BT-Drucksache 17/63

Stand der Verhandlungen zum Internationalen Anti-Piraterie-Abkommen (Anti Counterfeiting Trade Agreement - ACTA)

Vom 24. November 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 17/63
17. Wahlperiode 24. 11. 2009

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Petra Sitte, Agnes Alpers, Herbert Behrens, Nicole Gohlke,
Annette Groth, Heike Hänsel, Dr. Rosemarie Hein, Andrej Hunko,
Dr. Lukrezia Jochimsen, Harald Koch, Ulla Lötzer, Kathrin Senger-Schäfer,
Sahra Wagenknecht, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Stand der Verhandlungen zum Internationalen Anti-Piraterie-Abkommen
(Anti Counterfeiting Trade Agreement – ACTA)

Seit 2007 verhandeln Vertreter einzelner Staaten, darunter die USA, Japan,
Korea, Australien und die Europäische Union, über ein Abkommen zum Schutz
geistigen Eigentums – das Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA). Diese
Verhandlungen sind nicht öffentlich und unterliegen besonderen Sicherheitsbe-
stimmungen. Trotzdem zirkulieren immer wieder Dokumente und Verhand-
lungsstände im Internet. Offiziell wurde der Entwurf des Abkommens bisher nur
einzelnen Expertinnen und Experten vorgestellt, die jedoch zu Stillschweigen
verpflichtet sind. Nach Darstellung der EU-Kommission (fact sheet der EU- Kom-
mission) soll das ACTA weder Freiheitsrechte einschränken noch Verbraucher
und Nutzer belasten.

Vom 4. bis 6. November 2009 trafen sich die Verhandlungspartner in Seoul, um
weitere Schritte zu beraten. Der Onlinedienst heise.de meldete unter Berufung
auf verschiedene Quellen am 4. November dieses Jahres, dass auf Drängen der
USA weitgehende Regelungen zur Regulierung des Datenverkehrs im Internet
im Rahmen von ACTA vorgenommen werden sollen. Unter anderem sei eine so
genannte Three-Strikes-Regelung, das heißt eine Sperrung des Internetanschlus-
ses nach dreimaligem Verstoß gegen Urheberrechtsbestimmungen im Gespräch.
Gegen die Einführung solcher Regelungen haben sich CDU, CSU und FDP im
Koalitionsvertrag ausgesprochen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann und wo haben bisher Verhandlungen zum ACTA stattgefunden?

2. Welche Länder verhandeln über dieses Abkommen?

Gab es im Verlauf der Verhandlungen Änderungen bei den teilnehmenden
Staaten?

3. In welcher Form ist die Bundesregierung an den Verhandlungen zum ACTA
beteiligt?

4. Welche Informationen hat die Bundesregierung über die Verhandlungsposi-

tionen der Europäischen Union, der weiteren Verhandlungspartner sowie über
den konkreten Verhandlungsfortgang?

5. In welcher Form nimmt die Bundesregierung Einfluss auf die Verhandlungs-
position der EU-Kommission?

6. Wie bewertet die Bundesregierung, dass die Verhandlungen zum ACTA und
ihre konkreten Ergebnisse der Geheimhaltung unterliegen, obwohl das Ab-
kommen vermutlich weitreichende Folgen für die Politik der EU-Mitglied-
staaten zeitigen wird?

Drucksache 17/63 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

7. Welche deutschen Experten konnten sich bisher über den Verhandlungsstand
informieren?

8. In welcher Form wirkt sich aus Sicht der Bundesregierung das Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zum EU-Vertrag von Lissabon auf die Legitima-
tion der ACTA-Verhandlungen aus?

Sieht die Bundesregierung nach dem Urteil die Verhandlungen in dieser
Form noch als verfassungskonform an?

9. Warum wurde der Deutsche Bundestag nicht nach Maßgabe der Lissabon-
Begleitgesetze über die Willensbildung der Bundesregierung, den Verlauf
der Beratungen der Organe der Europäischen Union sowie die Stellungnah-
men der Europäischen Kommission und der anderen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union im Vorfeld der ACTA-Verhandlungsrunde von Seoul
unterrichtet?

10. Wie soll der Deutsche Bundestag in Zukunft über den Fortgang der Verhand-
lungen zum ACTA informiert werden?

11. Wäre der Abschluss eines solchen Abkommens aus Sicht der Bundesregie-
rung zustimmungspflichtig durch die EU-Mitgliedstaaten, und wie begrün-
det die Bundesregierung ihre Position?

12. Wird das Abkommen unter dem Dach regulärer internationaler Organisa-
tionen, etwa der Welthandelsorganisation (WTO) oder der World Intellectual
Property Organization (WIPO), verhandelt?

Wenn nein, warum nicht?

13. Welchen Bezug wird das ACTA zu bestehenden internationalen Abkommen
über die Durchsetzung von Rechten an geistigem Eigentum haben – etwa
zum Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geisti-
gen Eigentum (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Pro-
perty Rights – TRIPS)?

14. Welche Positionen vertritt die Bundesregierung bezüglich der bei den
ACTA-Verhandlungen diskutierten Themen, und welche zentralen Ziele
verfolgt sie in diesem Zusammenhang?

15. Inwieweit wird das ACTA Auswirkungen auf die Rechtsetzung in Deutsch-
land bezüglich des Urheberrechtes und anderer Schutzrechte haben?

Welche Auswirkungen werden dies nach jetzigem Verhandlungsstand sein?

16. Welche konkreten Ergebnisse hat die jüngste Verhandlungsrunde zum
ACTA erbracht?

17. Sind die Medienberichte zutreffend, wonach die USA auf eine internationale
Übereinkunft zur Haftungsausweitung von Internetserviceprovidern, etwa
durch Anwendung einer so genannten Three-Strikes-Regelung, drängen?

18. Wie bewertet die Bundesregierung solche Absichten vor dem Hintergrund
der proklamierten Zielsetzung des ACTA, Freiheits- und Verbraucherrechte
nicht einschränken zu wollen?

19. Wird sich die Bundesregierung gegen eine solche Regelung im Rahmen des
ACTA einsetzen?

20. Wann rechnet die Bundesregierung mit einem Abschluss des ACTA-Ab-
kommens?

Berlin, den 24. November 2009

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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