BT-Drucksache 17/7867

Ungeklärte Mordfälle unter Gewerbetreibenden türkischer bzw. griechischer Herkunft und die Antwort der Bundesregierung vom 20. April 2007 auf eine Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE.

Vom 21. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7867
17. Wahlperiode 21. 11. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Petra Pau, Nicole Gohlke, Dr. Rosemarie Hein, Ulla Jelpke,
Jens Petermann, Raju Sharma, Dr. Petra Sitte, Frank Tempel, Halina Wawzyniak
und der Fraktion DIE LINKE.

Ungeklärte Mordfälle unter Gewerbetreibenden türkischer bzw. griechischer
Herkunft und die Antwort der Bundesregierung vom 20. April 2007 auf eine
Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE.

Im Jahr 2007 stellte die Fraktion DIE LINKE. eine Kleine Anfrage zu den
ungeklärten Mordfällen an Gewerbetreibenden türkischer bzw. griechischer
Herkunft. Auf die damals gestellten Fragen erhielt sie von der Bundesregierung
die nachfolgend ebenfalls aufgeführten Antworten (vgl. Bundestagsdrucksache
16/5057):

„Seit dem Jahr 2000 wurden bundesweit insgesamt neun Morde an Gewerbe-
treibenden türkischer – bzw. in einem Fall griechischer – Herkunft begangen.

Da alle Morde mit ein und derselben Tatwaffe verübt wurden, ist von ein und
demselben Täter auszugehen. In der Presse ist von einem „europaweit ein-
maligen Fall“ die Rede (vgl. die tageszeitung vom 11. September 2006). Anfang
Mai 2006 kam es in Kassel in diesem Zusammenhang zu einer Groß-
demonstration von etwa 2 000 Bürgerinnen und Bürgern türkischer Herkunft, um
die Bevölkerung und die Behörden aufzurütteln (vgl. ebd.). Polizei und Bundes-
kriminalamt (BKA) ermitteln bislang ohne Erfolg, obwohl eine Sonderkommis-
sion „Bosporus“ gebildet wurde, eine Belohnung von inzwischen 300 000 Euro
ausgesetzt und der Fall in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ publik ge-
macht wurde.

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die bisherige Arbeit der zuständigen
Ermittlungsbehörden, um die oben genannten Fälle aufzuklären?

Wegen der ungeklärten Mordfälle an Gewerbetreibenden türkischer bzw.
griechischer Herkunft führen Staatsanwaltschaften in Bayern, Hamburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Nordrhein-Westfalen Ermittlungs-
verfahren. Zu Ermittlungsverfahren der Landesjustizverwaltungen nimmt
die Bundesregierung nicht Stellung.

2. Was wurde bislang genau unternommen, um die Mordserie aufzuklären,
und welche Behörden auf Bundes- und Landesebene waren bzw. sind an

den Ermittlungsarbeiten in welcher Form beteiligt?

3. Über welche Kenntnisse verfügt die Bundesregierung hinsichtlich bestehen-
der Tatmotive?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass der oder die Täter
gezielt türkische oder türkisch aussehende Opfer auswählen, und was folgt
hieraus?

Drucksache 17/7867 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5. Erfolgte eine Kooperation zwischen deutschen und türkischen Ermittlungs-
behörden, und wenn ja, seit welchem Zeitpunkt, in welchem Umfang und
mit welchem Untersuchungsauftrag?

Siehe Antwort zu Frage 1.

6. Was haben nach Kenntnis der Bundesregierung Landes- oder Bundesbehör-
den bislang unternommen, um den Ängsten und dem besonderen Informa-
tions- und Schutzbedürfnis der türkisch- und griechischstämmigen Bevölke-
rung Rechnung zu tragen?

7. Erfolgen gezielte Schutz- und Aufklärungsmaßnahmen für türkische und/
oder griechische Gewerbetreibende in der Region München/Nürnberg, etwa
durch zweisprachige Hinweisblätter, durch den Einsatz zweisprachiger
Polizeibeamtinnen und -beamter mit Migrationshintergrund usw.?

Die Zuständigkeit für polizeiliche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr liegt bei
den Ländern. Die Bundesregierung nimmt zu diesen Maßnahmen nicht Stel-
lung.

8. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass die Mordserie gegen Gewerbe-
treibende türkischer oder türkisch aussehender Herkunft in den deutschen
Medien und in der deutschen Öffentlichkeit und Politik eine eher geringe
Beachtung gefunden hat, und welche Gründe sieht sie hierfür?

Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Informationen vor.“

Soweit die Fragen und die Antworten der Bundesregierung vom 20. April
2007 auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdruck-
sache 16/5057.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie bewertet die Bundesregierung heute die damalige Antwort auf die oben
wiedergegebene Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestags-
drucksache 16/5057?

2. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die damalige Bundesregierung
sachgerecht den Stand der Ermittlungen und die Rolle der Bundesbehörden
in diesen Ermittlungen dargestellt hat, und wenn ja, wie begründet sie dies?

3. Hält die Bundesregierung auch heute noch die Position der damaligen
Bundesregierung aufrecht, dass sie und die Bundesbehörden nicht zuständig
gewesen seien für die Aufklärung dieser länderübergreifenden Mordserie,
und wenn ja, wie begründet sie diese Auffassung, und wenn nein, wie be-
wertet sie heute die Auffassung der damaligen Bundesregierung?

4. Teilt die Bundesregierung die Haltung ihrer Vorgängerin, dass sie sich unab-
hängig von Zuständigkeitsfragen auch keinerlei Informationen beschaffen
müsse, um sich auf dieser Grundlage eine Meinung bilden zu können an-
gesichts einer bundesweiten Mordserie, deren Opfer eine rassistische
Motivation auf Täterseite zumindest nahelegen, und wenn ja, wie begründet
sie diese Auffassung?

5. Ab wann genau wurde das BKA in diese Ermittlungen eingeschaltet, und
welche Funktionen und Aufgaben hat das BKA dort übernommen, und mit
wie vielen Beamten war das BKA an den Ermittlungen beteiligt?

Berlin, den 21. November 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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