BT-Drucksache 17/8262

Verletzung menschenrechtlicher Kriterien bei der Kooperation mit Drittstaaten im Bereich Sicherheitsforschung

Vom 21. Dezember 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/8262
17. Wahlperiode 21. 12. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Annette Groth, Wolfgang Gehrke, Christine Buchholz,
Inge Höger, Andrej Hunko, Harald Koch, Niema Movassat, Katrin Werner
und der Fraktion DIE LINKE.

Verletzung menschenrechtlicher Kriterien bei der Kooperation mit Drittstaaten
im Bereich Sicherheitsforschung

Sicherheitsforschung wird im 7. Forschungsrahmenprogramm der EU (7. FRP)
erstmals als eigener und prioritärer Themenschwerpunkt definiert, dem europäi-
schen Sicherheitsforschungsprogramm (ESRP). Für die Jahre 2007 bis 2013
wurde ein eigener Budgetposten für Sicherheitsforschung in Höhe von 1,4 Mrd.
Euro bereitgestellt. Das Budget soll kontinuierlich erhöht werden. Mit dem ESRP
wird zivile und militärische Forschung betrieben. Ziel des ESRP ist die „unein-
geschränkte Nutzung der Synergien von Verteidigungs-, Sicherheits- und Zivil-
forschung“. Im Strategiepapier der Group of Personalities, die 2003 die Agenda
des ESRP konzipiert haben, wird die scharfe Trennung zwischen militärischer
und ziviler Forschung als Strukturmangel identifiziert, der Europa an der Nutzung
seiner wissenschaftlichen, technologischen und industriellen Stärke hindert.

Das Programm des Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
„Forschung für zivile Sicherheit“ schließt in seiner Konzeption an die Agenda
des ESRP an und wird als nationales Pendant zur europäischen Sicherheitsfor-
schung betrachtet (Workshop Sicherheitsforschung: Entwicklung einer Nationa-
len Strategie, 2006). Auch das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) er-
klärt die Trennung ziviler und militärischer Technologieentwicklung als überholt
und setzt auf die „optimierte Abschöpfung“ der Ergebnisse aus der zivilen Si-
cherheitsforschung durch „Abstimmung“ und Einflussnahme des BMVg. In der
Forschungsstrategie des BMVg werden Verteidigungsforschung und Zivile Si-
cherheitsforschung als „Gemeinsame Forschung für künftige Sicherheit und Ver-
teidigung“ (BMVg: F&T Strategie) definiert. Trotz des Befundes, dass sich die
Trennung ziviler und militärischer Forschung aufgrund der doppelten Einsatz-
möglichkeiten nicht aufrechterhalten lässt, schlussfolgert der Wissenschaftliche
Programmausschuss für das nationale Sicherheitsforschungsprogramm in sei-
nem Positionspapier vom Mai 2010: „Die gegenwärtige pragmatische Abgren-
zung der zivilen Sicherheitsforschung hat sich bewährt und sollte beibehalten
werden.“

Die Bezeichnung „zivile Sicherheitsforschung“ verbirgt jedoch den militäri-

schen Charakter des Forschungsprogramms und erschwert den demokratischen
Diskurs sowie die gesetzliche Kontrolle. Insbesondere lässt die derzeitige Aus-
gestaltung der internationalen Forschungskooperationen im Rahmen der von der
Europäischen Union (EU) und dem BMBF finanzierten Sicherheitsforschungs-
programme erhebliche Zweifel über eine Einbeziehung menschenrechtlicher
Kriterien aufkommen. Eine staatliche Pflicht zur Beachtung der Menschenrechte
ergibt sich einerseits aus den rechtlichen Standards, die für die Ausfuhr von

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Militärtechnologien und Dual-Use-Güter gelten und andererseits aus den Regeln
zur Unternehmensverantwortung.

