BT-Drucksache 17/7264

Europäischer Integrationsfonds

Vom 4. Oktober 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7264
17. Wahlperiode 04. 10. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Viola von Cramon-Taubadel,
Tom Koenigs, Omid Nouripour, Ingrid Hönlinger und der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Europäischer Integrationsfonds

2007 hat die Europäische Union den Europäischen Integrationsfonds (EIF) ge-
schaffen.

Hauptzielgruppe sind neu eingewanderte Drittstaatsangehörige. Spätaussied-
lerinnen und -aussiedler, Unionsbürgerinnen und -bürger werden also genauso
wenig gefördert wie Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte. Allerdings
können Bleiberechtigte gefördert werden, wenn sie eine Aufenthaltserlaubnis
nach § 104a Absatz 1 oder § 104b i. V. m. § 23 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes
besitzen.

Für das Jahr 2010 war der Finanzrahmen des EIF für Deutschland auf
ca. 13,5 Mio. Euro festgesetzt. In den Bundeshaushalt 2011 wurden im Einzel-
plan 06 (Kapitel 33 Titel 684 04) insgesamt 2 Mio. Euro Kofinanzierungsmittel
eingestellt.

Gefördert werden über den EIF Projekte mit folgenden Inhalten:
1. Vorintegration,
2. Integration durch Bildung einschließlich Bildungsangeboten für spezielle

Zielgruppen, wie Frauen, Jugendliche und Kinder, Analphabeten oder Perso-
nen mit Behinderung,

3. vorbereitende Maßnahmen zu späteren arbeitsmarktbezogenen Integrations-
maßnahmen einschließlich spezifischer Maßnahmen für spezielle Zielgrup-
pen, wie Frauen, Jugendliche und Kinder, Analphabeten oder Personen mit
Behinderung,

4. Integration durch gesellschaftliche Teilhabe einschließlich Maßnahmen zur
Förderung des interkulturellen Dialogs,

5. Monitoring, Evaluierung, Indikatoren,
6. Förderung interkultureller Kompetenzen und Kapazitäten einschließlich

Maßnahmen zur Einbeziehung der Aufnahmegesellschaft in den Integra-
tionsprozess,

7. Kommunikation und Kooperation zwischen den Mitgliedstaaten.

Unter www.bamf.de/DE/Infothek/EU-Fonds/EIF/Projekte/projekte-node.html
hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) eine Liste von 73 im
Jahr 2010 geförderten Jahresprojekten veröffentlicht.

Drucksache 17/7264 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Diese Liste ist jedoch in mehrfacher Hinsicht unvollständig:
1. Es fehlen, anders als z. B. bei der Projekteübersicht des BAMF zum EU-

Rückkehrfonds, Angaben über die Höhe der Fördermittel für die einzelnen
Projekte.

2. Auch enthält die EIF-Liste keine Angaben darüber, zu welchem Anteil die
Projekte durch EU-Mittel bzw. durch nationale Mittel gefördert werden.

3. Schließlich gibt es Unklarheiten bezüglich der nationalen Kofinanzierungs-
mittel: Es wird nicht aufgeschlüsselt,
a) inwiefern bzw. zu welchem Anteil die nationalen Kofinanzierungsmittel

aus Eigenmitteln der Projekte, aus Drittmitteln oder aus staatlichen
Zuwendungen stammen bzw.

b) inwiefern es sich bei staatlichen Kofinanzierungsmitteln um Zuwendun-
gen des Bundes bzw. welchen Bundeslandes handelt.

Wir fragen die Bundesregierung:

Allgemein

1. In welcher Höhe hat Deutschland in den Jahren 2008 bis 2011 Mittel aus dem
EIF erhalten?

2. Wie hoch lag der prozentuale Anteil Deutschlands an den Gesamtmitteln des
EIF in den Jahren 2008 bis 2010 (bitte aufschlüsseln), und auf welcher
Grundlage wurde dieser Anteil festgelegt?

3. Welche Projekte wurden in den Jahren 2008 bis 2010 (bitte nach Jahren auf-
schlüsseln) durch Mittel des EIF gefördert (bitte nach folgenden Parametern
aufschlüsseln: Name und Ort des Projektträgers, Projektbezeichnung, Förde-
rungsjahr, Höhe der Fördermittel, Zuordnung zu einem der sieben Schwer-
punktbereiche des BAMF, Höhe der EIF-Mittel bzw. der nationalen Mittel
und Herkunft des nationalen Kofinanzierungsmittelanteils – Eigenmittel der
Projektträger, Drittmittel oder Zuwendungen des Bundes bzw. welchen Bun-
deslandes)?

