BT-Drucksache 17/7170

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP -17/5894- Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes

Vom 27. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7170
17. Wahlperiode 27. 09. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Kultur und Medien (22. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
– Drucksache 17/5894 –

Entwurf eines Achten Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes

A. Problem

Der Bedarf nach einer Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes ergibt sich aus
dem Ablauf der gesetzlichen Überprüfungsfristen und den sich wandelnden
rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen für die Aufarbeitung der
SED-Diktatur. Der Zugang zu den Stasi-Unterlagen gehört dabei zu den wich-
tigsten Instrumenten der Aufarbeitung. Das Bedürfnis nach Einsichtnahme in
die Stasi-Unterlagen ist bei Bürgerinnen und Bürgern, Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftlern, Journalistinnen und Journalisten nach wie vor ungebrochen;
die entsprechenden Antragszahlen bewegen sich weiterhin auf einem hohen
Niveau. Hinzu kommt, dass sich in der öffentlichen Debatte gezeigt hat, dass der
gesellschaftliche Bedarf an Überprüfungen bestimmter Personengruppen auch
in den kommenden Jahren andauern wird. Um das notwendige Vertrauen in
öffentliche Institutionen und politische Gremien zu stärken, ist weiterhin Trans-
parenz erforderlich.

B. Lösung

Um das Vertrauen in Institutionen und Gremien zu stärken und Transparenz zu
gewährleisten, wird der überprüfbare Personenkreis im öffentlichen Dienst aus-
gedehnt und werden die zum 31. Dezember 2011 auslaufenden Überprüfungs-
möglichkeiten bis zum 31. Dezember 2019 verlängert. Auch die Zugangsrechte
zu den Stasi-Unterlagen sollen erweitert werden. Davon profitieren werden ins-
besondere Wissenschaft und Forschung sowie Angehörige früherer Stasi-Opfer.
Die Gesetzesänderung wird zugleich dazu genutzt, die Gebühren- und Aus-
lagenerhebung auf eine neue Rechtsgrundlage zu stellen sowie redaktionelle
Änderungen und Klarstellungen vorzunehmen. Der Ausschuss empfiehlt zusätz-
lich, eine Norm einzufügen, die die Beschäftigung von Mitarbeitern des Staats-
sicherheitsdienstes beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staats-
sicherheitsdienstes der ehemaligen DDR für unzulässig erklärt.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN.

Drucksache 17/7170 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Kosten wurden im Ausschuss nicht erörtert.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7170

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/5894 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

Artikel 1 wird wie folgt geändert:

1. In Nummer 3 Buchstabe a werden nach dem Wort „Interessen“ die Wörter
„im Sinne von § 1 Absatz 1 Nummer 1“ eingefügt.

2. Nummer 5 Buchstabe a wird wie folgt geändert:

a) Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe bbb wird wie folgt gefasst:

,bbb) Buchstabe d wird wie folgt gefasst:

„d) Beschäftigte öffentlicher Stellen auf mit der Besoldungsgruppe
A 9, der Entgeltgruppe E 9 oder einer höheren Besoldungs- oder
Entgeltgruppe bewerteten Dienstposten, die unbeschadet der in
Nummer 7 genannten Fälle eine leitende Funktion ausüben, so-
wie von der öffentlichen Hand bestellte Mitglieder der Vertre-
tungs- und Aufsichtsorgane in Einrichtungen, bei denen sich die
absolute Mehrheit der Anteile oder die absolute Mehrheit der
öffentlichen Stimmen in öffentlicher Hand befindet; darüber hi-
naus können alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst überprüft
werden, wenn Tatsachen den Verdacht einer hauptamtlichen
oder inoffiziellen Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicher-
heit der ehemaligen DDR rechtfertigen,“.‘

b) Nach Doppelbuchstabe aa wird folgender Doppelbuchstabe bb eingefügt:

,bb) Nummer 7 Buchstabe e wird wie folgt gefasst:

„e) Beschäftigte und ehrenamtliche Mitarbeiter sowie Gremienmit-
glieder derjenigen sonstigen Einrichtungen, die mit der Aufarbei-
tung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes oder der Herr-
schaftsmechanismen der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik oder der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone be-
fasst sind,“.‘

c) Die bisherigen Doppelbuchstaben bb und cc werden die Doppelbuch-
staben cc und dd.

