immer wieder Verbindungen zwischen militanten Tierschützern
und dortigen linksextremistischen Gruppierungen“, wie sie auf Bundestags-
drucksache 17/7018 behauptet, jedoch für Deutschland ausschließt, und
woher stammen diese Erkenntnisse?

Drucksache 17/8677 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

18. Worüber referierte der Vertreter der „European Federation of Pharmaceuti-
cal Industries and Associations“ am 1. Juni 2011 in der Ratsarbeitsgruppe
Terrorismus, dessen Beitrag von der Europäischen Kommission als „elabo-
rated on the types of crimes committed by animal rights extremists, their
political motives, the response by the law enforcement community“ um-
schrieben wird (bitte in groben Stichworten wiedergeben)?

a) Um welchen Vertreter handelte es sich hier?

b) Auf wessen Veranlassung wurde die pharmazeutische Industrie um diese
Stellungnahme gebeten?

19. Inwieweit waren deutsche Behörden im aufsehenerregenden, im Jahr 2011
mit Freisprüchen endenden Verfahren wegen angeblicher „Mitgliedschaft in
einer Kriminellen Organisation“ (§ 278a des österreichischen Strafgesetz-
buches) gegen 13 Tierrechtsaktivistinnen und - aktivisten in Österreich bei
den Ermittlungen beteiligt?

a) Worin bestand der „Kontakt“ mit deutschen Behörden, der laut Resü-
meeprotokoll vom 10. April 2007 (www.peterpilz.at/data_all/tagebuch/
2009/Bericht3.pdf) seitens der österreichischen „Sonderkommission Be-
kleidung“ mit deutschen Behörden Kontakt aufgenommen wurde, um
einen Austausch über „ähnliche Fälle“ zu forcieren?

b) Welche deutschen Behörden waren hieran beteiligt?

c) Welche konkrete Abteilung war für diesen „Kontakt“ sowie eine etwaige
andere Zusammenarbeit auf österreichischer Seite beteiligt?

d) Inwieweit hat es Ersuchen der österreichischen Behörden gegeben, der
damals unter der Tarnidentität „Danielle Durand“ auftretenden öster-
reichischen verdeckten Ermittlerin den Einsatz oder die Durchreise
durch Deutschland zu gestatten?

20. Auf welchen Treffen, an denen Europol teilnahm oder selbst organisierte,
wurde das besagte Großverfahren wegen „Mitgliedschaft in einer Kriminel-
len Organisation“ bzw. die Ermittlungen hierzu thematisiert?

21. Welche „ähnlichen Fälle“ waren bei dem Informationsaustausch zwischen
Deutschland und Österreich konkret gemeint, und worin bestanden die Ähn-
lichkeiten?

a) Welche (weiteren) Informationen wurden diesbezüglich nach Österreich
übermittelt?

b) Wurde bzw. wird in den übermittelten „ähnlichen Fällen“ wegen Straftat-
beständen ermittelt?

c) Um welche Aktionsformen oder Kampagnen handelte es sich dabei?

d) Inwieweit tauschten sich die Behörden über das Aktionsnetzwerk „Of-
fensive gegen die Pelzindustrie“ (OGPI) oder die „Escada Campaign“
aus?

e) Inwieweit waren international angelegte Kampagnen gegen Pelzverkauf
von Unternehmen wie Peek&Cloppenburg KG oder C&A Mode GmbH
& Co. KG Thema einer deutsch-österreichischen Kooperation?

f) Inwiefern war Europol bzw. die nationalen Europol-Kontaktstellen hier-
mit befasst?

22. In welchen deutschen und internationalen Datenbanken oder sonstigen
Dateien wurden bzw. werden Informationen zu Tierrechtsaktivismus ge-
speichert?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/8677

a) Auf welcher Grundlage werden diese Daten an internationale Behörden
weitergegeben?

b) Wie viele „Erkenntnisanfragen – Sofortauskunft“ wurden im Zuge der
deutsch-österreichischen Kommunikation zum oben genannten Verfah-
ren von Interpol Deutschland inklusive Daten des Bundeskriminalamtes,
aus dem Sirene-Netzwerk oder Europol-Datenbeständen an österreichi-
sche Behörden übermittelt?

c) Inwieweit wurden hierzu auch Datensätze über von Betroffenen ange-
meldete politische Versammlungen oder deren Tätigkeit in Vereinen
übermittelt?

