BT-Drucksache 17/5762

Modernisierung der Stromnetze - Bürgernah, zügig, für erneuerbare Energien

Vom 11. Mai 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5762
17. Wahlperiode 11. 05. 2011

Antrag
der Abgeordneten Ingrid Nestle, Hans-Josef Fell, Dr. Anton Hofreiter, Bärbel Höhn,
Ingrid Hönlinger, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg),
Nicole Maisch, Dr. Hermann Ott, Dorothea Steiner, Cornelia Behm, Bettina
Herlitzius, Winfried Hermann, Ulrike Höfken, Friedrich Ostendorff, Markus Tressel,
Daniela Wagner, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Modernisierung der Stromnetze – Bürgernah, zügig, für erneuerbare Energien

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Das vom Deutschen Bundestag und der Bundesregierung zügig angestrebte
regenerative Zeitalter erfordert dringend neue Stromnetze. Das gilt für große
Übertragungsleitungen, die den Windstrom von der Küste ins ganze Land brin-
gen, ebenso wie für intelligente Verteilnetze vor Ort, die es für immer mehr
dezentral erzeugten Ökostrom fit zu machen gilt.

Es ist aber falsch, dass das Jahr des endgültigen Atomausstiegs vom Ausbau
der Netze abhängt. Bis 2014 stehen ausreichend fossile Stromkapazitäten zur
Verfügung bzw. können kurzfristig Erdgaskraftwerke zugebaut werden, um die
Stromversorgungssicherheit auch ohne Atomkraftwerke sicherzustellen. Auf-
grund der Begrenzung der CO2-Emissionen in der Energiewirtschaft in Europa
ändert dies auch nichts an den Treibhausgasemissionen in der EU.

Doch für die erneuerbaren Energien ist der Netzausbau dringend notwendig
und er kommt bisher nur langsam voran. Gerade die Atomkonzerne haben gar
kein Interesse an modernen Stromnetzen, weil über diese die erneuerbaren
Energien die Marktmacht der Großkraftwerke in Frage stellen. Die Bundes-
regierung hat seit Jahren als Marionette der großen Stromkonzerne die notwen-
digen Weichenstellungen für den Netzausbau verweigert. Statt Verantwortung
für den Ausbau der Stromnetze zu übernehmen, schiebt sie anderen – insbeson-
dere den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort – die Schuld für die Verzögerung zu.
Dabei gehören viele der Netzausbaukonflikte auf die bundespolitische Ebene
und können nur dort gelöst werden.

Um den Stromnetzausbau jetzt zügig und im breiten gesellschaftlichen Kon-
sens voranzubringen ist es vorrangig nötig

– unverzüglich einen umfassenden und transparenten Bundesnetzplan (Bun-
desfachplan Stromnetze) aufzustellen. Wirtschaft und Bürger müssen wis-

sen, von wo nach wo, aufgrund welcher Annahmen und auf welcher Daten-
grundlage der Netzausbau notwendig ist. Nur so kann der Netzausbau ver-
bindlich planbar gestaltet werden;

– Netzbetrieb und Energieerzeugung eigentumsrechtlich zu trennen und die
Netze unter öffentliche Kontrolle zu bringen. Nur so können der notwendige
Wettbewerb und die verbindliche Ausbauverpflichtung sichergestellt wer-
den;

Drucksache 17/5762 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

– transparente und zügige Planung und tatsächliche Einflussmöglichkeiten der
Bürger vor Ort sicherzustellen. Verwaltungsabläufe müssen in Zusammen-
arbeit von Bund und Ländern effektiver, schneller und transparenter gestal-
tet werden. Die Bürger müssen Einfluss auf die Gestaltung der Rahmen-
bedingungen bei der Klärung des ob (Bundesnetzplanung) bekommen und
frühzeitig und mit wirklichen Einflussmöglichkeiten an den Entscheidungen
über das wie (Trassenführung, Alternativen, Ausführung) des Netzausbaus
beteiligt werden. Von zentraler Bedeutung zur Konfliktvermeidung ist es,
den Netzbetreibern mehr Erdverkabelung und konfliktvermeidende alterna-
tive Trassenführungen zu ermöglichen. Nur so kann ein gesellschaftlich
breit unterstützter Netzausbau stattfinden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

mit eindeutigen Regelungen zum Netzausbau die Verantwortung für den drin-
gend anstehenden Ausbau und Umbau der Stromnetze zu übernehmen, die Bür-
gerbeteiligung deutlich zu verbessern und eine Beschleunigung der Verfahren
zu ermöglichen.

