BT-Drucksache 17/7095

Vereinfachung des Reisekostenrechts

Vom 23. September 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/7095
17. Wahlperiode 23. 09. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Tressel, Dr. Thomas Gambke, Christine Scheel,
Cornelia Behm, Harald Ebner, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg),
Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Vereinfachung des Reisekostenrechts

Geschäftsreisen sind ein wesentlicher Bestandteil der wirtschaftlichen Aktivi-
tät. In Deutschland gab es im Jahr 2010 8,1 Millionen Geschäftsreisende. Das
bedeutete gegenüber 2009 ein Minus von 6,8 Prozent. 154,8 Millionen Ge-
schäftsreisen führten dabei zu Ausgaben in Höhe von 43,5 Mrd. Euro – gleich-
bedeutend mit 127 Euro pro Geschäftsreisender bzw. Geschäftsreisendem und
Tag (vgl. VDR Geschäftsreiseanalyse 2011). Reisekostenabrechnungen erfor-
dern aber gleichzeitig einen hohen bürokratischen Aufwand. Gerade für
kleinste, kleine und mittelständische Unternehmen wird dies zunehmend zu
einer betrieblichen Herausforderung. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Rei-
sekostenabrechnung für Beschäftigte mit mehreren Arbeitsstätten nun erheb-
lich vereinfacht. Arbeitnehmer können steuerlich auch dann nur eine Arbeits-
stätte angeben, wenn sie täglich in verschiedene Filialen des Arbeitgebers ein-
gesetzt werden, wie der BFH in drei am Mittwoch, den 24. August 2011, in
München veröffentlichten Urteilen entschied (vgl. dazu Az. VI ZR 55/19 u. a.).
Damit entfällt für Beschäftigte das tägliche Aufsplitten von Entfernungspau-
schalen und die komplizierte Berechnung von Verpflegungsmehraufwendun-
gen. Am 30. August 2011 berichtete das „Handelsblatt“ (S. 18) von einer ge-
planten Änderung des Reisekostenrechts seitens der Bundesregierung.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wer gehört der Projektgruppe zum Reisekostenrecht an, die laut Bundes-
ministerium der Finanzen eingesetzt worden ist (vgl. Handelsblatt vom
30. August 2011, S. 18)?

Welche Interessenverbände sind daran beteiligt?

Welche Institution sichert, dass auch Arbeitnehmerinteressen berücksichtigt
werden?

Welche weiteren Bundesministerien sind eingeladen?

2. Wann ist mit einer Überarbeitung des Reisekostenrechts zu rechnen?
3. Was wird diese Überarbeitung des Reisekostenrechts beinhalten?

4. Wird diese Überarbeitung sich an dem Ziel des Bürokratieabbaus für Unter-
nehmen orientieren, und falls ja, wie stellt die Bundesregierung dies sicher?

5. Mit welchen durchschnittlichen monetären Entlastungen können Unterneh-
men pro Reisender bzw. Reisendem und Reisetag rechnen?

Drucksache 17/7095 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

6. Wird das Reisekostenrecht im Hinblick auf die vermehrt international statt-
findenden Geschäftsaktivitäten angepasst, und wenn ja, inwiefern?

7. Inwiefern wird das Urteil des Bundesfinanzhofes (Az. VI ZR 55/19 u. a.)
berücksichtigt, und versucht die Bundesregierung in der Überarbeitung des
Reisekostenrechts auch der bisher übrigen Rechtsprechung zu folgen?

8. Wie sollen Unternehmen bei der Nachweispflicht im Reisekostenrecht ent-
lastet werden?

9. Wie wird die Bundesregierung das Reisekostenrecht anpassen, um der
Rechtsprechung zu folgen, dass ein Arbeitnehmer höchstens eine regelmä-
ßige Arbeitsstätte je Dienstverhältnis haben kann?

10. Wird die Bundesregierung die sogenannte 46-Tage-Regelung abschaffen,
und wenn ja, welche Neuregelungen sind hier zu erwarten?

11. Wie wird die Bundesregierung die bislang durch divergierende Länder-
erlasse bestehende Rechtsunsicherheit im Hinblick auf das Merkmal des
„dauerhaften“ Tätigwerdens lösen, und ist hier eine bundeseinheitliche
Lösung angestrebt?

12. Strebt die Bundesregierung eine Änderung des Verpflegungsaufwands
nach § 4 Absatz 5 Nummer 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG)
i. V. m. § 9 Absatz 5 Satz 1 EStG an, und wenn ja, inwiefern?

13. Wird die Handhabung der Dreimonatsfrist nach § 4 Absatz 5 Nummer 5
Satz 5 EStG vereinfacht, und wenn ja, inwiefern?

14. Inwiefern spielt die Option eines steuerfreien Jahrespauschbetrages für ein-
tägige Auswärtstätigkeiten bei den Überlegungen zur Überarbeitung des
Reisekostenrechts eine Rolle?

15. Welche Änderungen sind bei der Überarbeitung des Reisekostenrechts im
Hinblick auf die Dienstwagenbesteuerung zu erwarten?

Sind in diesem Zusammenhang ökologische Anreize zu erwarten, die bei-
spielsweise die Anschaffung von emissionsarmen oder -freien Fahrzeugen,
beispielsweise mit Elektroantrieb, fördern?

16. Gibt es im Hinblick auf die doppelte Haushaltsführung zu erwartende Än-
derungen, beispielsweise im Hinblick auf den Nachweis des „ortsüblichen
Mietzinses“ in R 9.11 Absatz 5 der Lohnsteuer-Richtlinien 2011 i. V. m.
H 9.11 der Lohnsteuer-Hinweise 2011?

Wenn ja, welche?

17. Wird in der Überarbeitung des Reisekostenrechts auch eine Vereinfachung
der umsatzsteuerrechtlichen Regelungen bei Hotelübernachtung und Früh-
stück vorgenommen?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik der Deutschen Steuer-Ge-
werkschaft, dass über die Einführung der Umsatzsteuerermäßigung für
Übernachtungsdienstleistungen vermehrt Umsatzsteuerbetrug in diesem
Bereich durch falsch deklarierte Leistungen, etwa das Frühstück, stattfindet
(vgl. DER SPIEGEL vom 28. Februar 2011)?

19. Plant die Bundesregierung eine Evaluation über die Höhe der Bürokratie-
kosten von Unternehmen und Verwaltungen bei den umsatzsteuerrechtlichen
Regelungen bei Hotelübernachtung und Frühstück und dem damit verbun-
denen Vorsteuerabzug und der Rechnungslegung (und seinen Problemen)?

20. Inwiefern wird das Thema Umsatzsteuerbetrug in der Projektgruppe zum
Reisekostenrecht diskutiert werden?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/7095

21. Wie hoch waren in den letzten zehn Jahren die Strafzahlungen von Unter-
nehmen, die gegen steuerliche und sozialversicherungspflichtige Vorschrif-
ten aufgrund internationaler Dienstreisen verstoßen haben (bitte einzeln
pro Jahr auflisten)?

22. Wie viele Unternehmen mussten Strafzahlungen in den letzen zehn Jahren
leisten (bitte einzeln pro Jahr und Unternehmensgröße auflisten)?

23. Wie hat sich der Personalbestand in den Finanzverwaltungen und der Per-
sonalaufwand zur Überwachung solcher Vergehen in den vergangenen
zehn Jahren entwickelt (bitte einzeln pro Jahr auflisten)?

24. Wird ein internationaler Informationsaustausch mit anderen Finanzverwal-
tungen vorgenommen, und wenn ja, in welchem Umfang findet dieser
statt?

Berlin, den 23. September 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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