BT-Drucksache 17/5265

Sicherheit und Arbeitsschutz bei Offshore-Windenergieanlagen

Vom 23. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5265
17. Wahlperiode 23. 03. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Uwe Beckmeyer, Franz Thönnes, Garrelt Duin, Heinz-Joachim
Barchmann, Dr. Hans-Peter Bartels, Sören Bartol, Bernhard Brinkmann
(Hildesheim), Edelgard Bulmahn, Martin Burkert, Sebastian Edathy, Petra
Ernstberger, Karin Evers-Meyer, Iris Gleicke, Ulrike Gottschalck, Michael Groß,
Hans-Joachim Hacker, Bettina Hagedorn, Hubertus Heil (Peine), Gustav Herzog,
Gabriele Hiller-Ohm, Johannes Kahrs, Lars Klingbeil, Ute Kumpf, Gabriele
Lösekrug-Möller, Kirsten Lühmann, Caren Marks, Thomas Oppermann, Holger
Ortel, Florian Pronold, Sönke Rix, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Carsten Sieling,
Sonja Steffen, Kerstin Tack, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Sicherheit und Arbeitsschutz bei Offshore-Windenergieanlagen

Angesichts des Klimawandels und einer weltweit steigenden Nachfrage nach
endlichen fossilen Ressourcen stellt der Ausbau der erneuerbaren Energien eine
nachhaltige Antwort auf die aktuellen Herausforderungen dar. Bereits heute leis-
ten diese einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Versorgungssicher-
heit in Deutschland. Dazu gehört die Windkraft, die schon heute rund 6 Prozent
des deutschen Stromverbrauchs deckt. Zukünftig wird neben der Onshore- auch
die Offshore-Windenergie eine wichtige Rolle im Strommix einnehmen. Bis
2020 sollen mindestens 10 Gigawatt Leistung auf Hoher See zugebaut werden.
Davon profitieren auch die maritime Wirtschaft und die Zulieferindustrie. Denn
die Branche bietet ein erhebliches Potenzial bei der Schaffung von Arbeits-
plätzen und heimischer Wertschöpfung. Bei der Weiterentwicklung der Off-
shore-Branche wird die Notfallvorsorge und die Gefahrenabwehr, die Rettung
und Bergung von Beschäftigten in Schadensfällen sowie der Gesundheits- und
Arbeitsschutz eine wachsende Bedeutung haben.

Wir fragen daher die Bundesregierung:

1. Wie viele Parks mit wie vielen Windenergieanlagen in der deutschen aus-
schließlichen Wirtschaftszone (AWZ) von Nord- und Ostsee befinden sich
derzeit im Genehmigungsverfahren, und wie viele Parks mit wie vielen An-
lagen sind seit dem Jahre 2001 durch das Bundesamt für Seeschifffahrt und
Hydrographie (BSH) bereits genehmigt worden (bitte nach Jahren aufschlüs-
seln) und befinden sich derzeit in der Realisierungsphase?
2. Welche statistischen Daten zu Schiffsbewegungen in Nord- und Ostsee liegen
der Bundesregierung vor (bitte nach Schiffstypen und Schiffsgröße unter-
scheiden), und wo verlaufen die hauptsächlichen Schifffahrtsrouten entlang
der Standorte von beantragten oder bereits genehmigten Offshore-Windener-
gieanlagen?

Drucksache 17/5265 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

3. Welche Gefahrenpotentiale für die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffs-
verkehrs und den schiffbaren Zustand der Schifffahrtswege in der AWZ be-
stehen aus Sicht der Bundesregierung beim Bau und Betrieb von Offshore-
Windenergieanlagen, und auf Basis welcher Risikoanalysen nehmen die
Genehmigungsbehörden derzeit eine Einschätzung der Gefährdung für die
Schiffssicherheit und die anderen Schutzgüter der Meeresumwelt vor (bitte
jeweils unterscheiden nach Bau- und Betriebsphase)?

