BT-Drucksache 17/6444

40 Jahre Städtebauförderung - Erfolgsmodell für die Zukunft der Städte und Regionen erhalten und fortentwickeln

Vom 5. Juli 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6444
17. Wahlperiode 05. 07. 2011

Antrag
der Abgeordneten Sören Bartol, Uwe Beckmeyer, Martin Burkert, Petra Ernstberger,
Iris Gleicke, Ulrike Gottschalck, Michael Groß, Hans-Joachim Hacker, Gustav
Herzog, Petra Hinz (Essen), Christel Humme, Ute Kumpf, Kirsten Lühmann, Caren
Marks, Franz Müntefering, Thomas Oppermann, Aydan Özog˘uz, Florian Pronold,
Bernd Scheelen, Dr. Carsten Sieling, Andrea Wicklein, Dr. Frank-Walter Steinmeier
und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Bettina Herlitzius, Daniela Wagner, Dr. Anton Hofreiter,
Stephan Kühn, Ingrid Nestle, Dr. Valerie Wilms, Bärbel Höhn, Cornelia Behm,
Harald Ebner, Hans-Josef Fell, Kai Gehring, Uwe Kekeritz, Sylvia Kotting-Uhl,
Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff,
Dr. Hermann Ott, Dorothea Steiner, Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN

40 Jahre Städtebauförderung – Erfolgsmodell für die Zukunft der Städte und
Regionen erhalten und fortentwickeln

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Unsere Städte, Gemeinden und Regionen kämpfen mit einem großen Problem:
Sie leben von der Substanz. Nicht wenige von ihnen sind in Gefahr, drastisch
an Lebensqualität zu verlieren. Es droht die soziale Spaltung in und zwischen
den Städten, Gemeinden und Regionen.

Vielen fehlt die finanzielle Kraft, Entwicklungen rechtzeitig im Sinne ihrer
Bürgerinnen und Bürger zu steuern. Das gilt für soziale und für technische
Infrastruktur, für Gebäude und Flächennutzung und -umnutzung.

Die Bundesregierung schwächt den Einsatz des Bundes in diesem Bereich
drastisch. Das ist falsch und muss korrigiert werden. Die Förderung der Stadt-
entwicklung und des Städtebaus muss in den Fokus der bundespolitischen
Verantwortung. Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe muss fortentwickelt
und angemessen finanziell ausgestattet werden.

Die Städtebauförderung leistet seit 40 Jahren einen wichtigen Beitrag zum
Erhalt und zur Entwicklung der Städte und Gemeinden. Auch 40 Jahre nach
ihrer Einführung ist sie hoch aktuell. Die Städtebauförderung ist und bleibt ein

Zukunftsprogramm. Als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern zu-
sammen mit den Kommunen hat sie sich als anpassungsfähiges, problem-
orientiertes Instrumentarium der Stadtpolitik erwiesen und ist auch nach der
Föderalismusreform als solches erhalten geblieben. Zur Bewältigung der viel-
fältigen, sich wandelnden Herausforderungen in Städten und Gemeinden hat sie
sich bewährt. Der Erhalt historischer Stadtkerne, die Belebung von Innen-
städten und Großsiedlungen sowie die Aufwertung sozialer Brennpunkte sind

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sichtbare Wirkungen der Städtebauförderung. Die Städtebauförderung ver-
bessert aber nicht nur die Bausubstanz und die Wohn- und Lebenssituation,
sondern sie schafft auch Identifikation der Menschen mit ihrem Quartier und
ihrer Stadt. Sie ermöglicht den Bewohnerinnen und Bewohnern, an der Gestal-
tung ihres unmittelbaren Lebensumfeldes aktiv mitzuwirken. Sie schafft eine
höhere Lebensqualität und erhöht damit nicht nur die Attraktivität der Städte
und Gemeinden für die Bewohnerinnen und Bewohner, sondern auch als Wirt-
schaftsstandort.