4. Welche EIF-Projekte werden in welcher Höhe im Jahr 2011 aus Bundesmit-
teln kofinanziert (bitte anhand der oben genannten Parameter aufschlüsseln)?

5. In welcher Höhe und unter welchem Haushaltstitel im Entwurf des Bundes-
haushalts 2012 wurden Haushaltsmittel zur Kofinanzierung des EIF durch
den Bund eingestellt (bitte erläutern)?

6. Nach welchen Kriterien erfolgten die Kofinanzierungsentscheidungen des
Bundes, und inwieweit entsprechen diese Kriterien den Vergabekriterien des
EIF?

7. Ist es in den Jahren 2008 bis 2010 vorgekommen, dass vorhandene Mittel aus
dem EIF nicht ausgeschöpft wurden?

Wenn ja,

a) wie viele Mittel wurden wann und aus welchem Grunde nicht ausge-
schöpft (bitte nach Jahren aufschlüsseln),

b) welche Förderschwerpunkte des BAMF waren hiervon betroffen und

c) was geschah mit den nicht abgerufenen EIF-Mitteln?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7264

8. Erhielten Bundes- bzw. Landes- oder Kommunalbehörden, wie z. B. beim
EU-Außengrenzenfonds, in den Jahren 2008 bis 2010 Projektmittel aus dem
EIF?

Wenn ja,

a) für welche Projekte/Maßnahmen,

b) in welcher Höhe und

c) mit welchen Mitteln wurden diese Projekte kofinanziert?

Förderschwerpunkte

9. Wie gliederte sich die Mittelvergabe des Bundes prozentual zwischen
den sieben Schwerpunktbereichen des BAMF auf (bitte für die Jahre 2008
bis 2010 aufschlüsseln)?

10. Wie viele EIF-Mittel wurden in den Jahren 2008 bis 2010 für den Schwer-
punkt „Vorintegration“ für Maßnahmen zur Sprachförderung und Vermitt-
lung gesellschaftspolitischen Orientierungswissens im Herkunftsland be-
willigt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)?

11. Inwiefern ist es der Bundesregierung gelungen, ihr Anliegen umzusetzen
und den EIF stärker für Migrantenorganisationen zu öffnen (vgl. Bundes-
tagsdrucksache 17/3276, S. 91)?

12. Ist es zutreffend, dass in der EIF-Ausschreibung des BAMF für das Förder-
jahr 2011 erstmals festgelegt wurde, dass „nur Projekte mit einer beantrag-
ten EIF-Zuwendungssumme von mindestens 50 000 Euro genehmigt wer-
den können“?

a) Wenn ja, warum wurde diese Mindestsumme eingeführt?

b) Hat die Bundesregierung eine Vorstellung bzw. Kenntnis darüber, wie
sich diese neue Hürde auf die Chancen – gerade für kleine Verbände (und
hierbei insbesondere für Migrantenorganisationen) – auswirkt, Projekt-
anträge über den EIF zu stellen (eingedenk der Tatsache, dass die Bun-
desregierung in ihrem bundesweiten Integrationsprogramm selber auf
„die begrenzte finanzielle Ausstattung vieler Migrantenorganisationen“
hingewiesen hat; Bundestagsdrucksache 17/3276, S. 90)?

13. Wie viele EIF-Mittel wurden in den Jahren 2008 bis 2010 für Verwaltung
und technische Unterstützung bewilligt (geplant war hier eine Quote von
7 Prozent – bitte nach Jahren sowie nach Personalkosten und Sachkosten
aufschlüsseln)?

Abrechnungsmodalitäten

14. Können sich Projektträger auch Sachleistungen bzw. ehrenamtliche Tätig-
keit als Eigenfinanzierungsanteil anrechnen lassen, und wenn nein, warum
nicht?

15. Ist es Bundes- bzw. Landes- oder Kommunalbehörden möglich, sofern sie
als Projektträger oder -partner des EIF fungierten, Personalkosten gegen-
über dem EIF abzurechnen?

16. In welchem Umfang standen beim BAMF für die Umsetzung der vier EU-
Fonds (EIF, EAF, ERF und EFF) in den Jahren 2008 bis 2011 Personalstel-
len zur Verfügung (bitte aufschlüsseln)?