Da in den Sicherheitsforschungsprojekten Technologien entwickelt werden, die
ausländische Kooperationspartnern militärisch nutzen und sich sogar patentieren
lassen können, ist es notwendig, die Entwicklungen nach Maßgabe der Dual-Use-
Verordnung zu überprüfen. Das Genehmigungsverfahren für den Export von
Dual-Use-Gütern, die für eine militärische Nutzung vorgesehen sind, orientiert
sich an den „Politischen Grundsätzen der Bundesrepublik über den Export von
Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ aus dem Jahr 2000. Das beinhaltet
die „sorgfältige Abwägung menschenrechtlicher Argumente“. Eine restriktive
Anwendung der Kriterien im Bereich Sicherheitsforschung ist insbesondere bei
der Beteiligung von Drittstaaten geboten.

Israel ist das aktivste Nicht-EU-Land im ESRP und hat uneingeschränkten Zu-
gang zu den Ergebnissen der Sicherheitsforschung. Seit 1996 ist Israel als asso-
ziierter Drittstaat an den Rahmenprogrammen für Forschung und technologische
Entwicklung der EU beteiligt. Im 7. FRP partizipiert Israel an 353 Vorhaben und
bezieht Förderungen in Höhe von insgesamt 4,3 Mrd. Euro. Israelische Partner
sind, nicht selten führend, an 29 Projekten des EU-Sicherheitsforschungspro-
gramms beteiligt.

Im Rahmen der EU-Sicherheitsforschung sind deutsche Forschungseinrichtun-
gen an Projekten beteiligt, bei denen ein großes Risiko besteht, dass die Ergeb-
nisse der Forschungskooperationen für Zwecke eingesetzt werden, die zu Men-
schenrechtsverletzungen führen. Bedenklich ist beispielsweise das 70 Mio. Euro
Projekt MAAXIMUS. Zusammen mit der Rüstungsfirma Israel Aerospace In-
dustries (IAI) arbeiten hier zehn deutsche Forschungseinrichtungen und Unter-
nehmen an der Kosten- und Zeiteinsparung bei der Herstellung von Fluggeräten.
Die Heron Drohnen der IAI wurden im Gaza-Krieg 2008/2009 mit Waffen be-
stückt und töteten mindestens 29 Zivilisten. Die Angriffe wurden von Human
Rights Watch als schwere Verstöße gegen das Völkerrecht verurteilt
(www.hrw.org/sites/default/files/reports/iopt0609webwcover_0.pdf). Es ist da-
her zu fragen, inwiefern die Bundesregierung im Feld der multinationalen Si-
cherheitsforschung sicherstellt, dass die Ergebnisse der Forschungsprojekte nicht
zu internen Repressionen oder sonstigen Menschenrechtsverletzungen miss-
braucht werden.

Darüber hinaus muss die Förderung ausländischer Unternehmen im Rahmen in-
ternationaler Forschungsprogramme als Instrument der Außenwirtschaftsförde-
rung verstanden werden. Mit der Vergabe von Forschungsgeldern an ausländi-
sche Unternehmen hat die Bundesrepublik Deutschland einen direkten Einfluss
auf die Gewährleistung von Menschenrechten im Ausland. Wenn eines dieser
Unternehmen an Verstößen gegen Menschenrechte beteiligt ist, so kann „die Un-
terstützung durch die Außenwirtschaftsförderung als Beihilfe des deutschen
Staates zu diesen Menschenrechtsverletzungen gewertet werden“ (im Auftrag
des BMZ durchgeführte Studie, 2010: Außenwirtschaftsförderung und Men-
schenrechte). Im 9. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspoli-
tik, betont die Bundesregierung die prioritäre Stellung des Schutzes und der För-
derung von Menschenrechten als Kern ihrer werteorientierten Außenpolitik.
Ausdrücklich begrüßt die Bundesregierung den Bericht des Sonderberichterstat-
ters der UN für Menschenrechte und Unternehmen, Prof. John Ruggie, zur
Unternehmensverantwortung für Menschenrechte. Das von Prof. John Ruggie
entwickelte Rahmenkonzept „Protect, respect and remedy“ statuiert eine staat-
liche Pflicht, Menschenrechte durch eine adäquate Politik und Regulierung zu
schützen und durchzusetzen. Erforderlich ist daher eine explizite Anwendung
menschenrechtlicher Kriterien bei der Vergabe von Forschungsgeldern an aus-

