BT-Drucksache 17/7159

Erste Bilanz des Libyen-Krieges

Vom 26. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7159
17. Wahlperiode 26. 09. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Wolfgang Gehrcke, Annette Groth, Andrej Hunko, Harald Koch,
Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE.

Erste Bilanz des Libyen-Krieges

Nach sechs Monaten Krieg ist der Machtkampf zwischen Muammar al-Gaddafi
und den Rebellen weitgehend entschieden.

Nach Unruhen und Demonstrationen im Februar 2011 in Libyen beschloss am
18. März 2011 die UN in der Resolution 1973 die Errichtung einer Flugverbots-
zone über dem Land. Zur Erreichung dieses Ziels gewährte die Resolution mili-
tärisch nahezu alles – außer Besatzungstruppen. Am 19. März 2011 begann
eine Koalition aus den USA, Frankreich und Großbritannien mit ersten Luft-
schlägen gegen libysche Stellungen. Wenige Tage später übernahm die NATO
die Leitung der Mission Unified Protector. Im August 2011 gelang den Rebel-
len ein erster Vorstoß nach Tripolis, der von den Einsatzkräften der NATO
durch Luftangriffe mit vorbereitet und flankiert worden war. Einige Familien-
mitglieder von Muammar al-Gaddafi wurden verhaftet. Der Aufenthaltsort von
Muammar al-Gaddafi ist unbekannt.

Deutschland enthielt sich bei der Resolution 1973. Die Bundesregierung
schloss in der Folge auch eine deutsche Beteiligung an der militärischen In-
tervention in Libyen aus. Diese Entscheidungen lösten national – bei SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – und international zahlreiche Debatten aus.
Mehrfach wies die Bundesregierung jedoch darauf hin, dass sie zwar nicht mit
Truppen, aber mit anderer Unterstützung zum Sturz von Muammar al-Gaddafi
und dem Sieg der Rebellen beigetragen habe. Bekannt wurden später etwa Eva-
kuierungsmaßnahmen oder Verstärkungen in NATO-Hauptquartieren.

Der nationale libysche Übergangsrat wurde rasch von mehr als 30 Staaten als
legitime Vertretung der libyschen Bevölkerung anerkannt. Diese Legitimität
basiert weder auf Wahlen noch auf messbarer Unterstützung durch die Be-
völkerung. Aber schon heute werden dem Übergangsrat die Auslandsvermögen
Libyens übertragen.

Auch in diesem, wie in jedem Krieg gab es eine große Zahl von „Kollate-
ralschäden“, die Zivilbevölkerung musste – und muss weiterhin – die größten
Opfer bringen. Die hohe Anzahl von Toten und Verletzten lässt es geboten
erscheinen, der verwendeten Begrifflichkeit „Erfolge der NATO“ sehr zurück-

haltend zu begegnen. Die Rebellen selber haben die Anzahl der Opfer unter der
libyschen Zivilbevölkerung mit 50 000 beziffert.

Nun steht Libyen vor der Aufgabe, eine neue Gesellschaftsstruktur aufzubauen.
Darin liegen zahlreiche Gefahren wie u. a. die Perspektive eines lang anhalten-
den Bürgerkrieges, aufgrund von gegenseitigen Macht- und Kompetenzkämp-
fen innerhalb des nationalen Übergangsrates und der Spaltung der libyschen

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Bevölkerung. Der Zerfall Libyens in zwei oder vielleicht drei Staaten ist nicht
ausgeschlossen.

Deutschland war der zweitwichtigste Handelspartner Libyens. 2010 lieferten
deutsche Unternehmen Waren im Umfang von 996 Mio. Euro nach Libyen,
darunter Maschinen, Autoteile, Nahrungsmittel und chemische Erzeugnisse.
Libyen war für Deutschland einer der wichtigsten Lieferanten von Erdöl. Die
Bundesrepublik Deutschland erteilte für 2010 Genehmigungen für Rüstungs-
güter nach Libyen im Umfang von 29 Mio. Euro. Bei der Eroberung der
Gaddafi-Residenz fielen den Rebellen zahlreiche G36-Gewehre der Obern-
dorfer Waffenherstellerin Heckler & Koch GmbH in die Hand. Sowohl das
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als auch die Waffenherstel-
lerin Heckler & Koch GmbH selbst versichern aber, niemals Sturmgewehre
nach Libyen geliefert zu haben. Die Gewehre trugen die Beschriftung „A-231“.

