BT-Drucksache 17/6522

Angemessene Entschädigung für Einrichtungen infolge der Umstellung der Frequenzen

Vom 7. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6522
17. Wahlperiode 07. 07. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katrin Kunert, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Petra Sitte,
Herbert Behrens, Dr. Rosemarie Hein, Ingrid Remmers, Kathrin Senger-Schäfer,
Sabine Stüber und der Fraktion DIE LINKE.

Angemessene Entschädigung für Einrichtungen infolge der Umstellung
der Frequenzen

Ab diesem Jahr werden zahlreiche drahtlose Mikrofone auf den bisherigen
Funkfrequenzen nicht mehr nutzbar sein, da die Bundesnetzagentur diese
Funkfrequenzen an Mobilfunkbetreiber versteigert hat. Die Freigabe und Ver-
steigerung des Frequenzbereichs 790 bis 863 MHz (800-MHz-Band) zeitigt
negative Folgen für die zuvor durch Allgemeinzuteilungen der Bundesnetz-
agentur zugesicherten Nutzungsbedingungen für drahtlose Mikrofonanlagen,
wie sie bei Film-, Fernseh- und Theaterproduktionen, aber auch bei Konzert-
veranstaltungen, Tagungen, Kongressen und in Kirchen zum Einsatz kom-
men. Die Nach- und Umrüstungskosten belaufen sich nach Schätzungen von
Experten auf 1 bis 3 Mrd. Euro, der Bundesrat schätzt die Kosten auf
mindestens 700 Mio. Euro. Bisher sind 70 Mio. Euro im Bundeshaushalt für
das Jahr 2011 und 57 Mio. Euro in die mittelfristige Finanzplanung einge-
stellt. Angesichts des für diese Frequenzen erzielten Versteigerungserlöses von
ca. 4,38 Mrd. Euro hält der Bundesrat diese Summe nicht für angemessen.

Die Bundeshaushaltsmittel für 2011 sind mit einem Sperrvermerk versehen.
Eine Entsperrung der Bundeshaushaltsmittel erfolgt erst nach Vorlage einer
„Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen des Bundes an Sekun-
därnutzer wegen anrechenbarer störungsbedingter Umstellungskosten aus der
Umwidmung von Frequenzen im Bereich 790 bis 862 MHz (RL-BillStörKo)“.
Am 25. Mai 2011 wurde der durch das Bundesministerium für Wirtschaft und
Technologie (BMWi) vorgelegte Entwurf einer Billigungsrichtlinie durch den
Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages als unzureichend bewertet. Das
vom BMWi vorgestellte Verfahren wurde nicht als angemessene Entschädigung
anerkannt. Die Bundeshaushaltsmittel wurden nicht entsperrt. Es besteht drin-
gender Handlungsbedarf, da sich bereits in diesem Sommer die eingeleitete Um-
stellung der Frequenzen auf die Freilichtbühnen, Kinos, Theater und weitere
kulturelle Einrichtungen auswirkt. Eine weitere Verzögerung der Bereitstellung
der dringend benötigten Mittel ist für die betroffenen Einrichtungen existenzge-
fährdend.

Drucksache 17/6522 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Konsequenzen hat das BMWi aus der Kritik des Haushaltsaus-
schusses des Deutschen Bundestages an dem Entwurf einer „Richtlinie über
die Gewährung von Billigkeitsleistungen des Bundes an Sekundärnutzer
wegen anrechenbarer störungsbedingter Umstellungskosten aus der Um-
widmung von Frequenzen im Bereich 790 bis 862 MHz (RL-BillStörKo)“
gezogen?

Welche konkreten Nachbesserungen wird das BMWi vornehmen, und wann
wird das BMWi einen neuen Entwurf vorlegen?

2. Treffen Aussagen zu, dass in dem ersten Entwurf der Billigungsrichtlinie
des BMWi für Amateurtheaterbühnen eine Entschädigung für notwendige
Umrüstungen aufgrund der Frequenzumstellungen nicht vorgesehen war
bzw. diese in der Praxis als nicht anspruchsberechtigt ausgeschlossen hätte,
und wenn nein, warum nicht?

3. Wie erklärt sich die Bundesregierung die große Abweichung zwischen den
im Bundeshaushalt 2011 eingestellten 70 Mio. Euro bzw. den in der mittel-
fristigen Finanzplanung vorgesehenen 57 Mio. Euro gegenüber den von den
Ländern und Verbänden geforderten mindestens 700 Mio. Euro für die Ent-
schädigung?

4. Aus welchen Gründen wurden nach der ursprünglichen Billigungsrichtlinie
lediglich Mikrofonanlagen erfasst, die nach dem 1. Januar 2006 angeschafft
wurden, und beabsichtigt die Bundesregierung die Beibehaltung dieser
Regelung?

5. Wie viele Funkgeräteeinheiten werden nach Kenntnis oder Abschätzung der
Bundesregierung von den in der Billigungsrichtlinie vorgesehenen Bestim-
mungen einer Nutzungsdauer von höchstens fünf Jahren ab dem Anschaf-
fungsjahr erfasst, und wie viele fallen durch das Raster, weil sie vor dem
Stichtag 1. Januar 2006 angeschafft wurden, aber weiterhin in Betrieb sind?

6. Wie steht die Bundesregierung zur Forderung, die Gespräche mit den Län-
dern fortzusetzen und kurzfristig eine angemessene Entschädigungslösung
mindestens in Höhe der von den Ländern geforderten 700 Mio. Euro herbei-
zuführen?

7. Ist der Bundesregierung das aktuelle Beispiel der Stadt Bad Hersfeld be-
kannt, wonach durchaus Kosten von 4 000 Euro pro Mikrofonstrecke
gegenüber von den Bundesländern bislang veranschlagten 2 500 Euro als
Ersatzinvestitionen einzuplanen sind?

Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung einen derartigen Anstieg der Er-
satzinvestitionen um 160 Prozent vor dem Hintergrund der angespannten bis
kritischen Finanzlage kultureller Einrichtungen in Deutschland?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, dass sich bereits in diesem Sommer die
eingeleitete Umstellung der Frequenzen auf Freilichtbühnen auswirkt, da die
bisherigen Anlagen bereits jetzt von starken Tonstörungen betroffen sind,
und dass Bühnen um ihre Existenz fürchten müssen?

Wenn ja, warum trägt das BMWi dem nicht Rechnung und schafft Voraus-
setzungen für eine schnelle Freigabe der Bundeshaushaltsmittel?

9. Hat das BMWi Verbände und Institutionen aus der Kulturwirtschaft und
Veranstalterbranche in die Erarbeitung der Billigungsrichtlinie einbezogen?

Wenn ja, welche?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6522

10. Warum ist der Bund Deutscher Amateurtheater, der 2 400 Amateurtheater-
bühnen vertritt und mit ca. 100 000 ehrenamtlich aktiven Bürgerinnen und
Bürgern einer der größten Theater- und Kulturverbände Europas ist, weder
im Vorfeld noch in die Debatten um eine angemessene Entschädigung der
Theater einbezogen worden?

11. Welche Einrichtungen erhalten nach den Plänen der Bundesregierung künf-
tig eine Entschädigung?

Welche Einrichtungen nicht, und warum nicht?

Ab wann können Anträge gestellt werden?

Berlin, den 7. Juli 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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