ländische Unternehmen.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/8262

Unter den von der EU im Rahmen der Forschungsförderung subventionierten
israelischen Unternehmen befinden sich jedoch Rüstungs- und Technologie-
firmen, die dem Staat Israel Mittel für die Durchführung illegaler Maßnahmen
liefern. Eines dieser Unternehmen, das von vier Projekten des 7. FRP profitiert
und bei dreien davon die führende Rolle einnimmt, ist das israelische Rüstungs-
unternehmen Elbit. Elbit liefert ein Überwachungssystem, das einen wesent-
lichen Bestandteil der Trennmauer darstellt, die die israelische Regierung um und
in der besetzten West Bank bauen lässt. Eigens für die Trennmauer entwickelte
Elbit das Kommando- und Kontrollfunktionssystem Torch, das nach zweijähri-
ger Entwicklungszeit in Betrieb genommen wurde. Torch erscheint als eines der
Hauptkomponenten der Sperranlage und kommt in keinem anderen Bereich zum
Einsatz. Da die Bauarbeiten an der Sperranlage noch nicht abgeschlossen sind,
muss angenommen werden, dass auch die Lieferung durch das Unternehmen
noch andauert. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass das Unternehmen nach
Abschluss der Bauarbeiten, mit der Weiterentwicklung und Instandhaltung des
Überwachungssystems betraut sein wird.

Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat 2004 in seinem Gutachten
zur Legitimität der Trennmauer auf besetztem Gebiet festgestellt, dass der Bau
einen Verstoß gegen Völkerrecht darstelle. Auch der Bericht des Sonderbericht-
erstatters der Vereinten Nationen über die Menschenrechtssituation in den be-
setzten Gebieten vom Januar 2006 stellt fest, dass der Bau der Mauer auf die Ver-
treibung der Palästinenser und den Ausbau illegaler Siedlungen abziele.
Aufgrund des relevanten Beitrags, den Elbit zu den völkerrechtlichen Verstößen
leistet, ist die Firma aus dem Investitionsuniversum der staatlichen Pensions-
fonds in Norwegen und Schweden ausgeschlossen worden (www.regjeringen.no/
pages/2236685/Elbit_engelsk.pdf).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass Projekte der Sicherheitsfor-
schung auf Folgendes überprüft werden müssen:

a) Vereinbarkeit mit den Kriterien der Regeln zur Ausfuhr von Militärtech-
nologien und Dual-Use-Gütern bei Kooperationen mit ausländischen For-
schungseinrichtungen und Unternehmen (insbesondere eine strikte An-
wendung der Kriterien bei Kooperationen mit Drittstaaten, wie Russland
oder Israel)?

b) Vereinbarkeit mit datenschutzrechtlichen Regelungen und dem Grundge-
setz/der Grundrechtscharta?

c) Einhaltung ethischer, sozialer, ökologischer und völkerrechtlicher Stan-
dards durch die beteiligten Unternehmen und Institute?

Wenn ja, wie wird diese Überprüfung verfahrensmäßig umgesetzt?

Wenn nein, bitte mit Bezug auf die menschenrechtlichen Verpflichtungen
der Bundesrepublik Deutschland erläutern.

2. Betrachtet die Bundesregierung die Förderung ausländischer Unternehmen
im Rahmen der Forschungsprogramme als Teil der Außenwirtschaftsförde-
rung und unterwirft sie dementsprechend denselben Regeln, so dass man von
einer Außenwirtschaftsförderung aus Mitteln des BMBF sprechen kann (bitte
begründen)?

Wenn ja, warum?

Wenn nicht, wie lassen sich die Bereiche abgrenzen?

3. Stimmt die Bundesregierung darin überein, dass prinzipiell keine Unterneh-

men von der EU- bzw. der BMBF-Forschungsförderung profitieren dürfen, die
an der Aufrechterhaltung völkerrechtswidriger Maßnahmen beteiligt sind?