3. Nummer 6 Buchstabe a wird wie folgt geändert:

a) Doppelbuchstabe aa Dreifachbuchstabe bbb wird wie folgt gefasst:

,bbb) Buchstabe d wird wie folgt gefasst:

„d) Beschäftigte öffentlicher Stellen auf mit der Besoldungsgruppe
A 9, der Entgeltgruppe E 9 oder einer höheren Besoldungs- oder
Entgeltgruppe bewerteten Dienstposten, die unbeschadet der in
Nummer 7 genannten Fälle eine leitende Funktion ausüben, so-
wie von der öffentlichen Hand bestellte Mitglieder der Vertre-
tungs- und Aufsichtsorgane in Einrichtungen, bei denen sich die
absolute Mehrheit der Anteile oder die absolute Mehrheit der
öffentlichen Stimmen in öffentlicher Hand befindet; darüber
hinaus können alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst über-
prüft werden, wenn Tatsachen den Verdacht einer hauptamt-
lichen oder inoffiziellen Tätigkeit für das Ministerium für
Staatssicherheit der ehemaligen DDR rechtfertigen,“.‘

Drucksache 17/7170 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

b) Doppelbuchstabe bb wird wie folgt gefasst:

,bb) Nummer 7 Buchstabe e wird wie folgt gefasst:

„e) Beschäftigte und ehrenamtliche Mitarbeiter sowie Gremienmit-
glieder derjenigen sonstigen Einrichtungen, die mit der Aufarbei-
tung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes oder der Herr-
schaftsmechanismen der ehemaligen Deutschen Demokratischen
Republik oder der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone be-
fasst sind,“.‘

4. Nach Nummer 10 werden die folgenden Nummern 11 bis 13 eingefügt:

,11. § 37 Absatz 1 Nummer 5 wird wie folgt gefasst:

„5. Aufarbeitung der Tätigkeit des Staatssicherheitsdienstes durch Un-
terrichtung der Öffentlichkeit über Struktur, Methoden und Wir-
kungsweise des Staatssicherheitsdienstes; für die Veröffentlichung
personenbezogener Informationen gilt § 32 Abs. 3; die Veröffent-
lichung kann auch durch ein elektronisches Informations- und Kom-
munikationssystem erfolgen,“.

12. Nach § 37 wird folgender § 37a eingefügt:

㤠37a
Beschäftigung von Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes

Eine Beschäftigung von Mitarbeitern des Staatssicherheitsdienstes
beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdiens-
tes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ist vorbehalt-
lich des Satzes 2 unzulässig. Ehemalige Mitarbeiter des Staatssicher-
heitsdienstes, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Bestimmung
beim Bundesbeauftragten beschäftigt sind, sind ihren Fähigkeiten ent-
sprechend und unter Berücksichtigung sozialer Belange auf einen
gleichwertigen Arbeitsplatz innerhalb der Bundesverwaltung zu verset-
zen, wenn ihnen dies im Einzelfall zumutbar ist; dies gilt nicht, falls
beim Bundesbeauftragten beschäftigte Bedienstete bei ihrer Einstellung
auf Befragen eine Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst verschwie-
gen haben. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit sind insbesondere das
Interesse des Beschäftigten an einer gleichwertigen Arbeitssituation so-
wie seine persönlichen und familiären Umstände zu berücksichtigen.“

13. In § 39 Absatz 4 Satz 1 werden die Wörter „Tatsachen, soweit sie nicht
offenkundig sind,“ durch die Wörter „nicht offenkundigen personenbe-
zogenen Informationen und sonstigen vertrauliche Informationen, die
ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt geworden sind,“ ersetzt.‘

5. Die bisherige Nummer 11 wird Nummer 14.

Berlin, den 23. September 2011

Der Ausschuss für Kultur und Medien

Monika Grütters
Vorsitzende

Beatrix Philipp
Berichterstatterin

Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Berichterstatter

Reiner Deutschmann
Berichterstatter

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/7170

Bericht der Abgeordneten Beatrix Philipp, Dr. h. c. Wolfgang Thierse,
Reiner Deutschmann, Dr. Rosemarie Hein und Wolfgang Wieland

A. Allgemeiner Teil

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf auf Druck-
sache 17/5894 in seiner 111. Sitzung am 26. Mai 2011 zur
federführenden Beratung an den Ausschuss für Kultur und
Medien überwiesen. Zur Mitberatung hat der Bundestag die
Vorlage an den Innenausschuss, den Sportausschuss, den
Rechtsausschuss, den Haushaltsausschuss, den Ausschuss
für Arbeit und Soziales, den Verteidigungsausschuss sowie
an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfol-
genabschätzung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Mit der achten Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes
werden die bisher geltenden gesetzlichen Überprüfungsfris-
ten bis Ende 2019 verlängert und wird der Personenkreis,
der in die Überprüfungsmöglichkeiten einbezogen ist, er-
weitert. Außerdem geht es darum, die Möglichkeiten für
Wissenschaft, Forschung und Medien, Einblick in Stasi-Un-
terlagen zu nehmen, zu erweitern. Auch Angehörige von
Stasi-Opfern sollen von den Änderungen profitieren und die
Akten einsehen können. Genutzt wird die Novellierung dar-
über hinaus, um eine neue Rechtsgrundlage für die Gebüh-
renerhebung zu schaffen sowie redaktionelle Anpassungen
vorzunehmen.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Innenausschuss empfahl in seiner Sitzung am 21. Sep-
tember 2011 Annahme mit Änderungen mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Änderungs-
antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Aus-
schussdrucksache 17(4)342 war zuvor mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN angenommen worden. Einen Änderungsantrag
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Ausschussdrucksache 17(22)60 lehnte der Innenausschuss
ab mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und
DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Sportausschuss empfahl in seiner Sitzung am 21. Sep-
tember 2011 Annahme mit den Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der
Fassung des Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP auf Ausschussdrucksache 17(22)61. Einen
Änderungsantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 17(22)60 lehnte
der Sportausschuss ab mit den Stimmen der Fraktionen
CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ein
Entschließungsantrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS

