BT-Drucksache 17/4662

Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes

Vom 8. Februar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4662
17. Wahlperiode 08. 02. 2011

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Nicole Gohlke, Jan van Aken, Agnes Alpers, Matthias W.
Birkwald, Heidrun Dittrich, Dr. Rosemarie Hein, Jutta Krellmann, Yvonne Ploetz,
Dr. Petra Sitte, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion
DIE LINKE.

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes

A. Problem

Durch die Erhebung von allgemeinen Studiengebühren in den Bundesländern
Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-West-
falen ist in den vergangenen Jahren eine diskriminierende Praxis entstanden.
Studieren wird noch stärker zur Geldfrage. Besonders offensichtlich ist dies bei
Studierenden mit Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförde-
rungsgesetz (BAföG). Denn sie geraten in die Situation, ungeachtet ihrer mit
dem BAföG-Anspruch anerkannten finanziellen Bedürftigkeit Studiengebühren
bezahlen zu müssen. Gleichzeitig werden die Gebühren bei den Bedarfssätzen
im BAföG nicht berücksichtigt.

Den Betroffenen bleibt zur Finanzierung dieser Gebühren nur die Möglichkeit,
Kredite aufzunehmen oder ihre Erwerbstätigkeit in den Grenzen des BAföG zu
erhöhen. Es besteht die Gefahr von Überschuldung, denn anders als beim
BAföG existiert bei der Aufnahme von Krediten keine Rückzahlungsober-
grenze. Viele Betroffene wollen diese Belastung nicht auf sich nehmen und
sehen sich deshalb gezwungen, auf ein Studium zu verzichten.

Die Intention des Gesetzgebers, allen finanziell schlechtergestellten Studieren-
den ein Studium zu ermöglichen, wird derzeit durch die Erhebung von Studien-
gebühren bei Empfängerinnen und Empfängern von Leistungen nach dem
BAföG in einigen Bundesländern konterkariert. Besonders bedenklich ist zu-
dem, dass viele Studierende ihre BAföG-Leistungen faktisch zur Deckung von
Haushaltsdefiziten der Hochschulen bzw. Länder aufwenden. Ohne die Berück-
sichtigung von Studiengebühren im BAföG tragen die Studierenden einseitig
diese zusätzlichen Lasten.

B. Lösung
In den Bedarf für Studierende (§ 13 BAföG) werden die Kosten für eventuell
erhobene Studiengebühren einbezogen. Eigentlich könnte das Problem durch
die Abschaffung von Studiengebühren in den Ländern grundsätzlich behoben
werden. Aufgrund der föderalen Kompetenzaufteilung kann der Bund durch den
vorliegenden Gesetzentwurf aber immerhin sicherstellen, dass Studierende,
deren finanzielle Bedürftigkeit im Rahmen der BAföG-Beantragung unzweifel-
haft festgestellt wird, ohne zusätzliche finanzielle Hürden studieren können.

Drucksache 17/4662 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Zugleich wird im BAföG geregelt, dass die entstehenden Kosten von den-
jenigen Bundesländern getragen werden, in denen sie durch die Einführung von
Studiengebühren auch verursacht wurden. Auf diese Weise ist sichergestellt,
dass die Studiengebühren nicht etwa vom Bund oder den Ländern, die selbst
auf die Erhebung von Studiengebühren verzichten, zu tragen sind.

C. Alternativen

Fortführung der widersinnigen Praxis, dass Empfängerinnen und Empfängern
von BAföG eine Sozialleistung gewährt wird, sie aber zugleich mit Gebühren
belastet werden.

D. Kosten

Keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und auf die Landeshaushalte der
Bundesländer, die keine Studiengebühren erheben. In den Studiengebühren er-
hebenden Bundesländern entstehen Kosten in Höhe der von den Empfängerinnen
und Empfängern von Leistungen nach dem BAföG entrichteten Studiengebühren
an den Hochschulen. Nähere Angaben zu den entstehenden Kosten sind derzeit
nicht möglich.