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4. Besteht nach Auffassung der Bundesregierung und mit Blick auf den Ruggie-
Report für Staaten die Gefahr, durch die finanzielle Förderung solcher Un-
ternehmen, an diesen völkerrechtswidrigen Maßnahmen mitzuwirken?

a) Wie kommt die Bundesregierung, im Bereich der Sicherheitsforschung
ihrer Pflicht nach, den Schutz von Menschenrechten zu gewährleisten?

b) Was tut die Bundesregierung, um sicherzustellen, dass Forschungsgelder
nicht an Unternehmen fließen, die zu einer Verletzung grundlegender hu-
manitärer Prinzipien und schweren Verletzungen von Menschenrechten
beitragen?

c) Gibt es ein Monitoring- und Evaluationsverfahren, die die direkten und
indirekten Auswirkungen des Unternehmenshandelns auf Menschen-
rechte analysieren?

Wenn nein, ist ein solches geplant?

d) Erwägt die Bundesregierung eine Institutionalisierung des Kontroll- und
Monitoringsystems nach dem Vorbild der skandinavischen Ethikräte?

Wenn ja, wie genau sehen die Planungen aus?

Wenn nein, bitte erläutern, weshalb dies nicht für nötig bzw. möglich ge-
halten wird.

5. Welches Gewicht haben menschenrechtliche Kriterien im Vergleich zu den
Prämissen unternehmerischen und wirtschaftlichen Handelns, und wie wägt
die Bundesregierung ab, wenn menschenrechtliches Risikomanagement mit
erhöhten Kosten und Wettbewerbsnachteilen verbunden ist?

6. Wie und in welcher Form definiert die Bundesregierung, ab wann das Risiko
besteht, dass durch deutsche Forschungskooperationen Menschenrechte ver-
letzt werden, so dass die Kooperation nicht stattfinden kann bzw. abgebro-
chen werden muss?

7. Wann und wo sind in der Vergangenheit Forschungskooperationen aufgrund
menschenrechtlicher Erwägungen nicht zustande gekommen oder abgebro-
chen worden?

8. Nach welchem Verfahren können Unternehmen ihre Forschungsergebnisse
patentieren lassen, und inwieweit werden dabei menschenrechtliche Krite-
rien berücksichtigt?

9. Wird die Entwicklung von Dual-Use-Technologien in internationalen For-
schungskooperationen denselben rechtlichen Standards unterworfen, die auch
für die Ausfuhr von Militärtechnogien und Dual-Use-Güter gelten (EU-Ver-
haltenskodex, Politische Leitlinien der Bundesregierung)?

10. Wie wirken sich derzeit die Ausfuhrkontrollen für Dual-Use-Güter auf die in-
ternationale Zusammenarbeit im Bereich der Forschung und Innovation aus?

11. Hat sich die Bundesregierung bislang dafür eingesetzt, dass bei der Weiter-
entwicklung der Dual-Use-Verordnung menschenrechtliche Kriterien neben
den von der Europäischen Kommission hervorgehobenen Aspekten der
Wettbewerbsfähigkeit und nationalen Sicherheit an Bedeutung gewinnen?

Wenn ja, mit welchen konkreten Maßnahmen?

Wenn nein, warum nicht?

12. Wird sich die Bundesregierung bei der Weiterentwicklung der Dual-Use-Ver-
ordnung dafür einsetzen, den Bereich Forschung und Entwicklung explizit
mit einzubeziehen (bitte erläutern)?
13. Wie erklärt sich, dass die Bundesregierung ein Programm der „zivilen Si-
cherheitsforschung“ auflegt, obwohl sie gleichzeitig stringent ein zivil-mili-

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/8262

tärisches Kontinuum erklärt, dem Konzept der „vernetzten Sicherheit“ folgt,
eine Trennung zwischen zivilen und militärischen für unmöglich hält und ex-
plizit auf die militärische Abschöpfung der zivilen Forschung setzt?

14. Stimmt die Bundesregierung darin überein, dass das Konzept der zivilen Si-
cherheitsforschung von den realen Entwicklungen überholt wurde, und daher
heute von zivil-militärischer Sicherheitsforschung gesprochen werden muss?

15. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch die Deklaration als ziviles
Sicherheitsforschungsprogramm, die Möglichkeiten der rechtlichen Kon-
trolle sowie der öffentlichen Diskussion über Inhalt und Ausrichtung des Pro-
gramms behindert sein könnten?

16. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Wissenschaftlichen Programm-
ausschusses für das nationale Sicherheitsforschungsprogramm, dass die
„pragmatische Abgrenzung der zivilen Sicherheitsforschung“ beibehalten
werden soll, obwohl sich eine Trennung praktisch nicht aufrechterhalten
lässt?

Wenn ja, inwiefern hat sich die Abgrenzung bewährt, und weshalb soll sie
beibehalten werden, obwohl sie den realen Bedingungen nicht mehr ent-
spricht?

Wenn nein, inwiefern unterscheidet sich der Standpunkt der Bundesregie-
rung von der des Wissenschaftlichen Programmausschusses?

17. Welches Mandat hat der Wissenschaftliche Programmausschuss, und wie
wurden seine Mitglieder ausgewählt?

18. Können nach Auffassung der Bundesregierung, Hochschulen, die eine Zivil-
klausel haben, uneingeschränkt an allen Projekten des nationalen Sicher-
heitsforschungsprogramms teilnehmen?

19. Wie können Hochschulen sicherstellen, dass sie sich nicht an Forschungs-
projekten mit militärischer Nutzung bzw. Zielsetzung beteiligen?

20. Was tut die Bundesregierung um Wissenschaftlern, die ihre Arbeit aus-
schließlich zivilen Zwecken widmen möchten, die Möglichkeit zu verschaf-
fen, diesem Anspruch nachzukommen, und welche Gelder und rechtlichen
Instrumente werden dafür bereitgestellt?

21. Gibt es Forschungsprojekte im BMBF-Programm „Zivile Sicherheitsfor-
schung“, die ausschließlich zivilen Zwecken dienen?

Wenn ja, welche, und nach welcher Maßgabe unterscheidet die Bundesregie-
rung (bitte genaue Auflistung)?

22. Welche der vom BMBF geförderten Projekte haben eine zivil-militärische
Ausrichtung und warum (bitte genaue Auflistung)?

23. An wie vielen und welchen Projekten des BMBF-Sicherheitsforschungspro-
gramms sind Einrichtungen der Bundeswehr direkt oder als assoziierte Part-
ner beteiligt?

24. Wie erfolgt die in der Strategie des BMVg zur Forschung und Technologie
(BMVg: F&T Strategie – Aktueller Stand und geplante Schwerpunktsetzung,
Rainer Krug) genannte „Abstimmung“ mit dem Programm der „Zivilen
Sicherheitsforschung“ zur besseren Nutzung von Synergien und Vermeidung
von Doppelarbeiten konkret?

a) Wer ist für die Abstimmung verantwortlich?

b) In welchem Verfahren erfolgt die Abstimmung?

c) Welches Ergebnis hat diese Abstimmung bisher gebracht?

Drucksache 17/8262 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

d) Welche verteidigungspolitischen Prämissen bestimmen die aktuelle
Agenda der zivilen Sicherheitsforschung?

e) Soll die Einflussnahme in Zukunft noch verstärkt werden?

25. Sieht die Bundesregierung die Gefahr, dass durch den Einfluss militärischer
Prämissen die Technologieentwicklung eine für den zivilen Nutzen ungüns-
tige Entwicklung nimmt (bitte konkrete Bereiche nennen und erläutern)?

Sind für die Nutzung und Verbreitung der Projektergebnisse zusammen mit
dem Bundesministerium des Innern (BMI), dem Bundesministerium für
Wirtschaft und Technologie (BMWi) bzw. BMVg Sicherheitsanforderungs-
profile definiert worden?

Wenn ja,

a) wie ist die Geheimhaltungsklassifizierung konkret ausgestaltet, und nach
welchen Kriterien wird differenziert,

b) für welche Projekte wurden Sicherheitsanforderungsprofile zusammen
mit dem BMVg erstellt,

c) die Ergebnisse welcher Projekte obliegen der Geheimhaltung, und welche
Einrichtungen sind daran beteiligt,

d) welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, dass es trotz der Ge-
heimhaltung nicht zu einer Abschottung kommt, sondern ein demokrati-
scher Diskurs über Risikoeinschätzungen und Technologieentwicklungen
stattfinden kann?

