BT-Drucksache 17/5309

Arbeitsmarktpolitik und damit verbundene soziale Aspekte in Deutschland

Vom 24. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5309
17. Wahlperiode 24. 03. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Katja Kipping, Sabine Zimmermann, Diana Golze, Matthias W.
Birkwald, Heidrun Dittrich, Jutta Krellmann, Cornelia Möhring, Yvonne Ploetz,
Ingrid Remmers, Jörn Wunderlich und der Fraktion DIE LINKE.

Arbeitsmarktpolitik und damit verbundene soziale Aspekte in Deutschland

Nach den Vorgaben des Grundgesetzes ist die Bundesrepublik Deutschland „ein
demokratischer und sozialer Bundesstaat“ (Artikel 20 Absatz 1 des Grundgeset-
zes – GG). Diese Bestimmung zählt zum Verfassungskern und ist eine der unab-
änderlichen Vorgaben des Grundgesetzes. Des Weiteren gibt das Grundgesetz
vor, dass die verfassungsmäßige Ordnung in Deutschland „den Grundsätzen des
republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses
Grundgesetzes entsprechen“ muss (Artikel 28 Absatz 1 GG). Mit diesen beiden
Artikeln schreibt das Grundgesetz das Sozialstaatsprinzip fest. Gemäß den Kon-
kretisierungen durch das Bundesverfassungsgericht ist es demzufolge die Auf-
gabe des Staates, für soziale Gerechtigkeit und für einen Ausgleich sozialer Ge-
gensätze und Ungleichheiten zu sorgen. Der Staat hat die Voraussetzungen dafür
zu schaffen, dass allen Bürgerinnen und Bürgern ein menschenwürdiges Dasein
und eine gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht wird. Aus
dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes leitet sich für den Staat die Pflicht zur
Daseinsvorsorge ab. Die Verantwortung für die „Herstellung gleichwertiger Le-
bensverhältnisse“ ist ein Kernelement des Sozialstaates (Artikel 20 GG).

Der Begriff „gleichwertige Lebensverhältnisse“ gehört zur zentralen Leitvorstel-
lung des Bundes und der Länder. Das Raumordnungsgesetz (ROG) des Bundes
konkretisiert gleich im ersten Grundsatz: „Im Gesamtraum der Bundesrepublik
Deutschland und in seinen Teilräumen sind ausgeglichene soziale, infrastruktu-
relle, wirtschaftliche, ökologische und kulturelle Verhältnisse anzustreben“ (§ 2
Absatz 2 Nummer 1 ROG). Länderverfassungen und Landesplanungsgesetze
zitieren den Begriff ihrerseits und verpflichten sich damit zu einer entsprechen-
den Strukturpolitik und Entwicklung ihres Landesgebietes.

Um die Situation in der Bundesrepublik Deutschland umfangreich zu bewerten,
bedarf es auch einer Analyse relevanter Arbeitsmarkt- und sozialer Aspekte so-
wohl auf der Ebene des Bundes als auch auf der Ebene der Bundesländer. Da-
mit sollen der Stand und die Herangehensweise der Herstellung gleichwertiger
Lebensverhältnisse im Bundesgebiet vor dem Hintergrund des Grundgesetzes
besser beurteilbar werden. Insbesondere geht es aber auch darum, perspekti-

visch Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, um langfristig allen Bevölke-
rungsschichten und Generationen in allen Teilen Deutschlands ein Leben in
Würde und gleichberechtigter Teilhabe zu sichern.

Drucksache 17/5309 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wie hoch war die offizielle Anzahl Arbeitsloser, und wie hoch war die Ar-
beitslosenquote in Deutschland gesamt und in den 16 Bundesländern von
2005 bis 2010 (Bereich Drittes Buch Sozialgesetzbuch – SGB III – und
Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II – getrennt)?

2. Wie viele der Bundesagentur für Arbeit bekannte offene Stellen auf dem
ungeförderten Arbeitsmarkt standen der jeweiligen Anzahl offizieller Ar-
beitsloser in den Jahren von 2005 bis 2010 in der Bundesrepublik Deutsch-
land gesamt und in den einzelnen Bundesländern gegenüber?

3. Wie hoch war das durchschnittliche Arbeitslosengeld I in der Bundesre-
publik Deutschland gesamt und in den einzelnen Bundesländern von 2005
bis 2010 (getrennt nach Geschlecht und Altersgruppen)?

4. Wie hoch war die Zahl derjenigen, die niedriges Arbeitslosengeld I mit
Leistungen nach dem SGB II in den Jahren 2005 bis 2010 in der Bundes-
republik Deutschland gesamt und in den einzelnen Bundesländern aufsto-
cken mussten (getrennt nach Geschlecht bei Einpersonenhaushalten und
nach Bedarfsgemeinschaftstyp)?

