BT-Drucksache 17/6244

Hochgeschwindigkeitsstrecken im Schienennetz

Vom 21. Juni 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/6244
17. Wahlperiode 21. 06. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Leidig, Herbert Behrens, Karin Binder, Heidrun Bluhm,
Katrin Kunert, Thomas Lutze, Ingrid Remmers, Sabine Stüber, Alexander Süßmair,
Dr. Kirsten Tackmann und der Fraktion DIE LINKE.

Hochgeschwindigkeitsstrecken im Schienennetz

Am 2. Juni 1991 fuhr der erste fahrplanmäßige ICE (Intercity-Express) im deut-
schen Schienenverkehr. Den an diesem Tag eröffneten ersten beiden deutschen
Hochgeschwindigkeitsneubaustrecken Hannover–Würzburg und Stuttgart–
Mannheim folgte 1998 die Eröffnung der Neubaustrecke Berlin–Wolfsburg. Die
in den Jahren 2002 und 2006 eröffneten Neubaustrecken Köln–Frankfurt am
Main und München–Ingolstadt waren – anders als ihre Vorgänger – für eine
Höchstgeschwindigkeit von 300 Kilometern pro Stunde (km/h) ausgelegt.

Sowohl seitens der Deutschen Bahn AG (DB AG) als auch seitens der Bundes-
regierung gab es in jüngster Zeit Entscheidungen und Äußerungen, die eine
Abkehr von Geschwindigkeiten über 250 km/h erkennen lassen. So sollen die
Neubauabschnitte der sogenannten Y-Trasse zwischen Hamburg/Bremen–Han-
nover laut Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage nur noch auf
eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h ausgelegt werden (Fragen 3 und 4
auf Bundestagsdrucksache 17/4301).

Die DB AG schloss zudem im Mai mit dem Hersteller Siemens einen Vertrag für
die neue Zugreihe für den Fernverkehr ab. Der sogenannte ICx soll in zwei
Varianten geliefert werden, die eine Höchstgeschwindigkeit von lediglich 230
bzw. 249 km/h aufweisen. Der Vorstand der DB Personenverkehr GmbH, Ulrich
Homburg, wird in der „Süddeutschen Zeitung“ vom 1. Juni 2011 wie folgt wie-
dergegeben: „Viel wichtiger als die Maximalgeschwindigkeit sei die Durch-
schnittsgeschwindigkeit, sagt Personenverkehrs-Vorstand Ulrich Homburg. Denn
sie bestimme letztlich, wie lange eine Reise dauere“ (www.sueddeutsche.de/auto/
jahre-ice-schnell-sehr-schnell-1.1104193-2).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche Abschnitte von bestehenden, sich in Betrieb befindlichen Schienen-
wegen des Bundes sind für Geschwindigkeiten von mehr als 200 km/h aus-
gelegt?

a) Auf welchem wie langen Abschnitt gilt jeweils welche Höchstgeschwin-

digkeit?

b) Handelt es sich jeweils um eine Neu- oder eine Ausbaustrecke?

c) Wann wurde das jeweilige Projekt, mit welcher Bezeichnung, in welchen
Bundesverkehrswegeplan, mit welcher Kostenschätzung, und welchem
Nutzen-Kosten-Verhältnis aufgenommen?

Drucksache 17/6244 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

d) Wer hatte das Projekt jeweils für den Bundesverkehrswegeplan angemel-
det?

e) Auf Grund welcher Erwägungen wurde die jeweilige Höchstgeschwindig-
keit festgelegt?

f) Wann war jeweils offizieller Baubeginn?

g) Wann wurden die Strecken jeweils in Betrieb genommen?

h) Welche Kosten wurden am Ende abgerechnet (ggf. entsprechend der Pro-
jektdefinition in der Antwort zu Frage 1, Buchstabe c angeben)?

