BT-Drucksache 17/3641

Forschung am EU-Projekt INDECT

Vom 8. November 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3641
17. Wahlperiode 08. 11. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Andrej Hunko, Christine Buchholz, Dr. Diether Dehm, Annette
Groth, Inge Höger, Niema Movassat, Thomas Nord, Alexander Ulrich und der
Fraktion DIE LINKE.

Forschung am EU-Projekt INDECT

Das EU-Sicherheitsforschungsprogramm INDECT (Intelligent information
system supporting observation, searching and detection for security of citizens
in urban environment) will bis 2013 einen Prototyp einer Überwachungsplatt-
form für die Mitgliedstaaten entwickeln. Laut EU-Kommission arbeitet
INDECT unter anderem an der „Registrierung und den Austausch operativer
Daten“, dem „Erwerb von Multimedia-Inhalten“, der „automatischen Auf-
deckung von Bedrohungen“ und der „Erkennung von abnormalem Verhalten
oder Gewalt“. INDECT soll demnach ein „integriertes netzwerkzentriertes Sys-
tem zur Unterstützung der operativen Aktivitäten von Polizisten unter Bereit-
stellung von Techniken und Instrumenten zur Beobachtung verschiedener be-
weglicher Objekte“ entwerfen. Neben angeschlossenen Polizeidatenbanken
und dem Internet sollen Daten auch von fliegenden Kameras verarbeitet wer-
den.

Die gesammelten Erkenntnisse sollen mittels computergestützter, mathemati-
scher Verfahren auf begangene oder zu erwartende Straftaten analysiert wer-
den. Die EU-Kommission bezeichnet das Verfahren als „intelligente Verarbei-
tung aller Informationen“. Nach Selbstauskunft widmet sich INDECT der Ver-
hinderung von „Terrorismus und schweren Verbrechen, auch im Internet (z. B.
Pädophilie, Kinderpornografie), um die Sicherheit der Bürger zu erhöhen!“.

Im Rahmen einer Präsentation auf der Konferenz „Future Security“ erklärte der
polnische Projektverantwortliche Andrzej Czyz˙ewski vor offiziellem Projekt-
beginn 2008, dass INDECT zur Fußball-EM 2012 in Polen getestet werden
solle. Verdächtige Personen und auffälliges Verhalten würden demnach auto-
matisiert analysiert, mittels Audio-Sensoren zudem Fangesänge mathematisch
ausgewertet. Die Polizei in Warschau hat nach Presseberichten jetzt ihre Zu-
stimmung gegeben, Videomaterial von Kameras am Kultur- und Wissenschafts-
palast sowie aus der Warschauer Metro für INDECT-Versuche zu nutzen
(Quelle: www.heise.de). Zugegriffen werden darf auf Live-Bilder und archivier-
tes Material. Auch Grenzpolizeien am Flughafen Poznan´-Lawica wollen am
INDECT-Vorhaben „Detection of dangerous situations involving persons, inclu-

ding left luggage“ zunächst testweise partizipieren. Für weitere Testreihen hat
das INDECT-Konsortium zudem die Installation von Kameras an einem Ge-
bäude der Krakauer University of Science and Technology, an der auch zum
Projekt geforscht wird, beantragt.

2013 sollen laut INDECT-Projektwebseite umfangreiche Abstimmungen mit
„Industriepartnern“ erfolgen, um mittels Marktstudien die Einführung der ent-

Drucksache 17/3641 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

wickelten Technik in den Polizeialltag einzuleiten. Gegen Ende des Projekts
sollen Veranstaltungen die Schulung von Polizisten am fertigen Produkt sicher-
stellen. Schon jetzt wird INDECT, wie der Projektwebseite unter „Events“ zu
entnehmen ist, auf diversen Sicherheitsforschungskonferenzen vorgestellt.

Aus Deutschland forschen die Firmen INNOTEC-DATA und PSI Transcom
GmbH sowie der Lehrstuhl für Automatisierungs- und Regelungstechnik der
Bergischen Universität in Wuppertal an INDECT. Laut dem Studierendenaus-
schuss der Universität Wuppertal ist auch das Bundeskriminalamt beteiligt.

Kritische Presseberichte haben die INDECT-Macher nun bewogen, nur noch
ausgewählte Dokumente zu veröffentlichen. Kriterien der Geheimhaltung sind
demnach „negative Konsequenzen“ für Strafverfolgungsbehörden, eine Beein-
trächtigung des Rufs des Projekts oder die Gefährdung der „nationalen und
öffentlichen Sicherheit“ ohne diese genauer zu spezifizieren.

