BT-Drucksache 17/5408

Vergabepraxis des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik

Vom 5. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5408
17. Wahlperiode 05. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Jens Petermann, Halina Wawzyniak und
der Fraktion DIE LINKE.

Vergabepraxis des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik

Nach einem Bericht in „die tageszeitung“ (taz vom 14. September 2010), hat das
Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) über mehrere Jahre
hinweg einen Großteil seiner Studien und Entwicklungsvorhaben ohne hinrei-
chende Begründung freihändig vergeben. Dabei soll den meisten Vergaben nur
ein einziges Angebot zugrunde gelegen haben.

Die „taz“ berichtet, dass eine Überprüfung der Vergabepraxis des BSI durch den
Bundesrechnungshof (BRH) in den Jahren 2005 bis 2008 ergeben habe, dass die
Behörde zwischen 63 und 85 Prozent seiner Studien und Entwicklungsvorhaben
in dem o. g. Zeitraum freihändig vergeben hat. In rund 85 Prozent der freihändi-
gen Vergaben holte das BSI demnach nur ein einziges Angebot ein und vergab
den Auftrag ohne Wettbewerb. Die Rechnungsprüfer stellten diese Praxis bei
185 Aufträgen fest.

Die zweifelhafte Vergabepraxis begründete das BSI damit, dass es sich um Pro-
jekte gehandelt habe, die „unter politischem Erfolgsdruck stünden“ (Bundes-
tagsdrucksache 17/77), wenn „Know-how, Fachkompetenz und Sicherheit die
entscheidenden Kriterien seien“ (ebd.) oder wenn es vorher schon eine erfolg-
reiche Zusammenarbeit gegeben habe.

Wie politischer Erfolgsdruck zu verstehen sei, konnte der Vertreter des Bundes-
ministeriums des Innern auch in der Sitzung des Innenausschusses des Bundes-
tages am 16. Juni 2010 zu dem Vergabeproblem nicht beantworten. Vorstellbar
sei, dass es zum Beispiel um den neuen Personalausweis gegangen sein könnte
(siehe Protokoll des Innenausschusses vom 16. Juni 2010).

Der BRH hat die damaligen Begründungen der Bundesregierung mit den Argu-
menten zurückgewiesen, dass auch für Sicherheitsprodukte ein Markt existierte
und sich die Begründung der Bundesregierung allenfalls auf Einzelfälle bezie-
hen könne.

Die Bundesregierung sicherte zu, künftig Aufträge transparenter zu vergeben
bzw. die Vergabe nachvollziehbar zu begründen.

Ein Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie vom

Januar 2009 nährt aber eher den Verdacht, dass es sich um eine systematische
und keineswegs einzelfallbezogene Praxis handelt.

In dem Schreiben, dass an alle Bundesministerien, an das Bundeskanzleramt
und nachrichtlich an das Bundespräsidialamt, den Deutschen Bundestag, den
Bundesrat und den Bundesrechnungshof gerichtet war, heißt es:

Drucksache 17/5408 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
„1. Bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100 000 Euro […] können die
Vergabestellen des Bundes Beschränkte Ausschreibungen […] oder Freihändige
Vergaben […] durchführen. Angesichts der drohenden konjunkturellen Lage ist
von einer Dringlichkeit investiver Maßnahmen auszugehen, die eine solche
Ausnahme rechtfertigt.

2. Zum Nachweis von Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (Eig-
nung) […] sind im Regelfall Eigenerklärungen der Unternehmen ausreichend.“

Unter dem Stichwort „Beschleunigung von Investitionen durch Vereinfachung
der Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge“ sollte dieses ver-
einfachte, d. h. freihändige Verfahren für die Jahre 2009 und 2010 gelten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie beurteilt die Bundesregierung die vom Bundesrechnungshof kritisierte
freihändige Vergabepraxis, und welcher „drohenden konjunkturellen Lage“
sollte damit begegnet werden?

2. Um welche Projekte handelt es sich im Einzelnen bei den 185 bis Ende 2008
monierten BSI-Aufträgen (bitte nach Datum, Auftragnehmer, Auftragsvolu-
men und Projektbeschreibung aufschlüsseln)?

3. Welche nach diesem Verfahren vergebenen Projekte betrafen die Polizeien
des Bundes und andere Sicherheitsbehörden?

4. Welche der in den Jahren 2005 bis 2008, also dem Berichtszeitraum der
BRH-Darstellung, vergebenen Projekte wurden an damalige Sicherheitspart-
ner des Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) vergeben, welche in den
Jahren 2009 und 2010?

5. Welche BSI-Projekte standen unter „politischem Erfolgsdruck“, so dass eine
freihändige Vergabe notwendig erschien, und welche Erfolge konnten da-
durch erzielt werden (bitte nach Projekt, Problem und Lösung aufschlüs-
seln)?

6. Ist dieses, in dem genannten Schreiben beschriebene, vereinfachte Verfahren
ersatzlos am 31. Dezember 2010 außer Kraft getreten?

a) Wenn ja, warum, und wie viele Aufträge wurden seither vergeben?

b) Wenn nicht, welche Nachfolgeregelungen oder Variationen ermöglichten
eine Fortsetzung?

c) Wenn nicht, wie viele, und welche weiteren Projekte wurden seit dem
1. Januar 2009 durch das BSI freihändig vergeben (bitte nach Datum,
Auftragnehmer, Auftragsvolumen, Projektbeschreibung und Rechts-
grundlage aufschlüsseln)?

7. Welche, der ggf. in den Jahren 2009/2010 vergebenen Projekte, wurden an
damalige Sicherheitspartner des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK)
vergeben (bitte nach Datum, Auftragnehmer, Auftragsvolumen und Projekt-
beschreibung aufschlüsseln)?

Berlin, den 5. April 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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