BT-Drucksache 17/6393

Hände weg von der Initiative "JUGEND STÄRKEN"

Vom 30. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6393
17. Wahlperiode 30. 06. 2011

Antrag
der Abgeordneten Yvonne Ploetz, Diana Golze, Agnes Alpers, Matthias W.
Birkwald, Steffen Bockhahn, Heidrun Dittrich, Dr. Rosemarie Hein, Katja Kipping,
Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Sabine Stüber, Jörn Wunderlich, Sabine
Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Hände weg von der Initiative „JUGEND STÄRKEN“

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Mit der Initiative „JUGEND STÄRKEN“ fördert das Bundesministerium für
Familie, Senioren, Frauen und Jugend Unterstützungsangebote der Jugendhilfe
zur sozialen, schulischen und beruflichen Integration benachteiligter Jugend-
licher. Derzeit werden allein durch die Teilprogramme „Schulverweigerung –
Die 2. Chance“ und „Kompetenzagenturen“ der Initiative 40 000 junge Men-
schen an etwa 200 Standorten auf ihrem Weg zu ihrem Schulabschluss und bei
ihrem Übergang in den Beruf unterstützt. Mittels Fördermittel des Bundes und
der EU, hier im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF), sollte bis 2013
ein Netzwerk aus insgesamt 1 000 Standorten entstehen. Geplant ist nun ab
September dieses Jahres seitens der EU und des Bundes nur noch einen Teil der
bisherigen Fördergelder bereitzustellen. Dies stellt eine massive Gefährdung
einer sehr erfolgreichen Initiative dar. Der Kooperationsverbund Jugendsozial-
arbeit und der Paritätische Gesamtverband haben wiederholt zu Recht auf diesen
Umstand hingewiesen. Es ist nicht hinnehmbar, dass demnächst 20 000 jungen
Menschen ohne die von ihnen dringend benötigte Unterstützung bleiben. Pro-
grammevaluationen haben die grundsätzliche Qualität der Initiative unterstri-
chen. Allein „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ bewirkte über eine gezielte
und intensive individuelle Förderung junger Menschen, dass 60 Prozent von
ihnen wieder in die Schule reintegriert werden konnten. Die „Kompetenz-
agenturen“ haben nachweislich vielen benachteiligten jungen Menschen das Er-
reichen einer Ausbildung ermöglicht und/oder sie bei ihrem Eintritt ins Arbeits-
leben unterstützt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. die Finanzierung der Initiative „JUGEND STÄRKEN“ und insbesondere ihrer
Teilprogramme „Schulverweigerung – Die 2. Chance“ und „Kompetenz-

agenturen“ und „STÄRKEN vor Ort“ für die neue Förderperiode (09/2011
bis 12/2013) in mindestens gleichbleibender Höhe wie in der letzten Förder-
periode (09/2008 bis 08/2011) zu gewährleisten;

2. eine Änderung der Förderleitlinien „Weiterentwicklung der Initiative
JUGEND STÄRKEN des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen
und Jugend auf der Grundlage der Umsetzungsergebnisse aus den Program-
men Schulverweigerung – Die 2. Chance, Kompetenzagenturen und Jugend-

Drucksache 17/6393 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
migrationsdienste“ vom 11. März 2011 so zu gestalten, dass eine Kofinanzie-
rung durch Jobcenter (Mittel, die für Leistungen nach dem Zweiten Buch
Sozialgesetzbuch zur Verfügung stehen) und Agenturen für Arbeit (Mittel,
die für Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch zur Verfügung
stehen) für den Förderzeitraum bis 31. Dezember 2013 weiterhin möglich ist;

3. perspektivisch die Finanzierung der Programme zu verstetigen und über die
entsprechenden Titel im Etat des Bundesministeriums für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend, insbesondere im Kinder- und Jugendplan des Bundes,
sicherzustellen und hierfür einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
Die Möglichkeit der Kofinanzierung durch Jobcenter (Mittel, die für Leistun-
gen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch zur Verfügung stehen) und
Agenturen für Arbeit (Mittel, die für Leistungen nach dem Dritten Buch
Sozialgesetzbuch zur Verfügung stehen) ist auf Dauer anzulegen. Die benö-
tigte personelle Ausstattung ist sicherzustellen;

4. die Programme der Initiative „JUGEND STÄRKEN“ künftig so zu gestalten,
dass für die kleinen Träger der Initiative und für die breite Öffentlichkeit eine
Transparenz bezüglich der Mittelherkunft, der Mittelhöhe, der Vergabekrite-
rien und der Mittelverwendung der Initiative entsteht. Eine allgemeine Trans-
parenz ist insbesondere auch für die Betroffenen herzustellen, so dass diese
ohne größeren Aufwand einen Überblick über mögliche Unterstützungsange-
bote erhalten können.

Berlin, den 30. Juni 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

Begründung

Wer in einer Situation grassierender Jugendarmut, Jugendarbeitslosigkeit und
massiver ungleicher Teilhabemöglichkeiten junger Menschen die Finanzierung
von Initiativen wie „JUGEND STÄRKEN“ gefährdet, gibt die sozialpolitisch
zentrale Idee preis, dass die Chancen benachteiligter junger Menschen planvoll
verbessert werden müssen. Das Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend hat selbst die Relevanz einer eigenständigen Jugendpolitik
betont – nicht zuletzt im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP. Die-
ses Ziel wird schon im Ansatz konterkariert, wenn das Ende eines derart not-
wenigen Unterstützungsangebots für junge Menschen eingeleitet wird. Es muss
der Bundesregierung ein massives Anliegen sein, auch und insbesondere be-
nachteiligten jungen Menschen soziale und berufliche Integration zu ermög-
lichen und sie nicht aufzugeben.

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