BT-Drucksache 17/3033

Schutz der biologischen Vielfalt - Vertragsstaatenkonferenz im Oktober 2010 in Japan

Vom 24. September 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/3033
17. Wahlperiode 24. 09. 2010

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Sabine Stüber, Eva Bulling-Schröter, Ralph Lenkert,
Dr. Barbara Höll, Dorothee Menzner, Alexander Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann
und der Fraktion DIE LINKE.

Schutz der biologischen Vielfalt – Vertragsstaatenkonferenz im Oktober 2010
in Japan

Mit der 10. Vertragsstaatenkonferenz der Konvention über die biologische
Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) und der 5. Konferenz der
Unterzeichnerstaaten des Cartagena-Protokolls über die biologische Sicherheit
(MOP 5) im Oktober 2010 in Nagoya (Japan), endet die deutsche Präsident-
schaft der UN-Konvention. Die Bundesrepublik Deutschland hatte den Vorsitz
im Mai 2008 übernommen. Als übergeordnetes Ziel stand, den Verlust der
biologischen Vielfalt bis 2010 zu stoppen und eine rückläufige Entwicklung für
den Verlust von Arten einzuleiten.

Durch die Vereinbarung des Biodiversitätsziels 2010 kam es zu einer Reihe von
Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität. Dazu gehörten die Schaffung neuer
terrestrischer und küstennaher aquatischer Schutzgebietssysteme, die Unter-
schutzstellung bestimmter Arten und die Eindämmung einiger unmittelbarer
Ursachen für die Schädigung von Ökosystemen durch Umweltverschmutzung
sowie für die Ausbreitung invasiver Arten. Auf einigen Gebieten gibt es mess-
bare Ergebnisse. Das zeigt, dass es durchaus wirksame Instrumente gibt, um
den Verlust der biologischen Vielfalt zu reduzieren. Voraussetzungen sind der
klare politische Wille und ein entsprechender Mitteleinsatz.

Schon im Januar 2010, zur Eröffnungskonferenz zum internationalen Jahr der
biologischen Vielfalt in Berlin, stand jedoch fest: Das Ziel, den Verlust der
biologischen Vielfalt aufzuhalten bzw. umzukehren, wird weit verfehlt. Auch
bei der Klärung von Haftungsfragen zur biologischen Sicherheit sind die
Staaten nicht weitergekommen.

Der weltweit ungebremste Ressourcenverbrauch führt nach wie vor zu einem
Fortschreiten des Artenverlustes. Täglich sterben ca. 130 Arten aus.

Der umweltpolitische Fortschrittsbericht der EU-Kommission sieht dringenden
Nachholbedarf für den Schutz der Biodiversität.

Dem Erhalt der biologischen Vielfalt und biologischen Sicherheit muss ressort-

übergreifend national und international der notwendige politische Stellenwert
eingeräumt werden. Es geht um den globalen Erhalt und die Nutzungsfähigkeit
der biotischen Lebensgrundlagen der Menschheit.

Der Beschluss, ein wissenschaftliches Gremium für Biodiversität – Inter-
governmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services
(IPBES) als internationale Schnittstelle zwischen Wissenschaft, Politik und
Biodiversität einzurichten, ist ein Erfolg der Konferenz in Busan, Südkorea im

Drucksache 17/3033 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Juni 2010. Die EU-Kommission hat ein Diskussionspapier für eine Strategie
zum Erhalt der biologischen Vielfalt nach 2010 mit einem Zeithorizont bis
2020 vorgelegt. Verschiedene Fraktionen forderten die Bundesregierung in den
letzten Monaten auf, Maßnahmen zur Umsetzung der Nationalen Strategie zur
biologischen Vielfalt zu ergreifen.

Die Bundesrepublik Deutschland steht zum Ende ihrer CBD-Präsidentschaft in
der Pflicht, das Vertragsstaatentreffen im Oktober 2010 in Nagoya (Japan) zum
Erfolg zu führen. Dazu muss Deutschland international, aber auch im eigenen
Land, sichtbare Zeichen setzen.