Neben ihren positiven baulichen, stadtentwicklungspolitischen und gesell-
schaftlichen Wirkungen stößt die Städtebauförderung in einem hohen Maße
Investitionen an. Studien belegen, dass 1 Euro Städtebauförderung des Bundes
und der Länder 8 Euro an öffentlichen und privaten Bauinvestitionen auslöst.
Damit refinanziert sich die Städtebauförderung allein über Steuereinnahmen.
Sie fördert die lokale und regionale Wirtschaft und zeichnet sich durch regionale
Zielgenauigkeit und geringe Mitnahmeeffekte aus. Es handelt sich um ein euro-
paweit beachtetes und geachtetes Instrument, das auch zum sozialen Zusam-
menhalt beiträgt.

Die Regierung Willy Brandt hat die Städtebauförderung – zunächst in Modell-
städten, dann bundesweit als Rechts- und Fördersystem mit dem Städtebau-
förderungsgesetz am 19. Juni 1971 – eingeführt. Die Koalition aus SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat in den Jahren ab 1998 die Bundesmittel für
die Städtebauförderung deutlich aufgestockt, die Programmstruktur mit
„Sozialer Stadt“, „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“ den aktuellen
Herausforderungen angepasst und einen stärker integrierten und integrativen
Ansatz der Stadtentwicklung verfolgt. Bis 2009 wurde daran anknüpfend die
Städtebauförderung finanziell gestärkt und im breiten Konsens fortentwickelt.
Mit der 2007 im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft verabschiede-
ten „LEIPZIG CHARTA zur nachhaltigen europäischen Stadt“ bekannten sich
alle EU-Mitgliedstaaten zu einer integrierten Stadtentwicklungspolitik, die
wirtschaftliche, soziale und ökologische Dimensionen abdeckt und Handlungs-
strategien für sozial und wirtschaftlich benachteiligte Stadtgebiete sowie für die
gesamtstädtische Ebene entwickelt.

Die Kürzungen der Städtebauförderung für die Jahre 2010 und 2011 sind der
falsche Weg. Sie führen zu einem Investitionsstau und gefährden damit wirt-
schaftliche Entwicklung und Arbeitsplätze – vor allem in vom wirtschaftlichen
und demografischen Wandel besonders betroffenen Städten und Regionen. Die
Kürzungen schaden dem sozialen Zusammenhalt in den Städten, sie verschär-
fen regionale Ungleichheiten und entmutigen Bürgerinnen und Bürger in ihrem
Engagement. Mit den Kürzungen werden die Erfolge der Städtebauförderung
aufs Spiel gesetzt: Maßnahmen der Städtebauförderung müssen gestreckt wer-
den oder laufen frühzeitig aus, ohne dass ihre Wirkungen nachhaltig gesichert
sind. Gestaltungsspielraum für dringend notwendige neue Maßnahmen bleibt
den für die Bewilligung der Maßnahmen zuständigen Ländern nicht.

Kürzungen der Städtebauförderung bedeuten den Abschied von einer aktiv
gestaltenden Stadtpolitik des Bundes nicht nur quantitativ, sondern auch quali-
tativ. Zum einen fehlt der Städtebauförderung zunehmend die finanzielle
Substanz, um Wirkung zu entfalten, zum anderen wendet sich der Bund mit der
Orientierung auf rein investive Maßnahmen vom innovativen Ansatz der inte-
grierten und integrativen Stadtentwicklung, den auch die Leipzig-Charta ver-
folgt, ab. Das Abschmelzen und die Verlagerung der Programmschwerpunkte
weg von der „Sozialen Stadt“ und vom „Stadtumbau Ost und West“ ist ein
Paradigmenwechsel, der insbesondere Stadtviertel mit baulichen, funktionellen
und sozialräumlichen Verwerfungen und schrumpfende Regionen weiter ab-

koppelt.

