BT-Drucksache 17/5258

Transparenz in Public Privat Partnerships im Verkehrswesen

Vom 23. März 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/5258
17. Wahlperiode 23. 03. 2011

Antrag
der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Dr. Konstantin von Notz, Winfried Hermann,
Stephan Kühn, Dr. Valerie Wilms, Bettina Herlitzius, Ingrid Nestle, Daniela Wagner,
Kerstin Andreae, Alexander Bonde, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, Ulrike
Höfken, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Undine Kurth
(Quedlinburg), Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann Ott, Dorothea
Steiner, Markus Tressel und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Transparenz in Public Privat Partnerships im Verkehrswesen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Als Public Private Partnership (PPP) gelten Projektrealisierungen vor allem öf-
fentlicher Infrastrukturmaßnahmen mit privaten Partnern. PPP-Projekte werden
in den unterschiedlichsten Bereichen durchgeführt. Ein Schwerpunkt ist das
Verkehrswesen, wo PPP-Modelle dazu genutzt werden, größere Infrastruktur-
projekte umsetzen. Derzeit werden in Deutschland vier Autobahnabschnitte im
Rahmen von PPP-Modellen von Privatunternehmen betrieben (A 8 in Bayern,
Abschnitt Augsburg-West–München-Allach; A 4 in Thüringen, Abschnitt
Landesgrenze Hessen–Thüringen–Gotha; A 5 in Baden-Württemberg, Ab-
schnitt Malsch–Offenburg und A 1 in Niedersachsen, Abschnitt Bremer Kreuz–
Buchholz). Derzeit sind weitere sieben Autobahnabschnitte geplant. Die Ver-
träge sehen vor, dass die privaten Partner den Neubau der Strecken übernehmen
und für einen Zeitraum von 30 Jahren bewirtschaften. Für Betrieb und Instand-
haltung erhält der Betreiber einen Teil der auf diesen Strecken erwirtschafteten
Lkw-Maut.

Entgegen einer weit verbreiteten Annahme sind PPP-Modelle keine zusätzli-
chen Investitionen zu öffentlich finanzierten Infrastrukturprojekten, sondern le-
diglich eine Beschaffungsvariante. Der öffentliche Auftraggeber finanziert die
Investitionen nicht durch einen Bankkredit, sondern durch Verzicht auf Einnah-
men (z. B. Lkw-Maut) und muss dabei nicht nur die höheren Zinskosten eines
privaten Betreibers, sondern auch dessen Gewinn bezahlen. Dabei gilt: Nur
wenn die Effizienzvorteile gegenüber einer öffentlichen Beschaffungsvariante
höher ausfallen, ist die Realisierung von Vorhaben mit Hilfe einer PPP-Finan-
zierung aus Haushaltssicht wirtschaftlich. Eine solche Wirtschaftlichkeitsprü-
fung ist zwingend notwendig. Zusätzlich besteht bei PPP-Projekten die Gefahr

starker, ungeplanter finanzieller Zusatzbelastungen der öffentlichen Hand, weil
private Vertragspartner aufgrund schlecht ausgehandelter Verträge unbefriedi-
gende Leistungen erbracht haben und dafür anschließend nicht zur Rechenschaft
gezogen werden können.

Trotzdem sind Vergabeverfahren und Vertragsschluss der öffentlichen Hand mit
Privaten im Rahmen von PPP-Projekten nach wie vor völlig undurchsichtig. In

Drucksache 17/5258 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ihrer Entschließung „Verträge zwischen Staat und Unternehmen offenlegen!“
vom 13. Dezember 2010 forderte die Konferenz der Informationsbeauftragten in
Deutschland daher, Verträge zwischen Staat und Unternehmen grundsätzlich
offenzulegen. Die pauschale Zurückweisung von auf solche Verträge ausgerich-
teten Auskunftsbegehren unter Hinweis auf Vertraulichkeitsabreden und Be-
triebs- und Geschäftsgeheimnisse sei nicht mehr länger hinnehmbar.

Auch der Inhalt des Konzessionsvertragsentwurfes und der Inhalt der Leistungs-
beschreibung im Vergabeverfahren bleiben der öffentlichen Kontrolle entzogen.
Auch hier behindern Geheimhaltung unter Berufung auf Betriebs- und Ge-
schäftsgeheimnisse oder Vertraulichkeitsabreden in den Verträgen eine kritische
Begleitung der Projekte durch die betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie
die Presse. Dieser Zustand ist bei der Vergabe öffentlicher Mittel, die zur Ver-
wirklichung des Gemeinwohls eingesetzt werden müssen, nicht tragbar. Die
Kontrolle der Öffentlichkeit über Geschäfte der öffentlichen Hand muss zu
Gunsten von Gemeinwohlinteressen möglich sein. Nur so können die Grund-
sätze der Transparenz, der Nachhaltigkeit und der Wirtschaftlichkeit umgesetzt
werden. Die Neuregelung im Berliner Informationsfreiheitsgesetz, die infolge
der Diskussion über die Teilprivatisierungsverträge der Berliner Wasserbetriebe
erlassen wurde, zeigt, dass eine ausgewogene gesetzliche Regelung über die
Transparenz von Verträgen zwischen dem Staat und Privaten möglich ist.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

● Vorschläge für die gesetzliche Regelung der Transparenz von Public Private
Partnerships auf Bundesebene vorzulegen, die sicherstellen, dass

– Leistungsbeschreibungen und die zur Angebotsabgabe erforderlichen Do-
kumente sowie die abgeschlossenen Verträge bei PPP-Projekten grund-
sätzlich vollständig öffentlich zugänglich gemacht werden müssen,

– die Veröffentlichung nur dann und nur soweit unterbleiben kann, als eine
Abwägung des Informationsinteresses der Allgemeinheit oder Einzelner
mit dem schutzwürdigen Interesse Privater am Schutz von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen ergibt, dass im Einzelfall das schutzwürdige Inte-
resse am Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen überwiegt;

● bei PPP-Projekten eingegangene finanzielle Verpflichtungen klar als Ver-
schuldung der öffentlichen Hand transparent zu machen und sicherzustellen,
dass durch PPP Verschuldungsobergrenzen nicht umgangen werden können.

Berlin, den 22. März 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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