Zuständig für die Entscheidungen über Veröffentlichungen ist ein selbsternann-
ter Ethikrat, der sich aus Polizisten, Überwachungsforschern und Professoren
zusammensetzt. Die meisten Mitglieder des Ethikrats sind selbst an der
INDECT-Forschung beteiligt. In einer Erklärung zum Projekt zitiert der Ethik-
rat das Motto „Wer nichts getan hat, muss auch nichts befürchten“.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Welche anderen deutschen sowie EU-Forschungsprojekte sind ins Gesamt-
projekt von INDECT mittelbar oder unmittelbar integriert bzw. haben Er-
gebnisse geliefert, die über die Dokumentation auf den jeweiligen Projekt-
webseiten hinausgehen?

a) Gibt es eine Zusammenarbeit bzw. gegenseitigen Austausch von
INDECT mit den EU-Projekten SUBITO und ADABTS, und falls ja,
welcher Art?

b) In welchem Zusammenhang steht das polnische Forschungsvorhaben
INSIGMA (Intelligent Information System for Detection and Recogni-
tion) der Krakauer Universität mit INDECT?

c) Welche Vorhaben der deutschen „High-Tech-Strategie“ arbeiten an ähn-
lichen Vorhaben wie die 10 „Work Packages“ von INDECT?

d) Wie sind Projekte der deutschen „High-Tech-Strategie“ des Bundesminis-
teriums des Innern mittelbar oder unmittelbar in INDECT integriert?

2. Welche von der EU-Kommission so bezeichnete „neue, fortschrittliche und
innovative“ Methoden zur Bekämpfung des „Terrorismus und anderer kri-
mineller Aktivitäten“ sollen innerhalb von INDECT entwickelt werden?

a) Welche Kriterien und Entwicklungsziele bestehen hinsichtlich der Quali-
tät der von verschiedenen INDECT-Komponenten getroffenen automati-
schen Vorhersagen und Klassifikationen von Personen und verdächtigem
Verhalten?

b) Wie soll konkret durch INDECT die „operative Effizienz der Vollzugsbe-
hörden durch neuartige technische Hilfsmittel“ verbessert werden?

c) Was ist mit dem auf der INDECT-Webseite beschriebenen „Relationship
mining“ und „Social Network Analysis“ gemeint?

d) Wie ist das Statement einer INDECT-Präsentation zu verstehen, nach
dem INDECT Ressourcen nutzen solle, die in naher Zukunft erhältlich
seien („utilizing resources available now and in the close future“, siehe
http://euro-police.noblogs.org)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3641

e) Kann INDECT bzw. Teile des Vorhabens nach Ansicht der Bundesregie-
rung als Anwendung zur „vorhersagenden Analyse“ bezeichnet werden?

f) Beabsichtigt die Bundesregierung den (verstärkten) Einsatz von „Rela-
tionship mining“ in die Arbeit deutscher Polizeien oder Geheimdienste?

g) Beabsichtigt die Bundesregierung den (verstärkten) Einsatz von „vorher-
sagender Analyse“ in die Arbeit deutscher Polizeien oder Geheim-
dienste?

3. Was ist mit der von der EU-Kommission am 3. Mai 2010 beschriebenen „in-
telligente[n] Verarbeitung“ aller Informationen gemeint, deren Umsetzung
INDECT beforscht?

a) Betreiben deutsche Behörden eine „intelligente Verarbeitung“ von Infor-
mationen, und falls ja, welche und inwiefern?

b) Beabsichtigt die Bundesregierung die Umsetzung von Ergebnissen dieser
wie von der EU-Kommission beschriebenen „intelligenten Verarbeitung
aller Informationen“ (Hervorhebung durch die Fragesteller) in die Arbeit
deutscher Polizeien oder Geheimdienste?

4. Hat es vor INDECT-Projektbeginn bzw. der Entscheidung zur Aufnahme ins
FP7-Projekt eine Problemanalyse bzw. Ermittlung des Sicherheitsbedarfs ge-
geben?

Inwiefern hält die Bundesregierung die zunächst anlasslose Überwachung
des öffentlichen Raums im Rahmen des INDECT-Projektziels eines „Auf-
spürens von terroristischen Bedrohungen und der Erkennung von schwerem
kriminellen (‚abweichenden‘) Verhalten“ für notwendig?

