BT-Drucksache 17/7178

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -17/7178- Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes

Vom 28. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7178
17. Wahlperiode 28. 09. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/5515 –

Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes

A. Problem

Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaus-
siedlers kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen in den Aufnahme-
bescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden und mit ihm gemeinsam ins
Bundesgebiet aussiedeln. Jedoch führt die Aussiedlung nach Deutschland zu ei-
ner Trennung von Familienangehörigen, wenn sich diese zunächst entscheiden,
im Aussiedlungsgebiet zu bleiben oder nicht die vertriebenenrechtlichen Auf-
nahmevoraussetzungen erfüllen. Im Bundesvertriebenenrecht fehlt bislang eine
Regelung, die es dem Ehegatten oder Abkömmling eines Spätaussiedlers er-
möglicht, bei Vorliegen eines Härtefalles nachträglich ins Bundesgebiet auszu-
siedeln.

B. Lösung

Es wird eine Härtefallregelung zur nachträglichen Einbeziehung des Ehegatten
oder Abkömmlings in den Aufnahmebescheid eines Spätaussiedlers geschaffen.
Voraussetzung ist neben dem Vorliegen eines Härtefalles, dass der Spätaussied-
ler seinen ständigen Aufenthalt bereits im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat
und der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling die
sonstigen Aufnahmevoraussetzungen nach dem Bundesvertriebenenrecht er-
füllt.

Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

Dem Bund entstehen auch nach Inkrafttreten der Härtefallregelung keine weite-
ren Kosten. Der jährliche Zuzug von Spätaussiedlern und deren Familienange-

Drucksache 17/7178 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

hörigen wird die bisher zugrunde gelegte Größenordnung von etwa 4 000 Per-
sonen voraussichtlich nicht übersteigen. Die Kosten für die Rückführung,
Erstaufnahme und Eingliederung von Spätaussiedlern und die für die Inan-
spruchnahme der Integrationskurse veranschlagten Ausgaben werden grund-
sätzlich aus dem Einzelplan 06 erwirtschaftet. Insgesamt ist dafür Sorge getra-
gen, dass dem Gesamthaushalt keine zusätzlichen Belastungen entstehen.

Die bei den Ländern und Kommunen entstehenden Kosten lassen sich nicht ge-
nau ermitteln.

Angesichts zurückgehender Zuzugszahlen in den letzten Jahren dürften die Kos-
ten für die Aufnahme von Spätaussiedlern und ihrer Familienangehörigen auch
unter Berücksichtigung der Härtefallregelung die Kosten nicht übersteigen, die
von den Ländern und Kommunen gegenwärtig zu tragen sind.

E. Sonstige Kosten

Kosten für die Wirtschaft oder Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere
auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Etwaige Kosten für so-
ziale Sicherungssysteme können nicht beziffert werden.

F. Bürokratiekosten

Für die Wirtschaft werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geändert
oder aufgehoben.

Für die Bürgerinnen und Bürger wird eine Informationspflicht neu eingeführt.

Für die Verwaltung werden keine Informationspflichten neu eingeführt, geän-
dert oder aufgehoben.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7178

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/5515 unverändert anzunehmen.

Berlin, den 21. September 2011

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Stephan Mayer (Altötting)
Berichterstatter

Daniela Kolbe (Leipzig)
Berichterstatterin

Serkan Tören
Berichterstatter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin

Memet Kilic
Berichterstatter

a) Der neue Buchstabe a (bisherige Nummer 1) wird halts- und Einstandspflicht begründete.

wie folgt gefasst:

Absatz 1 wird wie folgt geändert:

aa. In Satz 2 werden die Wörter „sie Grund-
kenntnisse der deutschen Sprache besitzen“

Eine Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspart-
nerschaften im Bundesvertriebenengesetz entspricht daher
nicht mehr den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts. Mit dem vorliegenden Änderungs-
Drucksache 17/7178 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Stephan Mayer (Altötting), Daniela Kolbe (Leipzig),
Serkan Tören, Ulla Jelpke und Memet Kilic

1. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/5515 wurde in der
120. Sitzung des Deutschen Bundestages am 7. Juli 2011 an
den Innenausschuss federführend sowie an den Petitionsaus-
schuss zur Mitberatung überwiesen.

2. Votum des mitberatenden Ausschusses

Der Petitionsausschuss hat in seiner 45. Sitzung mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP bei
Stimmenthaltung der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzent-
wurfs empfohlen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
50. Sitzung am 21. September 2011 abschließend beraten
und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP bei Stimmenthaltung der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annah-
me des Gesetzentwurfs.

Der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 17(4)339, der mit den
Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.
abgelehnt wurde, hat einschließlich Begründung folgenden
Wortlaut:

Der Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bun-
desvertriebenengesetzes wird wie folgt geändert:

Artikel 1 (Änderung des Bundesvertriebenengesetzes) wird
wie folgt geändert:

1. Die Nummer 1 wird wie folgt gefasst:

„1. Nach § 4 des Bundesvertriebenengesetzes in der Fas-
sung der Bekanntmachung vom 10. August 2007
(BGBl. I S. 1902), das zuletzt durch Artikel 1 des Ge-
setzes vom 6. Juli 2009 (BGBl. I S. 1694) geändert
worden ist, wird folgender § 4a eingefügt:

㤠4a Lebenspartner

Die Regelungen dieses Gesetzes, die sich auf Ehe-
gatten beziehen, gelten entsprechend für eingetrage-
ne Lebenspartner.“

2. Der bisherige Artikel 1 wird Nummer 2 des Artikels
und die bisherigen Nummern 1 bis 3 werden Buchsta-
ben a bis c, die wie folgt geändert werden:

„die Absätze 2 und 3 bleiben unberührt.“

bb. Satz 4 wird gestrichen.

b) In dem neuen Buchstaben b (bisherige Nummer 2)
werden die Wörter „im Aussiedlungsgebiet ver-
bliebene“ gestrichen.

