BT-Drucksache 17/7712

zu dem Antrag der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Volker Beck (Köln), Ute Koczy, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 17/6498 - Für eine glaubwürdige Außenpolitik gegenüber Usbekistan

Vom 11. November 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7712
17. Wahlperiode 11. 11. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Viola von Cramon-Taubadel, Volker Beck (Köln),
Ute Koczy, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 17/6498 –

Für eine glaubwürdige Außenpolitik gegenüber Usbekistan

A. Problem

Die Antragsteller stellen fest, dass sich Deutschlands Außenpolitik auch unter
der aktuellen Koalition der CDU, CSU und FDP der weltweiten Durchsetzung
der Menschenrechte verschrieben hat. Sie konstatieren ferner, dass das Regime
des usbekischen Präsidenten Islam Karimow weiterhin massiv und systema-
tisch die Menschenrechte verletzt. Die Ausweisung der Nichtregierungsorgani-
sation (NGO, Non-Governmental Organization) Human Rights Watch aus
Usbekistan im März dieses Jahres zeige deutlich, dass deren Arbeit unmöglich
gemacht werde und die usbekische Regierung die Forderungen, welche die EU
2008 zur Bedingung für die Aufhebung der Sanktionen gegen Usbekistan ge-
macht hat, bisher nicht erfülle.

Mit dem Antrag unter dem Titel: „Für eine glaubwürdige Außenpolitik gegen-
über Usbekistan“ möge daher der Deutsche Bundestag die Bundesregierung
auffordern:

1. auf die usbekische Regierung einzuwirken, politische Gefangene unverzüg-
lich freizulassen, die Ereignisse in Andijan 2005 von einer unabhängigen
internationalen Kommission untersuchen zu lassen und sich für eine Verbes-
serung der Haftbedingungen und ein Verbot von Folter in Usbekistan einzu-
setzen,

2. gegenüber der usbekischen Regierung die Achtung und den Schutz der Reli-
gions-, Presse- und Meinungsfreiheit in Usbekistan anzumahnen, sich für den
Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern einzusetzen
und an der deutschen Botschaft in Taschkent eine Verbindungsbeamtin oder
einen Verbindungsbeamten für die vor Ort aktiven Menschenrechtsverteidi-
gerinnen und -verteidiger zur Verfügung zu stellen,

3. sich für eine Rückkehr der NGO Human Rights Watch nach Usbekistan ein-
zusetzen und ein Ende der Beeinträchtigungen und Behinderungen interna-
tionaler und usbekischer unabhängiger NGO zu fordern,

Drucksache 17/7712 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. gravierende Menschenrechtsverletzungen und ausbleibende Fortschritte bei
der Erfüllung menschenrechtlichter Verpflichtungen auch öffentlich deut-
lich zu kritisieren,

5. den Ausbau von gezielten Stipendienprogrammen für Studierende aus Us-
bekistan in der Bundesrepublik Deutschland voranzutreiben,

6. keine Flüchtlinge nach Usbekistan abzuschieben und gegenüber der usbeki-
schen Seite auf Auskünfte über bereits Zurückgeführte zu bestehen,

7. all denjenigen, die in Usbekistan von willkürlicher staatlicher Gewalt be-
droht werden, aus humanitären Gründen ein Visum für Deutschland bezie-
hungsweise den Schengenraum auszustellen,

8. die künftige Zusammenarbeit an die Entwicklung und Befolgung einer men-
schenrechtlichen Agenda zu knüpfen und verstärkt auf regierungsferne
Maßnahmen in der Entwicklungszusammenarbeit mit Usbekistan zu setzen,

9. Alternativen für den strategischen Lufttranssportstützpunkt der Bundeswehr
in Termez ernsthaft zu prüfen,

10. sich auf Ebene der Europäischen Union dafür einzusetzen, dass Fonds aus
dem Umfeld der Präsidentenfamilie nicht mit öffentlichen Geldern der Eu-
ropäischen Union finanziert werden,

