BT-Drucksache 17/5404

Offene Fragen zum Vierten Stammzellbericht der Bundesregierung sowie zur Förderung und Regulierung der Stammzellforschung in Deutschland

Vom 6. April 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5404
17. Wahlperiode 06. 04. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten René Röspel, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Willi Brase,
Ulla Burchardt, Petra Ernstberger, Michael Gerdes, Iris Gleicke, Oliver Kaczmarek,
Daniela Kolbe (Leipzig), Ute Kumpf, Thomas Oppermann, Florian Pronold,
Marianne Schieder (Schwandorf), Swen Schulz (Spandau), Dr. Frank-Walter
Steinmeier und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Priska Hinz (Herborn), Birgitt Bender, Kai Gehring,
Katrin Göring-Eckardt, Sylvia Kotting-Uhl, Krista Sager, Elisabeth Scharfenberg
und der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Offene Fragen zum Vierten Stammzellbericht der Bundesregierung sowie zur
Förderung und Regulierung der Stammzellforschung in Deutschland

Am 9. Februar 2011 hat der Bundesminister für Gesundheit, Dr. Philipp Rösler,
im Rahmen der parlamentarischen Befragung der Bundesregierung dem Deut-
schen Bundestag den Vierten Bericht der Bundesregierung über die Durch-
führung des Stammzellgesetzes vorgestellt (Plenarprotokoll 17/89).

Dieser Bericht umfasst erstmals den Zeitraum, in dem das Gesetz zur Sicherstel-
lung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung
menschlicher embryonaler Stammzellen (Stammzellgesetz) durch Beschluss
des Deutschen Bundestages vom 11. April 2008 geändert wurde. Aus diesem
Grunde enthält der Bericht erstmals Ausführungen zu den Folgen der einmali-
gen Verschiebung des Stichtages auf den 1. Mai 2007.

Bedauerlicherweise war jedoch weder das Antwortverhalten der Bundesregie-
rung noch die zur Verfügung stehende Zeit hinreichend, um alle offenen Fragen
der Mitglieder des Deutschen Bundestages zu beantworten.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. An welchen Standorten in Deutschland werden Forschungsprojekte mit em-
bryonalen Stammzellen durchgeführt (bitte um tabellarische Übersicht nach
Ort und Bundesland)?

2. Welche Projekte zur Stammzellforschung mit embryonalen Stammzellen
werden derzeit mit Bundesmitteln gefördert (bitte aufschlüsseln nach Ge-
schäftsbereich, Zuordnung Kapitel/Titelgruppe/Titel, Forschungsziel, Lauf-

zeit der Projekte, Höhe der Bundesmittel über die Gesamtlaufzeit und in den
einzelnen Jahren, beteiligte Bundes- und Landesbehörden sowie Kooperati-
onspartner)?

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3. Welche Projekte zur Stammzellforschung mit adulten Stammzellen werden
derzeit mit Bundesmitteln gefördert (bitte aufschlüsseln nach Geschäftsbe-
reich, Zuordnung Kapitel/Titelgruppe/Titel, Forschungsziel, Laufzeit der
Projekte, Höhe der Bundesmittel über die Gesamtlaufzeit und in den einzel-
nen Jahren, beteiligte Bundes- und Landesbehörden sowie Kooperations-
partner)?

4. Welche Projekte zur Stammzellforschung mit Stammzellen aus der Nabel-
schnur werden derzeit mit Bundesmitteln gefördert (bitte aufschlüsseln
nach Geschäftsbereich, Zuordnung Kapitel/Titelgruppe/Titel, Forschungs-
ziel, Laufzeit der Projekte, Höhe der Bundesmittel über die Gesamtlaufzeit
und in den einzelnen Jahren, beteiligte Bundes- und Landesbehörden sowie
Kooperationspartner)?

5. Welche Projekte zur Stammzellforschung mit induzierten pluripotenten
Stammzellen werden derzeit mit Bundesmitteln gefördert (bitte aufschlüs-
seln nach Geschäftsbereich, Zuordnung Kapitel/Titelgruppe/Titel, For-
schungsziel, Laufzeit der Projekte, Höhe der Bundesmittel über die Gesamt-
laufzeit und in den einzelnen Jahren, beteiligte Bundes- und Landesbehörden
sowie Kooperationspartner)?

6. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse darüber vor, ob bei mit Bundesmit-
teln geförderten embryonalen Stammzellprojekten Patente beim Europäi-
schen Patentamt beantragt wurden?

Wenn ja, zu welchen Projekten, und wann wurden die Patentanträge einge-
reicht, und in welcher Höhe wurden bzw. werden diese Projekte mit Bundes-
mitteln gefördert (Höhe der Bundesmittel über die Gesamtlaufzeit und in
den einzelnen Jahren)?

7. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Generalanwalts Yves Bot
vom Europäischen Gerichtshof, der in seinem Plädoyer zum Streitfall eines
Patents des Stammzellforschers Prof. Dr. Oliver Brüstle auf embryonale
Stammzellen am 10. März 2011 ausführte, dass Zellen, die die Fähigkeit in
sich tragen, sich zu einem vollständigen Menschen zu entwickeln (toti-
potente Zellen) rechtlich als menschliche Embryonen zu bewerten und da-
her von der Patentierung ausgeschlossen werden müssen?

8. Wie bewertet die Bundesregierung vergleichend die Entwicklung in den
Bereichen der adulten und der embryonalen Stammzellforschung sowie der
Forschung an und mit induzierten pluripotenten Stammzellen, und mit wel-
chen Fördersummen wurden diese drei Felder seit 2001 gefördert (bitte um
tabellarische Übersicht)?

9. In welchem Umfang waren diese Projekte nicht nur auf einen Zelltypus
gerichtet, sondern nutzten mehrere Quellen von Stammzellen, ggf. in ver-
gleichenden Untersuchungen (bitte um tabellarische Übersicht)?

10. Wie viele embryonale Stammzelllinien und wie viele induzierte pluripo-
tente Stammzelllinien sind international verfügbar, und für welche dieser
Zelllinien wäre grundsätzlich ein Import nach Deutschland zulässig?

11. Welche krankheitsspezifischen Stammzelllinien sind international verfüg-
bar (bitte um tabellarische Übersicht mit Krankheitsbild und Quelle der
Zellen, also ob sie zum Beispiel von Embryonen nach einer Präimplanta-
tionsdiagnostik – PID stammen)?

12. Ist die Tatsache, dass der Vierte Stammzellbericht durch den Bundesminis-
ter für Gesundheit vorgestellt wurde, dahingehend zu verstehen, dass sich
der Fokus der Bundesregierung in Bezug auf die Förderung der Stammzell-
forschung von der Grundlagenforschung hin zur therapeutischen Option

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verschoben hat bzw. verschiebt, und falls nein, was waren die Gründe für
den Beschluss, den Bericht durch den Bundesminister für Gesundheit und
nicht durch die Bundesministerin für Bildung und Forschung vorzustellen?

13. Ist die Ausführung des Parlamentarischen Staatsekretärs bei der Bundes-
ministerin für Bildung und Forschung, Thomas Rachel, dass sich die im
Stammzellbericht beschriebenen Projekte „kaum“ mit der Forschung zur
Therapieanwendung befassen, dahingehend zu verstehen, dass es bereits
einzelne Projekte in Deutschland mit einer (absehbaren) Therapieanwen-
dung gibt, und falls ja, welche wären dies?

14. Wie begründet die Bundesregierung vor dem Hintergrund, dass nach dem
Stammzellgesetz die Nutzung von embryonalen Stammzellen hochrangig
und alternativlos sein muss, die nach Aussage des Parlamentarischen Staat-
sekretärs bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Thomas
Rachel, bei der Befragung der Bundesregierung vom 9. Februar 2011 kon-
statierte Verschiebung des Schwerpunkts der embryonalen Stammzellfor-
schung hin zu pharma- bzw. toxikologischen Tests sowie Wirkstoffscree-
nings?

15. Ist davon auszugehen, dass Wirkstoffscreenings bzw. pharma-/toxikologi-
schen Tests, die perspektivisch mittels embryonaler Stammzellen durchge-
führt werden sollen, bereits heute stattfinden, oder handelt es sich hierbei
ausschließlich um neuartige Tests bzw. Substanzen, die bisher nicht getestet
werden können?

16. Aus welchen Gründen wurden die im Bericht erwähnten Projekte abgelehnt,
und warum werden diese Gründe bzw. ablehnenden Bescheide im Gegen-
satz zu den Kurzdarstellungen der zugelassenen Importe nicht veröffent-
licht?

