BT-Drucksache 17/4464

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/3354 - Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des deutschen Rechts an die Verordnung (EG) Nr. 380/2008 des Rates vom 18. April 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige

Vom 19. Januar 2011


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4464
17. Wahlperiode 19. 01. 2011

Beschlussempfehlung und Bericht
des Innenausschusses (4. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksache 17/3354 –

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des deutschen Rechts
an die Verordnung (EG) Nr. 380/2008 des Rates vom 18. April 2008
zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung
des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige

A. Problem

Nach der Verordnung (EG) Nr. 380/2008 des Rates vom 18. April 2008 zur
Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung
des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige (ABl. L 115 vom 29.4.2008,
S.1) – so genannte eAT-Verordnung – sind Aufenthaltstitel künftig grundsätz-
lich als mit biometrischen Merkmalen (zwei Fingerabdrücke und Lichtbild)
versehene, eigenständige Dokumente auszugeben. Die nach der eAT-Verord-
nung für Aufenthaltstitel darüber hinaus vorzusehenden technischen Standards
sollen den Schutz vor Fälschungen und Verfälschungen weiter erhöhen und
damit zur Verhinderung und Bekämpfung illegaler Einwanderung und des ille-
galen Aufenthalts beitragen. Die Mitgliedstaaten sind gehalten, den elek-
tronischen Aufenthaltstitel bis spätestens 21. Mai 2011 einzuführen. Der Ge-
setzentwurf schafft hierfür die erforderlichen rechtlichen Grundlagen.

Der Gesetzentwurf verfolgt ferner das Ziel, zur Qualitätsverbesserung und Be-
schleunigung des Datenaustausches im Ausländerwesen die Voraussetzungen
dafür zu schaffen, künftig einheitliche Standards für elektronische Datenaus-
tauschformate festlegen zu können.

B. Lösung

Die eAT-Verordnung gilt unmittelbar, zum Vollzug ist das nationale Recht
jedoch anzupassen und zu konkretisieren. Zur Umsetzung der Vorgaben der Ver-
ordnung werden mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das Aufenthaltsgesetz,
das Freizügigkeitsgesetz/EU und das Asylverfahrensgesetz ergänzt und ge-
ändert. Durch Einführung einer Verordnungsermächtigung wird darüber hinaus
Raum zur Regelung technischer und prozeduraler Einzelheiten in der Aufent-
haltsverordnung geschaffen.

Drucksache 17/4464 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Im Hinblick auf die Festlegung einheitlicher Standards für elektronische Daten-
austauschformate im Ausländerwesen wird eine Verordnungsermächtigung in
das Aufenthaltsgesetz aufgenommen.

Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen DIE
LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Frak-
tion der SPD.

C. Alternativen

Keine.

D. Finanzielle Auswirkungen

1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

Mit Einführung des elektronischen Aufenthaltstitels entstehen Kosten, die sich
aus der Ausstattung der Ausländerbehörden mit der erforderlichen zusätzlichen
Hard- und Software ergeben, soweit hier nicht auf die bereits vorhandene Aus-
stattung und die technische Infrastruktur für die Ausstellung elektronischer Rei-
seausweise zurückgegriffen werden kann. Diese Kosten werden im Wesent-
lichen durch die Gebührenanhebungen aufgefangen, die an die Einführung des
elektronischen Aufenthaltstitels geknüpft werden.

Für die Ausländerbehörden können weitere Kosten entstehen, wenn sie ihren
Bestand an entsprechender technischer Ausstattung ergänzen möchten oder im
Hinblick auf den elektronischen Aufenthaltstitel Anpassungen bezüglich der
Ablauforganisation und der Fachverfahren erforderlich werden. Diese Aufwen-
dungen können auf Grund der heterogenen Struktur der Ausländerbehörden in
den Bundesländern derzeit noch nicht beziffert werden.