90/DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 17(22)62 wur-
de mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen SPD, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

Der Rechtsausschuss empfahl in seiner Sitzung am
21. September 2011 Annahme mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Fassung des
Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
auf Ausschussdrucksache 17(22)61. Einen Änderungsantrag
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Ausschussdrucksache 17(22)60 lehnte der Rechtsausschuss
ab mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und
DIE LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Der Haushaltsausschuss empfahl in seiner Sitzung am
21. September 2011 Annahme mit den Stimmen der Fraktio-
nen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Frak-
tionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der Frak-
tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Fassung des
Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
auf Ausschussdrucksache 17(22)61.

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales empfahl in seiner
Sitzung am 21. September 2011 Annahme mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Fassung
des Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP auf Ausschussdrucksache 17(22)61. Einen Änderungs-
antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 17(22)60 lehnte der
Ausschuss für Arbeit und Soziales ab mit den Stimmen der
Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE LINKE. gegen die
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN.

Der Verteidigungsausschuss empfahl in seiner Sitzung am
21. September 2011 Annahme mit den Stimmen der Frak-
tionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Fassung des
Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
auf Ausschussdrucksache 17(22)61.

Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technik-
folgenabschätzung empfahl in seiner Sitzung am 21. Sep-
tember 2011 Annahme mit Änderungen mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Änderungs-
antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Aus-
schussdrucksache 17(22)61 war zuvor mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN angenommen worden. Einen Änderungsantrag
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf

Drucksache 17/7170 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Ausschussdrucksache 17(22)60 lehnte der Ausschuss für
Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung ab mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat zu dem Gesetz-
entwurf in seiner 40. Sitzung am 27. Juni 2011 eine öffent-
liche Anhörung veranstaltet. Dazu waren neun Sachverstän-
dige eingeladen:

Prof. Dr. iur. Hans Peter Bull, Fakultät für Rechtswissen-
schaft, Universität Hamburg,

Prof. Dr. Dr. Hansjürgen Garstka, Juristische Fakultät Hum-
boldt-Universität zu Berlin,

Dr. Michael Kleine-Cosack, Rechtsanwalt, Freiburg,

Dr. Hubertus Knabe, Direktor der Gedenkstätte Berlin-
Hohenschönhausen,

Thomas Lenz, Staatssekretär im Innenministerium von
Mecklenburg-Vorpommern, Schwerin,

Ulrike Poppe, Beauftragte des Landes Brandenburg zur
Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur,
Potsdam,

Siegfried Reiprich, Geschäftsführer der Stiftung Sächsische
Gedenkstätten, Dresden,

Rainer Wagner, Bundesvorsitzender der Union der Opfer-
verbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e. V.
(UOKG), Berlin,

Prof. Dr. Johannes Weberling, Rechtsanwalt, Berlin.

Die Sachverständigen haben zur Vorbereitung auf die An-
hörung einen Fragenkatalog beantwortet und gemäß
Ausschussdrucksachen 17(22)59b-j schriftliche Stellung-
nahmen vorgelegt. Sowohl die Stellungnahmen der Sach-
verständigen als auch ein Protokoll der Anhörung sind öf-
fentlich zugänglich und auf den Seiten des Ausschusses für
Kultur und Medien im Internet dokumentiert.

In seiner Sitzung am 21. September 2011 hat der Ausschuss
seine Beratungen fortgesetzt und abgeschlossen.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, es sei immer wieder
erforderlich gewesen, das Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG)
an neue Überlegungen und Erfordernisse anzupassen. Wäh-
rend dies in der Vergangenheit in einem großen Konsens
möglich gewesen sei, werde dies diesmal nicht gelingen,
weil es in zwei wesentlichen Punkten keine Einigung mit
den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
gebe.

Eine wesentliche Intention des StUG sei es, Vertrauen in de-
mokratische Institutionen zu ermöglichen. Deshalb sei es
wichtig, angemessen auf Vorkommnisse zu reagieren, wie
sie jüngst bekannt geworden seien. Wenn etwa im Land
Brandenburg belastete Richterinnen und Richter Urteile
über die Renten von Stasi-Opfern fällen könnten, stärke dies
nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat. Es sei wichtig, dass
staatliche Stellen nicht auf die Medien angewiesen seien,
wenn sie Stasi-Verstrickungen aufdecken wollten. Dem

Dienstherrn müssten Instrumente an die Hand gegeben wer-
den, die ihm bessere Recherchen als Basis für sachgerechte
Entscheidungen böten. Ein Generalverdacht sei damit nicht
verbunden. Vielmehr sei es Mitarbeitern im öffentlichen
Dienst, die eine leitende Funktion ausübten oder ausüben
wollten, zuzumuten, sich überprüfen zu lassen.