Wir fragen die Bundesregierung:

1. Worin sieht die Bundesregierung die wichtigsten Aufgaben für das Vertrags-
staatentreffen der UN-Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD) im
Oktober 2010 in Nagoya (Japan) in Anbetracht des nach wie vor rasanten
weltweiten Verlustes von biologischer Vielfalt?

2. Auf welche internationalen Vereinbarungen arbeitet die Bundesregierung
zum Abschluss ihrer Präsidentschaft der UN-Konvention hin, um das Ver-
tragsstaatentreffen zum Erfolg zu führen?

3. Welchen deutschen Beitrag will die Bundesregierung in ihrer federführen-
den Rolle der CBD-Präsidentschaft für den internationalen Biodiversitäts-
schutz erbringen?

4. Wie bewertet die Bundesregierung die von den Mitgliedstaaten beschlossene
Budgetkürzung des EU-Haushaltes für 2011 in den Posten zur Bewahrung
und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen?

5. Welche Bemühungen will die Bundesregierung unternehmen, um die Kür-
zung von EU-Mitteln für Projekte aus dem Bereich Natur- und Umweltschutz
auf nationaler Ebene zu kompensieren?

6. Welchen Beitrag leistet die Bundesregierung, um die Arbeitsfähigkeit des
weltweiten Wissenschaftsrates zu Biodiversitätsfragen (IPBES) zu gewähr-
leisten, bitte untergliedert nach

a) bei der Bereitstellung von Fachpersonal,

b) bei der Bereitstellung von technischer Infrastruktur zur Datenvernetzung,

c) bei der Datenvernetzung (bitte ausführen, wie diese nach Ansicht der
Bundesregierung erfolgen soll)?

7. Wann wird IPBES die Arbeit aufnehmen?

8. Welche Schlüsse hat die Bundesregierung aus der Prüfung der Ergebnisse
des High-Level-Meetings „Vision for Biodiversity beyond 2010“ gezogen,
bitte die Prioritäten der Bundesregierung für ihr Engagement und die Aktio-
nen, mit denen die Bundesregierung ihre Prioritäten in den internationalen
Kontext einbringen will, einzeln ausführen?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Optionen für ein Biodiversitätskonzept
der EU für die Zeit nach 2010, insbesondere

a) hält die Bundesregierung in Bezug auf den Zeithorizont eine Quantifizie-
rung von Teilzielen für erforderlich,

b) wenn ja, welche Prioritäten setzt die Bundesregierung, und

c) welchen Beitrag will die Bundesregierung für die Umsetzung der EU-
Strategie nach 2010 im Jahr 2011 leisten?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/3033

10. Wird die Bundesregierung die „Business and Biodiversity Initiative“
(B&B-Initiative) über 2010 hinaus weiterführen, und wenn ja, wie hoch
sind die erforderlichen Finanzmittel geplant, und wenn nein, welche Krite-
rien dienten als Entscheidungsgrundlage?

11. Wie schätzt die Bundesregierung die Erfolge der Bemühungen ein, die
Ziele der Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt in anderen Politik-
feldern zu verankern?

12. Wie und in welchen Einzelplänen schlägt sich die Integration der Nationalen
Strategie zur biologischen Vielfalt im Bundeshaushaltsplan 2011 nieder?

13. Welche konkreten Maßnahmen hat die Bundesregierung 2010 eingeleitet,
um die in der Nationalen Strategie benannten Ursachen für den Verlust der
biologischen Vielfalt zu mindern?

14. Welche konkreten Schritte der Bundesländer sind nach Ansicht der Bundes-
regierung zur Umsetzung der nationalen Biodiversitätsstrategie notwendig
(zum Beispiel Biodiversitätsstrategien auf Landesebene)?

Welche Verabredungen wurden dazu mit den Bundesländern getroffen?

15. Welche Maßnahmen mit dem Ziel der Aufklärung und Popularisierung be-
züglich der Themen Artenvielfalt und Artenschutz sind seitens der Bundes-
regierung im diesjährigen von der Organisation der Vereinten Nationen aus-
gerufenen Jahr der Biodiversität in Planung oder in Durchführung?