Dazu sind im Einzelnen folgende Maßnahmen umzusetzen:

1. Eine glaubwürdig auf erneuerbare ausgerichtete und transparente Netz-
ausbauplanung auf Basis eines überzeugenden Energiekonzeptes, das die
zügige Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien darstellt. Grund-
lage sind ein Atomausstieg bis 2017, mehr Energieeffizienz und der zügige
Ausbau der erneuerbaren Energien und von Smart Grids. Nur ein solches
Konzept hat Chancen, von der Bevölkerung mehrheitlich akzeptiert zu wer-
den. Es enthält folgende Elemente:

● Weitgehende Veröffentlichung der Netzdaten und Lastflüsse, um eine
demokratische Kontrolle des nötigen Netzausbaus zu gewährleisten.

● Transparente Festlegung auf verschiedene Szenarien für eine möglichst
schnelle Umstellung der Stromversorgung auf erneuerbare Energien als
Grundlage für die Ermittlung eines szenarienstabilen Netzausbaubedarfs.
In die Szenarien einbezogen werden sollten z. B. verschiedene Kombina-
tionen der unterschiedlichen erneuerbaren Technologien, Energieeffi-
zienz, Lastverlagerung, Netzoptimierung und -verstärkung sowie Spei-
cherausbau.

● Erstellung eines Bundesfachplans Stromnetze aufbauend auf den Szena-
rien. Er ist auf die möglichst schnelle Umstellung der Stromversorgung
auf erneuerbare Energien auszurichten und soll die Einbeziehung und
Optimierung der bestehenden Infrastruktur inklusive des Bahnstromnet-
zes ebenso berücksichtigen wie die Bündelung neuer Trassen mit anderen
Infrastrukturtrassen, z. B. entlang von Autobahnen. Der bereits in Angriff
genommene Netzausbau sollte auch während der Erstellung des Bundes-
fachplans weiter vorangetrieben werden, besonders die im Energielei-
tungsausbaugesetz als vordringlicher Bedarf ausgewiesenen Strecken.

2. Transparentere Planung und tatsächliche Einflussmöglichkeiten der Bürger
vor Ort. Der demokratisch legitimierte Bundesfachplan Stromnetze legt den
Bedarf von neuen Verbindungen zwischen Netzknoten fest. Der Bedarf steht
damit vor Ort nicht mehr zur Debatte. Bei der Ausgestaltung muss es aber
im Dialog zwischen Netzbetreibern und Bevölkerung vor Ort viel mehr Frei-
heiten und echten Einfluss für die betroffenen Menschen geben:

● Bereits bei der Erstellung des Netzplans sollten die Ergebnisse in den be-
troffenen Regionen durch die Bundesnetzagentur, die Landesregierungen
und die Netzbetreiber kommuniziert werden und in Vorbereitung der for-

mellen Planungsverfahren verbindlich öffentliche und niedrigschwellige
Informationsveranstaltungen vorgesehen werden.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5762

● Betroffene Bürger haben das Recht auf alternative Konfliktlösungsver-
fahren wie z. B. Mediation zu Beginn der Planungen, deren Ergebnisse in
das weitere Verfahren eingespeist werden. Für unabhängige Gutachten
sollen Planungsgelder zur Verfügung stehen, die auf die Netzentgelte um-
gelegt werden können.

● Im Planungsverfahren muss es möglich sein, dass auch andere Akteure
als der Netzbetreiber eine Trassenalternative oder eine andere Teilpla-
nung vorschlagen können, die in der Prüfung Berücksichtigung findet.