Vertrauen zu schaffen und den Opfern Respekt zu zollen sei
auch die Intention, wenn ein neuer § 37a in das StUG einge-
fügt werde. Es müsse deutlich gemacht werden, dass der Ge-
setzgeber sich nicht mit dem Zustand abfinde, dass ehe-
malige Stasi-Mitarbeiter heute noch in der Behörde des
Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen beschäftigt
würden. Die Situation stelle eine Zumutung für die Opfer
dar. Den belasteten Beschäftigten werde dagegen nicht zu
viel zugemutet. Sie sollten lediglich bei gleicher Bezahlung
und gleichen anderen Ansprüchen ihren Arbeitsplatz wech-
seln und in einer anderen Bundesbehörde tätig werden.

Vor diesem Hintergrund brachten die Fraktionen der CDU/
CSU und FDP einen Änderungsantrag gemäß Ausschuss-
drucksache 17(22)61 ein.

Zu Begründung ergänzte die Fraktion der FDP, die vorge-
schlagene Gesetzesnovelle stelle einen weiteren Baustein
konsequenter Aufarbeitung des SED-Unrechts dar. Das
StUG sei als Gesetz zu betrachten, dass den Stasi-Opfern zu
dienen habe. Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP hätten
Konsequenzen aus der Anhörung und aus Gesprächen mit
Opferverbänden gezogen und sich deshalb dafür entschie-
den, den Kreis der überprüfbaren Personen bis auf die
Besoldungs- bzw. Entgeltstufe A 9/E 9 auszudehnen. Nur so
könnten beispielweise im Polizeibereich alle relevanten
Gruppen in die Überprüfung einbezogen werden.

Der neue § 37a sei dem Interesse geschuldet, die Stasi-
Unterlagenbehörde zu einer stasifreien Zone zu machen. Die
Lösung des Problems der Beschäftigung von Stasi-Mitarbei-
tern in Diensten der Stasi-Unterlagenbehörde sei überfällig.
Wenn die Stasi-Opfer noch heute unter den Folgen von
Bespitzelung und Drangsalierung zu leiden hätten, sei es
Stasi-Mitarbeitern zumutbar, ihre Stelle unter Beibehaltung
aller Ansprüche zu wechseln.

Auch die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN erinnerten daran, dass der Gesetzgeber das StUG
in der Vergangenheit stets in einem breiten Konsens geän-
dert habe. Diesen Konsens kündigten die Fraktionen der
CDU/CSU und FDP nun ohne Not auf. Die Fraktionen
verwiesen auf ihren gemeinsam eingebrachten Änderungs-
antrag (Ausschussdrucksache 17(22)60) und betonten, sie
seien der Mehrheit weit entgegengekommen, indem sie ei-
nen Kompromiss angeboten hätten. Sie trügen eine Auswei-
tung des überprüfbaren Personenkreises ohne Beschränkung
auf jede Gehaltsgrenze mit, wenn die Überprüfung an das
Vorhandensein konkreter Verdachtsmomente gebunden
würde. 20 Jahre nach dem Ende der DDR die Möglichkeit
zur anlasslosen Überprüfung eines großen Teils des öffent-
lichen Dienstes zu schaffen, sei rechtspolitisch sehr frag-
würdig, zumal die Regelung faktisch nur gegen Menschen
gerichtet sei, die in der DDR geboren wurden.

Mit Blick auf den vorgeschlagenen § 37a erinnerte die Frak-
tion der SPD daran, dass das Problem aus der Zeit des Auf-
baus der Behörde stamme. Die ehemaligen Stasi-Mitarbei-
ter, die heute noch in Diensten der Stasi-Unterlagenbehörde

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/7170

stünden, hätten dort 20 Jahre lang unbeanstandet ihren
Dienst verrichtet. Der vorgeschlagene Paragraf solle also
rückwirkend Wirkung entfalten. Das sei verfassungsrecht-
lich hoch problematisch. Zudem würde die Neuregelung gar
nicht gebraucht, wenn man sich innerhalb der Bundesregie-
rung ihrer Behörden und im Einvernehmen mit den Betrof-
fenen um eine Lösung bemühte.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bekräftige, es
handele sich um den unzulänglichen Versuch, mit Hilfe
eines Einzelfallgesetzes ein Problem zu lösen, das nur ge-
meinsam mit den Beschäftigten zu lösen sei.

Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
brachten zu diesem Punkt eine Entschließung (Ausschuss-
drucksache 17(22)62) ein, in der sie den Verzicht auf den
neuen Paragrafen forderten und ihre Bedenken deutlich
machten. Das StUG sei systematisch nicht geeignet, den
Umgang mit Beschäftigten zu regeln, die Norm sei nicht
erforderlich und es gebe erhebliche rechtsstaatliche und
demokratiepolitische Bedenken. Damit werde nicht bestrit-
ten, dass es die Opfer der DDR-Diktatur tangiere, wenn in
der Behörde belastetes Personal arbeite. Abhilfe verspreche
jedoch nur entschlossenes Handeln der Bundesregierung,
die in Absprache mit den Betroffenen zu arbeitsrechtlich zu-
lässigen Lösungen kommen müsse.