Im Hinblick auf die Nutzung des elektronischen Aufenthaltstitels als elektro-
nischer Identitätsnachweis und als qualifizierte elektronische Signatur soll im
Übrigen auf die bereits mit dem Gesetz über Personalausweise und den elek-
tronischen Identitätsnachweis vom 18. Juni 2009 (Personalausweisgesetz –
PAuswG) geschaffene Infrastruktur zurückgegriffen werden. Die für den neuen
Personalausweis im Aufbau befindlichen Systeme sind bereits so angelegt, dass
der elektronische Aufenthaltstitel mit abgedeckt werden kann. Die Anschaffung
einer neuen Technologie oder die Einrichtung neuer Funktionen ist nicht erfor-
derlich. Für den Bund entstehen daher keine zusätzlichen Kosten. In Bezug auf
die Technik gilt dies auch für die Mitnutzung der für den elektronischen Per-
sonalausweis zu betreibenden Sperrhotline; die Bearbeitung der telefonischen
Sperrmeldungen erfordert je nach Größenordnung zusätzliches Personal bezie-
hungsweise – bei Fremdvergabe – zusätzliche Mittel.

2. Vollzugsaufwand

Die Einführung des elektronischen Aufenthaltstitels wird bei den Ausländerbe-
hörden zu einer Steigerung des Vollzugsaufwandes führen. Zum einen wird die
Erfassung biometrischer Merkmale bei den Ausländerbehörden Mehraufwand
verursachen. Zum anderen wird sich der Aufwand für die Ausländerbehörden
auch auf Grund vermehrter Vorsprachen erhöhen.

Ein erhöhter Aufwand für die Ausländerbehörden ergibt sich ferner aus der
Möglichkeit, den elektronischen Aufenthaltstitel auch als elektronischen Identi-
tätsnachweis zu nutzen. Zu den in diesem Zusammenhang von den Ausländer-
behörden wahrzunehmenden Aufgaben zählen unter anderem die Sperrung und
Entsperrung der elektronischen Identitätsnachweisfunktion sowie die Aufgabe,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4464

die Ausländer über das Verfahren des elektronischen Identitätsnachweises zu in-
formieren.

Die hierdurch insgesamt entstehenden Mehraufwände der Länder sind ein-
schließlich des etwaigen zusätzlichen Personalbedarfs derzeit noch nicht bezif-
ferbar.

Durch die Mitnutzung des Sperrdienstes, der beim Bundesverwaltungsamt für
den elektronischen Identitätsnachweis betrieben wird, entstehen für den Bund
gegebenenfalls zusätzliche Kosten, die derzeit noch nicht bezifferbar sind. Die-
ser Mehrbedarf ist aus den vorhandenen Ansätzen des Einzelplans 06 gegenzu-
finanzieren.

E. Sonstige Kosten

Die vorgesehenen Regelungen sind nicht mit zusätzlichen Belastungen für die
Wirtschaft und die sozialen Sicherungssysteme verbunden. Auswirkungen auf
Einzelpreise, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwar-
ten.

F. Bürokratiekosten

Es werden für die Wirtschaft keine Informationspflichten neu eingeführt, ge-
ändert oder abgeschafft. Für die Bürgerinnen und Bürger werden drei Informa-
tionspflichten neu eingeführt. Für die Verwaltung werden acht Informations-
pflichten neu eingeführt und keine Informationspflicht geändert oder
abgeschafft.

Drucksache 17/4464 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,

den Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3354 mit folgenden Maßgaben, im Übri-
gen unverändert anzunehmen:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 3 wird wie folgt gefasst:

‚3. § 69 Absatz 3 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 1 wird die Angabe „80“ durch die Angabe „140“ er-
setzt.

b) In Nummer 2 und 2a wird jeweils die Angabe „200“ durch die An-
gabe „260“ ersetzt.

c) In Nummer 3 wird die Angabe „40“ durch die Angabe „100“ er-
setzt.‘

b) In Nummer 4 wird § 78 Absatz 1 Satz 2 wie folgt gefasst:

„Aufenthaltserlaubnisse, die nach Maßgabe des Abkommens zwischen
der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und
der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügig-
keit vom 21. Juni 1999 (ABl. L 114 vom 30.4.2002, S. 6) auszustellen
sind, werden auf Antrag als Dokumente mit elektronischem Speicher- und
Verarbeitungsmedium ausgestellt.“

c) In Nummer 5 werden in § 78a Absatz 1 die Sätze 2, 5 und 6 gestrichen.

d) In Nummer 10 wird § 105b Satz 3 gestrichen.