4. Welche genehmigungsrelevanten Richtwerte bestehen derzeit für den Bau
und den Betrieb von Offshore-Windenergieanlagen?

5. Wie erklärt die Bundesregierung, dass bisher ein „Stand der Technik“ für
den Bau und Betrieb von Offshore-Windenergieanlagen nicht existiert?

6. Welche zusätzlichen Sicherheitsanforderungen sind aus Sicht der Bundes-
regierung in Bezug auf die Errichtung und den Betrieb von Offshore-Wind-
energieanlagen und deren Netzanbindungen künftig zu berücksichtigen,
insbesondere in Hinblick auf die extremeren Wetterbedingungen als an
Land, die Logistik und den Umgang mit dem Element Wasser?

7. Bei wem liegt im Notfall derzeit die Zuständigkeit für die Koordination und
Durchführung von Maßnahmen zum Arbeitsschutz, zur Notfallvorsorge
und Gefahrenabwehr sowie zur Rettung und Bergung von Beschäftigten in
Schadensfällen im Bereich der Offshore-Windenergieanlagen, und welche
Aufgaben kommen dabei den einzelnen Sicherheitsbehörden zu?

8. Wie will die Bundesregierung gewährleisten, dass das bereits vorhandene
System zur Rettung auf See für Einsätze in Offshore-Windparks entspre-
chend den veränderten Anforderungen gezielt erweitert wird, etwa mit
Blick auf die ständige Einsatzbereitschaft von Hubschraubern, und dass die
entsprechenden Rettungskapazitäten ergänzt und gebündelt werden?

9. Finden regelmäßige Übungsmaßnahmen der verschiedenen Sicherheitsbe-
hörden statt, und wenn ja, in welchem Rhythmus, und wer ordnet diese an?

10. Stellen Bund und Länder angesichts der gestiegenen Anforderungen im
Offshore-Bereich zusätzliches Personal bei den maritimen Sicherheitsbe-
hörden bereit, die im Rahmen des „Sicherheitskonzeptes Deutsche Küste“
eingebunden sind, und in welcher Höhe haben sie dafür seit 2001 Mittel zur
Verfügung gestellt (bitte aufschlüsseln nach Jahren und Behörden)?

11. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass eine ständige Anpassung
der deutschen Notfallpläne für die deutschen Küsten an Nord- und Ostsee
entsprechend der aktuellen technischen Anforderungen erfolgt?

12. Plant die Bundesregierung die Erarbeitung eines Gesamtkonzeptes zur
Offshore-Windenergie in Zusammenarbeit mit den Küstenländern, und
wird sie an der Strategie einer Ausweisung von Vorranggebieten für Wind-
energienutzung festhalten?

13. Wann wird die Überarbeitung der Raumordnungsplanung des Bundes ab-
geschlossen sein, und mit welchen Veränderungen ist im Hinblick auf
Sicherheitsaspekte im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für Offshore-
Windkraftanlagen zu rechnen?

14. Auf welchen Ebenen und in welchen Gremien wird sich die Bundesregie-
rung für eine Harmonisierung des Planungsrechtes auf europäischer Ebene
einsetzen, und welche Schritte will sie dazu unternehmen?

15. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik, dass dem Bundesamt für
Naturschutz (BfN) eine eigene Zuständigkeit bei der Genehmigung von
Offshore-Windenergieanlagen zukommt, obwohl das Planfeststellungsver-

fahren nur eine Genehmigungsbehörde vorsieht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/5265

16. In wie vielen Fällen ist es bisher zu einer Zusammenarbeit der maritimen
Sicherheitsbehörden der Anrainerstaaten der AWZ von Nord- und Ostsee
gekommen, und auf welcher Grundlage ist diese erfolgt?

17. In welchen Sicherheitsbereichen besteht aus Sicht der Bundesregierung
verstärkter Abstimmungsbedarf, und welche Maßnahmen hat sie bisher er-
griffen, um eine bessere Koordinierung der nationalen Sicherheitskonzepte
für die Nord- und Ostsee zu erreichen?