5. Wer waren bzw. sind die deutschen Vertreter im „Programme Committee“,
das nach einem Bericht der „taz“ vom 24. Dezember 2009 unter anderem
INDECT für das 7. Rahmenforschungsprogramm ausgewählt hatte?

a) Wie soll das „Programme Committee“ wie im Artikel beschrieben den
„Fortschritt“ von INDECT überwachen?

b) Wurde von deutschen Vertretern im „Programme Commitee“ auf eine
Problemanalyse bzw. Ermittlung des Sicherheitsbedarfs gedrängt, die
deutschen Richtungsentscheidungen im Bereich Sicherheitsforschung
normalerweise vorausgehen müssen?

6. Wie beurteilt die Bundesregierung, dass der „Security Advisory Group“, die
die zuständige Generaldirektion Unternehmen bei der Entscheidung zur
Auswahl der Sicherheitsforschungsprojekte beriet, keine Bürgerrechtler an-
gehörten?

7. Trifft es wie von „www.heise.de“ am 12. September 2008 berichtet zu, dass
INDECT zur Fußball-EM 2012 in Polen eingesetzt oder getestet wird, wie
es der INDECT-Projektverantwortliche Andrzej Czyz˙ewski 2008 gegenüber
deutschen Journalisten demnach ankündigte?

a) Falls ja, wie werden die gefilmten Besucher davon unterrichtet, und wel-
che Maßnahmen zur Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte können diese
ergreifen?

b) Wann und wo sollen die 2008 von Andrzej Dziech ebenso erwähnten
Audio-Sensoren testweise zum Einsatz kommen, die nach Presseberichten
Fangesänge auf bedrohliche Stimmlagen auswerten sollen?

8. In welchem Zeitraum und wo genau sollen weitere Testreihen im öffent-
lichen Raum in Polen und anderen Ländern durchgeführt werden (bitte nach
den einzelnen 10 „Work Packages“ aufschlüsseln)?

Drucksache 17/3641 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

a) Trifft es zu, dass INDECT auf Material aus der Kameraüberwachung
des Warschauer Kultur- und Wissenschaftspalasts, der Warschauer
Metro, des Flughafens Poznan´-Lawica und der Krakauer University of
Science and Technology zugreifen darf?

b) Welche Genehmigungen waren hierfür jeweils erforderlich, und sind
diese eingeholt worden?

c) Wie werden überwachte Betroffene davon unterrichtet, dass ihre Daten
(auch nur testweise) automatisiert prozessiert und womöglich mit Infor-
mationen aus anderen Datenbanken abgeglichen werden, und wie beur-
teilt die Bundesregierung diese Informationspraxis?

d) Welche Maßnahmen zur Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte können
Betroffene ergreifen?

e) Wann und wo wurden bzw. werden fliegende Kameras im öffentlichen
Raum getestet, und welche Systeme und Konzeptionen kommen dabei
zum Einsatz?

9. Wie sind die angekündigten Tests (auch bei der Fußball-EM 2012) in Ein-
klang zu bringen mit der Aussage der EU-Kommission vom 8. Juli 2010,
vom INDECT-Projekt würden „keine echten (nutzbaren) Daten verwendet
oder aufgezeichnet“ und stattdessen nur „experimentelle Daten zu Ver-
suchszwecken erhoben“?

a) Wie soll bei den angekündigten Tests die von der Kommission in ihrer
Antwort auf eine parlamentarische Anfrage (E-3190/2010) am 7. Juli
2010 erläuterte Verarbeitung personenbezogener Daten „nur nach Treu
und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffe-
nen Person oder auf einer sonstigen legitimen Gesetzesgrundlage“ erfol-
gen?

b) Wie ist das ebenfalls von der EU-Kommission herausgestellte Recht für
Betroffene gewährleistet, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen
Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken?

c) Welche „unabhängige Stelle“ ist gemeint, die die Einhaltung dieser Vor-
schriften überwachen soll?

10. Wie wird in INDECT „verdächtiges Verhalten“ definiert?

a) Wer war in die Entwicklung der Definition für in INDECT beforschtes
„verdächtiges Verhalten“ eingebunden?

b) Nach welchem Procedere erfolgte die Definition, und wer hat letztlich
die Entscheidung über die Definition von „verdächtigem Verhalten“ ge-
troffen?