2. Artikel 2 Nummer 2 wird wie folgt geändert:

a) Satz 4 wird wie folgt gefasst:

„Unter den Voraussetzungen des § 78a Absatz 1 Satz 1 des Aufenthalts-
gesetzes können Aufenthaltskarten nach § 5 Absatz 2 Satz 1 und Dauer-
aufenthaltskarten nach § 5 Absatz 6 Satz 2 auf einem einheitlichen Vor-
druck ausgestellt werden.“

b) In Satz 5 werden nach der Angabe „§105b“ die Wörter „Satz 1 und 2“ ge-
strichen.

3. In Artikel 4 wird Satz 1 wie folgt gefasst:

„Dieses Gesetz tritt vorbehaltlich des Satzes 2 am 1. September 2011 in
Kraft.“

Berlin, den 19. Januar 2011

Der Innenausschuss

Wolfgang Bosbach
Vorsitzender

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Daniela Kolbe (Leipzig)
Berichterstatterin

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Jan Korte
Berichterstatter

Memet Kilic
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/4464

Bericht der Abgeordneten Reinhard Grindel, Daniela Kolbe (Leipzig),
Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Jan Korte und Memet Kilic

I. Zum Verfahren

1. Überweisung

Der Gesetzentwurf auf Drucksache 17/3354 wurde in der
68. Sitzung des Deutschen Bundestages am 28. Oktober
2010 an den Innenausschuss federführend sowie an den Aus-
schuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union zur
Mitberatung überwiesen.

2. Votum des mitberatenden Ausschusses

Der Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen
Union hat in seiner 24. Sitzung am 10. November 2010 mit
den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP
gegen die Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Annahme des Gesetzent-
wurfs empfohlen.

3. Beratungen im federführenden Ausschuss

a) In seiner 26. Sitzung am 10. November 2010 hat der
Innenausschuss den Gesetzentwurf zunächst an den Un-
terausschuss Kommunales zur Beratung überwiesen. Der
Unterausschuss Kommunales hat in seiner 3. Sitzung am
19. Januar 2011 dem Innenausschuss mit den Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP gegen die
Stimmen der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN empfohlen, den Gesetzentwurf dem Ple-
num zur Annahme zu empfehlen.

Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner
29. Sitzung am 19. Januar 2011 abschließend beraten und
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei
Stimmenthaltung der Fraktion der SPD die Annahme des
Gesetzentwurfs in der Fassung der Änderungsanträge
der Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und FDP auf
Ausschussdrucksachen 17(4)136 und 17(4)147.

Zuvor wurden die Änderungsanträge der Koalitionsfrak-
tionen auf Ausschussdrucksachen 17(4)136 und
17(4)147 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktionen
DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ange-
nommen.

b) Der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD auf
Ausschussdrucksache 17(4)146, der mit den Stimmen
der Fraktionen CDU/CSU, FDP, DIE LINKE. und
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der
Antragsteller abgelehnt wurde, hat einschließlich Be-
gründung folgenden Wortlaut:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung
auf,

1. § 52 Absatz 1 der Aufenthaltsverordnung vom 25. No-
vember 2004 (BGBl. I S. 2945), die zuletzt durch die
Verordnung vom 2. August 2010 (BGBl. I S. 1134) ge-
ändert worden ist, aufzuheben,

2. in § 53 Absatz 2 der vorstehend genannten Verord-
nung die Wörter „können ermäßigt oder von ihrer Er-
hebung kann abgesehen werden“ durch die Wörter
„sind zu ermäßigen oder von ihrer Erhebung ist abzu-
sehen“ zu ersetzen und

3. zu prüfen, durch welche Maßnahmen die Kommunen
bei der Tragung der Mehrkosten, die ihnen durch das
Gesetz zur Anpassung des deutschen Rechts an die
Verordnung (EG) Nr. 380/2008 des Rates vom
18. April 2008 zur Änderung der Verordnung (EG)
Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung des Auf-
enthaltstitels für Drittstaatsangehörige entstehen,
entlastet werden können.