Berlin, den 8. Februar 2011

Dr. Gregor Gysi und Frak
2. In § 56 Absatz 1 werden nach Satz 1 die folgenden Sätze
eingefügt:

„Satz 1 gilt nicht für die Mittel nach § 13 Absatz 1a.
Diese werden ausschließlich von dem Land getragen, in
dem sich die Ausbildungsstätte befindet.“

Artikel 2
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

tion
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4662

Entwurf eines … Gesetzes zur Änderung des
Bundesausbildungsförderungsgesetzes

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das
folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bundesausbildungsförderungs-

gesetzes

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz in der Fassung
der Bekanntmachung vom 7. Dezember 2010 (BGBl. I
S. 1952), zuletzt geändert durch … (BGBl. I S. …), wird
wie folgt geändert:

1. In § 13 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

„(1a) Der Bedarf erhöht sich um ein Zwölftel der im
Jahreszeitraum tatsächlich zu entrichtenden Studien-
gebühren in Höhe des von der besuchten Hochschule
bzw. des Landesgesetzgebers festgelegten Betrages für
ein Studienjahr.“

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1

Zu Nummer 1 (Erweiterung der Bedarfssätze)

Nach § 1 BAföG besteht ein Rechtsanspruch auf Ausbil-
dungsförderung sowohl zur Finanzierung des Lebensunter-
haltes als auch zur Finanzierung der für die Ausbildung

Ländern getragen wird, in denen sie erhoben werden. Damit
können weder der Bund noch die Länder zur Finanzierung
der in einem anderen Bundesland eingeführten Gebühren
herangezogen werden.

Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.
Drucksache 17/4662 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

A. Allgemeines

Die Mehrheit der Mitglieder des Deutschen Bundestages hat
es im Rahmen des Gesetzes zur Reform der bundesstaat-
lichen Ordnung (Föderalismusreform) abgelehnt, ein bundes-
weites Studiengebührenverbot bzw. eine Bundeskompetenz
über den Gegenstand der Studiengebühren grundgesetzlich
zu verankern. Damit kann auf der Grundlage der aktuellen
Bund-Länder-Kompetenzverteilung der Bund die Einfüh-
rung von Studiengebühren nicht verhindern bzw. über die
Ausgestaltung von Studiengebührenmodellen keinen Ein-
fluss auf Länderebene nehmen. Das entbindet den Bundes-
gesetzgeber aber nicht von der Verantwortung, die durch die
Entwicklungen in den Ländern notwendig gewordenen An-
passungen im BAföG vorzunehmen, um der Intention dieses
Gesetzes auch weiterhin zu entsprechen und allen Auszubil-
denden, denen die für ihren Lebensunterhalt und ihre Ausbil-
dung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung
stehen, einen Rechtsanspruch auf individuelle Ausbildungs-
förderung in ausreichender Höhe zu gewähren.

erforderlichen Mittel. Die zweite Bedingung ist bei den Stu-
diengebühren erfüllt. Deshalb sollen Studiengebühren beim
Bedarf des BAföG mit berücksichtigt werden. Durch die
vorgenommene Ergänzung des § 13 BAföG wird geregelt,
dass nur die tatsächlich entrichteten Studiengebühren in
Höhe des jeweils festgelegten Betrages den Bedarf erhöhen.

Eine solche Regelung entspricht auch dem Vorgänger-
modell des BAföG, dem so genannten Honnefer Modell.
Zwar bestand im Honnefer Modell kein Rechtsanspruch auf
Unterstützung bei finanzieller Bedürftigkeit. Sofern Studie-
rende aber aufgrund besonderer Leistungen in die Förde-
rung aufgenommen wurden, waren in der Förderung auch
die damals zu entrichtenden sogenannten Hörergelder mit
enthalten. In der Härtefallverordnung nach § 14a BAföG
war bis 1982 in bestimmten Fällen ebenfalls die Erstattung
von Gebühren vorgesehen.

Zu Nummer 2 (Herkunft der Mittel)

Die Regelung in § 56 Absatz 1 Satz 2 und 3 stellt klar, dass
der BAföG-Mehrbedarf für Studiengebühren allein von den

t mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de

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