Wenn nein, warum nicht und was ist diesbezüglich geplant?

26. Auf welche Art und Weise sollen Vorhaben der BMBF-Sicherheitsfor-
schungsausschreibung zur deutsch-israelischen Zusammenarbeit (www.bmbf.
de/foerderungen/15901.php) hinsichtlich menschenrechtlicher Risiken und
Wirkungen beobachtet, geprüft und evaluiert werden?

a) Wer begutachtet die Projekte?

b) Aus welchen Branchen kommen die Gutachter?

c) Wie und von wem werden die Gutachter ausgewählt?

d) Inwieweit werden menschenrechtliche und datenschutzrechtliche Kri-
terien berücksichtigt, und wie werden sie im Verhältnis zu Wettbewerbs-
erwägungen gewichtet?

e) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die geplante Verwen-
dung der Forschungsergebnisse durch die israelische Seite, und auf wel-
che Quellen stützt sich diese Kenntnis?

27. Welche Informationen hat die Bundesregierung über die Beteiligung des
Rüstungsunternehmens Elbit an der Einrichtung und Funktionsweise der
illegalen Sperranlage im Westjordanland?

28. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des norwegischen Ethikrats, dass
eine Unterstützung der Firma Elbit ein „nicht hinnehmbares Risiko der Mit-
wirkung an besonders schweren Verstößen gegen ethische Normen“ darstellt
(bitte begründen)?

29. Ist der Bundesregierung bekannt, in welcher Höhe das Rüstungsunternehmen
Elbit Gelder aus dem Budget des 7. FRP erhält?

30. a) Welche Dual-Use-Technologien, die in Zusammenarbeit mit deutschen
Partnern entwickelt wurden, haben sich israelische und russische Unter-
nehmen bzw. Forschungseinrichtungen in den letzten fünf Jahren paten-

tieren lassen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/8262

b) Welche Informationen liegen der Bundesregierung über den Einsatz und
die Verwendung dieser Technologien vor?

31. a) Beabsichtigen die Konzerne Elbit, Israeli Aerospace Industries oder Mo-
torola Israel, an der Ausschreibung zur deutsch-israelischen Zusammen-
arbeit im Rahmen des BMBF-Förderprogramms „Forschung für die zivile
Sicherheit“ teilzunehmen, und welche weiteren israelischen Unterneh-
men und Forschungseinrichtungen haben sich bisher beworben?

b) Beabsichtigt die Bundesregierung, Unternehmen von der Teilnahme an
dem Programm auszuschließen, bei denen das Risiko besteht, dass diese
bei schweren und systematischen Menschenrechtsverletzungen mitwir-
ken?

c) Gibt es ein standardisiertes Verfahren, bei dem eine solche Kontrolle statt-
findet?

32. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Modernisierung der israeli-
schen Waffensysteme, die Sicherheitslage im Nahen Osten verbessern kann,
und inwiefern wird dabei die rechtliche Vorgabe, keine militärischen Güter
in Regionen zu liefern „die in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt
sind oder wo eine solche droht“ berücksichtigt (bitte erläutern)?

33. a) Wie beurteilt die Bundesregierung die rechtliche Lage in Bezug auf die
Teilnahme israelischer Organisationen am 7. FRP, die ihren Unterneh-
menssitz in den illegal besetzten Gebieten haben, so wie bspw. die Ahava
Ltd, die ihre geförderten Forschungsmaßnahmen in Laboratorien und An-
lagen in der israelischen Siedlung Mitzpe Shalem im besetzten Westjor-
danland durchführt?

b) Setzt sich die Bundesregierung für eine Beendigung der Förderung von
Einrichtungen ein, die ihren Sitz in Siedlungen haben, die unter Verlet-
zung des Völkerrechts in den besetzten Gebieten errichtet wurden?

c) Wenn ja, was hat die Bundesregierung bisher getan, und was ist in Bezug
auf das 8. Forschungsrahmenprogramm der EU geplant?

d) Inwieweit wird die Frage des Unternehmenssitzes in den Zulassungsbe-
dingungen bei dem deutsch-israelischen Sicherheitsforschungsprogramm
Berücksichtigung finden?