Begründung:

Zu Nummer 1

Durch das Gesetz zur Anpassung des deutschen Rechts
an die Verordnung (EG) Nr. 380/2008 des Rates vom
18. April 2008 zur Änderung der Verordnung (EG)
Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung des Aufent-
haltstitels für Drittstaatsangehörige werden den Kommu-
nen voraussichtlich erhebliche Mehrkosten entstehen.

Durch die Einführung des elektronischen Aufenthaltsti-
tels steigen allein die Produktionskosten pro Aufenthalts-
titel von 0,78 Euro auf 30 Euro. Hinzu kommen erhöhte
Verwaltungskosten für die Ausländerbehörden, die ent-
stehen durch die Abnahme der Fingerabdrücke, zusätzli-
che Erfassung von Daten, eine zusätzliche Vorsprache je
Antragsteller sowie personellen, zeitlichen und infra-
strukturellen Aufwand für Information und Beratung zu
den Zusatzfunktionen elektronischer Identitätsnachweis
und elektronische Signatur.

Zwar werden die Gebührentatbestände erhöht. Aller-
dings entlastet dies die Kommunen nur vordergründig.
Denn rund 40% aller Antragsteller sind von den Gebüh-
ren befreit oder können eine Ermäßigung in Anspruch
nehmen. In diesen Fällen werden die Kommunen die
Mehrkosten selbst tragen.

Deshalb müssen die Befreiungstatbestände der Aufenthalts-
verordnung (AufenthV) auf die Personen reduziert werden,
bei denen eine Befreiung aus wirtschaftlichen Gründen tat-
sächlich geboten ist. § 52 Absatz 1 AufenthV in der gelten-
den Fassung hingegen befreit Ehegatten, Lebenspartner
und minderjährige Kinder Deutscher sowie Eltern minder-
jähriger Deutscher pauschal von den Gebühren. Die Befrei-
ung knüpft also allein an die Staatsangehörigkeit der im
Tatbestand genannten deutschen Verwandten an. Ob die
Zahlung der Gebühr für den Antragsteller eine Belastung
ist, ist unbedeutend. Das ist eine sachlich nicht gerechtfer-
tigte Privilegierung des genannten Personenkreises zu Las-
ten der Kommunen. Deshalb soll der Privilegierungstatbe-
stand aufgehoben werden.

Zu Nummer 2

Trotz der Belastung der Kommunen muss sichergestellt
werden, dass Personen, für die die Zahlung der Gebühr

Drucksache 17/4464 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

im Einzelfall eine unzumutbare Belastung ist, befreit wer-
den. Dem trägt zum einen § 53 Absatz 1 AufenthV, der
SGB II-Empfänger, SGB XII-Empfänger sowie leistungs-
berechtigte nach dem AsylbLG befreit, Rechnung.

Doch auch jenseits dieser Gruppe gibt es Geringverdie-
ner, die trotz Leistungsberechtigung entweder keine er-
gänzenden Leistungen nach SGB XII in Anspruch neh-
men oder deren Gehalt nur knapp über der Grenze liegt,
nach der sie leistungsberechtigt wären. Auch in diesen
Fällen kann die Zahlung der Gebühr unzumutbar sein.
Dem trägt § 53 Absatz 2 AufenthV in der geltenden Form
grundsätzlich Rechnung. Allerdings ist die Norm als Er-
messenstatbestand ausgestaltet. Wenn aber auf Tatbe-
standsseite Unzumutbarkeit angenommen wird, so ist re-
gelmäßig von einer Ermessensreduzierung auf null
auszugehen. Um aber Ermessensfehler in der Praxis aus-
zuschließen und sicherzustellen, dass Betroffene, bei de-
nen Unzumutbarkeit anzunehmen ist, regelmäßig befreit
werden, soll § 53 Absatz 2 AufenthV deshalb als gebun-
dene Entscheidung formuliert werden.