Sicher ist, dass Libyen als bedeutender Ölexporteur eine zentrale Rolle in den
wirtschaftlichen Interessen des Westens spielen wird. Von dem eingefrorenen
libyschen Vermögen liegen allein in Deutschland nach Angaben von „ZEIT
ONLINE“ etwa 7,3 Mrd. Euro, der allergrößte Teil davon war zuvor in Besitz
öffentlicher Einrichtungen, wie der libyschen Notenbank oder dem Staatsfonds
der Libyan Investment Authority und nur geringe Beträge gehörten Privatper-
sonen.

Eine Bilanz des Libyen-Krieges steht bisher aus. Die Bundesregierung hat im-
mer betont, nicht direkt an den Militäraktionen beteiligt gewesen zu sein, aber
davon unabhängig in enger Abstimmung mit der NATO wirkungsvolle Maß-
nahmen zum Sturz von Muammar al-Gaddafi betrieben zu haben. Bis heute ist
offen, ob das Angebot des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Thomas de
Maizière, Bundeswehrsoldaten – sofern gewünscht – in das Nachkriegslibyen
zu entsenden, realisiert wird.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Gibt es mittlerweile, nach der De-facto-Niederlage von Muammar al-Gaddafi,
konkrete zeitliche Ziel- und Zeitvorgaben für ein Ende des Libyen-Einsatzes
gemäß der UN-Resolution 1973, in der die Errichtung einer Flugverbotszone
beschlossen wurde, die gegen vermutete Offensiven des Gaddafi-Regimes
gerichtet war?

Bedarf es für ein Ende der Mission Unified Protector der Dingfestmachung
von Muammar al-Gaddafi?

2. Welchen Umfang hatten die von der NATO durchgeführten Luftangriffe der
Operation Unified Protector bisher?

Welche Nationen sind exakt an den Angriffen beteiligt, und in welcher
Form?

Welche Ziele wurden dabei angesteuert?

3. Wie hoch ist die genaue Zahl der Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber und
Drohnen, die in Libyen eingesetzt wurden?

Seit wann werden Kampfhubschrauber über Libyen eingesetzt, und wie
viele wurden abgeschossen?

4. Gab es nach Kenntnissen der Bundesregierung eine Abstimmung zwischen
den militärischen Entscheidungen der Rebellen und den NATO-Einheiten
bei den Kriegseinsätzen?

Wenn ja, in welcher Form?

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5. Welche Art Munition, Bombenkörper und weiteres militärisches Gerät lie-
ferte Deutschland an welche Staaten, die direkt am Kriegseinsatz in Libyen
beteiligt waren?

Lieferte die Bundesregierung derlei Munition an Länder, die an Lufteinsät-
zen in Libyen beteiligt waren (bitte nach NATO und Nicht-NATO-Staaten
aufschlüsseln)?

6. Auf welcher rechtlichen Grundlage waren nach Beginn des Krieges in
Libyen mehr als 100 deutsche Luftwaffensoldatinnen und -soldaten im
NATO-Hauptquartier, von dem aus der Libyen-Krieg gesteuert wurde, im
Bereich der sogenannten Zielauswahl und Kommunikation mit AWACS-
Maschinen (AWACS = Airborne Warning and Control System) im Rahmen
der Operation Unified Protector involviert?

Für welche exakten Aufgaben wurden die Bundeswehrsoldaten entsandt?

Wurden diese 103 Soldatinnen und Soldaten speziell für die Operation
Unified Protector in das NATO-Hauptquartier in Italien entsendet?

Oder wurde ihr Aufgabenbereich umgewidmet?

7. Aufgrund welcher rechtlichen Erwägungen hat die Bundesregierung auf
eine Zustimmung des Deutschen Bundestages zu der Entsendung der Bun-
deswehrsoldaten in die kriegsführenden NATO-Hauptquartiere verzichtet?

Auf welche konkreten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts be-
ruft sich die Bundesregierung gegebenenfalls für Ihre Rechtsauffassung?

8. Welche Erklärung hat die Bundesregierung für die Diskrepanz in den Anga-
ben der Anzahl – nachdem Mitte August 2011 von elf entsandten Soldaten
die Rede war, erklärte die Bundesregierung Anfang September 2011, in die
mit der Führung der Operation Unified Protector beauftragten Hauptquar-
tiere insgesamt 103 Soldaten entsandt zu haben – in den multinationalen
Stäben für den Libyen-Krieg der NATO eingesetzten Bundeswehrsoldaten?

9. Zählen Führungs- und Entscheidungsfunktionen zu dem möglichen Tätig-
keitsfeld dieser 103 Soldatinnen und Soldaten?

Liegen derlei Funktionen innerhalb ihres Einsatzbefehls?

10. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über das Agieren von
Spezialeinheiten am Boden vor?