16. Welche Maßnahmen will die Bundesregierung ergreifen, um die Ziele der
Nationalen Strategie im Moorschutz in Deutschland, wie den signifikanten
Rückgang des Torfabbaus bis 2015, zu erreichen?

17. Welche Bemühungen hat die Bundesregierung unternommen, um die
Garten- und Landschaftsbaubranche in die B&B-Initiative einzubinden?

18. Warum schließt die Bundesregierung einen ökonomischen Anreiz des
Einsatzes von Torfersatzstoffen im Gartenbau derzeit aus?

19. Welche Aktivitäten unternimmt die Bundesregierung im Rahmen ihrer
Informationskampagne zur biologischen Vielfalt, um über regionale Fach-
behörden, Kommunalvertretungen und regionale Umwelt- und Natur-
schutzverbände hinaus, die Zivilgesellschaft zu erreichen und Handlungs-
kompetenz zu vermitteln?

20. Wie weit ist die Bundesregierung mit der Prüfung der Wirksamkeit eines
zonierten Satzungsrechtes der Kommunen und weiterer finanzieller Anreiz-
instrumente für die Reduzierung des Flächenverbrauchs als Steuerungs-
instrumente zugunsten der biologischen Vielfalt vorangeschritten, welche
Anreizinstrumente werden dabei auf ihre Wirksamkeit geprüft, und wann
sind Ergebnisse zu erwarten?

21. Wann tritt das Bundesprogramm zur Förderung von Maßnahmen zum
Schutz der biologischen Vielfalt in Kraft, und

a) welche Maßnahmen beinhaltet das Programm,

b) in welcher Höhe sollen die einzelnen Bereiche gefördert werden,

c) nach welchen Kriterien sollen die Mittel vergeben werden,

d) werden die Mittel des Bundesprogramms auf der Grundlage einer Richt-
linie vergeben, und wenn ja, nach welcher,

e) wenn ja, trifft dies dann auch schon für die im Haushalt 2011 eingestell-
ten Mittel zu, und
f) wenn nein, ist für die Mittelvergabe ein Wettbewerb angedacht?

Drucksache 17/3033 – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
22. Welche Rückschlüsse zieht die Bundesregierung aus den Ergebnissen der
Studie der Europäischen Umweltagentur (EEA) zur Gefährdung der alpinen
Ökosysteme?

23. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, auch im Rahmen des Ziels
der Nationalen Strategie für die Verwirklichung eines internationalen
Biotopverbundes in den Alpen, zur Verbesserung des Gefährdungsstatus
der gebirgsspezifischen Lebensraumtypen?

24. Welche Notwendigkeit sieht die Bundesregierung, für Deutschland ein
Auenschutzprogramm zu erarbeiten, welche Maßnahmen haben dabei für
die Bundesregierung Priorität, und welche Höhe müsste nach Meinung der
Bundesregierung das einzusetzende Finanzvolumen umfassen?

25. Welche Auswirkungen wird die EU-Richtlinie 2009/145/EG (EU-Erhal-
tungssortenrichtlinie Gemüse) auf die agrobiologische Vielfalt im Bereich
Saatgut nach Ansicht der Bundesregierung haben?

Wie wird sich das Prinzip der Ursprungsregion diesbezüglich auswirken?

26. Wann wird die EU-Erhaltungssortenrichtlinie Gemüse in nationales Recht
umgesetzt?

27. Welche Ausnahmen zum Erhalt alter Gemüsesorten werden zur Verwirk-
lichung der Forderungen des CBD von der Bundesregierung geplant?

28. Welche Möglichkeiten nutzt die Bundesregierung, um darauf Einfluss zu
nehmen, dass die Flächen der Pflanzenforschungsstation Pawlowsk bei
Sankt Petersburg (insgesamt ca. 90 ha) mit ihren weltweit bedeutenden
Genbanken insbesondere für Obstsorten keinem Luxusappartements-Bau-
projekt zum Opfer fallen?

Berlin, den 24. September 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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