BT-Drucksache 17/6445

zu dem Antrag der Fraktion der SPD -17/6087- Die UN-Leitlinien für menschenrechtlich verantwortliches unternehmerisches Handeln aktiv unterstützen

Vom 6. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6445
17. Wahlperiode 06. 07. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe (17. Ausschuss)

zu dem Antrag der Fraktion der SPD
– Drucksache 17/6087 –

Die UN-Leitlinien für menschenrechtlich verantwortliches unternehmerisches
Handeln aktiv unterstützen

A. Problem

In dem Antrag auf Drucksache 17/6087 fordert die Fraktion der SPD die
Bundesregierung unter anderem auf, eine klare Position zu den „Guiding
Principles“ zu beziehen und aktiv ihre Annahme im UN-Menschenrechtsrat zu
unterstützen. Im Menschenrechtsrat soll sie sich zudem zur Thematik Men-
schenrecht und Wirtschaft für ein Folgemandat einsetzen, das angemessen aus-
gestattet ist, damit die Implementierung der Leitlinien überwacht und ihre
Weiterentwicklung befördert werden kann.

B. Lösung

Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Keine.

E. Bürokratiekosten
Keine.

Drucksache 17/6445 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Antrag auf Drucksache 17/6087 abzulehnen.

Berlin, den 29. Juni 2011

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Tom Koenigs
Vorsitzender

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Ullrich Meßmer
Berichterstatter

Serkan Tören
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Der Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
ferern. Ein Problem liege auch darin, dass die Kontrolle
ausschließlich auf Seiten der Bundesregierung der Entwick-
hat den Antrag in seiner 41. Sitzung am 29. Juni 2011 bera-
ten.

Die Fraktion der SPD erläuterte, die Entwicklung in dieser
Thematik sei in diesem Monat schon ein Stück weitergegan-

lungsländer liegen werde, was weiterhin ein Problem bleibe.
Die direkte Haftung der Mutterunternehmen bei Menschen-
rechtsverletzungen der Töchter könne deshalb aus Sicht der
Fraktion der CDU/CSU erst der zweite Schritt sein. Zunächst
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6445

Bericht der Abgeordneten Jürgen Klimke, Ullrich Meßmer, Serkan Tören, Annette
Groth und Volker Beck (Köln)

I. Überweisung
Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache
17/6087 in seiner 114. Sitzung am 9. Juni 2011 beraten und
an den Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe
zur federführenden Beratung sowie zur Mitberatung an den
Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Wirtschaft und
Technologie, den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammen-
arbeit und Entwicklung und den Ausschuss für die Angele-
genheiten der Europäischen Union überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage
In dem Antrag auf Drucksache 17/6087 fordert die Fraktion
der SPD die Bundesregierung unter anderem auf, eine klare
Position zu den „Guiding Principles“ zu beziehen und aktiv
ihre Annahme im UN-Menschenrechtsrat zu unterstützen.
Im Menschenrechtsrat soll sie sich zudem zur Thematik
Menschenrecht und Wirtschaft für ein Folgemandat einset-
zen, das angemessen ausgestattet ist, damit die Implementie-
rung der Leitlinien überwacht und ihre Weiterentwicklung
befördert werden kann.

Eine weitere Forderung zielt darauf ab, dass sich die Bundes-
regierung dafür einsetzt, dass auch die Freihandelsabkom-
men der EU eine Menschenrechtsklausel enthalten und
Überprüfungs- und Sanktionsmechanismen verbindlicher
Bestandteil dieser Abkommen werden. Zudem soll sie für
eine direkte Haftung von Mutterunternehmen für alle
schuldhaften Menschenrechtsverletzungen von Tochterun-
ternehmen eintreten.

III. Stellungnahmen der mitberatenden
Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage auf Drucksache
17/6087 in seiner 41. Sitzung am 29. Juni 2011, der Aus-
schuss für Wirtschaft und Technologie in seiner 49. Sit-
zung am 29. Juni 2011, der Ausschuss für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung in seiner 41. Sitzung
am 29. Juni 2011 und der Ausschuss für die Angelegen-
heiten der Europäischen Union in seiner 43. Sitzung am
29. Juni 2011 beraten. Alle mitberatenden Ausschüsse ha-
ben mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und
FDP gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktion DIE LINKE. die Ablehnung empfohlen.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse
im federführenden Ausschuss

