BT-Drucksache 17/4474

Weiterförderung der Mehrgenerationenhäuser

Vom 19. Januar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4474
17. Wahlperiode 19. 01. 2011

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Joachim Hacker, Petra Crone, Gerd Bollmann,
Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Petra Ernstberger, Iris Gleicke, Ulrike
Gottschalck, Bettina Hagedorn, Petra Hinz (Essen), Christel Humme, Gabriele
Lösekrug-Möller, Kirsten Lühmann, Ute Kumpf, Caren Marks, Franz Müntefering,
Aydan Özog˘uz, Thomas Oppermann, Dr. Carola Reimann, Sönke Rix, Marlene
Rupprecht (Tuchenbach), Bernd Scheelen, Stefan Schwartze, Dr. Carsten Sieling,
Andrea Wicklein, Dr. Frank-Walter Steinmeier und der Fraktion der SPD

Weiterförderung der Mehrgenerationenhäuser

Die Aktivitäten in den Mehrgenerationenhäusern reichen von der Kinderbetreu-
ung über regelmäßige Mittagstische für Seniorinnen und Senioren, Familienbil-
dung, haushaltsnahe Dienstleistungen, Weiterbildungsangebote, Freizeitaktivi-
täten bis hin zu Beratungen bei Gesundheitsfragen. Das Angebot soll den Dialog
zwischen mehreren Generationen fördern und berücksichtigt die unterschied-
lichen Anforderungen vor Ort. Insbesondere in den neuen Ländern und im länd-
lichen Raum konnten somit neue Bausteine der sozialen Infrastruktur geschaffen
werden. Inzwischen werden etwa 500 Mehrgenerationenhäuser in ganz Deutsch-
land aus Bundesmitteln und Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) geför-
dert.

Ziel des von der Bundesregierung geschaffenen Förderprogramms war es, ver-
lässliche und auch nach Beendigung der Bundesförderung bestandsfähige Struk-
turen zu schaffen. Jedes Mehrgenerationenhaus wird fünf Jahre lang mit jährlich
40 000 Euro gefördert. Darüber hinaus notwendige Mittel tragen Länder, Kom-
munen, aber auch Vereine und (Bürger-)Stiftungen.

Ab Herbst 2011 läuft sukzessive die Bundesförderung aus. Für viele Städte,
Gemeinden und Landkreise bedeutet dies eine große Herausforderung, die
Mehrgenerationenhäuser haben sich bewährt und sind beliebt, aber die weitere
Finanzierung ist von finanzschwachen Kommunen nicht zu leisten. Es droht die
Zerstörung von generationsübergreifenden Strukturen, die mit viel Engagement
und gesellschaftlicher Verantwortung aufgebaut wurden.

Werden finanzschwache Städte, Gemeinden und Landkreise nicht mit den not-
wendigen Haushaltsmitteln ausgestattet, kann dies zu einem Bruch in der Ge-
sellschaft führen. Diese Gefahr besteht in vielen Kommunen. Die massiven
Streichungen im Bundeshaushalt 2011, z. B. im Bereich Städtebauförderung

– Programm Soziale Stadt – wird prekäre Situationen vor Ort zusätzlich ver-
schärfen. Um so wichtiger ist es, die wertvolle Arbeit der Mehrgenerationenhäu-
ser vor Ort weiter zu unterstützen und keine „Projektruinen“ entstehen zu lassen.

Die Bundesregierung hat im Dezember 2010 angekündigt, ein Anschlusspro-
gramm ab 1. Januar 2012 mit einer Laufzeit von drei Jahren zu starten. Hierzu
ergeben sich noch zahlreiche Fragen.

Drucksache 17/4474 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Wann endet die Förderung der derzeit bestehenden Mehrgenerationenhäu-
ser durch Bundes- bzw. ESF-Mittel (bitte aufschlüsseln nach Name des
Hauses bzw. des Trägers, Postleitzahl/Kommune sowie Art der Förderung
und Monat/Jahr des Auslaufens der Förderung)?