Die Fraktion DIE LINKE. teilte diese Auffassung, § 37a
sei verfassungswidrig. Sowohl den Gesetzentwurf als auch
die dazu vorgelegten Änderungsanträge lehnte die Fraktion
ab.

Es sei zwar richtig und wichtig, die Aufarbeitung der
Geschichte der DDR und ihres Staatssicherheitsdienstes
voranzutreiben. Nach 20 Jahren sei es aber völlig unange-
messen, Fristen für Überprüfungsmöglichkeiten auszudeh-
nen und den überprüfbaren Personenkreis noch zu vergrö-
ßern. Mit dieser Vorgehensweise werde die Bereitschaft,
sich zu öffnen, sich mit Schuld und Verstrickung auseinan-
derzusetzen nicht gefördert. Im Ergebnis werde Aufarbei-
tung sogar behindert.

Die Fraktion DIE LINKE. plädierte dafür, die Akten der
Stasi-Unterlagenbehörde möglichst bald in das Bundes-
archiv zu überführen, wo bereits die Papiere von Parteien,
Massenorganisationen und Staatsorganen der DDR lagerten.
Dies wäre im Interesse der Aufarbeitung zielführend.

Im Ergebnis empfiehlt der Ausschuss für Kultur und
Medien Annahme des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD und DIE LINKE. bei Stimmenthaltung der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Fassung des
Änderungsantrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP
auf Ausschussdrucksache 17(22)61. Einen Änderungsantrag
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Ausschussdrucksache 17(22)60 lehnte der Ausschuss ab mit
den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, FDP und DIE
LINKE. gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Ein Entschließungsantrag
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf
Ausschussdrucksache 17(22)62 wurde mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der
Fraktionen SPD, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN abgelehnt.

B. Besonderer Teil

Im Folgenden werden die vom Ausschuss für Kultur und
Medien empfohlenen Änderungen gegenüber der ursprüng-
lichen Fassung des Gesetzentwurfs begründet. Soweit der
Ausschuss die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs
empfiehlt, wird auf die Begründung des Gesetzentwurfs auf
Drucksache 17/5894 verwiesen.

Die Sachverständigenanhörung zum Entwurf eines Achten
Gesetzes zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes
(Drucksache 17/5894), die der Ausschuss für Kultur und
Medien des Deutschen Bundestages am 27. Juni 2011
durchgeführt hat, gab Anlass zu weiteren, mit dem vorlie-
genden Änderungsantrag verfolgten Änderungen.

Darüber hinaus hat die Anhörung bestätigt, dass weiterhin
Handlungsbedarf bei der Aufarbeitung von Stasi-Verstri-
ckungen besteht. Missbräuchliche Methoden des Staats-
sicherheitsdienstes hatten im Alltag der Menschen viele Ge-
sichter und bis heute haben zahlreiche Menschen unter den
Repressionen der Stasi zu leiden. Als eindrucksvolles Bei-
spiel aus einem bisher weniger bekannten Bereich ist inso-
weit die politische Instrumentalisierung der Psychiatrie in
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik zu
nennen. Die Opfer des dadurch erlittenen medizinisch-psy-
chiatrischen Missbrauchs und auch ihre Angehörigen haben
bis heute massiv mit den Folgen des Erlebten zu kämpfen
und leiden unter größten Schwierigkeiten, in ein normales
Leben zurückzufinden, sofern dies überhaupt jemals mög-
lich sein sollte. Das sich auch aus diesen persönlichen
Schicksalen ergebende Bedürfnis nach Transparenz und
Aufklärung sowie der anhaltende Wunsch, in die Integrität
öffentlicher Institutionen und ihrer Mitarbeiter vertrauen zu
können, sind nur allzu verständlich und für die Betroffenen
und ihre Familien von weitreichender Bedeutung. Die mit
dem Gesetzentwurf beabsichtigte Erweiterung des überprüf-
baren Personenkreises und die Verlängerung der Überprü-
fungsfristen sind geeignete Mittel, um diesem Bedürfnis
Rechnung zu tragen.

Von beiden Instrumenten profitiert daneben auch die For-
schung. Denn das Aufdecken und die Erforschung eines
möglichen Fortwirkens von MfS-Strukturen und -Netzwer-
ken in der Bundesrepublik Deutschland können auch Ge-
genstand der historischen und politischen Aufarbeitung im
Sinne dieses Gesetzes sein (siehe § 32 Absatz 1 Satz 1).