17. Was spricht aus Sicht der Bundesregierung dagegen, die Bewertung der Ein-
zelprojekte durch die Zentrale Ethikkommission für Stammzellforschung
schriftlich auch im Internet zu veröffentlichen?

18. Wurden bereits Importanträge abgelehnt, da sie das Kriterium der „Alterna-
tivlosigkeit“ nicht erfüllt haben, und falls ja, welche Anträge waren dies?

19. Ist das Kriterium der „Alternativlosigkeit“ bei Forschungsprojekten auch
dann gegeben, wenn sich andere Forschungsgruppen bereits mit alternati-
ven Forschungsansätzen (etwa mit induzierten pluripotenten Stammzellen
oder mit adulten Stammzellen) befassen oder müssen die Alternativen be-
reits klinisch erprobt bzw. etabliert sein?

20. Wurden bereits Importanträge abgelehnt, da sie das Kriterium der „Hoch-
rangigkeit“ nicht erfüllt haben, und falls ja, welche Anträge waren dies?

21. Welche Maßstäbe müssen laut Auffassung der Bundesregierung für eine
Hochrangigkeit und welche für eine Alternativlosigkeit von Forschungs-
projekten mit embryonalen Stammzellen gelten – dürfen zum Beispiel auch
Projekte zur Erforschung von Krankheitsbildern/Therapien mit embryona-
len Stammzellen gefördert werden, die bereits mit adulten Stammzellen
durchgeführt werden?

22. Fallen die bisher genehmigten Forschungsprojekte zur Testung bestimmter
Medikamente/toxikologischer Eigenschaften unter das Kriterium (nach § 5
Nummer 1 des Stammzellgesetzes – StZG) „hochrangiges Forschungsziel
für den wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn im Rahmen der Grundlagen-
forschung“ oder unter das Kriterium „Erweiterung medizinischer Kennt-
nisse bei der Entwicklung diagnostischer, präventiver oder therapeutischer
Verfahren zur Anwendung bei Menschen“, und aus welchen Gründen?

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23. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass im Rahmen der von Unterneh-
men wie der Evotec AG oder der Miltenyi Biotec GmbH beantragten Pro-
jekte bzw. Importe keine kommerziellen Interessen verfolgt werden bzw.
eine Nutzung der importierten embryonalen Stammzellen für kommerzielle
Zwecke wirksam ausgeschlossen ist?

24. Haben in den Fällen von abgelehnten Importanträgen alle Antragsteller die
ablehnenden Bescheide akzeptiert oder sind einzelne Antragsteller rechtlich
gegen die Ablehnung vorgegangen?

25. In wie vielen Fällen wurde nach einem ersten, ablehnenden Bescheid eine
Überarbeitung des Importantrages vorgenommen mit der Folge, dass der
Import doch noch genehmigt wurde bzw. werden konnte?

26. Liegen den zuständigen Stellen bereits Importanträge für embryonale
Stammzelllinien aus anderen Ländern als USA, Schweden, Israel und Groß-
britannien vor (bitte um tabellarische Übersicht)?

27. Teilt die Bundesregierung die Auffassung des Robert Koch-Instituts (vgl.
DIE WELT „Verbotene Stammzellforschung“ vom 27. November 2008),
dass der prominente deutsche Stammzellforscher Prof. Dr. Jürgen Hescheler
einen Teil seiner Experimente ohne eine hinreichende Genehmigung durch-
geführt hat, und welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus
diesen Berichten gezogen?

28. Zu welchem Ergebnis sind die staatsanwaltschaftlichen Prüfungen in Bezug
auf den oben genannten Fall gekommen, und sieht die Bundesregierung ge-
setzgeberischen Handlungsbedarf in Bezug auf die „Nachkontrolle“ von
Arbeiten mit genehmigten Stammzelllinien?

29. Wurden die administrativen Abläufe in der Anwendung des Stammzellge-
setzes im Nachgang zur Debatte über den „Fall Hescheler“ überprüft, damit
zukünftig Forscherinnen und Forscher nicht in die Gefahr geraten, dass sie
fälschlicherweise davon ausgehen, dass Forschungen zulässig sind, die je-
doch von der Importgenehmigung nicht umfasst sind, und falls ja, welche
Änderungen wurden hierzu vorgenommen?