Zu Nummer 3

Angesichts der angespannten Haushaltslage in den Kom-
munen soll eingehend geprüft werden, welche Möglich-
keiten bestehen, um die Kommunen zu entlasten.

c) Der Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN auf Ausschussdrucksache 17(4)149 wur-
de mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD
und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE
LINKE. abgelehnt.

Der Entschließungsantrag auf Ausschussdrucksache
17(4)149 hat einschließlich Begründung folgenden Wort-
laut:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung
auf,

1. unverzüglich im Rahmen der Europäischen Union
darauf hinzuwirken, dass die Verordnung (EG) Nr.
380/2008 des Rates vom 18. April 2008 zur Änderung
der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 zur einheitlichen
Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatsange-
hörige dahin gehend geändert wird, dass für die Er-
teilung des Aufenthaltstitels Fingerabdrücke nicht er-
fasst werden und bis dahin auf die Erfassung von
Fingerabdrücken zu verzichten,

2. zu prüfen, auf welche Weise der Bund die Ausstellung
des Aufenthaltstitels finanziell unterstützen kann, da-
mit die Kommunen und Antragstellenden durch die
Einführung des Aufenthaltstitels nicht über Gebühr
belastet werden.

Begründung:
Ziffer 1

Die bisher als Klebeetiketten ausgestellten Aufenthaltsti-
tel für Drittstaatsangehörige werden in Zukunft als ei-
genständige Dokumente in Kartenform ausgegeben. Auf
dieser Aufenthaltskarte sollen nach der Europäischen
Verordnung zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthalts-
titels für Drittstaatsangehörige auch zwei Fingerabdrü-
cke der Karteninhaber gespeichert werden. Hierdurch

soll der Aufenthaltstitel vor betrügerischer Verwendung
geschützt werden.

Es ist ein Beweis für die fehlende politische Sensibilität,
dass die Bundesregierung der Europäischen Verordnung
zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für
Drittstaatsangehörige im Jahr 2008 zugestimmt hat, ob-
wohl ihr bekannt war, dass Fingerabdrücke für den Per-
sonalausweis heftig in Deutschland diskutiert wurden.
Aus guten Gründen fand der obligatorische Fingerab-
druck für den Personalausweis keine Mehrheit im Bun-
destag. Die Bundesregierung scheint die Einwanderin-
nen und Einwanderer als Türöffner für solche
Sicherheitsstandards zu missbrauchen.

Allein in Deutschland werden durch die Gesetzesände-
rung über vier Millionen Ausländerinnen und Ausländer
künftig ihre Fingerabdrücke von der zuständigen Auslän-
derbehörde abnehmen lassen müssen. Besonders empö-
rend ist, dass sogar Kinder ab dem sechsten Lebensjahr
ihre Fingerabdrücke abgeben müssen.

Die Aufnahme von Fingerabdrücken in die Aufenthalts-
karte ist überflüssig. Es ist nicht bekannt, dass bisher in
nennenswertem Umfang Missbrauch und Fälschungen
von Aufenthaltstiteln stattgefunden haben.

Fingerabdruckdaten sollten nicht auf der Aufenthaltskar-
te gespeichert werden. Der Fingerabdruck gehört in die
Fahndungsdatei und nicht in ein Ausweisdokument. Die
Gefahren für Datenschutz und Bürgerrechte sind bei ei-
ner möglichen Verknüpfung beider Anwendungen un-
übersehbar. Insbesondere ist es für einen Rechtsstaat äu-
ßerst bedenklich, wenn bereits sechsjährige Kinder sich
wie Straftäter erkennungsdienstlichen Maßnahmen un-
terziehen müssen. Aus diesem Grund sind auch deutsche
Staatsangehörige nicht verpflichtet ihre Fingerabdrücke
für den Personalausweis abzugeben. Ihre informationelle
Selbstbestimmung wird respektiert.

