BT-Drucksache 17/5963

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP -Drucksachen 17/5761, 17/5960- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes

Vom 25. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5963
17. Wahlperiode 25. 05. 2011

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Fritz Kuhn, Markus Kurth,
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn, Maria Klein-Schmeink, Elisabeth Scharfenberg
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU
und FDP
– Drucksachen 17/5761, 17/5960 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Die Bundesregierung beabsichtigt, durch die im März 2011 beschlossene Re-
form des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes den Missbrauch in der Leiharbeit
zu verhindern. Zentrale Punkte der Reform sind die Einführung einer Lohn-
untergrenze sowie die so genannte Drehtürklausel, durch die Leiharbeitskräfte,
die bis zu sechs Monate vorher beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt waren,
zukünftig „Equal Pay“, also „gleichen Lohn für gleiche Arbeit“, erhalten. Damit
soll verhindert werden, dass Stammarbeitskräfte gekündigt und anschließend zu
einem niedrigeren Lohn als Leiharbeitskräfte wieder eingestellt werden. Die
Regelungen werden aber den Missbrauch in der Leiharbeit nicht vollständig
verhindern. Die Einführung der Lohnuntergrenze ist zwar im Zuge der seit
Mai 2011 vollständig geltenden Arbeitnehmerfreizügigkeit sinnvoll. Insgesamt
aber werden die Rechte der Leiharbeitskräfte nicht verbessert. Deswegen ist die
Einführung der sog. Drehtürklausel keine Alternative zu den dringend notwen-
digen Regulierungen wie z. B. der Einführung des Equal-Pay-Prinzips und des
Synchronisationsverbots.

Wichtig ist aber vor allem, dass die jetzt beschlossenen Regulierungen in der
Leiharbeit umfassend und effektiv kontrolliert werden, damit sie wenigstens
eine gewisse Wirkung entfalten können. In diesem Sinne soll der von der Bun-
desregierung eingebrachte Gesetzesentwurf zur Änderung des Arbeitnehmer-
überlassungsgesetzes und des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes die bislang

fehlende Kontrolle der neuen Bestimmungen in der Leiharbeit gewährleisten. Es
ist zu begrüßen, dass die Lohnuntergrenze entsprechend den Mindestlöhnen
nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz durch die Behörden der Zollverwal-
tung kontrolliert und sanktioniert wird. Auch die Einführung einer Meldepflicht
für Entleihunternehmen, die Leiharbeitskräfte von Verleihunternehmen aus dem
Ausland beschäftigen, ist positiv zu bewerten.

Drucksache 17/5963 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Dennoch greift die Gesetzesinitiative zu kurz, denn die Kontrolle der so genann-
ten Drehtürklausel soll der Bundesagentur für Arbeit (BA) übertragen werden.
Dies lässt außer Acht, dass die Kontrolle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes
(AÜG) durch die Bundesagentur für Arbeit in der Vergangenheit nur unge-
nügend durchgeführt werden konnte. Ebenso wurde ignoriert, dass die BA in
einer schriftlichen Stellungnahme für die Anhörung zur Reform des Arbeitneh-
merüberlassungsgesetzes ausführte, dass darüber nachgedacht werden sollte,
„die ordnungspolitische Aufgabe des AÜG analog der damals im Bereich der
Bekämpfung der illegalen Beschäftigung gefundenen Regelung vollständig
z. B. auf den Zoll zu übertragen und die BA damit weiter auf die Kernaufgabe
Vermittlung zu fokussieren“.

Die Bundesregierung hat es versäumt, eine sinnvolle Aufgabenteilung zwischen
der BA und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) festzuschreiben. Mit einer
konsequenten Übertragung von Aufgaben an die FKS könnten die Kontrollen in
der Leiharbeit effektiver ausgestaltet werden. Auch der Zielkonflikt, dass die
BA einerseits mit den Verleihfirmen bei der Vermittlung von Erwerbslosen gut
kooperieren, aber andererseits effektive Kontrollen des AÜG durchführen muss,
hätte reduziert werden können. Problematisch ist auch, dass die Bundesregie-
rung keine ausreichenden Personalressourcen für die Kontrollen in der Leih-
arbeit zur Verfügung stellt sowie dass ein Verstoß gegen die sog. Drehtürklausel
keine Ordnungswidrigkeit ist und daher nur in Ausnahmefällen durch den Ent-
zug der Erlaubnis zum Betrieb eines Verleihunternehmens sanktioniert werden
kann.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

den Gesetzentwurf zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und
des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes an folgenden Punkten zu ändern:

1. Die Kontrolle der neu eingeführten sog. Drehtürklausel sowie die Prüfung,
ob die Leiharbeitskräfte Equal Pay erhalten müssen oder ob Verleihfirmen
aufgrund eines Tarifvertrags davon abweichen dürfen, werden der Finanz-
kontrolle Schwarzarbeit übertragen. Verstöße müssen zudem konsequent
sanktioniert werden.

2. Im Arbeitnehmer-Entsendegesetz muss geregelt werden, dass bestehende
Branchenmindestlöhne nicht durch Leiharbeit umgangen werden können.
Dazu ist Artikel 8 Absatz 3 des Gesetzes zu konkretisieren.

3. Der Personalbedarf der Finanzkontrolle Schwarzarbeit muss auf Basis ak-
tueller Zahlen errechnet werden. Laut dem Branchenverband Bundesverband
Zeitarbeit (BZA) und dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln sind derzeit
nicht 700 000 sondern 900 000 Leiharbeitskräfte in Deutschland beschäftigt.

4. Die Bundesregierung muss die Mittel zur Aufstockung des Personals der
Finanzkontrolle Schwarzarbeit sofort bereitstellen, damit Kontrollstrukturen
aufgebaut und die Kontrolle der Lohnuntergrenze durch die Behörden der
Zollverwaltung sichergestellt werden können.

Berlin, den 25. Mai 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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