2. Wie bewertet die Bundesregierung den bisherigen Erfolg der Förderung von
Mehrgenerationenhäusern durch den Bund?

3. Wie viele ehren- und hauptamtliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind
schätzungsweise in den Mehrgenerationenhäusern aktiv (bitte aufschlüsseln
nach Ländern, haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter und Mitarbeite-
rinnen)?

4. Wie viele und welche der geförderten Mehrgenerationenhäuser (aufge-
schlüsselt nach Bundesländern) wurden in bereits bestehenden Sozialein-
richtungen errichtet, und wie viele Mehrgenerationenhäuser sind seit 2006
neu entstanden?

5. Bei wie vielen und welchen Mehrgenerationenhaus-Projekten wurde wäh-
rend der Laufzeit der Förderung durch den Bund ein Trägerwechsel vollzo-
gen (bitte Namen des Hauses bzw. Trägers sowie entsprechende Postleit-
zahl/Kommune nennen)?

6. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung zu welchem Zeitpunkt
unternommen, um die Pläne zur Weiterfinanzierung der Mehrgenerationen-
häuser mit Vertreterinnen und Vertretern von Ländern, Kommunen und Trä-
gern zu erörtern und abzustimmen?

7. Bei wie vielen und welchen Mehrgenerationenhäusern ist bereits eine über
den aktuell laufenden fünfjährigen Zeitraum hinausgehende Finanzierung
gesichert (bitte aufschlüsseln nach Name des Hauses bzw. des Trägers, Post-
leitzahl/Kommune sowie Jahr des Auslaufens der Förderung)?

8. Welche Finanzierungsmodelle sind der Bundesregierung bekannt, mit de-
nen Mehrgenerationenhäuser ohne Beteiligung des Bundes über den Zeit-
raum von fünf Jahren hinaus bestehen können?

9. Bei wie vielen und welchen Mehrgenerationenhaus-Projekten steht eine
Schließung infolge des Auslaufens der Förderung des Bundes bevor bzw. ist
ein Weiterbetrieb nicht gesichert (bitte aufschlüsseln nach Name des Hauses
bzw. des Trägers und Postleitzahl/Kommune)?

10. Welche besonderen Probleme sieht die Bundesregierung für Mehrgenera-
tionenhäuser in strukturschwachen bzw. finanzschwachen Kommunen, und
inwieweit setzt sich die Bundesregierung dort besonders für eine Anschluss-
förderung ein?

11. Welche speziellen Hilfen für Mehrgenerationenhaus-Projekte in struktur-
und finanzschwachen Kommunen prüft die Bundesregierung bzw. führt sie
durch?

12. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung, die Mehrgenera-
tionenhäuser dauerhaft – auch außerhalb einer öffentlichen Förderung – zu
sichern?

13. In welcher gesellschaftspolitischen Verantwortung sieht sich die Bundes-
regierung, dass auch gegebenenfalls nach Beendigung einer Bundesförde-
rung wichtige bestandsfähige Strukturen in den Mehrgenerationenhäusern
erhalten bleiben?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4474

14. Welche Ergebnisse hat die vom Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend eingerichtete Arbeitsgruppe zur Frage der Weiterfinan-
zierung von Mehrgenerationenhäusern erzielt, und mit welchen Partnern
werden bzw. wurden diese Ergebnisse diskutiert?

15. Wer war bzw. ist an dieser Arbeitsgruppe beteiligt (bitte Funktionen bzw.
Institutionen aufzählen)?

16. Besteht seitens des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und
Jugend die Bereitschaft, unter Einbindung anderer Bundesministerien wei-
terhin eine Finanzierung oder Teilfinanzierung der Mehrgenerationenhäuser
sicherzustellen, und wenn ja, inwiefern?

17. Welche Initiativen ergreift die Bundesregierung, um für die weitere Förde-
rung der Mehrgenerationenhäuser eine Förderung aus EU-Mitteln zu erzie-
len, und bis wann rechnet sie mit konkreten Ergebnissen?

18. In welcher Höhe hat der Bund (aufgeschlüsselt nach Jahren) Begleitkosten
für das Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser getragen (Presse- und
Öffentlichkeitsarbeit, Serviceagentur, Wirkungs- und Begleitforschung)?