11. Wie sollen, wie auf der INDECT-Webseite beschrieben, „europäische Bür-
ger“ von INDECT profitieren?

12. Welche „Industriepartner“ werden nach Kenntnis der Bundesregierung ein-
geladen, um ab 2013 „Marktstudien“ zur Einführung der entwickelten
Technik in den Polizeialltag einzuleiten?

a) Wie sind die auf der INDECT-Webseite angekündigten „Marktstudien“
und die Präsentation von INDECT-Ergebnissen auf Konferenzen im
Hinblick auf die Antwort der EU-Kommission vom 8. Juli 2010 auf eine
parlamentarische Anfrage (E-3190/2010) zu bewerten, wonach das Er-
gebnis des Projekts „eher ein Prototyp/Prüfstand zur Technologie-
demonstration als ein serienreifes Produkt sein“ würde?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/3641

b) Wie steht die Bundesregierung zur hier offensichtlich unterschiedlichen
Auffassung der Projektziele seitens der Auftraggeber (EU-Kommission)
und Auftragnehmer?

c) Ist die Ankündigung auf der INDECT-Webseite eines Workshops für
eine „intelligence community“ so zu verstehen, dass auch europäische
Nachrichtendienste als Endnutzer anvisiert werden?

d) Wie teuer war das INDECT-Werbevideo, das nach Auskunft von Patrick
Hasenfuß von der deutschen PSI Transcom GmbH erstmals auf der jähr-
lichen europäischen Sicherheitsforschungskonferenz unter schwedischer
Ratspräsidentschaft in Stockholm gezeigt wurde, wer hat den Auftrag
dazu gegeben, und wer hat es erstellt?

13. Welche Einrichtungen von „Homeland Security Services“ sind, wie auf der
INDECT-Webseite angegeben, als Zielgruppe der fertigen INDECT-Platt-
form gemeint?

a) Wer soll die auf der INDECT-Webseite angekündigten Schulungen von
Polizisten am fertigen Produkt („familiarize them with the system“)
übernehmen?

b) Wie sollen diese Schulungen finanziert werden?

c) Beabsichtigen deutsche Polizeien oder Geheimdienste eine Teilnahme
an etwaigen Schulungen?

14. Inwiefern ist bzw. war das Bundeskriminalamt an INDECT beteiligt?

a) Welche FP7-Projekte resultierten aus der Mitarbeit des Bundeskriminal-
amts ab 2005 im „European Security Research Advisory Board“
(ESRAB)?

b) Diente die Mitarbeit des Bundeskriminalamts im ESRAB mittelbar oder
unmittelbar der Vorbereitung des INDECT-Projekts?

c) Welche Ergebnisse von INDECT wird das Bundeskriminalamt erhalten
bzw. an welchen Evaluationen wird die Behörde beteiligt?

d) Welche deutschen öffentlichen oder sonstigen Stellen haben wann wel-
che Ergebnisse von INDECT bzw. werden diese erhalten?

15. Welche Beiträge haben welche Angehörige anderer deutscher privater und
öffentlicher Stellen für INDECT erbracht?

a) Wurden außer von den unter „www.indect-project.eu/indect-partners“
genannten Partnern sonstige Beiträge von Firmen, Universitäten oder
anderen öffentlichen Stellen anderer Länder für INDECT erbracht?

b) An welchen Treffen oder Konferenzen haben Angehörige deutscher öf-
fentlicher oder sonstiger Einrichtungen teilgenommen?

c) Von welchen anderen privaten Einrichtungen oder Unternehmen und
ihren etwaigen Beiträgen hat die Bundesregierung Kenntnis?

16. Wann und auf wessen Initiative wurde der Ethikrat eingesetzt?

a) Aus welchen Mitgliedern welcher Einrichtungen setzt sich der Ethikrat
gegenwärtig zusammen?

b) Trifft es zu, dass die INDECT-Projektteilnehmer selbst über die Zusam-
mensetzung ihres Ethikrates bestimmen?

c) Falls nein, wie werden die Mitglieder benannt?

d) Wie soll sichergestellt werden, dass der Ethikrat das Projekt hinreichend

kritisch und vor allem aus der Distanz unabhängig bewertet?