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Die Herausforderungen des wirtschaftlichen, sozialen und demografischen
Wandels und aktiver politischer Teilhabe stellen sich ganz konkret in den Kom-
munen. Hier kumulieren – in regional sehr unterschiedlicher Ausprägung –
Problemlagen wie zunehmende soziale Polarisierung, die Folgen der Globali-
sierung und Strukturwandel in der Industrie, schrumpfende und alternde Bevöl-
kerung, Zuwanderung, Leerstand sowie die Folgen des Klimawandels und der
Energiewende. Städte stehen für hohe Innovationskraft und ein hohes Problem-
lösungspotential, sie sind Identifikationsort für gesellschaftlichen Fortschritt
und solidarischen und toleranten Miteinanders unterschiedlicher Menschen –
unabhängig von Religionszughörigkeit, ethnischer Herkunft, Geschlecht, sexu-
eller Orientierung und Hautfarbe.

Der Bund ist deshalb gefordert, mit einer ressort- und akteursübergreifend
angelegten Stadtpolitik die Handlungsspielräume der Kommunen zu erweitern.
Die Städtebauförderung ist ein notwendiger Baustein einer solchen Stadtpolitik.
Statt eines Rückzugs aus der Verantwortung muss der Bund die Städtebauförde-
rung fortsetzen und stärken. Die Kürzungen der Haushaltsjahre 2010 und 2011
müssen für 2012 zurückgenommen und die Bundesmittel perspektivisch entspre-
chend dem tatsächlichen Förderbedarf auf 700 Mio. Euro jährlich aufgestockt
werden. Dies entspricht dem Ergebnis der Studie „Städtebaulicher Investitions-
und Förderbedarf 2007 bis 2013 in Deutschland“, die das Bundesministerium für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung aufgrund eines Beschlusses des Deutschen
Bundestages in Auftrag gegeben hat.

Der Bund muss wieder ein zuverlässiger Partner der Länder und Kommunen in
der „Nationalen Stadtentwicklungspolitik“ werden. Das Engagement zivil-
gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Akteure auf Bundes-, Landes- und kom-
munaler Ebene, von Projektverantwortlichen und Bürgerinnen und Bürgern für
die Stadtentwicklung ist unverzichtbar für eine integrierte Stadtentwicklungs-
politik, ersetzen kann es die staatliche Verantwortung nicht.

Städte sind mehr als Steine und Beton. Ausschließlich investive Maßnahmen sind
deswegen nicht geeignet, den aktuellen Herausforderungen gerecht zu werden
und nachhaltig positive städtische Entwicklungen zu erreichen. Integrierte Stadt-
entwicklungspolitik muss deshalb auf allen Ebenen ressort- und akteursüber-
greifend angelegt sein. Es gibt die gute fest verankerte Tradition der Betroffenen-
beteiligung in der Städtebauförderung. Als besonders gut hat sich die aktivie-
rende Bewohnerinnenbeteiligung/Bewohnerbeteiligung im Programm Soziale
Stadt erwiesen. Diese aktivierende Beteiligung auch in den anderen Städte-
bauförderprogrammen zu verwirklichen, ist ein wichtiges Ziel. Stadtentwick-
lungspolitik kann so zu einer Belebung der lokalen Demokratie beitragen. Über
konkrete Projekte hinaus können Bürgerinnen und Bürger für die Mitarbeit an
gesamtstädtisch angelegten integrierten Entwicklungskonzepten gewonnen wer-
den. Die Erweiterung von Beteiligungsmöglichkeiten muss einhergehen mit der
Stärkung von Beteiligungskompetenzen, insbesondere in benachteiligten Quar-
tieren.

In den vergangenen 40 Jahren wurde die Städtebauförderung kontinuierlich
weiterentwickelt. Aktuell besteht sie aus folgenden Teilprogrammen: Soziale
Stadt, Stadtumbau Ost und West, Aktive Stadt- und Ortsteilzentren, Kleine
Städte und Gemeinden, Städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaß-
nahmen, Städtebaulicher Denkmalschutz. Dabei ist es wichtig, bei der Weiter-
entwicklung der Städtebauförderung zentrale Herausforderungen anzugehen.
Klimaschutz, Energiewende, ökonomischer, ökologischer und soziostrukturel-
ler Wandel, aber auch geänderte Werthaltungen stellen sie in Zukunft vor zum
Teil neue Aufgaben:

1. Wirtschaftlicher Strukturwandel, Funktionsverlust, demografischer Wandel

führen in vielen Regionen zu einer schrumpfenden und alternden Bevölke-
rung. Städte und Gemeinden brauchen deswegen Konzepte, wie sie bei

