BT-Drucksache 17/4166

Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages hier: Beratungsfrist bei Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses (§ 90 GO-BT)

Vom 10. Dezember 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/4166
17. Wahlperiode 10. 12. 2010

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
(1. Ausschuss)

Änderung der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

hier: Beratungsfrist bei Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses
(§ 90 GO-BT)

A. Problem

Die nach der Geschäftsordnung des Bundestages (GO-BT) zu beachtende Frist
bei der Beratung von Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses ist
im Hinblick auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts klarstellungs-
bedürftig.

B. Lösung

In einem neuen Absatz 2 des § 90 GO-BT wird festgeschrieben, dass die Bera-
tung von Beschlussempfehlungen des Vermittlungsausschusses frühestens am
zweiten Tag nach der Verteilung der Bundestagsdrucksache beginnt, wobei eine
Verkürzung der Frist möglich ist.

Einstimmigkeit im Ausschuss.

C. Alternativen

Andere Beratungsfristen.

D. Kosten

Keine.

Drucksache 17/4166 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Beschlussempfehlung:

Der Bundestag wolle beschließen:

§ 90 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages vom 2. Juli 1980
(BGBl. I S. 1237), zuletzt geändert laut Bekanntmachung vom 16. Juli 2010
(BGBl. I S. 1041), wird wie folgt geändert:

1. Der Wortlaut wird Absatz 1.

2. Folgender Absatz 2 wird angefügt:

„(2) Die Beratung der Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses
beginnt am zweiten Tag nach der Verteilung als Drucksache, früher nur, wenn
auf Antrag einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des
Bundestages zwei Drittel der anwesenden Mitglieder des Bundestages es be-
schließen. Für den Antrag gilt die Frist des § 20 Absatz 2 Satz 3.“

Berlin, den 2. Dezember 2010

Der Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung

Thomas Strobl (Heilbronn)
Vorsitzender

Bernhard Kaster
Berichterstatter

Michael Hartmann (Wackernheim)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Dagmar Enkelmann
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/4166

Bericht der Abgeordneten Bernhard Kaster, Michael Hartmann (Wackernheim),
Jörg van Essen, Dr. Dagmar Enkelmann und Volker Beck (Köln)

1. Beratungsanlass und -verlauf

Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. De-
zember 2009 (2 BvR 758/07) enthält Ausführungen zu den
Kompetenzen und zum Verfahren der Behandlung von Eini-
gungsvorschlägen des Vermittlungsausschusses. Unter ande-
rem beanstandet das Gericht, dass der Einigungsvorschlag
des Vermittlungsausschusses dem Deutschen Bundestag ent-
gegen § 78 Absatz 5 der Geschäftsordnung des Deutschen
Bundestages nicht mindestens zwei Tage vor dessen endgül-
tiger Beschlussfassung nach Artikel 77 Absatz 2 Satz 5 des
Grundgesetzes zugeleitet worden sei. Im Hinblick auf einen
bereits festgestellten anderweitigen Verfahrensfehler könne
jedoch unentschieden bleiben, welchen verfassungsrechtli-
chen Gehalt die betroffene Regelung der Geschäftsordnung
habe und unter welchen Voraussetzungen ihre Verletzung
welche Rechtsfolgen nach sich ziehe. Das Gericht hat aller-
dings nicht die parlamentarische Praxis eines im Ältestenrat
oder interfraktionell vereinbarten Fristverzichts oder einer
Abweichung von der Geschäftsordnung nach § 126 GO-BT
erörtert.

Gemäß § 90 GO-BT in Verbindung mit § 10 Absatz 1 Satz 1
der Geschäftsordnung des Vermittlungsausschusses ist ein
Einigungsvorschlag auf Änderung oder Aufhebung des vom
Bundestag beschlossenen Gesetzes alsbald auf die Tagesord-
nung des Bundestages zu setzen. Dabei musste bisher nicht
entschieden werden, ob für den Beginn der Beratungen die
allgemeine Drei-Tage-Frist nach § 78 Absatz 5 GO-BT oder
die für die zweite Beratung von Gesetzentwürfen nach § 81
Absatz 1 Satz 2 GO-BT geltende Zwei-Tage-Frist maßgeb-
lich ist, da in der parlamentarischen Praxis von den Möglich-
keiten des Fristverzichts bzw. der Abweichung von der Ge-
schäftsordnung nach § 126 GO-BT – soweit erforderlich –
Gebrauch gemacht wird.

Um künftige Zweifelsfälle auszuschließen, hat sich der Aus-
schuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung
mit dieser Problematik in seinen 13. und 14. Sitzungen vom
7. und 28. Oktober 2010 befasst und in seiner 16. Sitzung
vom 2. Dezember 2010 einstimmig eine klarstellende Rege-
lung der maßgeblichen Frist in der Geschäftsordnung emp-

fohlen. Der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist
keine Vorgabe zu entnehmen, welche Frist für die Beratung
von Einigungsvorschlägen einzuhalten sei. Da keine wesent-
lichen Unterschiede zwischen der zweiten Beratung von
Gesetzentwürfen und der Beratung von Einigungsvorschlä-
gen des Vermittlungsausschusses bestehen, spricht sich der
Geschäftsordnungsausschusses für eine Übernahme der
Zweitagefrist aus § 81 Absatz 1 Satz 2 GO-BT sowie der da-
rin enthaltenen Möglichkeit einer Fristverkürzung aus.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN legte Wert auf
die Feststellung, dass die Regelung zur Fristverkürzung, die
die Zustimmung von zwei Dritteln der anwesenden Mitglie-
der des Bundestages voraussetze, den Sinn habe, dass zu-
mindest ein Teil der Opposition eine solche Entscheidung
verhindern könne. Bei einer Konstellation der Mehrheiten
im Bundestag, bei der dies nicht möglich sei, zum Beispiel
bei einer Koalition, deren Mitgliederzahl bereits das Zwei-
Drittel-Quorum erreiche, müsse die Regelung entsprechend
geändert werden.

2. Begründung zu der Änderung
der Geschäftsordnung

In § 90 Absatz 2 (neu) GO-BT wird nunmehr klargestellt,
dass die Beratung von Beschlussempfehlungen des Vermitt-
lungsausschusses in der Regel frühestens am zweiten Tag
nach der Verteilung der entsprechenden Bundestagsdruck-
sachen erfolgen kann. Die Vorschrift verdrängt damit die
generelle Dreitagefrist des § 78 Absatz 5 GO-BT. Für die
Fristberechnung gilt § 123 GO-BT.

Von dieser generellen Frist kann auf Antrag einer Fraktion
oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Bundestages
abgewichen werden, wenn dies mit einer Zwei-Drittel-
Mehrheit der anwesenden Mitglieder beschlossen wird.
Durch den Verweis auf § 20 Absatz 2 Satz 3 GO-BT muss
der Antrag bis spätestens 18.00 Uhr des Vortages beim Prä-
sidenten vorliegen. Die Formulierung des § 90 Absatz 2
(neu) GO-BT orientiert sich an der für die zweite Beratung
von Gesetzentwürfen geltenden Regelung in § 81 Absatz 1
Satz 2 GO-BT.

Berlin, den 2. Dezember 2010

Bernhard Kaster
Berichterstatter

Michael Hartmann (Wackernheim)
Berichterstatter

Jörg van Essen
Berichterstatter

Dr. Dagmar Enkelmann
Berichterstatterin

Volker Beck (Köln)
Berichterstatter

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