● Die bestehenden Planungsverfahren sollen in Zusammenarbeit mit den
Ländern überarbeitet werden, so dass die Planungsverfahren so weit wie
möglich verschlankt und beschleunigt werden und gleichzeitig deutlich
mehr wirkliche Bürgerbeteiligung möglich wird.

● Bei der konkreten lokalen Auseinandersetzung um Streckenführung und
Ausgestaltung muss eine intensive Beteiligung der Bürger vor Ort statt-
finden. Alle Bürger können frühzeitig Änderungsvorschläge machen. Der
Bearbeitungsstatus dieser Vorschläge muss jederzeit einsehbar sein,
ebenso wie die Begründung für Entscheidungen in ihrem Zusammen-
hang.

● Gewisse Mehrkosten, die sich durch die Beteiligung der Bürger sowie der
Träger öffentlicher Belange ergeben, etwa für Erdkabel, geänderte Stre-
ckenführungen oder Naturschutzbelange, sollen von der Bundesnetz-
agentur anerkannt und auf die Netzentgelte umgelegt werden können.

3. Wettbewerb stärken und so neue Anreize für den Netzausbau setzen:

● Energieerzeugung und Netzbetrieb in Deutschland auf der Höchstspan-
nungsebene eigentumsrechtlich trennen und die Netze unter öffentliche
Kontrolle bringen. Sehr große Konzerne sollen neben der Höchstspan-
nungsebene auch ihnen angehörige größere Hochspannungsnetze eigen-
tumsrechtlich entflechten.

● Sanktionsmöglichkeiten bei unterlassenem oder verzögertem Netzausbau
im bestehenden Netz müssen genutzt werden, wenn Netzbetreiber der ge-
setzlichen Verpflichtung zur Behebung von Engpässen im Netz nicht
nachkommen.

● Wenn die Netzbetreiber ihrer Ausbauverpflichtung nicht nachkommen,
sollten neue Trassen entsprechend des Bundesfachplans Stromnetze
durch den Bund selbst finanziert oder alternativ ausgeschrieben und an
denjenigen Wettbewerber mit dem besten Angebot vergeben werden.

● Nationaler und europäischer Ausgleichsmechanismus für die Kosten des
Netzausbaus, so dass nicht Transitregionen für die Vorteile der anderen
zahlen müssen. Eine faire Kostenverteilung ist anzustreben.

● Ausrichtung der Regulierung auf die Netzintegration erneuerbarer Ener-
gien – Der Auftrag der Bundesnetzagentur muss erweitert und ihr
Regulierungshandeln auf die Förderung der Netzintegration erneuerbarer
Energien ausgerichtet werden.

4. Verteilnetze intelligent machen, um flexibel die schwankende Einspeisung
von Wind und Sonne aufnehmen zu können:

● Regulierung anpassen, so dass die Verteilnetzbetreiber besseren Zugang
zu Investitionsbudgets bekommen.

● Festlegung anspruchsvoller technischer Standards für Smart Grids. Die
Anforderungen an die eingesetzten Geräte sind bisher nicht ausreichend.
Hier müssen zügig Standards definiert werden, die flexibel einen sinnvol-

len Einsatz ermöglichen und gleichzeitig strenge datenschutzrechtliche
Standards erfüllen.

Drucksache 17/5762 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

● Praxisnahe Projekte zur Integration von Informations- und Kommunika-
tionstechnologien in die Stromnetze. Ziel ist es, aus den Erkenntnissen
zeitnah verbindliche technische und vor allem auch Datenschutzstan-
dards ableiten zu können.

● Einsatz der Standardlastprofile anpassen, damit der sinnvolle Einsatz von
variablen Verbrauchstarifen und die Lastverschiebung möglich wird.

5. Innovative Technologien ermöglichen:

● Hochspannungsleitungen mit 110 kV werden im Regelfall unterirdisch
verlegt.

● Die Erdverkabelung von Höchstspannungsleitungen mit 380 kV wird für
alle Neubaustrecken in sensiblen Gebieten ermöglicht, indem die Zusatz-
kosten als umlagefähig von der Bundesnetzagentur anerkannt werden.
Somit kann die Bevölkerung vor Ort mit den Netzbetreibern die beste
Lösung finden.