B e g r ü n d u n g

Laut der Gesetzesbegründung des Gesetzentwurfes der Bun-
desregierung ist das Ziel der Neuregelung, Härtefälle zu ver-
meiden, die durch dauerhafte Familientrennungen entste-
hen, und dadurch die Integration von Spätaussiedlern in
Deutschland weiter zu fördern. Diesem begrüßenswerten
Ziel wird die Neuregelung jedoch nicht uneingeschränkt ge-
recht.

Zu Nummer 1

Das am 1. August 2001 in Kraft getretene Lebenspartner-
schaftsgesetz (LPartG, Drucksache 14/3751) schuf für
gleichgeschlechtliche Paare das neue familienrechtliche Ins-
titut der Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Allerdings
wurden eingetragene Lebenspartnerinnen bzw. Lebenspart-
ner in das Bundesvertriebenengesetz bislang nicht einbezo-
gen.

Die Benachteiligung eingetragener Lebenspartnerschaften
gegenüber Ehen wurde bisweilen damit gerechtfertigt, dass
es dem Gesetzgeber wegen des verfassungsrechtlichen
Schutzes der Ehe aus Artikel 6 Abs. 1 GG nicht verwehrt sei,
diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen
(BVerfGE 105, 313, 348). In seinem Beschluss vom 7. 7.
2009 hat das Bundesverfassungsgericht hingegen grund-
legend entschieden, dass der bloße Verweis auf das Schutz-
gebot der Ehe gem. Art. 6 I GG eine Benachteiligung der ein-
getragenen Lebenspartnerschaft gegenüber der Ehe nicht
rechtfertigen könne. Demnach stellt die Rechtfertigung der
Privilegierung der Ehe auf die „auch rechtlich verbindli-
chen Verantwortung für den Partner“ ab. Das Bundesverfas-
sungsgericht stellt aber klar, dass sich in diesem Punkt Ehen
nicht von eingetragenen Lebenspartnerschaften unterschei-
den: „Beide sind auf Dauer angelegt und begründen eine ge-
genseitige Einstandspflicht“.

Auch in seinem Beschluss vom 21. 7. 2010 zum Erbschaft-
steuerrecht bestätigte das Bundesverfassungsgericht seine
Auffassung über Verfassungswidrigkeit der Ungleichbe-
handlung von Lebenspartner gegenüber Ehegatten. Es be-
tonte, dass die eingetragene Lebenspartnerschaft wie die
Ehe auf Dauer angelegt sei und eine gegenseitige Unter-
gestrichen und der Teilsatz nach dem Semiko-
lon wie folgt gefasst:

antrag wird diese ungerechte und grundrechtswidrige Be-
handlung beseitigt.

Berlin, den 21. September 2

Stephan Mayer (Altötting
Berichterstatter

en
tter

Ulla Jelpke
Berichterstatterin
Ausland weder notwendig noch geeignet. Den nachgezoge-
nen Familienangehörigen steht in Deutschland ein umfang-
reiches Angebot an Integrationskursen zur Verfügung. Der
Spracherwerb in Deutschland ist viel leichter, schneller,
günstiger und weniger belastend für die Betroffenen als im
Ausland.

Zu Buchstabe b

Mit dem Änderungsantrag wird der Gesetzentwurf dahinge-
hend geändert, dass auch Ehegatten und Abkömmlinge, die
nicht im Aussiedlungsgebiet verblieben sind, zur Bezugsper-
son in Deutschland nachziehen können. Denn in einem
Härtefall soll es nicht erheblich sein, an welchem Ort das
Familienmitglied sich befindet. Damit werden auch diejeni-
gen Familienmitglieder von der nachträglichen Einbezie-
hung erfasst, die ohne einen Einbeziehungsbescheid das
Herkunftsland verlassen haben oder hier weder vertriebe-
nenrechtlich Aufnahme gefunden noch ausländerrechtlich
einen gesicherten Aufenthalt erlangt haben.

Die Änderung wird ebenfalls vom Land Hessen im Antrag
zum Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Änderung des Bun-
desvertriebenengesetzes (Drucksache 57/2/11) gefordert.

011

) Daniela Kolbe (Leipzig)
Berichterstatterin

Serkan Tör
Berichtersta

Memet Kilic
Berichterstatter
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7178

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a

Der Änderungsantrag sieht nicht nur die Streichung des
Spracherfordernisses im Härtefall nach dem neuen Absatz 3
vor, sondern auch bei der Einbeziehung in den Aufnahmebe-
scheid nach Absatz 1. Damit steht die Änderung im Einklang
mit dem Gesetzentwurf zum Ehegattennachzug (Drucksache
17/1626), mit dem die Streichung des Spracherfordernisses
beim Ehegattennachzug nach dem Aufenthaltsgesetz verfolgt
wird.

Insbesondere älteren Menschen und Personen aus bildungs-
fernen Schichten ist der Spracherwerb im Ausland oft nicht
möglich. Es steht außer Frage, dass es für das Zusammen-
leben in Deutschland wichtig ist, dass die Familienangehö-
rigen Deutsch sprechen. Dafür ist aber ein Deutschkurs im

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