11. die im Rahmen der Zentralasienstrategie ins Leben gerufene „Rule-of-Law-
Initiative“ zu evaluieren und die vermeintliche Unabhängigkeit der usbeki-
schen Justiz auf den Prüfstand zu stellen,

12. darauf hinzuwirken, dass Kinderarbeit zurückgedrängt wird und zu gewähr-
leisten, dass deutsche Wirtschaftsunternehmen von diesen Menschenrechts-
verletzungen nicht profitieren,

13. sich gemeinsam mit allen relevanten außenpolitischen Akteuren, für eine
menschenrechtlich konsistente Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspoli-
tik gegenüber Usbekistan einzusetzen,

14. den EU-Menschenrechtsdialog mit Usbekistan zu intensivieren, konkrete
menschenrechtliche Zielvorgaben zu formulieren und einen Zeitplan zur Er-
füllung dieser Vorgaben vorzulegen und

15. für den Fall, dass sich die Menschenrechtssituation in Usbekistan mittelfris-
tig trotz des intensiveren Menschenrechtsdialoges und der verstärkten Zu-
sammenarbeit im Sinne der oben genannten Forderungen nicht verbessern
sollte, sich im Rahmen der EU dafür einzusetzen, den Menschenrechts-
dialog auszusetzen oder gegebenenfalls auch zu beenden.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Keine.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7712

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/6498 abzulehnen.

Berlin, den 9. November 2011

Der Auswärtige Ausschuss

Hans-Ulrich Klose
Stellvertretender Vorsitzender

Manfred Grund
Berichterstatter

Franz Thönnes
Berichterstatter

Dr. Rainer Stinner
Berichterstatter

Stefan Liebich
Berichterstatter

Viola von Cramon-Taubadel
Berichterstatterin

Drucksache 17/7712 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Manfred Grund, Franz Thönnes, Dr. Rainer Stinner,
Stefan Liebich und Viola von Cramon-Taubadel

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Antrag auf Drucksache
17/6498 in seiner 120. Sitzung am 7. Juli 2011 in erster
Lesung beraten und zur federführenden Beratung dem
Auswärtigen Ausschuss, zur Mitberatung dem Verteidi-
gungsausschuss, dem Ausschuss für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe und dem Ausschuss für die Angelegenhei-
ten der Europäischen Union überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Antragsteller stellen fest, dass sich Deutschlands
Außenpolitik auch unter der aktuellen Koalition der CDU,
CSU und FDP der weltweiten Durchsetzung der Menschen-
rechte verschrieben hat. Sie konstatieren ferner, dass das
Regime des usbekischen Präsidenten Islam Karimow wei-
terhin massiv und systematisch die Menschenrechte ver-
letzt. Die Ausweisung der Nichtregierungsorganisation
(NGO, Non-Governmental Organization) Human Rights
Watch aus Usbekistan im März dieses Jahres zeige deutlich,
dass deren Arbeit unmöglich gemacht werde und die usbe-
kische Regierung die Forderungen, welche die EU 2008 zur
Bedingung für die Aufhebung der Sanktionen gegen Usbe-
kistan gemacht hat, bisher nicht erfülle.

Mit dem Antrag unter dem Titel: „ Für eine glaubwürdige
Außenpolitik gegenüber Usbekistan“ möge daher der Deut-
sche Bundestag die Bundesregierung auffordern:

1. auf die usbekische Regierung einzuwirken, politische
Gefangene unverzüglich freizulassen, die Ereignisse in
Andijan 2005 von einer unabhängigen internationalen
Kommission untersuchen zu lassen und sich für eine
Verbesserung der Haftbedingungen und ein Verbot von
Folter in Usbekistan einzusetzen,

2. gegenüber der usbekischen Regierung die Achtung und
den Schutz der Religions-, Presse- und Meinungsfreiheit
in Usbekistan anzumahnen, sich für den Schutz von
Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern ein-
zusetzen und an der deutschen Botschaft in Taschkent
eine Verbindungsbeamtin oder einen Verbindungsbeam-
ten für die vor Ort aktiven Menschenrechtsverteidige-
rinnen und -verteidiger zur Verfügung zu stellen,