● Die Möglichkeiten der modernen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertra-
gungs-(HGÜ)-Technologie müssen besser geprüft und in der Planung be-
achtet werden.

6. Verstärkte europäische Zusammenarbeit und Netzintegration, insbesondere
indem

● sich die Bundesregierung auch auf europäischer Ebene für eine öffentlich
kontrollierte und von den Netzbetreibern unabhängige Institution ein-
setzt, die den Netzausbaubedarf bestimmt und die europaweiten 10-Jah-
res-Netz-Entwicklungspläne verbindlich festschreibt;

● äquivalent zum nationalen Bundesfachplan eine transparente Netzaus-
bauplanung erstellt wird. Planung, Bau und Betriebsführung für ein über-
gelagertes europäisches Transportnetz („Super Grid“) werden nach dem
identifizierten Bedarf einzeln ausgeschrieben, wobei sich auch die öffent-
liche Hand als Kapitalgeber bewerben kann;

● kurzfristig nationale und bilaterale Referenzprojekte für ein übergelager-
tes europäisches Transportnetz angestoßen werden, um eine zügige Opti-
mierung der Netze zu ermöglichen;

● die richtigen Rahmenbedingungen für Seekabel geschaffen werden, da-
mit die unterschiedlichen Möglichkeiten des westeuropäischen und des
skandinavischen Strommarktes sinnvoll genutzt werden und die Ener-
giewende gemeinsam vorangetrieben werden kann, z. B. durch die Nut-
zung der Wasserkraftpotenziale Norwegens zum Ausgleich der schwan-
kenden Einspeisung von Strom aus Wind- und Sonnenenergie in
Deutschland.

7. Forschung und Referenzprojekte voranbringen, darunter

● Leuchtturmprojekte für Overlay-Technologien (z. B. HGÜ, 16,7 Hz,
Supraleitung), für die Erprobung einer längeren Erdverkabelungsstrecke
auf der 380-kV-Höchstspanungsebene sowie für eine Effizienzsteigerung
bei Transport und Speicherung von Elektrizität,

● Speichertechnologien und Speicherkonzepte.

Berlin, den 10. Mai 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/5762

Begründung

Bundesregierung und Stromkonzerne haben bisher den notwendigen Netz-
ausbau mehr behindert als befördert.

Berechnungen über den Bedarf an neuen Leitungen sind zurzeit höchst intrans-
parent. Sie können weder von der Bundesregierung noch vom Parlament oder
von unabhängigen Wissenschaftlern nachvollzogen werden. Berechnungen für
einen schnellen Umstieg auf erneuerbare Energien gibt es überhaupt nicht. Da-
bei muss gerade die Netzplanung ein glaubwürdiges Fundament für deren Aus-
bau liefern. Auch die Ausbauzahlen der Deutschen Energie-Agentur GmbH
(dena) (dena-Netzstudie II) sind aufgrund der fehlenden Transparenz und des
Einflusses der Industrie als Grundlage für die gesamtgesellschaftliche Anstren-
gung beim Netzausbau angreifbar.

Mitunter haben auch die Netzbetreiber kein ausreichendes Eigeninteresse am
Ausbau. Zum Teil fällt es ihnen schwer, das notwendige Kapital zu mobilisie-
ren, oder sie pokern auf höhere Netzentgelte. Letztlich verdienen sie gut mit
dem Bestand und müssen für Neubau viel Aufwand betreiben. Auch hier muss
die Bundesregierung endlich eine klare Linie finden, um eine zügige Planung
und Umsetzung der Netzmodernisierung zu ermöglichen.

Die bisherigen Maßnahmen und Ankündigungen der Bundesregierung für
einen beschleunigten Netzausbau sind daher vollkommen unzureichend.
Gleichzeitig nutzt sie den stockenden Netzausbau als Alibi für ihre Energiepoli-
tik der angezogenen Handbremse.