11. Liegen der Bundesregierung genaue Opferzahlen – Getötete und Verletzte
– vor, sowohl aufseiten der Zivilisten als auch der Kombattanten?

12. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Art und Ausmaß der Zerstörung
von Infrastruktur (Straßen, Brücken, Elektrizitäts- und Wasserversorgung)
und öffentlichen Gebäuden wie Gefängnissen, Polizeiwachen, Gerichtsge-
bäuden und anderen staatlichen Einrichtungen?

Wenn ja, gibt es auch Erkenntnisse über die Verursacher dieser Zerstörun-
gen?

13. Wie gestaltet sich der Zugang humanitärer Organisationen zu Hilfsbedürf-
tigen?

Wenn es keinen oder nur erschwerten Zugang gibt, woran liegt dies?

14. Welche konkreten Pläne gibt es vor dem Hintergrund, dass Libyen laut UN-
Generalsekretär dringend humanitäre Hilfe benötigt, die öffentliche Versor-
gung schwierig ist, zahlreiche Krankenhäuser in ihrer Arbeit eingeschränkt
sind, es häufig Wassermangel geben soll, für eine internationale humanitäre
Hilfsmission?
In welcher Form plant die Bundesregierung, sich an diesen Maßnahmen zu
beteiligen?

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15. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den freien Zugang von
internationalen Hilfsorganisationen wie dem Internationalen Komitee des
Roten Kreuzes zu allen Gefangenen?

16. Worin sieht die Bundesregierung die Legitimität des Nationalen Über-
gangsrates begründet, um diesen als legitime Vertretung der libyschen Be-
völkerung anzuerkennen?

17. Auf welcher rechtlichen Grundlage wurden und werden die eingefrorenen
Gelder libyschen Vermögens den Rebellen bzw. dem Übergangsrat zur Ver-
fügung gestellt?

18. An wen gehen die kürzlich von der Bundesregierung gezahlten 1 Mrd. Euro
für den libyschen Übergangsrat genau?

Welche zivilen und humanitären Maßnahmen sollen damit in Libyen finan-
ziert werden?

Kann die Bundesregierung Gewähr dafür übernehmen, dass diese Mittel
nicht militärisch verwendet werden?

19. Sieht die Bundesregierung durch die Zahlung der 1 Mrd. Euro den Sach-
stand in UN-Resolution 1970 erfüllt, dass die „gemäß Ziffer 17 eingefrore-
nen Vermögenswerte zu einem späteren Zeitpunkt dem Volk der Libysch-
Arabischen Dschamahirija und zu dessen Nutzen zur Verfügung gestellt
werden“ (UN-SR Resolution 1970) sollen?

Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?

20. Wie ist der Nationale Übergangsrat zusammengesetzt?

Welche politischen Kräfte, Ethnien, Stammes- oder Regionalgruppen üben
derzeit welchen Einfluss auf den Übergangsrat aus?

21. Welche Informationen liegen zu dem ausgearbeiteten Fahrplan für eine
politische Ordnung sowie Ausarbeitung einer neuen Verfassung für die Zeit
nach Muammar al-Gaddafi vor?

22. Wie beurteilt die Bundesregierung die Ankündigung des Nationalen Über-
gangsrats künftig die Scharia als wichtigste Quelle für Gesetzgebungen ein-
zuführen, vor dem Hintergrund eines zukünftigen demokratischen Libyen?

23. Welche Informationen liegen der Bundesregierung bezüglich der Zusam-
mensetzung des Übergangsrates vor?

Hat die Bundesregierung Kenntnisse von islamistischen Kräften innerhalb
des Übergangsrates, wie etwa vom Vorsitzenden des Übergangsrats, Mustafa
Abd al-Dschalil, selbst dargestellt?

24. Welche Rolle wird dem Rebellen-Militärkommandeur der Hauptstadt,
Abdel Hakim Belhadsch, dem Emir (Vorsitzender) der Libyschen Isla-
mischen Kampfgruppe (LIFG) zugesprochen?

Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Abdel Hakim Belhadsch?

Ist die LIFG, die seit März 2011 unter dem Namen Libysche Islamische
Bewegung fungiert, in Deutschland weiterhin als Terrorgruppe eingestuft?

25. Welche Informationen hat die Bundesregierung über den Mord an Abdel
Fatah Junis, dem Militärchef der Rebellen?

Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, dass dieser aus den eigenen
Reihen der Aufständischen ermordet wurde?

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26. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Menschenrechtsverlet-
zungen durch die libyschen Rebellen (vgl. Amnesty International Report:
The Battle for Libya: Killings, Disappearances and Torture, 13. September
2011)?

