BT-Drucksache 17/583

Folgen der Privatisierung der Sicherheit auf deutschen Flughäfen

Vom 28. Januar 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/583
17. Wahlperiode 28. 01. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Ulla Jelpke, Jutta Krellmann, Petra Pau, Jens
Petermann, Raju Sharma, Frank Tempel und der Fraktion DIE LINKE.

Folgen der Privatisierung der Sicherheit auf deutschen Flughäfen

Seit Wochen beschäftigt die Diskussion über die Sicherheit auf Flughäfen nicht
nur in der Bundesrepublik Deutschland die Öffentlichkeit. Dabei stehen, wie es
häufig geschieht, technische Aspekte im Vordergrund (Stichwort „Nacktscan-
ner“). Kritik an den Folgen der Privatisierung von Kontroll- und Sicherheits-
aufgaben auf deutschen Flughäfen, wie sie auch aktuell aus Kreisen der Gewerk-
schaft der Polizei geäußert wird, wird kaum beachtet.

Auf der Internetseite des Nachrichtensenders n-tv wird der Vorsitzende der Ge-
werkschaft der Polizei für den Bereich Bundespolizei, Josef Scheuring, am
28. Dezember 2009 zitiert: Die Privatisierung und der damit verbundene Kosten-
druck habe „dramatische Auswirkungen“ für die Sicherheit. Bei der Vergabe der
Aufträge für Flughafenkontrollen „gibt es nur ein Kriterium – den Preis“. Dieses
Verfahren sei „vollkommen unverantwortlich“ (www.n-tv.de).

Die Kontrollen an den Flughäfen seien „eine hoheitliche Aufgabe, die der Staat
übernehmen muss“, kommentiert Josef Scheuring in dem Artikel die Feststel-
lung, dass nur noch etwa 10 Prozent des Sicherheitspersonals an Flughäfen von
der Bundespolizei käme und der Großteil von Privatunternehmen gestelltes Per-
sonal sei. Die Fraktion DIE LINKE. hat schon im Jahre 2007 (Bundestagsdruck-
sache 16/7108) in einem Antrag im Deutschen Bundestag die Wiederverstaat-
lichung dieser Aufgaben gefordert.

Sein Kollege Konrad Freiberg wird in der Rheinischen Post zum selben Thema in
einer anderen Zeitung zitiert: „Teilweise verdienen die Mitarbeiter gerade einmal
7,50 Euro pro Stunde, melden sich deswegen krank oder haben einen Nebenjob.
Das sind Zustände, die bei einem so wichtigen Punkt wie der Sicherheit im Flug-
zeugwesen nicht hinnehmbar sind“ (www.rp-online.de).

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche sicherheitsrelevanten Kontrollen und sonstigen Tätigkeiten, ein-
schließlich der Gepäck- und Zugangskontrollen, die bis zum Beginn der Pri-
vatisierung vom Bundesgrenzschutz/der Bundespolizei oder anderen staat-
lichen Stellen wahrgenommen wurden, werden heute von privaten Dienstleis-
tern ausgeführt?
2. Auf welcher gesetzlichen Grundlage findet diese Übertragung von Aufgaben
der Bundespolizei auf private Sicherheitsdienste statt?

3. Kann die Bundesregierung die von der Gewerkschaft der Polizei genannte
Angabe bestätigen, dass nur noch 10 Prozent aller Sicherheitskräfte von der
Bundespolizei gestellt werden?

4. Kann die Bundesregierung die Höhe der Löhne von 7,50 Euro bis 10 Euro be-
stätigen?

Drucksache 17/583 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
5. In welchem Umfang müssten der Etat und das Personal der Bundespolizei
wachsen, um auf private Sicherheitsdienste verzichten zu können?

6. Nach welchen Kriterien werden Tätigkeiten an private Dienstleister verge-
ben oder bei der Bundespolizei belassen, und wer entscheidet jeweils über
eine derartige Vergabe?

7. Wie werden die eingesetzten privaten Kräfte ausgebildet, und gibt es eine
Art Einführungsphase unter Anleitung der Bundespolizei?

8. Welche Sicherheitsüberprüfungen werden vor der Einstellung privaten
Sicherheitspersonals durchgeführt, und welche Kriterien führen zu einem
Ausschluss von der Tätigkeit?

9. Wie werden private Sicherheitsangestellte ausgebildet, wie lange dauert die
Ausbildung, und welche Inhalte werden vermittelt?

10. Wie oft muss das Sicherheitspersonal an Flughäfen (privates und staatliches)
an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen, in welchen Abständen ist eine Teil-
nahme erforderlich, und welche Kenntnisse werden auf Fortbildungen ver-
mittelt?

11. Wer kontrolliert die Qualifikationen und Kompetenzen der privaten Kräfte,
auf welche Weise, und in welchen Zeiträumen?

12. Gibt es gemischte Teams oder Gruppen in denselben Tätigkeitsbereichen?

13. Welche Vorgaben und Regeln stellt die Bundespolizei bei Vergabe an private
Sicherheitsdienste auf (was muss wie kontrolliert und durchsucht werden,
welche Personen müssen bei welchen Informationen und Anlässen genauer
kontrolliert und durchsucht werden), und wie kontrolliert sie deren Umset-
zung?

14. In wie vielen Fällen wurden Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben und die in
der Antwort zu Frage 13 genannten Regeln registriert, und wie wurden sie
jeweils geahndet?

15. Wie viele Verträge mit privaten Dienstleistern im Bereich der Flughafen-
sicherheit wurden in den letzten zehn Jahren aus welchen Gründen gekündigt?

16. Wie viel Zeit wird nach den Ablauforganisations- oder Personaleinsatzplä-
nen der Bundespolizei und der Flughafenbetreiber für die Kontrollen pro
Person angesetzt, und wird die Einhaltung dieser Werte den Sicherheits-
diensten vorgeschrieben?

17. Welche Zugänge zu sicherheitsrelevanten Bereichen im Flughafen werden
von der Bundespolizei kontrolliert?

18. Welche Vorgaben und Regeln gelten für die Zugangskontrollen an Personal-
und Wartungseingängen zu sicherheitsrelevanten Bereichen?

19. Werden die Sicherheitsvorkehrungen an den Personaleingängen zu sicher-
heitsrelevanten Bereichen von der Bundespolizei genehmigt und regelmäßig
überprüft?

20. Welche privaten Sicherheitsdienste sind mit wie viel Personal an welchen
deutschen Flughäfen beschäftigt?

21. Wie hoch ist der Umsatz der privaten Sicherheitsdienste insgesamt in der
Bundesrepublik Deutschland, und welchen Anteil daran hat ihr Engagement
in der Flughafensicherheit?

Berlin, den 28. Januar 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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