Zu Nummer 1 (§ 15 Absatz 1 Satz 2 – neu –)

Die im Gesetzentwurf vorgesehene Erweiterung der Zu-
gangsrechte für nahe Angehörige nach § 15 des Stasi-Unter-
lagen-Gesetzes insoweit, als „sonstige berechtigte Interes-
sen“ glaubhaft gemacht werden müssen, ist zu weitgehend.
Denn nach der allgemein gebräuchlichen Formel schließt
das berechtigte Interesse „jedes als schutzwürdig anzuer-
kennende Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher und ideeller
Art“ ein. Nach der aktuellen Fassung des Entwurfs müsste
nahezu jede sachliche Begründung als berechtigtes Interesse
anerkannt werden, beispielsweise auch die Klärung ver-
mögensrechtlicher Fragen oder sonstiger Familienstreitig-
keiten. Um dies zu vermeiden, wird eine Definition des
„berechtigten Interesses“ im Hinblick auf den Aufarbei-
tungszweck des Stasi-Unterlagen-Gesetzes für sachgerech-
ter empfunden und der Wortlaut mit dem Hinweis auf erfor-

Drucksache 17/7170 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

derliche Interessen nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 des Stasi-
Unterlagen-Gesetzes entsprechend präzisiert.

Zu Nummer 2

Zu Buchstabe a (§ 20 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe d)

Erster Halbsatz

Mit der im Verhältnis zum Gesetzentwurf erfolgten Absen-
kung der Überprüfungsmöglichkeiten auf Beschäftigte des
öffentlichen Dienstes mit Leitungsfunktionen auf Dienst-
posten, die mindestens mit der Besoldungsgruppe A 9 oder
der Entgeltgruppe E 9 bewertet sind, wird der Tatsache
Rechnung getragen, dass auch auf diesen Dienstposten Füh-
rungsfunktionen wahrgenommen werden, in denen die ent-
sprechenden Beschäftigten eine erhöhte Verantwortung tra-
gen und damit das besondere Vertrauen der Öffentlichkeit in
ihre Integrität besitzen. Kraft ihrer Vorgesetzteneigenschaft
nehmen die betreffenden Beschäftigten zudem eine beson-
dere Vorbildfunktion gegenüber der Öffentlichkeit, aber
auch ganz unmittelbar gegenüber ihren Mitarbeitern ein,
nicht zuletzt auch dadurch, dass sie wegen ihrer Weisungs-
befugnis maßgeblichen Einfluss auf Entscheidungsprozesse
nehmen können.

In der Praxis erstreckt sich die Möglichkeit der Überprüfung
nunmehr auch auf Angehörige des Polizeidienstes vor allem
im gehobenen Dienst (aber auch im Endamt des mittleren
Dienstes), die eine leitende Funktion ausüben. Da es in die-
sem Bereich in jüngster Vergangenheit zur Enthüllung von
Stasi-Vergangenheiten gekommen ist (Beispiel Branden-
burg), die in der öffentlichen Wahrnehmung ein ver-stärktes
Aufarbeitungsinteresse zur Folge hatten, erscheint eine Aus-
dehnung der Überprüfungsmöglichkeiten in diesem Bereich
auch erforderlich. Eine Überprüfbarkeit von Angehörigen
des Polizeidienstes in Leitungspositionen ist aber auch des-
halb gerechtfertigt, da sie – entweder selbst unmittelbar oder
über ihre Weisungsbefugnis mittelbar – nicht nur staatliche
Kernaufgaben wahrnehmen, sondern insbesondere auch
Eingriffs- bzw. Zwangsbefugnisse gegenüber dem Bürger
ausüben können. Hier ist die Öffentlichkeit auf Integrität der
betreffenden Dienstposteninhaber angewiesen. Es soll ver-
mieden werden, dass sich in dem erfassten Bereich ein mög-
licher Täter mit Stasi-Vergangenheit und ein mögliches Op-
fer gegenüber stehen.

Hinsichtlich der Überprüfbarkeit von Mitgliedern in Auf-
sichtsgremien von Unternehmen in mehrheitlich öffent-
licher Hand erfolgt eine Beschränkung des Wortlauts auf
Mitglieder, die von öffentlicher Seite ernannt bzw. entsandt
werden.

Zweiter Halbsatz

Mit dem im Verhältnis zum bisherigen Gesetzentwurf in die
Regelung neu eingefügten zweiten Halbsatz werden wieder
alle Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in den Kreis der
überprüfbaren Personen einbezogen – im Unterschied zu der
entsprechenden Regelung in früheren Fassungen des Stasi-
Unterlagen-Gesetzes allerdings nur bei Vorliegen von Tat-
sachen, die den Verdacht einer früheren Stasi-Mitarbeit
rechtfertigen. Durch die Anknüpfung an konkrete Ver-
dachtsmomente wird dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Rechnung getragen; es besteht ein berechtigtes Interesse da-
ran, bei einem auf Tatsachen gestützten Verdacht der Stasi-
Mitarbeit den Sachverhalt aufzuklären.

Die Kombination mit der Überprüfungsmöglichkeit nach
Satz 1 für Personen ab A 9/E 9 in leitenden Funktionen auch
ohne Verdachtsmomente führt zu einer sachgerechten Diffe-
renzierung zwischen herausgehobenen und sonstigen Funk-
tionen.

Zu Buchstabe b (§ 20 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe e)

Der Kreis der zu überprüfenden Personen in Einrichtungen,
die überwiegend mit der Aufarbeitung der Tätigkeit des
Staatssicherheitsdienstes oder der Herrschaftsmechanismen
der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik oder
der ehemaligen Sowjetischen Besatzungszone befasst sind,
wird erweitert und umfasst nunmehr alle Beschäftigen so-
wie ehrenamtliche Mitarbeiter und Mitglieder der Gremien.

