BT-Drucksache 17/4745

Das Deutsche Bienenmonitoring

Vom 9. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4745
17. Wahlperiode 09. 02. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Kirsten Tackmann, Jan van Aken, Karin Binder,
Eva Bulling-Schröter, Sabine Stüber und der Fraktion DIE LINKE.

Das Deutsche Bienenmonitoring

Nach Rindern und Schweinen sind Bienen die wirtschaftlich drittwichtigste
Nutztierart Deutschlands. Ihre Bestäubungsleistung für die einheimische Land-
wirtschaft, den Gartenbau, den Obstbau und die Natur wird auf bis zu
22 Mrd. Euro geschätzt. Gleichzeitig gibt es besorgniserregende Bienenvolk-
verluste, die sich in den vergangenen Jahren verstärkt haben und auf eine Viel-
zahl von negativen Einflussfaktoren zurückzuführen sind.

Das Deutsche Bienenmonitoring ist ein seit 2004 laufendes Beobachtungspro-
gramm mit dem Ziel, die Ursachen des Zusammenbruchs von Bienenvölkern
zu erforschen. 120 Imkerinnen und Imker sind in das Projekt einbezogen. Das
Monitoringprojekt wird von einem Projektrat geleitet, an welchem neben neun
Bieneninstituten z. B. auch vier Unternehmen der chemischen Industrie beteiligt
waren. Die Einbeziehung von Pflanzenschutzmittelherstellern in den Projektrat
wird von Imker- und Umweltverbänden heftig kritisiert. Besonders missfiel
ihnen, dass diese vier Unternehmen das Deutsche Bienenmonitoring zur Hälfte
finanzierten, was Zweifel an der unabhängigen wissenschaftlichen Herangehens-
weise nährt.

Am 25. Januar 2011 veröffentlichen die Umweltverbände NABU – Naturschutz-
bund Deutschland e. V. und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
e. V. (BUND) eine Studie von zwei Wissenschaftlern, welche den Abschlussbe-
richt des Deutschen Bienenmonitorings hinsichtlich seiner wissenschaftlichen
Klarheit, Konsistenz und Qualität bewerteten und dabei zu sehr kritischen Ergeb-
nissen kamen. Fehlende Unabhängigkeit, Transparenz, Ehrlichkeit und nicht
korrekte bzw. nicht wissenschaftliche Durchführung der Auswertung des Pro-
jektes wurden bemängelt. Der Deutsche Berufs und Erwerbs Imker Bund e. V.
und die European Professional Beekeepers Association schlossen sich in einer
Pressemitteilung des gleichen Tages den kritischen Aussagen der Studie an.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche konkreten Ziele sollten nach Ansicht der Bundesregierung durch das
Deutsche Bienenmonitoring verfolgt werden?
2. Wurden diese Ziele beim Start des Monitoringprojekts festgeschrieben und
die wissenschaftlichen Daten entsprechend gezielt aufgenommen?

3. Welche Parameter wurden im Rahmen des Deutschen Bienenmonitorings
nach Kenntnis der Bundesregierung aufgenommen?

Drucksache 17/4745 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

4. Wer hat die Entscheidung über aufgenommene Parameter und das methodi-
sche Vorgehen des Monitorings getroffen, und wer hat das Monitoring über-
wacht?

5. Wie und welche Varroa-Kontrollmaßnahmen wurden im Rahmen des
Deutschen Bienenmonitorings nach Kenntnis der Bundesregierung erho-
ben?

6. Nach welchen Kriterien wurden nach Kenntnis der Bundesregierung die
am Deutschen Bienenmonitoring beteiligten Imkerinnen und Imker ausge-
wählt?

Arbeiteten die ausgewählten Imkerinnen und Imker bereits vorher mit den
Deutschen Bieneninstituten in anderen Projekten zusammen?

Wenn ja, auf wie viele der 120 Beteiligten trifft das zu, und in welchem
Umfang erfolgte die jeweilige Finanzierung der Projekte?

7. Wie schätzt die Bundesregierung die Repräsentanz dieser Auswahl ein?

8. Wie wurde nach Ansicht der Bundesregierung die objektive Auswahl der
Bienenvölker eines Imkers bzw. einer Imkerin im Rahmen des Deutschen
Bienenmonitorings sichergestellt?

9. Wurde die Datenaufnahme während des Monitoringzeitraumes an sich än-
dernde Bedingungen angepasst?

Wenn ja, wie und an welche, und wenn nein, warum nicht?

10. Liegt der Bundesregierung eine präzise Aufstellung darüber vor, aus wel-
chen Quellen neben den Geldern aus der chemischen Industrie das Deut-
sche Bienenmonitoring von 2004 bis 2009 finanziert wurde?

11. Hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau-
cherschutz (BMELV) ab dem Jahr 2010 100 Prozent der Finanzierung des
Deutschen Bienenmonitorings übernommen oder nur den Anteil, der in der
Vergangenheit von der chemischen Industrie bereitgestellt wurde (bitte
Haushaltsstelle angeben)?

Für den Fall, dass das BMELV nur einen Anteil bezahlt: Was ist der Bun-
desregierung über die Herkunft der anderen Mittel bekannt?

