BT-Drucksache 17/8305

EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung in Hamburg

Vom 4. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8305
17. Wahlperiode 04. 01. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Sevim Dag˘delen, Annette Groth,
Heike Hänsel, Andrej Hunko, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung in Hamburg

Anfang November 2011 wurde die EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung in
Hamburg eröffnet. Die Verabredung zur Einrichtung der Stiftung war auf dem
EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel 2010 in Madrid getroffen worden. Alle EU-
Mitgliedstaaten und die Staaten Lateinamerikas und der Karibik sind Teilhaber
der Stiftung. Die Präsidentin der Stiftung ist die frühere EU-Außenkommissa-
rin Dr. Benita Ferrero-Waldner.

Die Stiftung ist in Hamburg nach deutschem Vereinsrecht registriert. Sie soll je-
doch bis zum nächsten EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel 2012 in Santiago de
Chile in eine internationale Organisation umgewandelt werden. Es ist vorgese-
hen, dass die Gesandten der EU und der Staaten Lateinamerikas diplomatische
Immunität erhalten werden. Die Verträge zur Stiftung werden derzeit in Brüssel
ausgehandelt und sollen baldigst unterzeichnet und ratifiziert werden.

Nach offiziellen Verlautbarungen soll die Stiftung zur Festigung und Erweite-
rung der strategischen Partnerschaft Europas mit Lateinamerika und der Kari-
bik beitragen. Als Kompetenzzentrum soll sie neben der institutionellen Zu-
sammenarbeit zwischen der EU und Lateinamerika auch gemeinsame Vorhaben
in Wissenschaft, Forschung und Kultur fördern.

Der Bundesminister des Auswärtigen Dr. Guido Westerwelle stellte auf der La-
teinamerikakonferenz des Auswärtigen Amts am 23. November 2011 in Berlin
die Einrichtung der EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung in den Kontext der La-
teinamerikastrategie der Bundesregierung. Die Stiftung solle den Beziehungen
zwischen den beiden Regionen eine neue Dynamik verleihen, als Katalysator
für gemeinsame Strategien und gemeinsames Handeln dienen und die Partner-
schaft zwischen Europa und Lateinamerika auf allen Ebenen intensivieren, so
der Bundesaußenminister.

Die genaueren Stiftungsziele sind jedoch noch weitgehend unbekannt und In-
halt der Verhandlungen über die Verträge. Wissenschaftler warnen jedoch da-
vor, dass es der Stiftung an einem Zweck fehle, der ihre Existenz neben vielen
anderen Einrichtungen des kulturellen und wissenschaftlichen Austausches
rechtfertige.
Auch die Finanzierung ist offensichtlich noch nicht gesichert, wie der drama-
tische Appell der Stiftungspräsidentin auf o. g. Konferenz andeutete. Der Bun-
desaußenminister Dr. Guido Westerwelle hat 2011 eine Anschubfinanzierung
von 300 000 Euro bereitgestellt. Die Stadt Hamburg verzichtet vorerst auf Miet-
zahlungen in Höhe von 60 000 Euro. Nach zwei Jahren könnte die Stiftung als
internationale Organisation finanziell von den Beiträgen der Mitgliedsländer

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finanziert werden. Dazu liegen bislang aber wohl lediglich feste Zusagen aus
Deutschland und Uruguay vor.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beschreibt die Bundesregierung den Zweck der EU-Lateinamerika-
Karibik-Stiftung?

2. Worin besteht nach Meinung der Bundesregierung der konkrete Mehrwert
der Stiftung gegenüber bereits bestehenden Institutionen des kulturellen
und wissenschaftlichen Austausches?

3. Wie will die Bundesregierung eine gleichberechtigte Einflussnahme
aller Teilhaber der Stiftung auf die strategische Orientierung und künftige
praktische Tätigkeit der Stiftung garantieren?

4. Welchen Beitrag zur Vertiefung der wirtschaftlichen Beziehungen zwi-
schen der EU, Lateinamerika und der Karibik soll die Stiftung nach Mei-
nung der Bundesregierung leisten?

5. Welchen Beitrag zur Platzierung deutscher Unternehmen auf lateinameri-
kanischen und karibischen Märkten und Investitionsfeldern soll die Stif-
tung nach Meinung der Bundesregierung leisten?

6. Welche Verbände der deutschen und europäischen Wirtschaft sind in wel-
cher Form in die Verhandlungen über die Verträge zur Stiftung einbe-
zogen?

7. Welche Organisationen der europäischen, lateinamerikanischen und kari-
bischen Zivilgesellschaft sind in welcher Form in die Verhandlungen über
die Verträge zur Stiftung einbezogen?

8. Inwiefern sind Wirtschaftsverbände und Organisationen der Zivilgesell-
schaft in die Bestimmung der Stiftungszwecke einbezogen?

9. Inwiefern sollte die Einrichtung der Stiftung nach Meinung der Bundes-
regierung Gegenstand parlamentarischer Beratungen im Deutschen Bun-
destag sein?

10. Wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag die Stiftungsverträge
zur Ratifizierung vorlegen?

Falls nein, warum nicht?

11. Welchen jährlichen Finanzierungsbeitrag wird die Bundesregierung nach
ihren gegenwärtigen Überlegungen zur Unterhaltung der Stiftung leisten?

12. Wo wird der Beitrag nach gegenwärtigen Überlegungen der Bundesregie-
rung verbucht werden, und wird der Beitrag ODA-anrechnungsfähig
(ODA = Official Development Assistance) sein?

13. Sieht die Bundesregierung die langfristige Finanzierung der Stiftung als
gesichert an (bitte erläutern)?

Berlin, den 21. Dezember 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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