der Prozess seit dem Jahr 2008 verlaufen sei. Der Fraktion
gehe es im Wesentlichen darum, die menschenrechtliche
Sorgfaltspflicht der internationalen Unternehmen nachzu-
zeichnen, auch entlang der Wertschöpfungskette. Wichtig sei
es, dass die Möglichkeit bestehe, Ansprüche, die man gegen-
über den Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen ha-
be, diese auch rechtlich über Ländergrenzen hinweg durch-
setzen zu können, wenn die nationalen Rechtswege
ausgeschöpft sind. Insgesamt sei die internationale Entwick-
lung durchaus vorteilhaft. Deutschland könne zusammen mit
anderen Ländern ein Beispiel geben, um bessere Standards
auch für die Menschenrechte in internationalen Konzernen
durchzusetzen. Bislang habe Deutschland eine aktive Rolle
gespielt und man hoffe, dass es dies auch weiterhin tun wer-
de, wenn es nun um die Umsetzung gehe. Die Fraktion der
SPD trete deshalb dafür ein, dass die Unternehmen verstärkt
veröffentlichen, welche Wirkung die Folgen ihres unterneh-
merischen Handelns in der Dritten Welt hat und welche
Risiken sich zeigten. Deshalb setze sich die Fraktion für eine
menschenrechtliche Risikoanalyse in der Außenwirtschafts-
förderung ein. Man wolle eine direkte Haftung der Mutter-
unternehmen für alle schuldhaften Menschenrechtsverlet-
zungen der Töchter erreichen. Im Mittelpunkt stehe der
Rechtsschutz der Opfer. Man dürfe nicht an einer Stelle
stehen bleiben und sagen, dass man nach zehn Jahren viel er-
reicht habe, sondern nun gehe es daran, aktiv die Leitlinien
umzusetzen, so wie es die Europäische Union auch vorge-
habt habe. Wenn die Amerikaner in der Lage seien, ihre Kon-
zerne und multinationale Unternehmen zu verpflichten,
weltweit die Menschenrechtslage in ihre Verträge aufzuneh-
men, könne man dies auch in Europa tun. Der Antrag bezie-
he sich nicht nur auf die Zeitabläufe in der Vergangenheit,
sondern richte sich auf die Zukunft.

Die Fraktion der CDU/CSU erklärte, dass Thema sei kei-
nesfalls neu und man habe auch bereits deutliche Akzente
gesetzt, nicht nur als Bundesregierung, Parlament und im
politischen Bereich, sondern auch bereits bei den Unterneh-
men. Es gebe natürlich nach wie vor einen Handlungsbedarf.
Deshalb hätten die entsprechenden Bundesministerien auch
bereits einen Arbeitskreis eingerichtet, der bis zum Jahresen-
de Ergebnisse vorlegen solle, um wichtige Fragen der sozia-
len Verantwortung der Unternehmen in Deutschland, die im
Ausland produzieren, voranzubringen. Der Antrag gehe
grundsätzlich in die richtige Richtung. Es gebe in ihm jedoch
zahlreiche Forderungen, die nicht zielführend seien, da sie
nicht durchzusetzen seien, so die geforderte Bindung der
Außenwirtschaftsförderung sowie die Verpflichtung der je-
weiligen Unternehmen auf die Einhaltung der Menschen-
rechte in allen Tochter- und Subunternehmen und bei Zulie-
gen. Der Antrag zeichne im Prinzip die Entwicklung dieser
Richtlinie in den letzten zehn Jahren nach, insbesondere wie

müsse es darum gehen, Bedingungen zu schaffen, die Men-
schenrechtsverstöße direkt vor Ort in den Entwicklungslän-

Drucksache 17/6445 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
lich sei, Recht zu bekommen. Wenn Mutterkonzerne für
Tochterkonzerne zivilrechtlich einstehen müssten, müssten
aber auch Verjährungsfristen verlängert werden. Eine drei-
jährige Verjährungsfrist bedeute bei einem Unrechtsregime
unter Umständen, dass das Opfer keine Chance habe, seine
Rechte geltend zu machen, da es das Land nicht verlassen
könne, ohne Gefahr für sich oder die Familie, die es im Fall
eines solchen Musterprozesses „ans Messer liefern würde“.
Wichtig sei für die Rechts- und Wirtschaftskultur, dass sich
für die Unternehmen das Kalkül, billiger zu produzieren und
Menschenrechtsverletzungen dabei in Kauf zu nehmen,
nicht rechnet. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass man auf
dem Markt die Falschen bestrafe und die Falschen belohne.
In den USA gebe es seit dem 19. Jahrhundert bereits eine
Hilfskonstruktion mit dem Alien Tort Claims Act. Und in
Deutschland habe man Erfahrungen in der Diskussion um
die Zwangsarbeiterentschädigung gemacht. Diese sei die
Rechtsgrundlage gewesen, wie man Unternehmen für Men-
schenrechtsverletzungen in der Vergangenheit unter Druck
setzen konnte und es dann zu einem Entschädigungswerk
kam, was die Bundesrepublik Deutschland dann zusammen
mit der deutschen Wirtschaft umgesetzt habe. Man unterstüt-

