BT-Drucksache 17/4930

Rahmenbedingungen für die Tourismuswirtschaft

Vom 25. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4930
17. Wahlperiode 25. 02. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Markus Tressel, Dr. Thomas Gambke, Christine Scheel,
Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Undine Kurth (Quedlinburg),
Nicole Maisch, Friedrich Ostendorff und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Rahmenbedingungen für die Tourismuswirtschaft

Die Bundesregierung hat bisher noch kein Gesamtkonzept für die Rahmenbe-
dingungen der Tourismuswirtschaft erarbeitet. Eine Überarbeitung der touris-
muspolitischen Leitlinien ist zwar angekündigt, aber noch nicht vollzogen und
der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Die einzige Maßnahme der Bundesregie-
rung zur Förderung der Tourismuswirtschaft ist bisher die Reduzierung des
Umsatzsteuersatzes für das Hotelgewerbe, dessen positive ökonomische Effekte
nicht nachgewiesen sind.

Wir fragen die Bundesregierung:

I. Gesamtstrategie für den Tourismus

1. Wann wird die Bundesregierung die angekündigte Überarbeitung der touris-
muspolitischen Leitlinien abgeschlossen haben und der Öffentlichkeit vor-
stellen?

2. Hat die Bundesregierung eine Gesamtstrategie zur Förderung der Touris-
muswirtschaft, und wenn ja, wie sieht diese aus?

3. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband e. V. hat in seiner Umfrage iden-
tifiziert, dass mehr als jeder dritte Bundesbürger bereit ist, für ein nachhaltiges
Reiseangebot einen Aufpreis von 10 bis 20 Euro pro Urlaubstag zu zahlen.
Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um diese gesellschaftliche
Entwicklung zu unterstützen?

II. Evaluierungspraxis und Datenerhebung

4. Evaluiert die Bundesregierung die Reduzierung der Umsatzsteuer für das
Hotelgewerbe?

Nach welchen ökonomischen Kriterien erfolgt die Evaluierung?

5. Fördert die Bundesregierung weiterhin die Einführung von Tourismussatel-
litenkonten?
Welche Schlussfolgerung hat die Bundesregierung aus der vom Bundes-
ministerium für Wirtschaft und Arbeit in Auftrag gegebenen Untersuchung
zur Einführung des Tourismussatellitensystems in Deutschland gezogen?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung Daten von Branchenverbänden im Hin-
blick auf Objektivität und Wissenschaftlichkeit?

Drucksache 17/4930 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

III. Mehrwertsteuer

7. Wie hoch waren die Mindereinnahmen des Bundes, der Länder und der
Kommunen im Jahr 2010 durch die Reduzierung des Umsatzsteuersatzes
für das Hotelgewerbe (bitte einzeln auflisten)?

8. Ist die Bundesregierung weiterhin der Auffassung, dass die Reduzierung
der Mehrwertsteuer, ein beispielsloses Programm für mehr Wachstum und
Beschäftigung ist, und falls ja, auf welchen Daten beruht diese Auffas-
sung?

9. Haben sich nach den Erhebungen der Bundesregierung die Angaben der
Mitglieder des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes e. V. (DEHOGA
Bundesverband) bestätigt, dass mehr als ein Fünftel der Mitglieder
(21,1 Prozent) planen, den Mehrwertsteuervorteil für die Senkung ihrer
Preise einzusetzen und ein weiteres Fünftel (22,1 Prozent) der DEHOGA-
Mitglieder die möglichen Einsparungen für Lohnerhöhungen und Qualifi-
kationsmaßnahmen aufwenden wollte?

Wie haben sich Preise, Löhne und Ausgaben für Qualifikationen in der
Tourismusbranche real entwickelt?

10. Wie viele Arbeitsplätze sind im Jahr 2010 in der Tourismusbranche neu ge-
schaffen worden?

Welche Form von Arbeitsplätzen wurden geschaffen (Teilzeit, Vollzeit, be-
fristet, unbefristet)?

In welchen Bereichen sind die Arbeitsplätze geschaffen worden (bitte ein-
zeln auflisten)?

11. Handelt es sich bei den Arbeitsplatzeffekten durch umsatzsteuerliche Maß-
nahmen nach Einschätzung der Bundesregierung um Brutto- oder um Netto-
effekte?

12. Hat die Senkung der Mehrwertsteuer nach Auffassung der Bundesregie-
rung einen konkreten Beitrag zur Existenzrettung von Hotels geführt?

Zu wie vielen Insolvenzen kam es in der Hotelindustrie jeweils in 2007,
2008, 2009 und 2010?

13. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse über die Entwicklung der Über-
nachtungszahlen, die Beschäftigungsentwicklung im Hotelgewerbe und die
Preisentwicklung im Hotelgewerbe in grenznahen Regionen der Bundes-
republik Deutschland (bitte nach Bundesländern bzw. Regionen aufschlüs-
seln)?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung branchenspezifische Subventionen im
Hinblick auf wettbewerbsverzerrende Effekte auf andere Wirtschaftsbe-
reiche?

15. Plant die Bundesregierung weitere Steuersenkungen im Tourismus-
gewerbe?

16. Plant die Bundesregierung die Ausweitung des ermäßigten Mehrwertsteu-
ersatzes auf sämtliche Restaurationsumsätze?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung die Kritik des Bundesrechnungshofes,
des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen
Entwicklung und der Gutachter der Studie „Analyse und Bewertung der
Strukturen von Regel- und ermäßigten Sätzen bei der Umsatzbesteuerung
unter sozial-, wirtschafts-, steuer- und haushaltspolitischen Gesichtspunk-
ten“ an der Ausgestaltung des deutschen Umsatzsteuerrechts und beson-
ders an der Einführung der Umsatzsteuerermäßigung für Übernachtungs-

dienstleistungen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4930

18. Wird in der Regierungskommission zur Überarbeitung der Umsatzsteuer-
ermäßigungen auch eine Abschaffung der Ermäßigung für Übernachtungs-
dienstleistungen ergebnisoffen diskutiert?

19. Welche Modelle werden konkret in dieser Regierungskommission geprüft,
und wann soll die Kommission ihre Arbeit abschließen?

20. Gibt es von Seiten der Bundesregierung Überlegungen, die Mehrwert-
steuersenkung an bestimmte Kriterien zu koppeln, oder zieht die Bundes-
regierung eine zeitliche Befristung von Ermäßigungen zur Überprüfung
und Evaluierung von Umsatzsteuersubventionen in Betracht?

IV. Investitionen und Wachstum

21. Was unternimmt die Bundesregierung, um dem Investitionsstau in der Tou-
rismuswirtschaft, der im Jahr 2010 über das Sparkassenbarometer identifi-
ziert wurde, entgegenzutreten?

22. Wie entgegnet die Bundesregierung der Gefahr, dass die Ratings der Hotels
herabgestuft werden, wenn sie einen Kredit der KfW Bankengruppe in An-
spruch nehmen?

23. Was sind die langfristigen Strategien der Bundesregierung, um die Steige-
rungsrate bei den Übernachtungszahlen in ein nachhaltiges Wachstum um-
zuwandeln?

Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass sowohl kleine, mittlere als auch
große Betriebe vom Wachstum der Übernachtungszahlen profitieren?

Was ist im Speziellen geplant, um die Wachstumsdynamik des Mittelstands
zu verbessern?

24. Welchen Effekt hat die Umsatzsteuerermäßigung auf die inländischen
Übernachtungszahlen?

V. Beratungs- und Vermarktungspraxis

25. Was tut die Bundesregierung, damit es in der KfW Bankengruppe Fachan-
gestellte gibt, die spezifische Beratungen zu Krediten und Förderprogram-
men für das Tourismusgewerbe leisten können?

26. Unterstützt die Bundesregierung über die KfW Bankengruppe regionalspe-
zifische Schulungen für Sparkassen und Landesbanken, damit in den Filia-
len vor Ort dem Tourismusgewerbe vorhandene Förderprogramme für In-
vestitionen angeboten werden können?

Wenn ja, wie oft wurden solche Schulungen durchgeführt, und welchen
Umfang haben sie?

27. Was unternimmt die Bundesregierung dagegen, dass die einzelnen Banken
und Sparkassen lieber ihre eigenen Programme verkaufen als die der KfW
Bankengruppe?

VI. Spezialbanken

28. Wie steht die Bundesregierung zu Spezialbanken anderer Länder, wie z. B.
der Österreichischen Hotel- und Tourismusbank Gesellschaft m. b. H., die
zur Finanzierung und Förderung von Investitionen im Tourismus geschaf-
fen worden sind?

Gibt es in Deutschland vergleichbare auf Tourismus spezialisierte Förde-
rungsinstitute oder -instrumente?
Wenn ja, welche?

Drucksache 17/4930 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
VII. Förderprogramme

29. Wie hoch waren die Anteile der Förderprogramme (u. a. Energieeffizienz-
programm des Europäischen Wiederaufbauprogramms – ERP, Gebäude-
sanierungsprogramm, Europäischer Fonds für regionale Entwicklung –
EFRE), die für die Tourismuswirtschaft verwendet wurden (bitte einzeln
auflisten und nach Umsatz und Jahren aufschlüsseln)?

30. Das Saarland, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen haben
2009 keine Zusagen aus dem ERP-Energieeffizienzprogramm erhalten;
woran liegt das?

Berlin, den 25. Februar 2011

Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

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