30. Wurden bereits Bußgelder nach § 14 des StZG verhängt, und falls ja, in
welchen Fällen, und aus welchem Grund?

31. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen Personen embryonale
Stammzellen ohne Genehmigung nach § 6 Absatz 1 StZG importiert haben
(falls ja, bitte um tabellarische Übersicht)?

32. Wann werden die neuen Mitglieder der Zentralen Ethikkommission für
Stammzellenforschung (ZES) in 2011 berufen, und wie findet das Auswahl-
verfahren statt?

33. Gab es bereits Projekte, bei denen aufgrund von Interessenkonflikten Mit-
glieder der ZES von einer Begutachtung von Importanträgen abgesehen
haben, und falls ja, in wie vielen Fällen, und wie wird in solchen Fällen ver-
fahren?

34. In wie vielen Fällen hat eine Minderheit der ZES gegen einen Importantrag
gestimmt und aus welchen Gründen (bitte um tabellarische Übersicht)?

35. Teilt die Bundesregierung die Rechtsauffassung, dass das geltende Stamm-
zellgesetz auch einen Import von humanen embryonalen Stammzelllinien
für die Durchführung einer klinischen Studie ermöglicht oder wäre für ein
entsprechendes Anliegen zunächst eine Änderung des Stammzellgesetzes
erforderlich?

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36. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse vor, welche Auswirkungen die
einmalige Verschiebung des Stichtages auf die von der Deutschen For-
schungsgemeinschaft in 2006 (Stellungnahme „Stammzellforschung in
Deutschland – Möglichkeiten und Perspektiven“) konstatierte „Behinde-
rung durch Patente und ‚Material Transfer Agreements‘ (MTA)“ hatte, und
falls ja, welche Auswirkungen hatte die Veränderung?

37. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse dahingehend vor, inwiefern die
internationale Zusammenarbeit und die Öffnung gegenüber anderen inter-
nationalen Partnern nach der Änderung des Stammzellgesetzes zugenom-
men hat, und welche der genehmigten Projekte finden ausdrücklich in
Kooperation mit internationalen Partnern statt (bitte um tabellarische Über-
sicht)?

38. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Anzeichen, dass die einmalige
Verschiebung des Stichtages im Stammzellgesetz positive Auswirkungen
auf die internationale Wahrnehmung des Forschungsstandortes Deutsch-
land im Bereich Stammzellforschung hatte?

39. Ist es richtig, dass das Bundesforschungsministerium, wie in einem Artikel
in der „Passauer Neue Presse“ vom 28. Januar 2011 dargestellt, ein Projekt
mit Bundesmitteln finanziert, in dem Rechtswissenschaftler Kriterien für
die Schutzwürdigkeit von Embryonen aufstellen?

Falls ja, wie lautet der Projekttitel, wie hoch ist der Gesamtetat und die
Laufzeit des Projekts und dient dieses Projekt dem Ziel, eine Änderung des
Embryonenschutzgesetzes und des Stammzellgesetzes anzustreben?

40. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus den seit 2009
beobachtbaren Entwicklungen in den USA hinsichtlich der Bewertung des
„informed consent“ der Eltern der jeweiligen Embryonen, und wird die
Bundesregierung, ebenso wie in den USA durch die National Institutes of
Health (NIH) erfolgt, transparente Kriterien zur Bewertung des „informed
consent“ für deutsche Forschungsprojekte veröffentlichen?

41. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass man aufgrund der strikteren
Vorgaben für die informierte Zustimmung der Eltern in den USA nunmehr
davon sprechen könnte, dass zumindest die Vorgaben für die Nutzung von
vor dem deutschen Stichtag hergestellten Stammzelllinien in Deutschland
liberaler sind als die Vorgaben in den USA, und falls ja, wie bewertet die
Bundesregierung diese Tatsache?

42. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass in der Vergangenheit zu-
mindest teilweise die Formulare für die informierte Zustimmung der Eltern
zur Verwendung von Embryonen für die embryonale Stammzellforschung
zu allgemein abgefasst wurden, und welche Schlussfolgerungen zieht die
Bundesregierung aus dieser Erkenntnis (vgl. Nature „Diseased cells fail to
win approval“ Vol. 465 vom 17. Juni 2010)?