Denn vor Ort wenden sich bisher Bürgerinitiativen und Lokalpolitiker aller
Couleur gegen Stromtrassen, die das Landschaftsbild zerschneiden und um-
weltschädlichen Atom- und Kohlestrom transportieren. Dieser Widerstand
wurde durch das Eintreten der Bundesregierung für neue Kohlekraftwerke und
längere Atomlaufzeiten weiter angestachelt. Tatsächlich lehnt keine der Bürger-
initiativen den Bau neuer Höchstspannungsleitungen in ihrer Heimat grund-
sätzlich ab. Sie wollen aber bei der Ausgestaltung mitreden und den Netz-
ausbau nur ausgerichtet auf erneuerbare Energien akzeptieren.

Gemeinsam mit den Atomkonzernen – ebenfalls Bremser des Netzausbaus und
Hauptprofiteure der Verzögerung – versucht die Bundesregierung den Eindruck
zu erwecken, Atomausstieg und Ausbau der erneuerbaren Energien könne auf-
grund der fehlenden Leitungen nicht kraftvoll vorangetrieben werden. Das ist
aber vollkommen falsch. Akut fehlen heute vor allem Leitungen der Hochspan-
nungsebene. Diese können als Erdkabel problemlos und schnell gebaut werden
– zu geringen oder ohne Mehrkosten. Den Beweis liefert die Erneuerbaren-
Branche, die neue Hochspannungsleitungen sehr viel schneller, kostengünstiger
und konfliktärmer fertigstellt, als die den Atomkonzernen nahestehenden Netz-
betreiber.

Doch ein zügiger Netzausbau für erneuerbare Energien in Deutschland ist auch
im Höchstspannungsnetz möglich. Dabei gilt es, die Bürgerrechte zu stärken
und den Ausbau durch einen ernst gemeinten Dialog mit den Menschen vor Ort
zu beschleunigen. Keinesfalls darf sich die Bürgerbeteiligung auf Infokampag-
nen vor Ort beschränken, sondern die Bürger müssen echte Einflussmöglich-
keiten auf die Ausgestaltung der Trassen vor Ort bekommen. Dafür muss Spiel-
raum für die Entscheidungen vor Ort geschaffen werden. Gewisse Mehrkosten
sind akzeptabel, um auf die Vorschläge der Anwohner eingehen zu können und
den Netzbetreibern im Dialog mit den Anwohnern mehr Flexibilität in der Aus-
gestaltung vor Ort zu ermöglichen. Selbst wenn in einem Maximalszenario mit
3 600 km Ausbau 20 Prozent der Strecke erdverkabelt wird, kostet der gesamte
Ausbau der Höchstspannungsebene für einen durchschnittlichen Haushalt we-

niger als 1,50 Euro pro Monat.

Drucksache 17/5762 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Doch die bisherigen Genehmigungsverfahren sind nicht geeignet, Bürgerbetei-
ligung sicherzustellen. Realität in Deutschland sind eher intransparente, lang-
wierige Genehmigungsverfahren, da Bürgerinnen und Bürger viel zu formal
beteiligt werden und letztlich nur eine Informationsbeteiligung stattfindet,
keine Beteiligung über die zu treffende Genehmigungsentscheidung. Zudem
finden Doppelprüfungen statt. Trotz der sehr zeitaufwendigen Verfahren be-
kommen die Bürger daher das Gefühl, keinerlei Einfluss zu haben. Neue Ziel-
stellungen, Ansätze und Verfahren sind nötig, die weniger auf verwaltungsmä-
ßige Standardabläufe und routinierte Scheineinbeziehung setzen, sondern auch
in komplexen Planungsaufgaben mehr adäquate Bürgerbeteiligung ermögli-
chen.

Die zukunftsfähige Gestaltung der Stromnetze bedeutet noch mehr als nur den
Bau neuer Leitungen. Der schnelle Umstieg auf erneuerbare Energien erfordert
flexiblere Kraftwerke, die großräumige Vernetzung der dezentralen Strom-
erzeuger, innovative Speicher, neue Netztechnologien sowie eine intelligent
optimierte Netzsteuerung. Hier müssen kurzfristig die richtigen Anreize gesetzt
werden, um das gesamte Stromsystem zu flexibilisieren und an die erneuer-
baren Energien anzupassen.

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