34. a) In welchen und wie vielen rein militärischen Forschungsprojekten koope-
rieren deutsche Forschungseinrichtungen und Unternehmen mit Israel?

b) Welche Einrichtungen sind auf deutscher und israelischer Seite beteiligt
(bitte vollständige Aufzählung)?

c) Was soll in den Projekten entwickelt werden, und was wurde bereits ent-
wickelt?

d) Wie und nach welchem Verfahren finden bei der Initiierung und Durch-
führung dieser Kooperationen die menschenrechtlichen Kriterien der
„Politischen Grundsätze der Bundesregierung über den Export von
Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ Anwendung?

e) Gab es während der Dauer der Kooperation jemals Hinweise darauf, dass
die entwickelten Rüstungsgüter zur internen Repression oder für sonstige
Menschenrechtsverletzungen durch den Staat Israel missbraucht werden
könnten (bitte anhand der Menschenrechtsanalyse der Bundesregierung
darstellen, welche konkreten Situationen in Israel zwischen 2005 und
2011 einen kritischen Einfluss auf die Entscheidung über Rüstungs-
exporte und Rüstungsforschungskooperationen genommen haben)?

Drucksache 17/8262 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
f) Welche weiteren militärischen Forschungskooperationen stehen in Pla-
nung, und wer wird daran beteiligt sein (bitte genaue Nennung der Ko-
operationspartner)?

35. a) An welchen Projekten des europäischen bzw. des nationalen Sicherheits-
forschungsprogramms ist Russland beteiligt?

b) Welche russischen Einrichtungen nehmen teil?

c) Welche Informationen hat die Bundesregierung über die Beachtung men-
schenrechtlicher Standards durch diese Einrichtungen?

d) Was wird in diesen Projekten entwickelt, und welchen militärischen Nut-
zen könnten diese Entwicklungen haben?

e) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die geplante Verwen-
dung der Forschungsergebnisse durch die russische Seite, und auf welche
Quellen stützt sich diese Kenntnis?

36. Welche weiteren Drittstaaten sind am europäischen bzw. nationalen Sicher-
heitsforschungsprogramm beteiligt, und wie bewertet die Bundesregierung
die menschenrechtliche Situation in diesen Ländern und das Risiko eines
Missbrauchs der Forschungsergebnisse?

37. In welcher Höhe beteiligen sich privatwirtschaftliche Partner mit Eigenan-
teilen an welchen Projekten des BMBF-Programms „Forschung für die zivile
Sicherheit“?

38. Wie hoch wird das Budget für den Bereich Sicherheitsforschung im 8. For-
schungsrahmenprogramm der EU voraussichtlich sein (bitte aufschlüsseln)?

39. Welche inhaltlichen und finanziellen Pläne hat die Bundesregierung für die
Weiterführung des Sicherheitsforschungsprogramms für die laufende Legis-
laturperiode?

40. a) Wer waren die Teilnehmer des „EU-Israel FP7 joint committee meeting“,
das vom 28. bis 29. November 2011 in Brüssel stattfand?

b) Was waren die Programmpunkte dieses Treffens?

c) Was wurde hinsichtlich der weiteren Kooperation mit Israel im Rahmen
des 7. FRP und des 8. FRP dort beschlossen?

d) Welche Ergebnisse hat die Sitzung erzielt, und wie positioniert sich die
Bundesregierung dazu?

e) Wo und für wen ist das Protokoll dieses Treffens einsehbar?

f) Spricht etwas dagegen, das Protokoll dieses Treffens zu veröffentlichen?

Wenn ja, was?

Wenn nein, wann und wo wird das Protokoll veröffentlicht werden?

41. Welche und wie viele sicherheitsforschungsrelevante Projekte werden durch
andere Förderprogramme des BMBF, wie z. B. „IKT 2020 – Forschung für
Innovation“, finanziert, und in welcher Höhe?

Berlin, den 19. Dezember 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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