43. War der Bundesregierung bekannt, dass die Spender der Embryonen für die
Stammzelllinien H9 und H7 nach aktuellem Stand des Wissens nicht vorab
darüber informiert worden waren, dass die späteren Stammzelllinien auch
für kommerzielle Zwecke verwendet werden könnten und ist die Frage, ob
die Spender eines Embryos (zur Etablierung einer Stammzelllinie) über
eine mögliche kommerzielle Verwertung der Stammzellen informiert wer-
den müssen, ein Kriterium bei der Bewertung von Importanträgen?

44. Welche Auswirkungen hat der aktuelle Rechtsstreit in den USA über die
staatliche Förderung von Forschungsprojekten mit embryonalen Stammzel-
len auf die deutsche Forschungslandschaft und teilt die Bundesregierung

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die Auffassung, dass die Rechtsunsicherheit in den USA auch die deutsche
Stammzellforschung negativ beeinflusst (vgl. auch Nature „US stem-cell
chaos felt abroad“ Vol. 467 vom 9. September 2010)?

45. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus Studien, die
unter anderem in der Zeitschrift „Nature“ publiziert wurden (Nature „Flaw
in induced-stem-cell model“Vol. 470 vom 3. Februar 2011), die darauf hin-
deuten, dass die Reprogrammierung von differenzierten Zellen in ein quasi-
embryonales Stadium dazu führt, dass man Zellen erhält, die zwar ein
Potential wie embryonale Stammzellen besitzen, die jedoch weiterhin eine
Art „Gedächtnis“ ihrer Herkunftszellen in sich tragen und mithin andere
Eigenschaften haben als Zelllinien, die aus einem Embryo entwickelt wur-
den?

46. Wann erwartet die Bundesregierung angesichts der nunmehr dritten Geneh-
migung für eine klinische Studie mit menschlichen embryonalen Stamm-
zellen durch die Food and Drug Administration (FDA) in den USA einen
ersten Antrag für eine klinische Studie in Deutschland, und sind nach An-
sicht der Bundesregierung die rechtlichen Kriterien zur Bewertung eines
solchen Studienentwurfs hinreichend oder besteht hier noch Nachbesse-
rungsbedarf?

47. Wären die drei bisher von der FDA genehmigten Studien mit humanen em-
bryonalen Stammzelllinien in Deutschland zulässig oder wäre ein entspre-
chendes Projekt in Deutschland rechtlich unzulässig?

48. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über den aktuellen Stand
der drei von der FDA genehmigten klinischen Studien mit humanen embry-
onalen Stammzellen vor?

49. Wie bewertet die Bundesregierung die aktuelle Situation des European
Human Embryonic Stem Cell Registry und gab es bereits Erfolge hinsicht-
lich der Weiterfinanzierung des Registers?

50. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über die Aktivitäten der
Gruppe „Stem Cell Watch“ vor (vgl. Nature „Mystery fraud accusations“,
Vol. 467 vom 28. Oktober 2010) und waren auch deutsche Wissenschaft-
lerinnen und Wissenschaftler von den Aktivitäten bzw. der Kritik dieser
selbst ernannten Gruppe betroffen?

51. Welches Verhandlungsziel verfolgt die Bundesregierung in den Beratungen
über das 8. Forschungsrahmenprogramm der Europäischen Union hinsicht-
lich der embryonalen Stammzellforschung/der verbrauchenden Embryo-
nenforschung und strebt die Bundesregierung erneut eine Protokollerklä-
rung an?

52. Hält es die Bundesregierung für erreichbar, dass sich die Europäische Kom-
mission erneut dazu verpflichtet, keine Projekte zur Förderung vorzuschla-
gen, die die Zerstörung von Embryonen enthalten, einschließlich der Ge-
winnung neuer embryonaler Stammzellen?

53. Wie schätzt die Bundesregierung allgemein die Entwicklung der bioethi-
schen Debatte in den anderen EU-Mitgliedstaaten ein, und teilt die Bundes-
regierung die These, dass es tendenziell – im Bereich der Stammzellfor-
schung – eher zu einer Liberalisierung der einschlägigen rechtlichen
Vorgaben in den anderen Mitgliedstaaten gekommen ist?

Berlin, den 6. April 2011
Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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