BT-Drucksache 17/5591

Fragwürdige Geschäftspraxis des Wohnungsunternehmens GAGFAH

Vom 18. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5591
17. Wahlperiode 18. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Daniela Wagner, Kerstin Andreae, Bettina Herlitzius,
Winfried Hermann, Britta Haßelmann, Dr. Anton Hofreiter, Stephan Kühn,
Ingrid Nestle, Dr. Valerie Wilms und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Fragwürdige Geschäftspraxis des Wohnungsunternehmens GAGFAH

Im Jahr 2004 verkaufte die damalige Bundesversicherungsanstalt für Ange-
stellte (BfA) für mehr als 3 Mrd. Euro die in ihrem Besitz befindliche Gemein-
nützige Aktien-Gesellschaft für Angestellten-Heimstätten (GAGFAH) an die
US-amerikanische Investmentgesellschaft Fortress Investment Group LLC. Mit
einem Bestand von rund 160 000 Mietwohnungen ist die GAGFAH das größte
an der deutschen Börse notierte Unternehmen dieser Branche. Gebilligt wurde
der Verkauf durch das damalige Bundesministerium für Gesundheit und soziale
Sicherung.

Die GAGFAH sieht sich „in besonderem Maße zu sozialem Handeln aufgeru-
fen“ und wirbt öffentlich für seine umfassenden Mietschutzregeln, die in soge-
nannten Sozial-Chartas festgeschrieben wurden. Nach Einschätzung des Deut-
schen Mieterbundes e. V. gehen diese Sozialchartas allerdings nicht über den
gesetzlichen Mieterschutz hinaus. Der GAGFAH wird vorgeworfen, nur an
kurzfristigem Profit durch den Verkauf einzelner Wohneinheiten interessiert zu
sein und die übrigen Wohnungen zu vernachlässigen. Eine große Anzahl von
Wohnungen ist inzwischen erheblich sanierungsbedürftig und zum Teil sogar
unbewohnbar.

Der finanzielle Druck auf die GAGFAH resultiert aus hohen Renditeforderun-
gen seitens der Fortress Investment Group LLC. Laut einem Zeitungsbericht der
„Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 24. März 2011 hat das Unternehmen
erheblichen Druck ausgelöst und eine höhere Rendite eingefordert. Diese sei
aber nur durch Verkäufe und massive Kosteneinsparungen zu realisieren. Selbst
wenn die bereits in großer Anzahl verkauften Wohnungen hinzugerechnet wer-
den, scheint die GAGFAH von der Gebäudesubstanz zu leben. Die Unterneh-
menspolitik geht auf Kosten der Mieterinnen und Mieter und über den großen
Anteil an Empfängern von „Kosten der Unterkunft“ auch zu Lasten der öffent-
lichen Hand.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist der Bundesregierung die Situation ungenügender Instandhaltungen in
GAGFAH-Wohnungsbeständen bekannt?

Wenn ja, wo in Deutschland trifft diese Situation zu, und in welchem Aus-
maß?

Drucksache 17/5591 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. Liegen der Bundesregierung dazu Beschwerden seitens der Mieterinnen
und Mieter, des Deutschen Mieterbundes e. V. oder einzelner Kommunen
vor bzw. um welche Hilfestellungen ist sie gebeten worden?

Wenn ja, was hat sie bisher dagegen unternommen?

3. Wo lässt sich der Kaufvertrag, der zwischen der BfA und der Fortress In-
vestment Group LLC 2004 geschlossen wurde, einsehen?

4. Welche Handlungsoptionen zur Beseitigung von Missständen in der Be-
wirtschaftungsstrategie ergeben sich für die Bundesregierung aus diesem
Kaufvertrag?

5. In welchen Kommunen befinden sich Wohnungen, die im Rahmen der Ver-
äußerung der GAGFAH durch die BfA verkauft wurden (bitte nach Ort,
Bundesland und Anzahl aufschlüsseln)?

6. Wie ist der genaue Wortlaut der Sozialcharta, welche beim Verkauf der
GAGFAH durch die BfA an die Fortress Investment Group LLC vereinbart
wurde?

7. Wie wurde sichergestellt, dass die Sozialcharta rechtsverbindlicher Be-
standteil des Kaufvertrages zwischen der BfA und der Fortress Investment
Group LLC wird?

8. Wurde die Sozialcharta auch in die Mietverträge integriert und im Grund-
buch der betreffenden Gebäude eingetragen?

9. Wer überprüft die Einhaltung der Sozialcharta?

10. Ist mit dem Ablauf der Zehnjahresfrist ein Verkauf einzelner Immobilien
oder Immobilienpakete möglich?

11. Wie hat die BfA bzw. die Deutsche Rentenversicherung Bund als Rechts-
nachfolgerin ihr vertraglich zugesichertes Mitwirkungs- und Kontrollrecht
über die sozialen Rahmenbedingungen im Aufsichtsrat des Erwerbers
(Fortress Investment Group LLC) ausgeübt?

12. Welche Handlungsoptionen ergeben sich aus der Gesetzeslage für die Bun-
desregierung?

13. Welche weiteren Ebenen (Länder, Kommunen) können bei der Beseitigung
der Missstände eingeschaltet werden?

14. Liegen der Bundesregierung Informationen über die Bewirtschaftungsstra-
tegien der GAGFAH-Wohnungen vor?

Wenn ja, welche?

15. Liegen der Bundesregierung Informationen über Auswirkungen der Bewirt-
schaftungsstrategien von der Fortress Investment Group LLC auf die
GAGFAH-Bestände vor?

Wenn ja, welche?

16. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, ob sich die Bewirtschaftungs-
strategien regional unterscheiden?

Berlin, den 15. April 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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