Fordert die Bundesregierung in ihren Verhandlungen mit den Vertretern des
Übergangsrates diese dazu auf, die Verbrechen zu verfolgen?

Hat die Bundesregierung Kenntnis über Reaktionen des Übergangsrates
auf die bekannt gewordenen Menschenrechtsverletzungen?

27. Wie groß ist die Anzahl der Binnenflüchtlinge in Libyen zurzeit?

Wie viele Flüchtlinge aus Subsahara-Afrika befinden sich an den Grenzen,
und wie gehen die Vertreter des Nationalen Übergangsrats mit ihnen um?

Wie gestaltet sich die Lage der aus Libyen Geflohenen, die in tunesischen
und ägyptischen Lagern sind?

28. Hat die Bundesregierung Kenntnisse, welche Weisungen und Befugnisse
die auf dem Mittelmeer kreuzenden FRONTEX-Schiffe der Operation
Hermes 2011 haben?

Welche Aufgaben kommen ihnen bezüglich der libyschen Bootsflüchtlinge
zu?

29. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung von der Gefangennahme mehre-
rer hundert Menschen aus Subsahara-Staaten?

Was weiß sie über die Gründe ihrer Inhaftierung?

Wird die Bundesregierung das Thema der rassistischen Behandlung von
nichtarabisch aussehenden Migranten bei ihren Gesprächen mit dem Über-
gangsrat ansprechen?

30. Welche Schritte zur Zusammenarbeit im Bereich der Migration und Migra-
tionskontrolle sind auf nationaler bzw. europäischer Ebene mit der neuen
libyschen Regierung angestrebt, und welche Rolle spielte in den bisherigen
Gesprächen mit dem Übergangsrat bzw. der neuen libyschen Regierung der
Umgang mit Schutzsuchenden?

31. Wie ist der Stand der Verhandlungen zwischen den EU-Staaten bezüglich
eines Resettlement-Programms für Flüchtlinge aus Nordafrika?

32. Gibt es bereits Verhandlungen zwischen Deutschland und dem libyschen
Übergangsrat über die Zukunft der wirtschaftlichen Beziehungen, nachdem
der Übergangsrat erklärt hatte, dass sie die mit Libyen abgeschlossenen
Verträge eingehalten werden?

33. Wie begründet die Bundesregierung den vor einigen Wochen, noch mitten
im Kriegsgeschehen, stattgefundenen Flug nach Libyen von deutschen
Wirtschaftsvertretern des Mittelstandes, aber auch von Firmen wie Win-
tershall Holding GmbH, Bilfinger Berger SE, Ferrostaal AG, in einer deut-
schen Transall-Maschine?

Wie hoch waren die Kosten dieser, von der Bundeswehr ermöglichten,
Flugleistung?

34. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über Verhandlungen bzw. Ver-
träge, dass Frankreich nach dem Krieg ein Drittel der libyschen Erdölpro-
duktion bekommen werde, wie es in der „ZEIT ONLINE“ vom 4. Septem-
ber 2011 heißt?

Hat die Bundesregierung Informationen über den Umfang der bereits ver-
einbarten Erdölhandelsmengen zwischen Libyen und Frankreich?
Wann und zwischen wem wurden diese Verträge abgeschlossen?

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35. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über zukünftige Vereinbarungen
zwischen Libyen und Italien, dem bisher wichtigsten Handelspartner?

Dies sowohl bezogen auf Handelsverträge wie auch Flüchtlingsabwehr und
Rückübernahmeabkommen?

36. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über Verhandlungen zwischen
China und dem libyschen Übergangsrat, nachdem Anfang September 2011
auch China den Übergangsrat als neue libysche Regierung anerkannte und
die chinesische Seite ganz explizit davon ausging, dass man darauf hoffe,
die bereits unterzeichneten Verträge und Abkommen weiterhin effektiv und
konsequent umsetzen zu wollen?

37. Sieht sich der Übergangsrat an die geschlossenen Verträge der Gaddafi-
Regierung gebunden und beabsichtigt, diese einzuhalten?

38. Hat die Bundesregierung Informationen über die konkreten Pläne der Euro-
päischen Investitionsbank, die in einer Presseerklärung vom 10. September
2011 erklärte, dass sie sich bereithalte, der Übergangsregierung für den
Wiederaufbau Unterstützung zu gewähren?

Für welche Bereiche sind die Gelder vorgesehen?

Welche Mittel davon fließen in den Bereich einer Sicherheitssektorreform?

Welche Mittel davon stammen aus Deutschland?

39. Wurden vor dem Waffenembargo gegen Libyen noch in 2011 weitere Ge-
nehmigungen erteilt?

Wenn ja, in welcher Höhe?