23. Aufgrund welcher Sachlage haben deutsche Behörden am 10. Juni 2009 in
Wien eine Razzia veranlasst, innerhalb derer drei Wohnungen von Tier-
rechtsaktivisten durchsucht wurden?

a) Auf Basis welcher internationalen Vereinbarungen wurde ein entspre-
chendes Rechtshilfeersuchen deutscher Behörden gestellt, und an welche
Stelle wurde es gerichtet?

b) Welche etwaigen Auflagen wurden darin erteilt?

c) Trifft es zu, dass der Durchsuchungsbefehl lediglich wegen einer äußer-
lichen Ähnlichkeit mit einem vermeintlichen Urheber einer Straftat ge-
gen ein Passauer Pelzgeschäft begründet wurde?

24. Welche österreichischen Behörden hatten im Zuge eines Rechtshilfeersu-
chens am 17. und 18. November 2007 die Observation eines österreichi-
schen Tierrechtsaktivisten bei der Teilnahme an einer Anti-Pelz-Demons-
tration in Hamburg in Auftrag gegeben?

a) An welche Stelle wurde dieses Ersuchen gerichtet?

b) Wie viele weitere Rechtshilfeersuchen zu Observationen von Tierrechts-
aktivistinnen und -aktivisten haben deutsche Behörden in den letzten
fünf Jahren von welchen Ländern erhalten, und wie wurden diese be-
schieden?

25. In welcher Form haben Bundesbehörden bei den Ermittlungen geholfen, die
im Juni 2011 zu Hausdurchsuchungen und Festnahmen von Aktivist/Akti-
vistinnen in Madrid, Asturien, Vizcaya und Galizien geführt hatten und
wegen der angeblichen Freilassung von Nerzen in Santiago de Compostela
wegen „Verbrechen gegen die Umwelt“, Bildung einer „kriminellen Verei-
nigung“ und „Stiftung öffentlicher Unruhe“ angeklagt werden?

26. Inwiefern wurde die Repressionswelle 2007 gegen britische Aktivisten/Ak-
tivistinnen der Kampagne „Stop Huntingdon Animal Cruelty“ (SHAC) in-
nerhalb der EPCTF thematisiert?

a) Auf wessen Veranlassung hatte der EPCTF-Vorsitz Europol im Jahr 2007
mit einer „Bedrohungsanalyse“ beauftragt?

b) Welche Annahme bzw. zu erwartende Gefährdung lag diesem Auftrag
zugrunde?

c) Welches Ergebnis ergab die „Bedrohungsanalyse“ im Einzelnen?

d) Welche Schritte wurden aufgrund dieser „Bedrohungsanalyse“ eingelei-
tet, bzw. welche weiteren Verabredungen wurden getroffen?

e) Wann und wo wurde der Beschluss gefasst, dass Europol zukünftig re-
gelmäßig „Bedrohungsanalysen“ anfertigen soll?

Drucksache 17/8677 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
f) Welchen investigativen oder operationellen Beitrag leisteten deutsche
Behörden bei der „Operation Achilles“, die schließlich in 32 Hausdurch-
suchungen und Anklagen gegen neun Aktivisten führten?

27. Inwieweit beteiligen sich deutsche Behörden an der Infiltration von Tier-
rechtsaktivisten/Tierrechtsaktivistinnen durch verdeckte Ermittler/Ermittle-
rinnen?

Hat die Bundesregierung jemals ein Ersuchen der österreichischen Behör-
den erhalten, das der enttarnten österreichischen Agentin „Danielle Durand“
ein Agieren in Deutschland erlauben sollte?

28. Worin besteht der „erneuerte Dialog“, den Europol in der Einladung zur
Konferenz internationaler Polizeien und der Tierverarbeitungsindustrie als
Konferenzziel angibt und dort als „renewed dialogue on animal protection
and animal welfare to allow all concerned parties to express their needs and
concerns in a democratic way“ ausführt (bitte konkrete Ergebnisse anfüh-
ren), und mit wem wird er geführt?

Berlin, den 13. Februar 2012

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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