BT-Drucksache 17/8296

Hochschulbau

Vom 3. Januar 2012


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8296
17. Wahlperiode 03. 01. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Kai Gehring, Krista Sager, Ekin Deligöz, Katja Dörner, Agnes
Krumwiede, Monika Lazar, Tabea Rößner, Ulrich Schneider und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hochschulbau

Im Zuge der Föderalismusreform von 2006 wurde die Gemeinschaftsaufgabe
(GA) Hochschulbau abgeschafft. Damit ging ein wichtiges Instrument zur Prio-
risierung von Bildungs- und Forschungsausgaben verloren. Vom 1. Januar 2007
bis zum 31. Dezember 2019 stehen den Ländern als Kompensation für die ent-
fallende Gemeinschaftsaufgabe „Ausbau und Neubau von Hochschulen ein-
schließlich Hochschulkliniken“ jährlich Beträge aus dem Bundeshaushalt zu.
Bis zum 31. Dezember 2013 zahlt der Bund zweckgebunden für den Bau und
Ausbau von Hochschulen und Universitätsklinika jährlich Kompensationsmittel
in Höhe von 695,3 Mio. Euro an die Länder aus. Zu Komplementärbeiträgen
hierfür sind die Länder seit 2007 nicht mehr verpflichtet. Zusätzlich stellt der
Bund weitere 298 Mio. Euro im Jahr für überregionale Fördermaßnahmen im
Hochschulbereich (Forschungsbauten und Großgeräte) zur Verfügung, wobei in
diesem Fall die Länder die Komplementärfinanzierung im gleichen Umfang wie
der Bund sicherstellen müssen, um die Gelder abzurufen.

Bund und Länder überprüfen bis Ende 2013, in welcher Höhe die den Ländern
nach Absatz 1 des Entflechtungsgesetzes zugewiesenen Finanzierungsmittel zur
Aufgabenerfüllung der Länder angemessen und erforderlich sind, wobei die
Zweckbindung ab dem 1. Januar 2014 entfallen soll. Dies bedeutet, dass die
Länder dann frei sind, die bis 2019 ausgezahlten Bundesmittel, auch für völlig
andere Investitionszwecke einzusetzen.

Mit Blick auf die Überprüfung 2013 steht eine Bilanzierung und Bewertung da-
rüber an, wie sich der Wegfall der GA und die Kompensationszahlungen auf die
bundesdeutsche Hochschul- und Forschungslandschaft ausgewirkt haben. Fer-
ner stellt sich die Frage, wie es künftig um die Entwicklung und Gestaltung der
Hochschul- und Forschungsbauten bestellt ist.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie haben sich seit dem Auslaufen der GA Hochschulbau die Mittel für

a) den Hochschulbau und -ausbau sowie
b) für Bau und Ausbau der Universitätsklinika

jährlich in den Ländern entwickelt (Angaben zu Bau und Ausbau von einer-
seits Hochschul-, andererseits Universitätsklinika bitte getrennt ausweisen)?

2. Wie verteilt sich das Kompensationsvolumen für den Hochschulbau jährlich
auf die Länder im Einzelnen (bitte nach Ländern die Höhe des Anteils pro-
zentual und absolut aufschlüsseln)?

Drucksache 17/8296 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. In welcher Höhe haben die Länder die ihnen nach der Föderalismusreform
zustehenden Kompensationsmittel für den Hochschulbau jährlich jeweils
finanziell ergänzt (absolut und prozentual)?

4. Gibt es Erkenntnisse darüber, ob, und wenn ja, in welcher Höhe insgesamt
bzw. in einzelnen Ländern weniger Investitionsmittel für den Hochschulbau
zur Verfügung standen als vor 2007 bzw. als noch in mittelfristigen Finanz-
planungen aus der Zeit vor 2007 vorgesehen?

5. Wie und anhand welcher Parameter prüft die Bundesregierung bzw. die
Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK), ob die im Rahmen der 2006
in Kraft getretenen Föderalismusreform festgelegten, zweckgebundenen
jährlichen Kompensationsmittel an die Länder aus der GA Hochschulbau
tatsächlich für Hochschulbau verwendet wurden?

6. Wie hoch schätzt die Bundesregierung bzw. die GWK den Sanierungsbedarf
an deutschen Hochschulen (bitte nach Ländern und Hochschulen aufschlüs-
seln)?

Auf Basis welcher Daten ist dieser Bedarf ermittelt?

Falls der Bundesregierung diese Daten nicht vorliegen, wem liegen sie vor?

7. Wie bewertet die Bundesregierung die Höhe der für Hochschulbau zur Ver-
fügung stehenden Investitionsmittel seit 2007 in den einzelnen Ländern im
Verhältnis zum tatsächlichen Bedarf an Sanierung und Neubau von Hoch-
schulbauten in den einzelnen Ländern?

8. Gibt es Pläne der Bundesregierung dazu, die Mittel für den Hochschulbau
aufzustocken, um steigenden Anforderungen im Bereich der energetischen
Gebäudesanierung bzw. dem Bau neuer Hochschulgebäude nach zukunfts-
fähigen energetischen Standards zu begegnen?