Drucksache 17/7264 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

17. Trifft es zu, dass das BAMF die Verwendungsnachweisprüfung für EIF-
Projekte an ein privates Dienstleistungsunternehmen abgegeben hat?

Wenn ja:

a) Welche Gründe hat es dafür gegeben?

b) Wurde diese Auftragsvergabe ausgeschrieben, und wenn nein, warum
nicht?

c) Welches Finanzvolumen und welche Laufzeit hat dieser Auftrag?

d) Welche Zuständigkeiten/Entscheidungskompetenzen hat dieses private
Dienstleistungsunternehmen?

18. Ist es zutreffend, dass Projektnehmer des EIF Passkopien angefertigt und
diese an das BAMF weitergeleitet haben, um nachzuweisen, dass nur Dritt-
staatsangehörige Nutznießerinnen und Nutznießer der Projekte waren?

Wenn ja, hält die Bundesregierung ein solches Vorgehen für datenschutz-
rechtlich einwandfrei bzw. integrationspolitisch für sinnvoll (bitte begrün-
den)?

Vergabeprozess

19. Wird bei der Verteilung der Deutschland zustehenden EIF-Mittel eine ange-
messene Verteilung der Fördergelder zwischen den Bundesländern sicher-
gestellt?
Wie sind die Bundesländer an diesem Prozess beteiligt?

20. Werden die Bundesländer an der Erstellung des jeweiligen EIF-Jahrespro-
gramms beteiligt?
Wenn ja, wie?
Wenn nein, warum nicht?

21. Was hat die Bundesregierung unternommen, um den Beschluss der 5. Inte-
grationsministerkonferenz aus dem Jahr 2010 umzusetzen, den Abstim-
mungsprozess mit den Ländern im Hinblick auf den EIF „zu optimieren“?

22. Werden auch Sozialpartner an der Erstellung des jeweiligen EIF-Jahrespro-
gramms beteiligt?
Wenn ja, wie werden welche Sozialpartner beteiligt?
Wenn nein, warum nicht?

23. Nach welchen Kriterien bzw. nach welchem Bewertungsschlüssel werden
die Entscheidungen über die Förderung von Projekten getroffen?

24. Wie erfolgt eine für Projektträger transparente Darstellung der Entschei-
dung?
Werden abgelehnte Projektträger detailliert und zeitnah über die Ab-
lehnungsgründe informiert?

25. Ist das Bundesministerium des Innern selbst in die inhaltliche/politische
Abwägung beim Vergabeprozess des BAMF über einzelne Projektanträge
involviert, und wenn ja, in welchen Fällen bzw. in welcher Weise?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7264

Zukunft des EIF

26. Ist es zutreffend, dass die Bundesregierung eine Programmevaluation für
den EIF bei der Firma Rambøll-Management in Auftrag gegeben hat?

Wenn ja:

a) Was kostete diese Evaluation?

b) Liegt das Evaluationsgutachten vor, und wenn ja, wem liegt es seit wann
vor?

c) Wie lauten die wesentlichen Ergebnisse dieses Gutachtens?

d) Ist eine vollumfängliche Veröffentlichung des Evaluationsberichts vor-
gesehen, und wenn nein, warum nicht?

27. In welcher Form und mit welchen inhaltlichen/programmatischen bzw.
haushalterischen Zielvorstellungen beteiligt sich die Bundesregierung an
der anstehenden Beratung innerhalb der EU über die Weiterentwicklung
bzw. Fortführung des EIF nach 2014?

28. Sind die Bundesländer bzw. die Sozialpartner an den diesbezüglichen Bera-
tungen beteiligt?

Wenn ja, wie?

Wenn nein, warum nicht?

29. Hält die Bundesregierung es für integrationspolitisch sinnvoll, die Dritt-
staatenklausel so zu erweitern, dass künftig auch

a) Staatsangehörige aus EU-Mitgliedstaaten,

b) Asylberechtigte und Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention,

c) subsidiär Schutzberechtigte

an Maßnahmen des EIF teilnehmen können bzw.

d) Migrantenorganisationen besser von der Vergabe von EIF-Mitteln profi-
tieren können?

Wenn ja, was hat die Bundesregierung diesbezüglich bislang unternom-
men?

Wenn nein, warum nicht (bitte einzeln begründen)?

Berlin, den 4. Oktober 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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