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sinkenden Einnahmen den Zugang zu Wohnraum, Bildung, Arbeit, Gesund-
heitsversorgung, Kultur- und Freizeitangeboten sichern. Barrierefreiheit
gewinnt für alle Bevölkerungsgruppen an Bedeutung und muss integraler
Bestandteil aller Städtebauförderungsprogramme sein. Für schrumpfende
Städte insbesondere Ostdeutschlands ist die Fortsetzung des Stadtumbaus
mit einer stärkeren Schwerpunktsetzung auf die Aufwertung der Innenstädte
und Stadtteilzentren unverzichtbar. Eine Anschlussregelung für die Alt-
schuldenhilfe muss dies flankieren. Auch westdeutsche Städte sind zu-
nehmend vom Trend zur Schrumpfung und Alterung betroffen, Stadtumbau
gewinnt auch hier an Bedeutung.

2. Die soziale Spaltung in und zwischen den Städten schreitet voran. Mit sei-
nem integrierten und integrativen Ansatz kann das Programm „Soziale
Stadt“ die Abwärtsspirale in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungs-
bedarf bremsen. Es verbessert die Lebensbedingungen der Menschen in
diesen Quartieren und trägt so zum sozialen Frieden in den Städten bei. Als
Programm zur sozialen Inklusion insbesondere auch von Menschen mit
Migrationshintergrund sollte es stärker präventiv ausgerichtet und in
gesamtstädtische Konzepte eingebunden werden.

3. Umweltbelastungen insbesondere durch den Verkehr und Klimawandel stel-
len neue Anforderungen an die Entwicklung von Städten und Stadtregionen.
Kompakte, funktional gemischte Städte der kurzen Wege, eine nachhaltige
Steuerung der Gewerbeansiedlung und regionale Wirtschaftskreisläufe sind
geeignet, zu einer ressourcenschonenden Lebensweise beizutragen. Not-
wendig ist eine Verknüpfung von Verkehrs- und Stadtentwicklungspolitik
bei Bund, Ländern und Kommunen – sowohl bei der Entwicklung von Leit-
bildern als auch im praktischen Verwaltungshandeln. Der Bund muss den
Kommunen Anreize und Unterstützung bei der Entwicklung solcher inte-
grierten Konzepte geben.

4. Den Klimawandel zu begrenzen, stellt die Städte vor große Herausforderun-
gen. Das betrifft sowohl die städtische Infrastruktur als auch den Gebäude-
bestand. Denn der urbane Raum ist für 75 Prozent der gesamten CO2-Emis-
sionen verantwortlich, davon entfallen allein 40 Prozent auf den gesamten
Endenergieverbrauch des Gebäudesektors. Eine Steigerung der Energie-
effizienz von staatlicher und privater Infrastruktur in Städten ist daher ein
wichtiger Baustein im Rahmen der Energiewende. Das Ziel Klimaschutz in
der Städtebauförderung muss zukünftig eine größere Beachtung finden als
bisher. Städte sind in besonderem Maße von den Folgen des Klimawandels
betroffen. Aufgrund ihrer Anfälligkeit gegenüber den Folgen des Klima-
wandels, müssen frühzeitig Anpassungsstrategien entwickelt werden. Die
klimagerechte Stadtentwicklung ist verstärkt in die zukünftigen Verwal-
tungsvereinbarungen der Städtebauförderung zu integrieren.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die kommunale Finanzkraft so zu stärken, dass die Kommunen wieder hand-
lungsfähig werden und ihre gesamtgesellschaftlichen Aufgaben der sozialen
Inklusion, des ökologischen Umbaus und der wirtschaftlichen Entwicklung
bewältigen können. Der Bund muss seiner Verantwortung für den Erhalt der
technischen und sozialen Infrastruktur vor Ort gerecht werden. Dabei müs-
sen in Zukunft in schrumpfenden Regionen zunehmend der Rückbau über-
dimensionierter Infrastruktur gefördert und die Kommunen bei Flächen-
rücknahme (Entsiegelung) und Flächenrecycling unterstützt werden;