Grund für die Überprüfbarkeit aller Beschäftigten von Auf-
arbeitungseinrichtungen auch unabhängig von der konkret
wahrgenommenen Tätigkeit ist das Vertrauen der Öffent-
lichkeit in die Integrität der betroffenen Einrichtungen ins-
gesamt.

Für ehrenamtliche Mitarbeiter gilt das Gleiche, weil auch
diese die betreffenden Einrichtungen repräsentieren. Im Üb-
rigen sind sie in der Regel mit ebenso sensiblen und verant-
wortlichen Aufarbeitungstätigkeiten, wie z. B. der Durch-
führung von Führungen oder der Beratung von Opfern,
befasst wie fest angestellte Beschäftigte. Eine mögliche ehe-
malige hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit für die
Staatssicherheit dieser Mitarbeiter kann deshalb die Glaub-
würdigkeit der Aufarbeitungsarbeit entsprechender Organi-
sationen in der gleichen Weise beeinträchtigen und zu Kon-
flikten mit Opfern der SED-Diktatur führen. Ehrenamtliche
Mitarbeiter sind aus diesem Grunde auch in den Kreis der
nach § 21 Absatz 1 Nummer 7 überprüfbaren Personen
einzubeziehen, um eine stimmige und lückenlose Über-
prüfungspraxis und somit eine glaubwürdige Aufarbeitung
weiterhin zu gewährleisten.

Die genannten Einrichtungen, wie z. B. Gedenkstätten, sind
in der Regel Institutionen, die durch Gremien (Stiftungsrat,
Beirat, Vorstand, Kuratorium etc.) kontrolliert werden. Die-
se Gremienmitglieder müssen ebenfalls auf eine frühere
Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik überprüft werden kön-
nen, zumal gerade sie mit Aufarbeitungstätigkeiten befasst
sind. Hinzu kommt, dass gerade die Mitglieder der Lei-
tungsgremien die Glaubwürdigkeit der Institution an hervor-
gehobener Stelle repräsentieren. Daneben werden Wertun-
gen in verschiedenen Landesregelungen und Satzungen
aufgegriffen, wonach die ehemalige Tätigkeit für den
Staatssicherheitsdienst nicht mit einer entsprechenden Gre-
mientätigkeit vereinbar ist.

Es besteht daher ein öffentliches Interesse daran, Irritationen
zu vermeiden, die dadurch entstehen können, dass gerade in
Einrichtungen, die mit der Aufarbeitung des Staatssicher-
heitsdienstes oder der Herrschaftsmechanismen der ehema-
ligen Deutschen Demokratischen Republik oder der ehema-
ligen sowjetischen Besatzungszone befasst sind, Personen
tätig sind, deren Vergangenheit diesbezüglich belastet ist.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/7170

Dieses Interesse rechtfertigt auch den Eingriff in das Recht
auf informationelle Selbstbestimmung der von der Überprü-
fung betroffenen Personen.

Zu Nummer 3

Zu Buchstabe a (§ 21 Absatz 1 Nummer 6 Buchstabe d)

Die Begründung zu Nummer 1 Buchstabe a gilt entspre-
chend).

Zu Buchstabe b (§ 21 Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe e)

Siehe die Ausführungen zu Nummer 1 Buchstabe a (§ 20
Absatz 1 Nummer 7 Buchstabe e).

Zu Nummer 4 (§ 37 Absatz 1 Nummer 5, § 37a – neu –,
§ 39 Absatz 4 Satz 1)

Zu § 37 Absatz 1 Nummer 5

Die gestrichenen Vorschriften sind entbehrlich, da sie in der
Behörde des Bundesbeauftragten keinen praktischen An-
wendungsbereich haben.

Zu § 37a – neu –

Zweck dieser neuen Regelung ist es insbesondere, Ansehen
und Akzeptanz der Behörde des Bundesbeauftragten für die
Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik (BStU) in der Öffent-
lichkeit und insbesondere bei den Opfern zu erhöhen. Dane-
ben verfolgt die Regelung das Ziel, die unbelasteten Mitar-
beiter beim BStU vom Generalverdacht ehemaliger MfS-
Mitarbeit zu befreien.

Insbesondere soll wegen immer wieder neu auflebender Be-
schwerden von Betroffenen und deren Interessenorganisati-
onen in Anbetracht des Charakters des StUG auch als Opfer-
schutzgesetz die Gefahr ausgeschlossen werden, dass sich
eine relevante Zahl ehemals politisch Verfolgter und Be-
nachteiligter wegen der Beschäftigung ehemaliger MfS-
Mitarbeiter bei der Behörde des BStU bisher nicht an die
Behörde wendet, weil die Beschäftigung ehemaliger MfS-
Mitarbeiter beim BStU grundsätzlich geeignet ist, Miss-
trauen gegen eine ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben
des BStU zu rechtfertigen.