9. Wie hat sich nach Auslaufen des 35. Rahmenplans für den Hochschulbau
nach dem Hochschulbauförderungsgesetz (2006 bis 2009) der Bestand an
Studienplätzen in Deutschland entwickelt (bitte nach Jahren, Hochschul-
arten, Fächergruppen und Ländern aufschlüsseln), und inwiefern wurde
diese Entwicklung begleitet mit einem angemessenen quantitativen Ausbau
entsprechend dem gestiegenen Raumbedarf?

10. Wie sieht der detaillierte Zeitplan (inklusive Zusammenkünften) des Bun-
des aus, um sich in der bevorstehenden Überprüfungsphase mit den Ländern
über Angemessenheit und Erforderlichkeit der Höhe der Kompensations-
zahlungen zu verständigen, und zu jeweils welchen Zeitpunkten ist die Ein-
beziehung des Deutschen Bundestages vorgesehen?

11. Auf Grundlage welcher Daten und Kriterien soll bis Ende 2013 beurteilt
werden, in welcher Höhe die den Ländern nach Artikel 143c Absatz 1 des
Grundgesetzes zugewiesenen Finanzierungsmittel zur Aufgabenerfüllung
der Länder angemessen und erforderlich sind?

Gibt es eine Verständigung zwischen der Bundesregierung und den Ländern
bzw. in der GWK über die Kriterien?

Wenn nicht, wann soll eine Verständigung stattfinden?

12. Hat sich nach Meinung der Bundesregierung die Methode bewährt, die
Höhe der Ausgleichszahlungen bislang anhand des Durchschnittsanteils des
jeweiligen Bundeslandes an der Hochschulbauförderung des Bundes in den
Jahren 2000 bis 2003 zu ermitteln?

13. Welche Höhe bezogen auf Kompensationszahlungen für die GA Hochschul-
bau hält die Bundesregierung ab 2014 jährlich für angemessen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8296

14. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Bundesministerin für Bildung
und Forschung, Dr. Annette Schavan, die in dem Namensartikel „Bildungs-
und Wissenschaftspolitik im Kontext der föderalen Ordnung“ (Euro-
päisches Zentrum für Föderalismus-Forschung Tübingen (Hrsg.), Jahrbuch
des Föderalismus 2011, Baden-Baden 2011, S. 17 bis 26) feststellt: „Sie [die
Länder] erhalten allerdings zwischen 2007 und 2019 die frei gewordenen
Bundesmittel zur Kompensation; zusammen mit den Mitteln für die For-
schungsbauten sind dies immerhin rund eine Milliarde Euro jährlich.“
(S. 22)?

15. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Sanierungsbedarf an deutschen
Hochschulen von heute bis 2019 (bitte nach Ländern und Hochschulen auf-
schlüsseln)?

Auf Basis welcher Daten ist dieser Bedarf ermittelt?

Falls der Bundesregierung diese Daten nicht vorliegen, wem liegen sie vor?

16. Wie steht die Bundesregierung zu einer Verstetigung der Kompensations-
zahlungen über das Jahr 2019 hinaus?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung aus heutiger Sicht den Wegfall der
Zweckbindung nach 2013?

18. Welche eventuellen Hinweise hat die Bundesregierung, dass nach Wegfall
der Zweckbindung der Kompensationsmittel für die GA Hochschulbau im
Jahr 2014 einzelne Länder diese Bundesmittel anderweitig verwenden wol-
len, und wie bewertet die Bundesregierung eine Verwendung der Kompen-
sationsmittel für andere Zwecke als den Hochschulbau?

19. Wie steht die Bundesregierung zu dem Votum der Kultusministerkonferenz,
die sich in ihrer Sitzung am 9. Dezember 2010 dafür ausgesprochen hat, an
der Zweckbindung der Kompensationsmittel für den Hochschulbau festzu-
halten und sie über 2019 hinaus zu verstetigen und die vom Bund bereitge-
stellten Mittel auf 900 Mio. Euro pro Jahr zu erhöhen?

20. Welche Projekte wurden in welcher Höhe im Rahmen der überregionalen
Forschungsförderung seit Beginn des Programms gefördert (bitte nach Län-
dern aufschlüsseln)?

21. Wie bewertet die Bundesregierung bzw. die GWK aus heutiger Sicht die Ba-
gatellgrenze in Höhe von 5 Mio. Euro im Rahmen der GA Forschungsför-
derung inklusive Großgeräte?

22. Wie hat sich der Mittelabfluss im Bereich der überregionalen Forschungs-
förderung im Hochschulbereich seit Beginn des Programms in den jeweili-
gen Haushaltsjahren entwickelt?

23. Welche Ursachen hat nach Auffassung der Bundesregierung der stockende
Mittelabfluss bei der überregionalen Forschungsförderung im Hochschul-
bereich, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus?

Berlin, den 3. Januar 2012

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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