2. zügig ein empirisch fundiertes Konzept dafür vorzulegen, wie über 2013
bzw. 2019 hinaus die Kompensationszahlungen an die Länder für die ehe-
malige soziale Wohnraumförderung und Gemeindeverkehrsfinanzierung fort-

geführt werden sollen; dabei auf die Länder einzuwirken, die Mittel weiterhin
zweckgebunden einzusetzen;

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3. die Beschlüsse der Leipzig-Charta in der Städtebauförderung umzusetzen
und in allen Einzelprogrammen den integrierten Ansatz der Stadtentwick-
lung einzubeziehen, die Förderung nichtinvestiver Maßnahmen in allen
Programmlinien zu stärken und Finanzmittel für eine umfassende Bürger-
beteiligung vorzusehen;

4. die Städtebauförderung im Rahmen der „Nationalen Stadtentwicklungs-
politik“ als Aufgabe des Bundes gemeinsam mit den Ländern fortzuführen,
verlässlich zu finanzieren um Ländern, Kommunen und Projektbeteiligten
Planungssicherheit für mittel- und langfristig angelegte städtebauliche Ent-
wicklungs- und Umbaustrategien zu geben;

5. im Haushalt 2012 den Verpflichtungsrahmen der Bundesmittel für die
Städtebauförderung auf das ursprünglich für 2010 vorgesehene Niveau von
610 Mio. Euro anzuheben, perspektivisch auf den tatsächlichen Bedarf von
700 Mio. Euro jährlich zu erhöhen und auf diesem Niveau zu verstetigen;

6. das Programm „Soziale Stadt“ als Leitprogramm im Rahmen der Städte-
bauförderung fortzuführen, mindestens wieder auf das Niveau von 2009
(105 Mio. Euro) aufzustocken, Modellvorhaben in nichtinvestiven Berei-
chen wieder zuzulassen und die gegenseitige finanzielle Deckungsfähigkeit
der Städtebauförderprogramme untereinander wieder für alle Programme
herzustellen;

7. den ressort- und akteursübergreifenden Ansatz des Programms Soziale
Stadt zu stärken und Förderprogramme anderer Ressorts (insbesondere
Bildung, Gesundheit, Arbeit, Wirtschaft, Innen/Integration, Sport) auf die
Förderkulisse von Sozialer Stadt auszurichten und die Kombination der
Förderprogramme anderer Ressorts mit dem Programm Soziale Stadt zu
ermöglichen bzw. zu erleichtern, sowie mit der Arbeitsagentur auf Bundes-
ebene zu einer erneuerten Kooperationsvereinbarung zu kommen;

8. die „Soziale Stadt“ zu einem Programm mit präventivem Charakter auszu-
bauen und – als wesentlichen Baustein des „Nationalen Integrationsplans“
im Kapitel „Integration vor Ort“ – besonders auch für Integrationsaufgaben
zu stärken;

9. das Bundesprogramm des Europäischen Sozialfonds (ESF) „Bildung, Wirt-
schaft, Arbeit im Quartier“ (BIWAQ) über die aktuell bis Oktober 2014 lau-
fende zweite Förderperiode hinaus zu verlängern und weiterzuentwickeln;

10. die beiden Programmlinien „Stadtumbau Ost“ und „Stadtumbau West“ be-
darfsgerecht zu erhöhen und fortzusetzen, und flankierend eine Anschluss-
regelung für die Altschuldenhilfe für ostdeutsche Wohnungsunternehmen
vorzulegen. Es sollen zukünftig alle mit Altschulden belasteten Wohnungs-
unternehmen antragsberechtigt sein. Der Entlastungsbetrag sollte sich an
der durchschnittlichen Höhe der verbliebenen Altschulden pro abgerisse-
nen Quadratmeter orientieren. Die Entlastung sollte nur bei Abriss und
Investition des Entlastungsbetrages in Sanierung wohnungspolitisch nach-
haltiger Bestände, vor allem in Innenstädten gewährt werden;