Der Standard, der deutschen Staatsangehörigen garan-
tiert wird, muss allen hier lebenden Menschen gewährt
werden. Einen Zwei-Klassen-Datenschutz lehnen wir ab.

Die Bundesregierung ist daher gefordert auf die Erfas-
sung von Fingerabdrücken zu verzichten und auf EU-
Ebene auf eine entsprechende Änderung der Europäi-
schen Verordnung zur einheitlichen Gestaltung des Auf-
enthaltstitels für Drittstaatsangehörige hinzuwirken.

Ziffer 2

Die Bundesregierung muss prüfen, durch welche Maß-
nahmen sie die Kommunen und Antragstellenden finan-
ziell entlasten kann. Sie darf die durch ihre Entscheidun-
gen verursachten Zusatzkosten für die Erteilung eines
Aufenthaltstitels nicht auf Dritte abwälzen und sich aus
der Verantwortung stehlen.

Die Kommunen gehen davon aus, dass der durch die Ein-
führung der Aufenthaltskarte verursachte Mehraufwand
nicht durch die im Gesetzentwurf der Bundesregierung
(Drs. 17/3354) vorgesehene Erhöhung der Gebühren
ausgeglichen werden kann. Vielmehr werden die Kommu-
nen selber mit erheblichen Mehrkosten konfrontiert sein.

Die neue Aufenthaltskarte führt aber nicht nur zu einer
Mehrbelastung für die Kommunen, sondern auch zu einer
erheblichen finanziellen Mehrbelastung für die Antrag-
stellenden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung in

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/4464

der Fassung des Änderungsantrags von CDU/CSU und
FDP vom 26.11.2010 (BT-Drs. 17(4)136) sieht für die
Aufenthaltstitel eine Gebührenerhöhung von 60 Euro vor.
Damit verdoppelt sich die Gebühr für die Erteilung einer
Aufenthaltserlaubnis während die Gebühr für die Ertei-
lung einer Niederlassungserlaubnis auf bis zu 260 Euro
erhöht wird.

Die Bundesregierung hat die voraussichtlichen Zusatz-
kosten für die Erteilung der Aufenthaltskarte bislang
nicht plausibel erklärt. Sie ist gefordert, ihre Kostenpro-
gnose transparent zu machen und insbesondere zu erklä-
ren, warum sich die Kosten für die Aufenthaltskarte er-
heblich von den Kosten für den neuen Personalausweis
unterscheiden.

II. Zur Begründung

Zur Begründung allgemein wird auf die Drucksache 17/3354
hingewiesen. Die vom Innenausschuss auf Grundlage des
Änderungsantrags der Koalitionsfraktionen auf Ausschuss-
drucksachen 17(4)136 und 17(4)147 empfohlenen Änderun-
gen begründen sich wie folgt:

Zu Nummer 1 Buchstabe a

Die Einführung des elektronischen Aufenthaltstitels wird für
die Ausländerbehörden zu einer deutlichen Steigerung des
Verwaltungsaufwands führen. Es sind unter anderem die fol-
genden Aufgaben zusätzlich zu übernehmen:

● Abnahme der Fingerabdrücke,

● zusätzliche Datenerfassung,

● mindestens eine zusätzliche Vorsprache je Antragsteller,

● Informations- und Beratungsaufwand zu den Zusatzfunk-
tionen „elektronischer Identitätsnachweis (eID)“ und
„elektronische Signatur“.

Mit der Möglichkeit, den elektronischen Aufenthaltstitel
zum elektronischen Identitätsnachweis zu nutzen, sind für
die Ausländerbehörden zudem weitere Aufgaben verbunden.
Der im Aufenthaltsgesetz vorgegebene Gebührenrahmen
muss deshalb dem steigenden personellen und sächlichen
Aufwand in den Ausländerbehörden hinreichend Rechnung
tragen und einen angemessenen Spielraum für zukünftige
Anhebungen der konkreten Gebührensätze in der Aufent-
haltsverordnung schaffen. Daher ist der gesetzliche Ge-
bührenrahmen in § 69 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 des Aufent-
haltsgesetzes jeweils um insgesamt 60 Euro anzuheben.