5. Wie hoch war die durchschnittliche Höhe der Aufstockung durch SGB-II-
Leistungen in den genannten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland
gesamt und in den einzelnen Bundesländern (getrennt nach Geschlecht bei
Einpersonenhaushalten und nach Bedarfsgemeinschaftstyp)?

6. Wie viele Haushalte mit Beziehenden von Leistungen nach dem SGB III ha-
ben in den Jahren 2005 bis 2010 Wohngeld in der Bundesrepublik Deutsch-
land gesamt und in den einzelnen Bundesländern erhalten?

7. Wie hoch war die durchschnittlich gezahlte Wohngeldhöhe in den genann-
ten Jahren in der Bundesrepublik Deutschland gesamt und in den einzelnen
Bundesländern für diese Haushalte?

8. Ist der Bundesregierung bekannt, in welchen Bundesländern es spezielle
Landesbeschäftigungsprogramme gibt?

9. Ist der Bundesregierung bekannt, wie hoch die dafür jeweils eingesetzten
Mittel aus den Landeshaushalten in den Jahren 2005 bis 2010 waren?

10. Ist der Bundesregierung bekannt, wie viele Personen durch die erfragten spe-
ziellen Beschäftigungsprogramme in den genannten Jahren erreicht worden
sind?

11. Wie hoch waren die eingesetzten Mittel für arbeitsmarktpolitische Maßnah-
men im Rahmen des SGB III in der Bundesrepublik Deutschland gesamt
und in den einzelnen Bundesländern in den Jahren 2005 bis 2010?

12. Wie hoch war die Erfolgsquote der arbeitsmarktpolitischen Instrumente des
SGB III im Sinne der folgenden Aufnahme einer Erwerbsarbeit auf dem
ungeförderten Arbeitsmarkt in der Bundesrepublik Deutschland gesamt und
in den einzelnen Bundesländern in den Jahren 2005 bis 2010 (getrennt nach
Instrumenten)?

13. Wie viele Personen in arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nach dem SGB III
erhielten aufstockende Leistungen nach dem SGB II in den Jahren 2005
bis 2010 in der Bundesrepublik Deutschland gesamt und in den einzelnen
Bundesländern (getrennt nach Maßnahmentyp, nach Geschlecht bei Ein-
personenhaushalten und nach Bedarfsgemeinschaftstyp)?

14. Wie viele Widersprüche gegen Entscheidungen im Bereich des SGB III gab
es zwischen 2005 und 2010 in der Bundesrepublik Deutschland gesamt und
in den einzelnen Bundesländern (getrennt nach Widerspruchsgrund)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5309

15. Wie viele Klagen vor den Sozialgerichten wurden im Rechtskreis des SGB III
zwischen 2005 und 2010 in der Bundesrepublik Deutschland gesamt und in
den einzelnen Bundesländern eingereicht (getrennt nach Klagegrund)?

16. Wie hoch war der Anteil der Widersprüche und der Klagen im Rechtskreis
des SGB III zwischen 2005 und 2010 in der Bundesrepublik Deutschland
gesamt und in den einzelnen Bundesländern, der ganz oder teilweise zuguns-
ten der Kläger entschieden wurde (getrennt nach Widerspruchs- und Klage-
grund)?

17. Wie lang war die durchschnittliche Bearbeitungsdauer von Widersprüchen
und Klagen im Bereich des SGB III in den Jahren 2005 bis 2010 in der Bun-
desrepublik Deutschland gesamt und in den einzelnen Bundesländern?

18. Wie hoch war zwischen 2005 und 2010 die Zahl der Sperrzeiten gegen Be-
zieher des Arbeitslosengeldes I in der Bundesrepublik Deutschland gesamt
und in den einzelnen Bundesländern (getrennt nach Sperrzeitgründen und
Dauer)?

19. Wie viele Widersprüche gegen Sperrzeiten gab es zwischen 2005 und 2010
in der Bundesrepublik Deutschland gesamt und in den einzelnen Bundes-
ländern?

20. Wie viele Klagen vor den Sozialgerichten wurden gegen Sperrzeiten zwi-
schen 2005 und 2010 in der Bundesrepublik Deutschland gesamt und in
den einzelnen Bundesländern eingereicht?

21. Wie hoch war der Anteil der Widersprüche und der Klagen bezüglich
Sperrzeiten in der Bundesrepublik Deutschland gesamt und in den einzel-
nen Bundesländern in den Jahren 2005 bis 2010, die ganz oder teilweise zu-
gunsten der Kläger entschieden wurden?

22. Wie hoch waren die Geldleistungen im Rahmen des SGB III in der Bun-
desrepublik Deutschland gesamt und in den einzelnen Bundesländern, die
durch Verhängung von Sperrzeiten in den Jahren 2005 bis 2010 eingespart
worden sind?

Berlin, den 24. März 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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