11. das baukulturelle Erbe mit Hilfe des Bund-Länder-Programms Städtebau-
licher Denkmalschutz zu erhalten und zu nutzen, um die gewachsenen
Identitäten von historischen Städten und Kulturlandschaften zu bewahren,
zu entwickeln und in der öffentlichen Wahrnehmung zu stärken sowie
regionale Beschäftigung zu fördern;

12. mittelfristig die Programmstruktur und -schwerpunkte der Städtebauförde-
rung in den Verwaltungsvereinbarungen und Konzepten in enger Ab-
stimmung mit Ländern, Kommunen und an der Programmumsetzung Be-
teiligten auf Grundlage der programmbegleitenden Evaluation problem-
orientiert, zum Beispiel im Rahmen von Ideenwettbewerben, weiterzuent-

wickeln;

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13. die zukünftigen Herausforderungen wie soziale Inklusion, städtische Mobi-
lität, Energieeffizienz, Klimaschutz und Klimaanpassung, alten- bzw. fami-
liengerechter Umbau und Barrierefreiheit sowie gesundheitliche Präven-
tion durch Sport und Bewegung bei der Weiterentwicklung von Programm-
struktur und -schwerpunkten besonders zu berücksichtigen, die Verknüp-
fung mit geeigneten Förderschienen auf den Ebenen von EU, Bund und
Ländern stärker zu unterstützen und insbesondere die Ziele CO2-Minde-
rung, städtebaulicher Klimaschutz und dezentraler Einsatz von regenerati-
ven Energien in den zukünftigen Verwaltungsvereinbarungen zu stärken.
Die Ergebnisse der entsprechenden Forschungs- und Modellprojekte u. a.
des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (z. B. das ExWost
Forschungsprojekt „Urbane Strategien zum Klimawandel“) sind dabei zu
integrieren;

14. ein Konzept vorzulegen, um programmübergreifend Kommunen und Pro-
jektträger bei Antragsstellung, Evaluation und Abrechnung zu entlasten,
die Bündelung von Mitteln verschiedener Programmlinien in einem För-
dergebiet zu vereinfachen und die Möglichkeit einer pauschalierten Ab-
rechnung nach prozentualem Anteil der Programmlinien modellhaft zu
prüfen sowie die Kofinanzierung mit anderen Förderprogrammen (z. B.
dem Europäischen Sozialfonds) zu erleichtern;

15. sich im Rahmen der Konsultationen und Verhandlungen über die Zukunft
der Kohäsionspolitik der EU für den Erhalt der städtischen Dimension in
der europäischen Kohäsionspolitik (wie zum Beispiel: ESF, Europäischer
Fonds für regionale Entwicklung/EFRE) und sich in den Wettbewerbsre-
gionen für eine punktgenaue Förderung lokaler Problem-Hotspots (insbe-
sondere von sozialen Brennpunkten) einzusetzen;

16. ein Konzept dafür vorzulegen, wie Bund und Länder programmübergrei-
fend die Integration verschiedener teilstädtischer bzw. themenspezifischer
kommunaler Entwicklungskonzepte unterstützen kann. Ziel muss es sein,
die Erstellung gesamtstädtischer integrierter Entwicklungskonzepte zu
fördern, die in einem breiten Beteiligungsprozess erarbeitet werden und so
zur Stärkung der lokalen Demokratie beitragen;

17. programmübergreifend die Erstellung von integrierten Stadt- oder Stadt-
teilentwicklungskonzepten zur notwendigen Fördervoraussetzung für Maß-
nahmen der Städtebauförderung zu machen;

18. mit den Ländern und kommunalen Spitzenverbänden umgehend Lösungen
zu vereinbaren und umzusetzen, die – über die bereits jetzt in der Ver-
waltungsvereinbarung Städtebauförderung vorgesehene Möglichkeit einer
Reduzierung des Eigenanteils hinaus – Kommunen mit Haushaltssiche-
rungskonzept eine Teilnahme an den Programmen der Städtebauförderung
zu ermöglichen – etwa durch die Möglichkeit, den kommunalen Eigen-
anteil durch private Mittel zu ersetzen.

Berlin, den 5. Juli 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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