Zu Nummer 1 Buchstabe b bis d und zu Nummer 2

Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenos-
senschaft einerseits und der Europäischen Gemeinschaft an-

dererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (BGBl.
2001 II, S. 810) schreibt vor, dass Staatsangehörigen der Ver-
tragsparteien zum Nachweis ihres Freizügigkeitsrechts eine
Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Dies gilt sowohl für EU-
Bürger in der Schweiz als auch für Schweizer Bürger in EU-
Staaten. Das Abkommen legt aber nicht fest, in welcher
Form oder mit welchen Merkmalen die Aufenthaltserlaubnis
zu erteilen ist. Der Gesetzentwurf sieht vor diesem Hinter-
grund vor, in Deutschland lebenden Schweizer Bürgern die
Aufenthaltserlaubnis im Format des elektronischen Aufent-
haltstitels (als eigenständiges Dokument im Scheckkarten-
format unter Erfassung biometrischer Merkmale) nach der
Verordnung (EG) Nr. 380/2008 des Rates vom 18. April
2008 auszustellen. Die Schweizer Regierung hat jedoch er-
klärt, dass die Schweiz ihrerseits nicht beabsichtigt, für deut-
sche Staatsangehörige, die sich in der Schweiz aufhalten
oder niedergelassen haben, eine Aufenthaltserlaubnis im
elektronischen Format auszustellen, und die deutsche Seite
gebeten, ebenso zu verfahren. Zur Wahrung der Gegenseitig-
keit wird mit dem Änderungsantrag der Gesetzentwurf daher
abgeändert. Die Ausstellung von Aufenthaltserlaubnissen
für Schweizer Bürger im Format des elektronischen Aufent-
haltstitels wird optional auf Antrag vorgesehen. Hier lebende
Schweizer Bürger können somit entscheiden, ob die ihnen
auszustellende Aufenthaltserlaubnis im elektronischen For-
mat oder in der bisherigen Form ausgestellt wird.

Zu Nummer 3

Die in den elektronischen Aufenthaltstitel (eAufenthaltstitel)
eingebrachten Chips bzw. die darin enthaltene Software
(Chipbetriebs) bedürfen nach den Vorgaben der EU sowie
den einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften (SigG und
Aufenthaltsverordnung-E) einer Zertifizierung. Die Ge-
schäftsführung der Bundesdruckerei GmbH (BDr) hat nun-
mehr mitgeteilt, dass ein rechtzeitiger Abschluss der Zertifi-
zierung durch T-Systems und das beauftragte Zertifizie-
rungsinstitut (Security Research & Consulting GmbH)
tatsächlich nicht mehr fristgerecht möglich ist. Die BDr rech-
net mit einem Abschluss der Zertifizierung nicht vor Mitte/
Ende Juli 2011. Der Einführungstermin für eAufenthaltstitel
mit zertifizierten Chips müsste daher aus Sicht der BDr min-
destens bis August 2011 verschoben werden. Die BDr regt
jedoch an, eine zeitliche Sicherheitsreserve einzuplanen.

Keine der zur Verfügung stehenden Alternativen stellt eine
weder in finanzieller noch in organisatorischer Hinsicht ver-
hältnismäßige Maßnahme dar. Insbesondere der ohnehin
schon deutlich steigende Mehraufwand in den Ausländerbe-
hörden bei planmäßiger Einführung des eAufenthaltstitels
würde bei einer Zwischenlösung nochmals steigen. Von Sei-
ten der Länder wird daher mit einer vehementen Ablehnung
einer etwaigen Zwischenlösung zu rechnen sein.

Berlin, den 19. Januar 2011

Reinhard Grindel
Berichterstatter

Daniela Kolbe (Leipzig)
Berichterstatterin

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Berichterstatter

Jan Korte
Berichterstatter

Memet Kilic
Berichterstatter

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