12. Mit welchen Auflagen und wissenschaftlichen Standards ist die Finanzie-
rung durch das BMELV verbunden?

Gab es irgendwelche Veränderungen in der Vorgehensweise oder Struktur
des Deutschen Bienenmonitorings im Rahmen der Umstellung der Finan-
zierung?

13. Wurden die Aufträge zur Beteiligung am Deutschen Bienenmonitoring aus-
geschrieben, und wenn ja, zu welchen Konditionen?

14. Sollten die Bieneninstitute selbst sogenannte Eigenmittel zur Finanzierung
beigetragen haben oder in Zukunft beitragen, was ist der Bundesregierung
über die Herkunft dieser Mittel bekannt?

Wie stellt das BMELV sicher, dass diese Mittel nicht aus anderen Projekten
abgezogen oder zweckentfremdet wurden und werden?

15. Ist die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 52 der Ab-
geordneten Dr. Kirsten Tackmann vom 26. Oktober 2010 auf Bundestags-
drucksache 17/3565 zu zeitlich fehlerhaft zugeordneten Daten in der zentra-
len Datenbank des Deutschen Bienenmonitorings so zu verstehen, dass es in
den Jahren 2004 bis 2010 keine geeigneten Plausibilitätsprüfungen gab,
denn laut Bundesregierung würden die von der Fragestellerin angeführten

Fehler bei einer solchen Prüfung auffallen, was allerdings erst im Jahr 2010
der Fall war?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4745

16. Wie beurteilt die Bundesregierung die Qualität der in den Jahren 2004 bis
2010 veröffentlichten Presseerklärungen und Zwischenberichte aus dem
Deutschen Bienenmonitoring im Lichte der zeitlich falsch zugeordneten
Daten und der nicht durchgeführten Plausibilitätskontrollen?

17. Ist der Bundesregierung eine Mitteilung der Koordinatorin des Deutschen
Bienenmonitorings an die mitwirkenden Wissenschaftlerinnen und Wis-
senschaftler bekannt, in welcher auf sieben verschiedene Fehler in der Da-
tenbank hingewiesen wurde, von welchen angeblich alle Bieneninstitute
betroffen seien?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Qualität der wissenschaftlichen Ar-
beit im Rahmen des Deutschen Bienenmonitorings von 2004 bis 2010, und
welche Maßnahmen hat das BMELV ergriffen, um sicherzustellen, dass die
vom Bundesministerium finanzierte Fortsetzung tatsächlich wissenschaft-
liche Mindeststandards erfüllt?

19. Hält es die Bundesregierung für notwendig, die Fortsetzung des Deutschen
Bienenmonitorings von einer externen Qualitätskontrolle abhängig zu
machen, und wird sie die dafür notwendigen Mittel bereitstellen?

20. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die wissenschaftliche
Einschätzung über plötzliche Bienenvolkverluste zwischen den Jahren
2000 bis 2010 verändert?

Welche möglichen Ursachen werden heute anders bewertet, als dies noch
am Anfang des Jahrtausends der Fall war?

21. Welche Bedeutung hat die französische CST-Studie (Comite Scientifique et
Technique) nach Ansicht der Bundesregierung für das Deutsche Bienen-
monitoring?

22. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass Varroa destructor der wich-
tigste Grund für Winterverluste von Bienenvölkern ist (bitte begründen)?

23. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die wissenschaftliche
Korrektheit der Methoden zur Analyse von Bienenbrot und Honig im Rah-
men des Deutschen Bienenmonitorings?

Wo wurden die Analysemethoden bisher publiziert?

24. Wie bewertet die Bundesregierung die Notwendigkeit, nicht nur Winter-
sondern auch Sommerverluste durch das Deutsche Bienenmonitoring un-
tersuchen zu lassen?

25. Wie bewertet die Bundesregierung die Eignung des Deutschen Bienenmo-
nitorings hinsichtlich der Benennung möglicher Ursachen für das Bienen-
volksterben?

26. Wie schätzt die Bundesregierung das Erreichen der in Frage 1 formulierten
Ziele des Deutschen Bienenmonitorings ein?

27. Wie bewertet die Bundesregierung generell den Zusammenhang zwischen
der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln und Insektensterblichkeit, und
wie wird sie Sorge dafür tragen, dass auch zukünftig das Umweltbundes-
amt in jedem Fall der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln einbezogen
wird?

28. Welche von der Bundesregierung finanzierten und kontrollierten wissen-
schaftlichen Versuche mit Pflanzenschutzmitteln an adulten Bienen und
Bienenbrut fanden in den Jahren 2000 bis 2010 statt?

Drucksache 17/4745 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
29. Bewertet die Bundesregierung die Prüfung der Bienenvolkverträglichkeit
bei der Zulassungsprüfung von Pflanzenschutzmitteln als ausreichend (bitte
begründen)?

Werden die Völker bei solchen Prüfungen das komplette Bienenjahr beob-
achtet und analysiert?

30. Welche aktuellen Forschungsvorhaben, welche die Wirkung von Pflanzen-
schutzmitteln auf Bienen untersuchen, sind der Bundesregierung bekannt?

Berlin, den 9. Februar 2011

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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