3. sich für eine Rückkehr der NGO Human Rights Watch
nach Usbekistan einzusetzen und ein Ende der Beein-
trächtigungen und Behinderungen internationaler und
usbekischer unabhängiger NGO zu fordern,

4. gravierende Menschenrechtsverletzungen und ausblei-
bende Fortschritte bei der Erfüllung menschenrecht-
lichter Verpflichtungen auch öffentlich deutlich zu kriti-
sieren,

5. den Ausbau von gezielten Stipendienprogrammen für
Studierende aus Usbekistan in der Bundesrepublik
Deutschland voranzutreiben,

6. keine Flüchtlinge nach Usbekistan abzuschieben und
gegenüber der usbekischen Seite auf Auskünfte über
bereits Zurückgeführte zu bestehen,

7. all denjenigen, die in Usbekistan von willkürlicher
staatlicher Gewalt bedroht werden, aus humanitären
Gründen ein Visum für Deutschland beziehungsweise
den Schengenraum auszustellen,

8. die künftige Zusammenarbeit an die Entwicklung und
Befolgung einer menschenrechtlichen Agenda zu knüp-
fen und verstärkt auf regierungsferne Maßnahmen in
der Entwicklungszusammenarbeit mit Usbekistan zu
setzen,

9. Alternativen für den strategischen Lufttranssportstütz-
punkt der Bundeswehr in Termez ernsthaft zu prüfen,

10. sich auf Ebene der Europäischen Union dafür einzuset-
zen, dass Fonds aus dem Umfeld der Präsidentenfamilie
nicht mit öffentlichen Geldern der Europäischen Union
finanziert werden,

11. die im Rahmen der Zentralasienstrategie ins Leben ge-
rufene „Rule-of-Law-Initiative“ zu evaluieren und die
vermeintliche Unabhängigkeit der usbekischen Justiz
auf den Prüfstand zu stellen,

12. darauf hinzuwirken, dass Kinderarbeit zurückgedrängt
wird und zu gewährleisten, dass deutsche Wirtschafts-
unternehmen von diesen Menschenrechtsverletzungen
nicht profitieren,

13. sich gemeinsam mit allen relevanten außenpolitischen
Akteuren, für eine menschenrechtlich konsistente
Außen-, Entwicklungs- und Sicherheitspolitik gegen-
über Usbekistan einzusetzen,

14. den EU-Menschenrechtsdialog mit Usbekistan zu in-
tensivieren, konkrete menschenrechtliche Zielvorgaben
zu formulieren und einen Zeitplan zur Erfüllung dieser
Vorgaben vorzulegen und

15. für den Fall, dass sich die Menschenrechtssituation in
Usbekistan mittelfristig trotz des intensiveren Men-
schenrechtsdialoges und der verstärkten Zusammen-
arbeit im Sinne der oben genannten Forderungen nicht
verbessern sollte, sich im Rahmen der EU dafür ein-
zusetzen, den Menschenrechtsdialog auszusetzen oder
gegebenenfalls auch zu beenden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag auf Drucksa-
che 17/6498 in seiner 105. Sitzung am 9. November 2011
beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. die Ablehnung.

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre
Hilfe hat den Antrag auf Drucksache 17/6498 in seiner

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7712

Berlin, den 9. November 2011

Manfred Grund
Berichterstatter

Franz Thönnes
Berichterstatter

Dr. Rainer Stinner
Berichterstatter

Stefan Liebich
Berichterstatter

Viola von Cramon-Taubadel
Berichterstatterin

47. Sitzung am 9. November 2011 beraten und empfiehlt
mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. die Ablehnung.

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europä-
ischen Union hat den Antrag auf Drucksache 17/6498 in
seiner 50. Sitzung am 9. November 2011 beraten und emp-
fiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion der SPD die Ablehnung.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Auswärtige Ausschuss hat den Antrag auf Drucksache
17/6498 in seiner 49. Sitzung am 9. November 2011 beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimment-
haltung der Fraktion der SPD die Ablehnung.

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