Waren darunter auch Kriegswaffen?

Wenn ja, wurden diese tatsächlich ausgeführt?

40. Wurden jemals Gewehre mit dieser Beschriftung „A-231“ von der Heckler
& Koch GmbH, wie sie bei der Erstürmung der Gaddafi-Residenz den
Rebellen in die Hände fielen, produziert und ausgeliefert?

Wenn ja, an wen wurden sie geliefert – ins In- oder Ausland?

41. Was meint die Bundeskanzlerin, wenn sie davon spricht, die neue libysche
Regierung beim Aufbau von Polizeistrukturen sowie bei dem Erarbeiten
einer neuen Verfassung zu unterstützen?

Gibt es bereits konkrete Pläne?

In welcher Form beabsichtigt Deutschland diese Unterstützung?

42. In der UN-Resolution 2011 wird das Waffenembargo gegen Libyen gelo-
ckert. Mit welcher Begründung hat Deutschland dieser Aufhebung zuge-
stimmt?

Beabsichtigt die Bundesregierung, sich an zukünftigen Waffenexporten
nach Libyen zu beteiligen?

43. Welche Anstrengungen bzw. Unterstützungsleistungen werden von EU-In-
stitutionen, EU-Mitgliedstaaten oder anderen Regierungen unternommen,
die libyschen Verfolgungsbehörden zu reorganisieren?

44. Wie ist die Bundesregierung in eine etwaige Sicherheitssektorreform ein-
gebunden, und welche Treffen hat es hierzu 2011 bereits gegeben, welche
Behörden oder sonstigen Stellen (auch diplomatische) der Bundesregierung
haben an Treffen zur Sicherheitssektorreform teilgenommen, und welche
Haltung wurde dort vertreten?

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45. Welche Verabredungen etwa bezüglich Finanzierung, gemeinsamer Opera-
tionen, Ausrüstung, Eingliederung in existierende Aufklärungsstrukturen
und Ausbildung wurden zu einer „Sicherheitssektorreform“ getroffen bzw.
eingefädelt?

46. Inwieweit hat die Bundesregierung Kenntnis über die Funktionen der liby-
schen Satellitenaufklärung und ihre Nutzung durch den Übergangsrat für
Militär, Polizei und Geheimdienste?

47. Um wie viele Satelliten (z. B. optisch oder Radar) handelt es sich, welche
Firmen haben diese geliefert bzw. besitzen Verträge zur Wartung und Be-
treuung, und welche anderweitige Infrastruktur ist daran angeschlossen?

48. In welcher Form gab es Kooperationen zwischen dem Bundesnachrichten-
dienst und Libyen?

Dienten diese, wenn es sie gab, der Informationsgewinnung?

Diente dies ausschließlich der Gewinnung von Informationen zum Schutz
deutscher Staatsbürger?

49. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über Pläne der UN oder der internati-
onalen Staatengemeinschaft, wie in der Zukunft, insbesondere der anstehen-
den Übergangsperiode, gefährdete Personen, etwa mutmaßliche und tat-
sächliche Anhänger der Regierung, Vertriebene die aus Rebellengebieten
geflohen sind sowie subsaharische Flüchtlinge und Migranten, aber auch
schwarze Libyer, die wiederholt beschuldigt wurden, für Muammar al-
Gaddafi als Söldner gedient zu haben, gegen Übergriffe geschützt werden
sollen?

50. Welche Pläne gibt es für eine Unterstützung des Übergangsrates bei der
Gewährung menschenwürdiger Behandlung aller Häftlinge, von gefangen-
genommenen Kämpfern bis hin zu Angehörigen der Familie Gaddafi in
Übereinstimmung mit internationalen Völkerrechts- und Menschenrechts-
standards?

Welche Pläne gibt es seitens der Bundesregierung, und welche seitens der
EU?

51. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung davon, dass den Vereinten Na-
tionen nach Ende der Kämpfe eine tragende Rolle in Libyen übertragen
werden soll, etwa durch den Einsatz von ausländischen Polizisten zur Un-
terstützung und Überwachung der libyschen Polizei, von diesen Erwägun-
gen, wie Human Rights Watch berichtete?

Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung von der Absicht der UN,
Menschenrechtsbeobachter in Landesteile zu entsenden, in denen Muammar
al-Gaddafi Unterstützung gefunden hatte sowie an potentielle Krisenherde
wie Tawergha, Sebha, Sirte und einige Städte in der westlichen Bergregion?

Inwieweit ist sie selbst an den Vorbereitungen beteiligt?

Berlin, den 26. September 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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