19. Stehen im Bundeshaushalt 2011 für die unter Frage 18 erfragten Kosten
noch finanzielle Mittel zur Verfügung?

Wenn ja, in welcher Höhe, und wofür sollen diese Mittel eingesetzt werden?

20. Was meint die Bundesregierung konkret mit ihrer Aussage in der Pressemit-
teilung vom 9. Dezember 2010, dass „die Kommunen eine stärkere Rolle als
bisher übernehmen sollen, auch in Form einer Beteiligung an der Finanzie-
rung“?

21. Wie wird sich die Bundesregierung zu einer Übergangsfinanzierung für die-
jenigen 157 Mehrgenerationenhäuser, deren Förderung ab Herbst 2011 aus-
läuft, bis zum 1. Januar 2012 verhalten, und inwieweit ist mit einer Unter-
stützung seitens der Bundesregierung zu rechnen?

22. Wie soll die Implementation von bis zu zwei Freiwilligendienstplätzen in
den Mehrgenerationenhäusern aus Sicht der Bundesregierung gestaltet wer-
den?

23. Welche gesetzlichen Maßnahmen prüft die Bundesregierung, um den Ein-
satz von Bundesfreiwilligendienstleistenden arbeitsmarktneutral auszuge-
stalten bzw. den Ersatz professioneller Arbeitskräfte durch Freiwilligen-
dienstler zu verhindern?

24. Inwiefern plant die Bundesregierung, die bessere Versorgung Demenz-
kranker und ihrer Angehörigen, wie im Koalitionsvertrag zwischen CDU,
CSU und FDP angekündigt, in den Mehrgenerationenhäusern umzusetzen,
und welche Funktion sollen dabei die Freiwilligen haben?

25. Inwieweit plant die Bundesregierung eine gesonderte finanzielle Förderung
der Betreuung von demenziell erkrankten Menschen und ihrer Angehöri-
gen?

26. Welche Voraussetzungen müssen die Mehrgenerationenhäuser aus Sicht der
Bundesregierung konkret erfüllen, um einen Pflegestützpunkt einzurichten?

27. Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung, Gespräche zu führen bzw.
führt sie bezüglich der Unterbringung von Pflegestützpunkten in Mehr-
generationenhäusern?

Falls ja, wer ist an diesen Gesprächen beteiligt?

Drucksache 17/4474 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
28. Inwieweit wurden die Freiwilligenagenturen bzw. der Bundesverband der
Freiwilligenagenturen in die Überlegung zur Weiterführung des Programms
Mehrgenerationenhäuser mit einbezogen, insbesondere hinsichtlich der
neuen Schwerpunktsetzung des zukünftigen Programms?

29. Welche Vorstellungen hat die Bundesregierung von der Einbettung des
geplanten Bundesfreiwilligendienstes in das neue Programm für Mehr-
generationenhäuser?

30. Welche Zielgruppe soll zukünftig als Bundesfreiwilligendienstleistende in
den Mehrgenerationenhäusern eingesetzt werden?

31. Welche Voraussetzungen sollen nach Ansicht der Bundesregierung die
Mehrgenerationenhäuser erfüllen, um sich als Einsatzstelle für den Bundes-
freiwilligendienst zu empfehlen?

32. Wie will die Bundesregierung eine inhaltliche Überfrachtung der Mehr-
generationenhäuser durch die vier neu gesetzten Schwerpunkte, die jeweils
unter dem Dach eines Hauses bestehen sollen, vermeiden?

33. Wie sehen die konkreten Förderkriterien für das neue Programm aus, und ab
und bis wann können sich Antragsteller um eine Förderung bewerben?

34. Inwieweit erhöhen sich die Chancen eines Antragstellers auf Förderung, je
mehr Schwerpunkte unter einem Dach bedient werden?

35. Inwieweit ist eine Abstimmung des neuen Programms mit Ländern, Kom-
munen und Trägern geplant, und welche Möglichkeiten haben diese Betei-
ligten, Veränderungen an dem Programmentwurf vorzunehmen?

Berlin, den 19. Januar 2011

Dr. Frank-Walter Steinmeier und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.