2. Welche Abschnitte von geplanten oder in Bau befindlichen Schienenwegen
des Bundes sind für Geschwindigkeiten von mehr als 200 km/h ausgelegt?

a) Auf welchem wie langen Abschnitt soll jeweils welche Höchstgeschwin-
digkeit gelten?

b) Handelt es sich jeweils um eine Neu- oder eine Ausbaustrecke?

c) Wann wurde das jeweilige Projekt, mit welcher Bezeichnung, in welchen
Bundesverkehrswegeplan, mit welcher Kostenschätzung, und welchem
Nutzen-Kosten-Verhältnis aufgenommen?

d) Wer hatte das Projekt jeweils für den Bundesverkehrswegeplan angemel-
det?

e) Auf Grund welcher Erwägungen wurde die jeweilige Höchstgeschwindig-
keit festgelegt?

f) Warum hält die Bundesregierung ggf. an dieser Höchstgeschwindigkeit
fest?

g) Wann war ggf. jeweils offizieller Baubeginn?

h) Wann sollen die Strecken jeweils in Betrieb genommen werden?

i) Welche aktuelle Kostenschätzung liegt jeweils vor (ggf. entsprechend der
Projektdefinition in der Antwort zu Frage 2, Buchstabe c angeben)?

3. Bei welchen Projekten des aktuellen Bedarfsplans Schiene wird nach der Be-
darfsplanüberprüfung eine reduzierte bzw. veränderte zulässige Höchstge-
schwindigkeit für die weiteren Planungen verfolgt?

a) Wie soll sich die Höchstgeschwindigkeit ändern?

b) Wie begründet die Bundesregierung diese Änderung?

c) Wie ändern sich dadurch voraussichtlich die Kosten des Projektes?

4. Welche Verkehrskonzeption lag jeweils der Entscheidung für den Bau der zu
den Fragen 1 und 2 abgefragten Projekte zugrunde?

Inwieweit wurden dabei auch Auswirkungen auf abseits dieser Strecken lie-
genden Großstädte – wie z. B. Magdeburg – berücksichtigt, die vor Auf-
nahme des ICE-Verkehrs deutlich besser angebunden waren?

5. Gab bzw. gibt es in den zwischen der Bundesregierung und der DB AG
geschlossenen Finanzierungsvereinbarungen oder anderen vertraglichen
Regelungen zum Bau der zu den Fragen 1 und 2 abgefragten Projekte irgend-
welche Verpflichtungen für die DB AG, dass ein der zulässigen Höchst-
geschwindigkeit entsprechender Zugverkehr auf der jeweiligen Strecke statt-
finden wird?

Wenn ja, welche sind das jeweils?

Wenn nein, warum nicht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/6244

6. Welche zusätzlichen Anforderungen (Ausrüstung, Trassierung etc.) werden
an den Bau und den Betrieb einer Schienenstrecke gestellt, die – im Ver-
gleich zu einer Geschwindigkeit bis zu 200 km/h – auf eine Höchst-
geschwindigkeit von

a) 200 bis 230 km/h,

b) 230 bis 250 km/h,

c) mehr als 250 km/h ausgelegt ist?

7. Welche Mehrkosten pro Kilometer Strecke sind damit in etwa jeweils ver-
bunden?

8. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass die von der DB AG in Auftrag
gegebene neue Zuggattung ICx eine Maximalgeschwindigkeit von 230
bzw. 249 km/h aufweisen soll?

9. Ist der Bundesregierung bekannt, ob diese Züge auch auf den für eine
Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h ausgelegten Strecken fahren sollen?

10. Welche Züge sollen nach Auslieferung aller bislang bestellten ICx auf den
für eine Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h ausgelegten Strecken fah-
ren?

11. Wie bewertet es die Bundesregierung, wenn auf Strecken, die im Wesent-
lichen auf Kosten des Bundes gebaut und auf eine Höchstgeschwindigkeit
von 300 km/h ausgelegt wurden, der Zugverkehr zukünftig diese Geschwin-
digkeit dauerhaft unterschreiten würde?

12. Mit welcher Leit- und Sicherungstechnik sind die zu den Fragen 1 und 2 ab-
gefragten Strecken jeweils ausgerüstet?

13. Ist bei den Fragen 1 und 2 abgefragten Strecken jeweils eine Aus- bzw.
Nachrüstung mit dem europäisch standardisierten Zugbeeinflussungssys-
tem ETCS (European Train Control System) geplant?

Berlin, den 20. Juni 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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