Daher sollen die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Ge-
setzes noch beim BStU beschäftigten belasteten Mitarbeiter
auf andere Stellen innerhalb der Bundesverwaltung versetzt
werden.

Trotz der langen Zeit, die die ehemaligen MfS-Mitarbeiter
inzwischen beim BStU beschäftigt sind, ist die Regelung zur
Erreichung des oben genannten Zwecks erforderlich. Es war
bei der Einrichtung des BStU nicht absehbar, dass auch
zwanzig Jahre später das öffentliche Unverständnis über die
Beschäftigung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter bei einer Be-
hörde, deren Auftrag es ist, die Stasi-Tätigkeit aufzuarbeiten
und die Stasi-Opfer bei der Aufklärung ihres Schicksals zu
unterstützen, immer wieder neu entflammen würde.

Zu Satz 1

§ 37a Satz 1 formuliert ein grundsätzliches (d. h. vorbehalt-
lich des Satzes 2) geltendes Beschäftigungsverbot für ehe-
malige Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes beim BStU,

das nur in den Fällen des Satzes 2 nicht gilt, in denen den
Beschäftigten eine Versetzung nicht zumutbar ist.

Für die dort zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regelung
beschäftigten ehemaligen MfS-Mitarbeiter begründet die
Regelung einen dienstlichen Grund im Sinne des § 4 Ab-
satz 1 Satz 1 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst
(TVöD), wonach Beschäftigte aus dienstlichen oder betrieb-
lichen Gründen und unter Beachtung der Verfahrensvor-
schrift des § 4 Absatz 1 Satz 2 TVöD versetzt oder abgeord-
net werden können.

Darüber hinaus ermöglicht Satz 1 es auch, Neueinstellungen
unter Hinweis auf die ehemalige Tätigkeit für den Staats-
sicherheitsdienst zu verhindern.

Zu den Sätzen 2 und 3

§ 37a Satz 2 benennt die sich aus dem Beschäftigungsverbot
des Satzes 1 ergebende Rechtsfolge für ehemalige Mitarbei-
ter des Staatssicherheitsdienstes, die zum Zeitpunkt des In-
krafttretens der Bestimmung beim BStU beschäftigt sind.
Der Nummer 2 der Protokollerklärungen zu § 4 Absatz 1
TVöD zufolge ist unter einer Versetzung die Zuweisung
einer auf Dauer bestimmten Beschäftigung bei einer ande-
ren Dienststelle oder einem anderen Betrieb desselben
Arbeitgebers unter Fortsetzung des bestehenden Arbeitsver-
hältnisses zu verstehen.

Mit dem Erfordernis der Zumutbarkeit im Einzelfall wird
sichergestellt, dass eine aus Satz 1 folgende Versetzungsent-
scheidung in Hinblick auf den damit verbundenen erheb-
lichen Eingriff in die Berufsausübung verhältnismäßig sein
muss, d. h. nicht ohne Berücksichtigung der Umstände eines
jeden Einzelfalls getroffen werden darf und dass die Fürsor-
gepflicht des BStU für seine Beschäftigten beachtet wird.
Vielmehr bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung,
für die Satz 3 gewichtige, aber nicht abschließende Kriterien
benennt. Das Interesse der Beschäftigten an einer gleichwer-
tigen Arbeitssituation ist nicht nur in Bezug auf die Gleich-
wertigkeit der Weiterbeschäftigung zu berücksichtigen, son-
dern etwa auch im Hinblick auf die Entfernung von der
Wohnung zu einer etwaigen neuen Dienststelle. Auch per-
sönliche Einschränkungen durch Schwerbehinderung und
Pflegebedürftigkeit von Angehörigen sowie bei bevorste-
hendem Ruhestand sind zu berücksichtigen.

Da § 37a sowohl für frühere hauptamtliche als auch für frü-
here inoffizielle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes
gilt, soll der letzte Halbsatz in Satz 2 sicherstellen, dass ehe-
malige inoffizielle Mitarbeiter, die ihre Tätigkeit bei der
Einstellung wahrheitswidrig verschwiegen haben, nach wie
vor wegen Anstellungsbetrugs kündbar sind, also durch die
neue Regelung nicht bessergestellt werden als in der Ver-
gangenheit.

Zu § 39 Absatz 4 Satz 1

Die Änderung präzisiert die Verschwiegenheitsverpflich-
tung nach § 39 Absatz 4 Satz 1 – auch im Verhältnis zur Re-
gelung des § 39a Absatz 3 (Verschwiegenheitspflicht der
Mitglieder des Wissenschaftlichen Beratungsgremiums
beim Bundesbeauftragten) – und ermöglicht in der Praxis ei-
nen sachgerecht differenzierten Umgang mit den verschie-
denen im Beirat behandelten Informationen.

Drucksache 17/7170 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Berlin, den 23. September 2011

Beatrix Philipp
Berichterstatterin

Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Berichterstatter

Reiner Deutschmann
Berichterstatter

Dr. Rosemarie Hein
Berichterstatterin

Wolfgang Wieland
Berichterstatter

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