Abkommen angesprochen, hier sei es wichtig, festzuhalten,
dass es bereits in den Assoziationsabkommen einen Mehr-
wert durch die Menschenrechtsklauseln gebe. Diese seien
ein Hebel, mit dem man stärker auf die Verpflichtungen ein-
wirken könne. In dem Bereich habe es seit den 90er-Jahren
einen enormen Wandel gegeben und die Menschenrechts-
klausel sei inzwischen Standard. Viele Forderungen in dem
Antrag der SPD-Fraktion seien im Übrigen durch die Bera-
tungszeiträume obsolet geworden und inzwischen ohnehin
schon umgesetzt. Aus ihrer Sicht, so die FDP-Fraktion, gehe
es darum, die Arbeit von John Ruggie weiter zu unterstützen
und vor allem dafür zu werben, dass die Staaten, die sich
noch nicht den OECD-Leitsätzen angeschlossen haben, die-
sen nun beitreten. Wenn dies auch große Staaten täten, habe
man schon viel erreicht.

Als Ergebnis der Beratung empfiehlt der Ausschuss für
Menschenrechte und humanitäre Hilfe mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, gegen die Stimmen
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE., den Antrag der
Fraktion der SPD auf Drucksache 17/6087 abzulehnen.

Berlin, den 29. Juni 2011

Jürgen Klimke
Berichterstatter

Ullrich Meßmer
Berichterstatter

Serkan Tören
Berichterstatter

Annette Groth
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter
dern bei den Tochterunternehmen ahnden. Zum Beispiel
könne eine geeignete Maßnahme in den Industrieländern das
Verhalten der Verbraucher sein, die nicht sozial produzierte
Produkte nicht kaufen, beziehungsweise sich dafür interes-
sieren, ob ein bestimmtes Produkt sozialproduziert ist und
dann auch bereit seien, dafür einen erhöhten Preis zu zahlen.
Da man den Antrag für nicht durchführbar halte, lehne man
ihn ab.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erläuterte, sie
halte den Antrag für gut, da er nicht bei dem „weichen Teil“
des Ruggie-Berichtes stehen geblieben sei, sondern darüber
hinaus gehe. Man selbst habe dies bereits in der letzten
Wahlperiode thematisiert, dass man den Opfern von Men-
schenrechtsverletzungen die Möglichkeit geben müsse, in
den Rechtsstaaten Schadenersatzanspruch mit Aussicht auf
Erfolg durchsetzen zu könne. Man wisse, dass es in vielen
Ländern, in denen es eine Komplizenschaft der Justiz mit
den Menschenrechtsverletzern gebe, für die Opfer unmög-

ze das Anliegen der SPD-Fraktion und werde dem Antrag
zustimmen.

Die Fraktion der FDP erklärte, die Guiding Principles seien
am 16. Juni vom Menschenrechtsrat im Konsens verabschie-
det worden und Deutschland sei Mitunterstützer der beglei-
tenden Resolution gewesen. Man habe sich klar auf die Seite
der Guiding Principles und die Arbeit dort gestellt. Es sei ge-
lungen, das Nachfolgemandat für John Ruggie zu erreichen,
da er selbst nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren
durfte. Aus ihrer Sicht sei es wichtig, dass der Menschen-
rechtsrat sich weiterhin mit diesem Thema befasse. Auch bei
der Zusammenführung der verschiedenen Standards bei den
OECD-Leitsätzen sei es im Rahmen des Review-Prozesses
weitergegangen, was die Verankerung von Menschen-
rechtskapiteln betreffe. Und auch über die Einbeziehung der
Lieferkette habe man Erkenntnisse gewonnen durch die
öffentliche Anhörung des Ausschusses für Menschenrechte
und humanitäre Hilfe. In dem Antrag würden auch die EU-

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.