Vom 18. März 2011
Deutscher Bundestag Drucksache 17/5143
17. Wahlperiode 18. 03. 2011
Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Agnes Alpers, Nicole Gohlke,
Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger, Harald Koch, Petra Pau, Jens Petermann,
Paul Schäfer (Köln), Raju Sharma, Halina Wawzyniak und der Fraktion DIE LINKE.
Werbeversuche der Bundeswehr unter Jugendlichen bei der
sogenannten Schul-Liga
Bei der sogenannten Schul-Liga handelt es sich um ein Hallenfußballturnier für
Jugendliche, das bundesweit in rund 40 Städten ausgetragen wird. Spielbeginn
war Ende 2010, im Mai 2011 soll das Finale in Wolfsburg stattfinden. Nach An-
gaben der Veranstalter sollen bei der Schul-Liga „Spaß am Sport, Integration
und sinnvolle Freizeitgestaltung“ im Mittelpunkt stehen.
Diesen „Spaß am Sport“ von Jugendlichen versucht die Bundeswehr offenkun-
dig für ihre Nachwuchswerbung auszunutzen. Sie ist „Premiumpartner“ der Ver-
anstaltung, was bei den Turnieren selbst, im Internetauftritt und auch in einem
Druckerzeugnis namens „Fußball erleben“ unübersehbar ist. Wehrdienstbera-
tungsoffiziere posieren mit Fußballteams auf Fotos, große Werbetafeln des
Militärs sind in den Soccerhallen ausgestellt, Links verweisen auf die Rekru-
tierungsseite „Bundeswehr-Karriere“, die Bundeswehr verlost T-Shirts mit Bun-
deswehrlogo usw. Im Magazin der Schul-Liga findet sich nicht nur eine ganz-
seitige Anzeige der Bundeswehr, sondern auch ein längeres Interview mit einem
Wehrdienstberater sowie ein als redaktioneller Text aufgemachter Artikel über
die Sportförderung bei der Bundeswehr, der das Militär als Verein darstellt, bei
dem Sport und Spaß im Vordergrund stehe. Die Gefährlichkeit und Umstritten-
heit etwa des Kriegseinsatzes in Afghanistan wird an keiner Stelle auch nur an-
gedeutet.
Im Jahr 2010 hat die Bundeswehr nach Angaben der Bundesregierung 224 580
Euro für die „personalwerblichen Bemühungen“ bei der Schul-Liga ausgegeben
(Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE
LINKE., Bundestagsdrucksache 17/4973). Die geballte Militärreklame unter
fußballbegeisterten Jugendlichen macht es unübersehbar, dass die Bundeswehr
versucht, ein sportliches Event für ihre Rekrutierungsarbeit auszunutzen. Da die
verschiedenen Altersgruppen teilweise am gleichen Tag in der gleichen Soccer-
halle spielen und zudem ohnehin die gleiche Homepage nutzen, werden von der
Militärreklame auch die Teams U 14 und U 16 erreicht, mithin also Minderjäh-
rige. Die einseitige Werbung für vermeintliche Vorteile einer Verpflichtung bei
der Bundeswehr, ohne auf deren potentiell tödliche Folgen hinzuweisen, ver-
stößt nach Auffassung der Fragesteller auch gegen Kinderrechte.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Jugendliche beteiligen sich nach Kenntnis der Bundesregierung
insgesamt an der Schul-Liga?
Drucksache 17/5143 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
2. Welche Kosten entstehen der Bundeswehr während der Saison 2010/2011
der Schul-Liga, und wie verteilen sich diese Kosten auf die Jahre 2010 und
2011?
3. Wie verteilen sich diese Kosten auf personalwerbliche Bemühungen und an-
dere Bereiche?
4. Welche personalwerblichen Bemühungen unternimmt die Bundeswehr im
Rahmen der Schul-Liga im Einzelnen (bitte differenziert darstellen und
jeweils die Kosten nennen)?
5. Bei wie vielen Spielterminen sind Vertreter der Bundeswehr bisher anwe-
send gewesen?
a) Mit wie vielen Jugendlichen haben Wehrdienstberater bislang persönliche
Gespräche geführt?
b) Wie bewertet die Bundesregierung die Qualität dieser Kontakte in Hin-
sicht auf eine spätere Bewerbung der angesprochenen Jugendlichen?
6. Wie viele Bandenwerbungen hat die Bundeswehr in den Soccerhallen bis-
lang geschaltet, und wie häufig ist dies noch geplant (bitte genaue Termine
und Orte angeben sowie verwendete Werbetexte und -grafiken als Anlage
beifügen)?
Welche Kosten entstehen hierfür, und sind diese bereits in der oben abge-
fragten Aufstellung enthalten?
7. Wie viele T-Shirts mit Bundeswehrlogo sind verteilt worden, und wie viele
sollen noch verteilt werden?
Welche Kosten entstehen für die T-Shirts, und sind diese Kosten in der oben
abgefragten Kostenaufstellung bereits enthalten?
8. Inwiefern und mit welchen einzelnen Beiträgen finanzieller, logistischer
und redaktioneller Art war die Bundeswehr an der Erstellung und Verbrei-
tung des Schul-Liga-Magazins beteiligt?
9. Welche Präsenz der Bundeswehr ist für das Finale der Schul-Liga in Wolfs-
burg geplant (bitte detailliert nach geplanter Reklame sowie Anzahl und
Funktion von Soldaten darstellen)?
10. Worin liegt aus Sicht der Bundesregierung der besondere Wert der Nach-
wuchswerbung bei der Schul-Liga, und welche Ergebnisse erhofft sich die
Bundesregierung hiervon?
11. Welche Überlegungen hat die Bundesregierung angestellt, inwiefern die
Militärreklame eine Form der Ausnutzung der Sportbegeisterung von
Jugendlichen darstellt und gegen den Sinn von Kinderrechtsvorschriften
verstößt?
Inwiefern hat sie dabei mit Kinderrechtsorganisationen Gespräche geführt?
12. Wie hoch ist der Anteil der Bundeswehrförderung der Schul-Liga im Ver-
gleich zu den Gesamtkosten dieser Veranstaltung?
13. Welche rechtlichen Grundlagen regeln ein Sponsoring der Bundeswehr wie
bei der Schul-Liga?
Berlin, den 18. März 2011
Dr. Gregor Gysi und Fraktion