18. In welchem Rahmen finden bereits heute grenzüberschreitende Trainings
mit den maritimen Sicherheitsbehörden der Nachbarländer in der AWZ von
Nord- und Ostsee statt, und wie werden die Erfolge dieser Kooperation
evaluiert?

19. Wie will die Bundesregierung sicherstellen, dass die Windenergieunterneh-
men ergänzend zur staatlichen Daseinsvorsorge ausreichende Schutz- und
Sicherheitskonzepte sowie Notfallpläne entwickeln und fortschreiben, und
diese in regelmäßigen Übungen erproben?

20. Plant die Bundesregierung zertifizierbare Mindestanforderungen für die
Aus- und Fortbildung der am Bau und Betrieb von Offshore-Windparks be-
teiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, und welche Rolle spielen dabei
Trainings für Hubschraubereinsätze?

21. Wird die Bundesregierung dafür Sorge tragen, dass für den Einsatz von
Hubschraubern im Zusammenhang mit Offshore-Windparks Regelungen
zum sicheren Flugbetrieb entwickelt werden?

22. Inwieweit spiegeln sich die gestiegenen Anforderungen im Bereich der
Sicherheit von Offshore-Windkraftanlagen bei der Personalzuweisung für
die Aufsichtsbehörden BSH und BfN wider (bitte aufschlüsseln nach Jahren
und Behörden)?

23. Inwieweit sind die zuständigen Gewerbeaufsichtsämter zu Kontrollen auf
Offshore-Windenergieanlagen tätig?

24. Welche speziellen Programme der betrieblichen Gesundheitsförderung be-
stehen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Offshore-Windenergie-
anlagen von Seiten der Berufsgenossenschaften, der Gewerbeaufsichts-
ämter und der Landesämter für Arbeitsschutz?

25. Wie beurteilt die Bundesregierung die von den Arbeitgebern nach § 5 des
Arbeitsschutzgesetzes zu erstellenden Gefährdungsbeurteilungen für Off-
shore-Windenergieanlagen und deren Umsetzung?

26. Welche Berufsgenossenschaften sind für das gesamte Arbeitsfeld der Er-
richtung und des Betriebes der Offshore-Windenergieanlagen zuständig?

27. Welche Formen der Kooperation bestehen zwischen diesen, um einen opti-
malen Arbeitsschutz zu gewährleisten, und wie bewertet die Bundesregie-
rung deren Leistungsfähigkeit?

28. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob und wie viel Per-
sonal die für den Arbeitsschutz zuständigen Berufsgenossenschaften im
Rahmen der Selbstverwaltung für diese zusätzlichen Anforderungen bereit-
stellen, und wie will sie dafür Sorge tragen, dass diese ihre neuen Aufgaben
erfüllen?

29. In welchem Umfang werden in dieser Wachstumsbranche bei der Errich-
tung und des Betriebes von Offshore-Windenergieanlagen (bitte nach Er-
richtung und Betrieb gesondert darstellen) Leiharbeitnehmer eingesetzt,
und liegen der Bundesregierung Erkenntnisse darüber vor, ob seitens der

Verleihfirmen Sicherheitstrainings oder Schulungen zum Arbeitsschutz

Drucksache 17/5265 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
speziell für den Einsatz bei Offshore-Windenergieanlagen angeboten und
durchgeführt werden?

30. Wie bewertet die Bundesregierung die Wirksamkeit der bestehenden EU-
Richtlinien zur Gewährleistung von Umweltverträglichkeit, Gesundheits-
und Arbeitsschutz, und in welchen Bereichen sieht sie weiteren Handlungs-
bedarf?

31. Wird sich die Bundesregierung für die Festsetzung harmonisierter Stan-
dards für den Arbeitsschutz auf Offshore-Windenergieanlagen einsetzen,
und welche europäischen, multilateralen oder internationalen Initiativen
plant sie dazu?

Berlin, den 23. März 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

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