Drucksache 17/3641 – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

e) Wie soll der womöglich nicht unabhängige Ethikrat an Erkenntnisse ge-
langen, um wie von der EU-Kommission in ihrer Antwort auf die par-
lamentarischen Anfragen E-1332/10 und E-1385/10 beschrieben „über
eine etwaige missbräuchliche Verwendung von Forschungsergebnissen“
zu berichten?

f) Über welche Interventionsmöglichkeiten verfügt der Ethikrat gegenüber
dem INDECT-Projekt?

17. Wie versteht und bewertet die Bundesregierung die Aussage der feder-
führend an INDECT beteiligten Universität AGH University of Science
and Technology “all products must fulfill the obligations put on us by both
national and European law regulations, however when we face a new legal
challenge we have the possibility of legal initiative” (siehe http://euro-
police.noblogs.org)?

Ist die Aussage so zu verstehen, dass im Falle von Verstößen von INDECT
gegen Gesetze oder Richtlinien diese schlicht geändert werden könnten?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die Entscheidung des Ethikrates, künftig
keine Dokumente auf der Webseite mehr online zu stellen, sofern sie „nega-
tive Konsequenzen“ für Strafverfolgungsbehörden nach sich ziehen oder
den Ruf des Projekts beeinträchtigen würden?

a) Welche Dokumente bzw. ihre Inhalte wären nach Ansicht der Bundes-
regierung geeignet, den Ruf des Projekts zu beeinträchtigen?

b) Wie beurteilt die Bundesregierung die Position des Ethikrates, der zu-
folge nicht wie früher praktiziert jedes Dokument online gestellt wird,
da sonst womöglich die (nicht näher spezifizierte) „nationale und öf-
fentliche Sicherheit“ gefährdet werden würde?

c) Welche INDECT-Dokumente bzw. ihre Inhalte wären nach Ansicht der
Bundesregierung geeignet, die nationale und öffentliche Sicherheit etwa
in Deutschland zu beeinträchtigen?

19. Wie sieht die Bundesregierung angesichts des Wunsches von INDECT, den
Verfolgungsbehörden eine „größtmögliche Menge relevanter Information“
zu liefern, Prinzipien wie Privatheit oder Datensparsamkeit verwirklicht?

a) Entspricht die Bemühung der Formel des Ethikrates in den „Ethical
Issues“ „Wer nichts getan hat, muss auch nichts befürchten“ („if you
have done nothing wrong, you have nothing to fear“) der Haltung der
Bundesregierung in Bezug auf die Legitimität einer zunächst anlasslosen
automatisierten Prozessierung von Personendaten bzw. ihrem Abgleich
mit anderen Datenbanken?

b) Entspricht die Formulierung „Wer nichts getan hat, muss auch nichts be-
fürchten“ der Haltung der Bundesregierung in Bezug auf das Prinzip
„Privacy by Design“?

20. Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen der Konzeption
von INDECT und dem deutschen Datenschutz- und Verfassungsrecht?

21. Steht eine Einführung von INDECT-Technologien in Deutschland in Ein-
klang mit dem Artikel 16 TFEU zur Verhältnismäßigkeit?

22. Steht eine Einführung von INDECT-Technologien in Deutschland, wie von
der EU-Kommission in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage
(E-3190/2010) angemahnt, in Einklang mit der Charta der Grundrechte der
Europäischen Union und in der Europäischen Menschenrechtskonvention
verankerten Grundrechte sowie die EU-Rechtsvorschriften zum Daten-

schutz?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/3641

23. Ist die Bundesregierung der Auffassung dass die INDECT-Forschung for-
schungsethisch, wirtschaftlich oder unter Aspekten der Wahrung von Bür-
gerrechten sinnvoll ist?

24. Ist vor einer Implementierung von etwaigen INDECT-Ergebnissen in
Deutschland deren Evaluierung geplant?

25. Ist die Bundesregierung angesichts zahlreich öffentlich geäußertem Unbe-
hagen von Politikern, Wissenschaftlern, Journalisten, Studierenden oder
Bürgerrechtlern gegenüber dem als „Bevölkerungsscanner“ bezeichneten
INDECT-Projekt (zuletzt mit der Initiative zahlreicher Mitglieder des Euro-
päischen Parlaments, siehe hierzu www.alexander-alvaro.de) daran interes-
siert, das jetzige Vorhaben bzw. dessen etwaige zukünftige Implementie-
rung (auch von Teilergebnissen) in Deutschland einer breiten öffentlichen
Auseinandersetzung zuzuführen?

Berlin, den 8. November 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.